Understatement / Zurückhaltung eher Chance oder Risiko?

vom 27.06.2013, 14:26 Uhr

Jeder von euch kennt wahrscheinlich in seinem Umfeld den einen oder anderen Menschen, der sich mit Sachen die er kann stark zurück hält und nie wirklich mit der Sprache raus kommt was er eigentlich kann. Das muss jedoch nicht unbedingt heißen, dass es sich dabei zwingend um einen stark introvertierten Menschen handeln muss. Ich selbst vertrete auch eher die Auffassung, dass Zurückhaltung, beziehungsweise Understatement in den meisten Situationen besser ist, als Prahlerei.

Während meiner Schulzeit, meiner Ausbildung, auf verschiedenen Arbeitsstellen und auch heute noch war ich wenn es darum ging etwas zu machen immer eher zurück haltend. Die Wahrheit ist, dass ich oft keine Lust habe Aufgaben, besonders aufwendige Aufgaben zu übernehmen. Da ist es relativ hilfreich, wenn einem diese von anderen auch nicht zugetraut werden. Das hat mich zwar schon oft vor viel Arbeit bewahrt, mir aber auch schon ein wenig Ärger oder Stress eingebracht.

Oft wurde ich bei der Verteilung von Aufgaben ausgeschlossen oder nur mit leichten Aufgaben bedacht, das hatte immer den großen Vorteil, dass ich immer recht wenig Zeit aufwenden musste, während so mancher Mitschüler oder Arbeitskollege sich hoffnungslos übernommen hat. Aber damit waren auch immer direkte Nachteile verbinden. Plötzlich schafften andere ihre Arbeit nicht und ich musste im letzten Moment einspringen und hatte im Prinzip noch mehr Stress als hätte ich die Aufgaben direkt selbst gemacht.

So manches Mal war ich auch mit den entstandenen Ergebnissen nicht einverstanden und habe dann noch einmal vieles überarbeiten müssen. Die anderen Gruppenmitglieder dann jedoch davon zu überzeugen, dass diese alternative Lösung besser sei als ihre stellte sich dann jedoch oft aufgrund fehlendem Vertrauen und fehlender Wertschätzung als schwierig dar.

Auch in anderen Bereichen wirke ich oft anders als es Wirklichkeit der Fall ist. Viele halten mich für ein wenig verwirrt, tollpatschig und ziemlich durch den Wind. Durch diese Unterschätzung wurde mir auch schon oft so mancher grober Schnitzt vergeben, für den andere ziemlichen Ärger bekommen hätten Auch verhilft einem das oft zu Mitleid und Vorteilen, die daraus entstehen.

Wie steht es mit euch versucht ihr euch immer euren Fähigkeiten entsprechend einzubinden oder neigt ihr auch eher zu Understatement. Oder gehört ihr gar zu der Gruppe Menschen, die durch Prahlen den Anschein machen mehr zu könne als es eigentlich der Fall ist. Worin seht ihr die Vorteile oder auch Nachteile im entsprechende Verhalten und denkt ihr Understatement ist auf Dauer sinnvoll oder neigt man dazu, wenn man zu lange daran fest hält, dazu sich viele Chancen zu verbauen?

» Mulucki1989 » Beiträge: 449 » Talkpoints: 14,27 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Dass es einem in der heutigen Gesellschaft viel bringt, eher ruhig und zurückhaltend zu sein, möchte ich ganz stark bezweifeln. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass es mehr für die persönliche Entwicklung tut, als man meinen möchte. Dies schon alleine deswegen, weil man im Laufe der Jahre (ohne seine Art deshalb aufzugeben, oder sich künstlich anzupassen) doch lernt, bei den Dingen die einem wichtig sind, zu sagen was man denkt. Vielleicht geschieht das nicht immer in der Lautstärke und mit dem Paukenschlag wie bei manchen anderen, wird aber (so man das möchte) durchaus mit der nötigen Gewichtung vorgebracht werden die erforderlich ist.

Auch das mit der Tollpatschigkeit kommt oft aus der Richtung, dass man sozusagen das Gefühl noch nicht hat mit sich selbst im reinen zu sein und sich selbst in einer oft etwas anders tickenden Umwelt als absolut genauso stimmig und wertig zu erleben. Auch das gibt sich mit der Zeit.

» bellevine » Beiträge: 579 » Talkpoints: 5,50 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich bin ebenfalls von Natur aus ein ruhiger, zurückhaltender Typ, kann aber nicht behaupten, dass diese Charaktereigenschaft mir irgendwelche speziellen Vorteile gebracht hat. Gemäß meiner Lebenserfahrung kommt es weniger darauf an, was man in Beruf und Alltag so "drauf hat", sondern eher darauf, wie gut man sich verkaufen kann und wie viel Wind man um seine Person machen kann.

Mir sind Prahlerei, Vordrängen und ins eigene Horn tuten einfach zuwider. Da nehme ich es eher in Kauf, dass manche Zeitgenossen mich für ein bisschen "simpel" halten und mir manche Aufgaben nicht zutrauen. Letzteres betrachte ich aber absolut nicht als Vorzug meiner zurückhaltenden Art. Natürlich kommt man so um einiges an Arbeit herum, aber wenn ich ehrlich bin, wären mir Arbeit und Anerkennung tausendmal lieber als "Gerbera, lass das mal lieber, du hast da nicht so viel Erfahrung!". Des Weiteren betrachte ich Mitleid eher als milde Form von Verachtung und habe Schwierigkeiten, darin Vorzüge zu sehen. Deshalb bemühe ich mich auch um ein forscheres, selbstbewusstes Auftreten, aber letzten Endes kann wohl keiner so richtig aus seiner Haut.

Generell halte ich es für keine gute Idee, Zurückhaltung und Unsicherheit quasi absichtlich als Strategie zu verfolgen, um beispielsweise um unangenehme Aufgaben herum zu kommen. Auf lange Sicht bleibt man eher auf der Strecke, wenn man ständig unterschätzt und für ein bisschen doof gehalten wird, während die "Angeber" die Jobs, das Geld und die attraktiven Exemplare des gleichen/anderen Geschlechts abgreifen.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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