Strategisches Vorgehen bei auswärtiger Ausbildungsplatzsuche
Mein Neffe hat das Abitur nicht geschafft. Eigentlich muss man sagen, dass er es nicht schaffen wollte. Er hat schon vorher eine große Schulunlust gezeigt und hat oft geschwänzt. Fürs Abitur hat er gar nicht gelernt. Schriftlich hätte er sogar bestanden, aber mit null Wissen in die Mündliche zu gehen, hat ihn dann schließlich scheitern lassen.
Nun möchte er eine Ausbildung machen und möglichst weit weg von seiner Familie auf eigenen Füßen stehen. Er denkt daran, nach Berlin zu gehen. Seine Familie würde ihn sogar unterstützen. Denn seine Eltern befürworten es durchaus, dass Kinder ab einem gewissen Alter ihr unabhängiges Leben aufbauen.
Nächste Woche ist ein Termin beim Arbeitsamt zur Beratung. Wisst ihr, ob das Arbeitsamt auch eine Suche nach einem Ausbildungsplatz unterstützt, der 500 km von zu Hause entfernt ist? Wie könnte mein Neffe strategisch vorgehen, um selber in Berlin zu suchen? Sollte er zuerst nach Berlin fahren und von einer Jugendherberge aus einen Ausbildungsplatz suchen? Oder sollte er sich von hier aus bewerben, einen Platz annehmen, obwohl er noch keine Bleibe hat? Gibt es andere Möglichkeiten, wie man vorgehen könnte?
Ich würde von hier aus Vorstellungstermine ausmachen und dann ein Mal hinfahren und sehen, was man vor Ort vielleicht noch findet. Am Telefon sollte man aber sagen, dass man nah Berlin ziehen wird. Am Besten würde ich bei den Firmen anrufen, weil man dann die Situation erklären kann und man nicht automatisch abgelehnt wird, weil die davon ausgehen, dass ein Azubi keine 500 km hin fährt und dann wieder zurück. Ansonsten kann man natürlich auch über das Arbeitsamt in anderen Städten nachsehen lassen, was die so anzubieten haben, aber wenn man selber im Internet nachsieht macht das in der Regel mehr Sinn.
Der Ablauf der Ausbildungsplatzsuche ist genau der gleiche wie es auch bei normalen Arbeitstellen üblich ist. Man bewirbt sich, wird für einen Einstellungstest und/oder Vorstellungsgespräch eingeladen und bekommt dann irgendwann eine Zu- oder Absage.
Man kann bei dieser Entfernung natürlich versuchen, die Vorstellungsgespräche möglichst zu bündeln, um dann nicht jedes Mal die große Strecke fahren zu müssen, aber in vielen Fällen wird das nicht funktionieren. Man sollte außerdem unbedingt direkt im Bewerbungsanschreiben erwähnen, dass man den dringenden Wunsch hat, in die Nähe der Arbeitsstelle zu ziehen. Wenn nur geringste Zweifel an der Motivation bestehen, kann das zu einer Absage führen, weil die Firma Bedenken hat, dass der Auszubildende langfristig auch am Standort bleiben will.
Ich entschuldige mich, wenn ich das so hart sage, aber es ist einfach nur äußerst dumm, einfach so aus Faulheit das Abitur zu schmeißen. Das ist ein extremes Makel und wird sicherlich die Suche nach einer Ausbildungsstelle enorm erschweren. Spätestens im Vorstellungsgespräch wird nach den Gründen gefragt, und die Personaler sind so gut geschult, dass sie höchstwahrscheinlich die wahren Gründe rausbekommen. Und dann bestehen natürlich massive Bedenken, dass sich dein Neffe in der Ausbildung genauso faul verhalten wird, wenn er etwas tun muss, worauf er keine Lust hat. Und kein Arbeitgeber stellt gerne solche Menschen ein.
Hinfahren und dann nach einer Ausbildungsstelle zu suche, wäre doch etwas naiv. Zumal es keinen guten Eindruck machen würde, wenn potentielle Arbeitgeber als Anschrift eine Jugendherberge vorfinden würden. Daher wäre es doch nicht verkehrt, von Zuhause aus nach einer Ausbildungsstelle zu suchen. Anders als noch vor 20 Jahren hat er doch wohl definitiv mehr Möglichkeiten. Schließlich können für ihn interessante Arbeitgeber über das Netz identifiziert werden und dann kann kurzfristig gefragt werden, ob jetzt überhaupt noch ein Ausbildungsplatz zu vergeben wäre.
Ich unterstelle mal, dass der Neffe genau weiß, was er will. Wenn dies noch nicht klar wäre, wäre es deshalb ein hoffnungsloses Unterfangen, weil die Zeit gegen ihn läuft. Zumindest für die Ausbildungsplätze, die im September zu besetzen wären.
Die Wohnungssuche würde ich dann an die zweite Stelle setzen. Immerhin macht es keinen Sinn, eine Wohnung zu nehmen, ohne wirklich eine Stelle in Aussicht zu haben. An die Wohnung wäre er ja gebunden und müsste in jedem Fall die Miete bis zur möglichen Wohnungskündigung tragen. Im schlimmsten Fall auch noch Maklergebühren. Daher sollte zuerst klar gemacht werden, dass er sicher nach Berlin kommt und es wäre sicher hilfreich, wenn klar ist, wo er in Berlin eine Ausbildungsstelle bekommt (räumlich).
Der Idealfall wäre ja dann, dass er mehrere Bewerbungsgespräche auf einen Tag legen kann und dann für diesen Zweck nach Berlin reist. Parallel dazu könnte er auch eben für den Tag Wohnungsbesichtigungen vereinbaren, so dass er alles in einem Aufwasch erledigen könnte. Klar ist das ein unwahrscheinlicher Idealfall. Aber als Ziel kann er es sich setzen.
Ich habe die Suche nach einem auswärtigen Ausbildungsplatz schon erfolgreich beendet und bin folgendermaßen vorgegangen. Auf das Arbeitsamt habe ich mich überhaupt nicht verlassen, habe mich dort lediglich über die Zuschüsse erkundigt und diese auch beantragt. Zuerst habe ich mir mal Gedanken gemacht welche Ausbildung es werden sollte, danach habe ich eine Bewerbungsmappe erstellt und habe mich dann im Internet auf dem Jobbörse Portal von der Agentur für Arbeit erkundigt. Habe dann ungefähr 30 Bewerbungen deutschlandweit versendet und auf die Antworten gewartet.
Bewerbungen muss man ja in der heutigen Zeit eher weniger in Form einer Bewerbungsmappe an die Firmen senden, viele haben eigene Bewerbungsmasken erstellt, wo man einfach nur noch seine zuvor eingescannte Bewerbungsmappe in Form von Dateien hoch laden muss. Andere Firmen geben einfach eine E-Mail Adresse an, wo man eben die einzelnen Dateien direkt hin sendet ohne diese zuvor in einer Maske hoch laden zu müssen. Nach ein paar Absagen über E-Mail und auch auf dem Postweg, kamen dann auch mal Nachrichten, wo ich in der engeren Auswahl war und auch irgendwann eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Die Firma war 200km von meinem Elternwohnort entfernt. Ich saß mich an dem besagten Tag ins Auto und fuhr also hin.
Ich muss sagen das mich die Firma gefragt hatte, wie ich das Alles finanziere, da ja die Ausbildungsvergütung gerade mal für die Miete,Lebensmittel und vielleicht gerade so für das Auto reichen würde. Habe mich natürlich zuvor im Internet über die möglichen Zuschüsse schlau gemacht. Es besteht die Möglichkeit das man einen Zuschuss in Form von BAB (Berufausbildungsbeihilfe) von der Agentur für Arbeit bekommt. Des weiteren kann man auch bei der zuständigen Wohngeldstelle auch Wohngeld beantragen und wenn das Alles nicht ausreicht könnte man in manchen Fällen eventuell auch eine Art Arbeitslosengeld bekommen. Die ganzen Zuschüsse, außer das Wohngeld, sind allerdings nur bei der 1. Ausbildung möglich. Da unser Staat der Meinung ist, dass eine 2. Ausbildung zum "Privatvergnügen" gehört, zumindest war das mein persönlicher Eindruck. Allerdings bezahlt die Agentur für Arbeit den kompletten Umzug über ein Umzugsunternehmen. Hierzu spricht man seinen zuständigen Sachbearbeiter an und holt sich 3 oder 4 Angebote von verschiedenen Umzugsunternehmen und reicht diese bei der Agentur für Arbeit ein. Diese entscheidet sich dann für ein Unternehmen.
Nachdem ich das Vorstellungsgespräch erfolgreich beendet hatte, wurde ich zu einem einwöchigen Praktikum eingeladen, in der Regel zahlt die Kosten für die Übernachtung, die Firma wo einen einlädt. Ich denke aber, dass man die Kosten auch zum Teil über die Agentur für Arbeit ganz oder zumindest zum Teil erstattet bekommt, sollte die Firma die einen einlädt die Kosten nicht übernehmen. In der Regel sind aber diese Kosten sowie die Anreisekosten von der Firma zutragen. Allerdings spricht man diese ja in der Bewerbungsphase auf Ihre Pflichten nicht an, weil man ja den Job möchte und das vielleicht auch falsch verstanden oder aufgefasst werden könnte.
Wie das Praktikum dann zu Ende war, hatte mir dir Firma zugesagt, dass Sie mir relativ zügig Ihre Entscheidung mitteilen würde, da ich mich ja im Falle einer Zusage noch um eine Wohnung und die ganzen Anträge kümmern musste, bevor die Ausbildung begann. Nach einiger Zeit kam dann ein Anruf dieser Firma und Sie hatte mir mitgeteilt, dass ich den Ausbildungsplatz habe und der Ausbildungsvertrag bereits auf dem Postweg zu mir sei. Nach Erhalt, habe ich diesen durchgelesen, unterschrieben und wieder auf dem Postweg zurück geschickt. Mittlerweile habe ich einen Unbefristeten Festvertrag bei dieser Firma.
Ich würde ebenfalls davon abraten, nach Berlin zu fahren und dort vor Ort zu suchen. Zumindest wenn man nicht bei Freunden, Bekannten oder Verwandten unter kommen kann und in einer Jugendherberge leben möchte. Die Suche nach einem Ausbildungsplatz kann sich auch einer Großstadt wie Berlin als sehr langwierig erweisen.
Ich würde beim Arbeitsamt nach freien Ausbildungsplätzen in Berlin fragen. An sich sind die Arbeitsämter vernetzt und jedes Arbeitsamt kann die freien Stellen bundesweit abfragen. Zusätzlich würde ich auch mal bei diversen Jobportalen nachsehen und eventuell auch die Handwerkskammer oder die Industrie-und Handelskammer für Berlin befragen. Dann würde ich mich, wie vor Ort auch, schriftlich bewerben. Aus der Bewerbung sollte in dem Fall klar hervor gehen, dass man nach Berlin ziehen möchte. Und dann kann man erst mal auf Reaktionen warten.
In einem anderen Thread hattest du ja erwähnt, dass dein Neffe gerne ins Bäckerhandwerk einsteigen möchte. Im Handwerk ist es auch heute oft noch so, dass man gerne formlose Wege geht. Es wäre hier eventuell ratsam, wenn sich dein Neffe mal bei der für Berlin zuständigen Bäckerinnung kundig macht. An sich sind die über freie Ausbildungsplätze informiert und können da auch vermitteln. Ansonsten kann es auch ratsam sein, einfach mal nach Berliner Bäckern zu suchen und dort anzurufen.
Generell wäre es aber sicherlich ratsam, egal welchen der Wege dein Neffe nun geht, wenn er zu sieht, dass er mehrere Vorstellungsgespräche auf einen Tag oder auf zwei oder drei aufeinander folgende Tage legt und nur einmal nach Berlin fährt und mehrere Vorstellungsgespräche absolviert. Jedes Mal nach Berlin fahren kann, je nach Entfernung, sehr teuer und aufwendig sein.
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