Welcher Umgang mit Insekten ist moralisch vertretbar?

vom 30.05.2013, 16:32 Uhr

Letztens entdeckte ich beim Klavierüben eine grüne Raupe an meiner Hose und war erstmal leicht erschrocken. Das Tier schüttelte ich instinktiv auf den Boden ab. Dann kam mir aber doch in den Sinn, ob es nicht irgendwie "korrekter" wäre, das Tier wieder dahin zu bringen, wo es hingehört. Ich griff also zu meinen Noten und setzte diese der Raupe vor. Diese war jedoch unglaublich schnell, sodass ich sie zuvor in dem Zimmer erst wiederfinden musste.

Als ich sie dann hatte, wendete die Raube aber jedes mal ihren "Kopf" ab, wenn ich ihr das Blatt Papier vorhielt. Als sie dann doch noch drauf gekommen ist und damit bereit war aus dem Fenster geschmissen zu werden, schaffte sie es durch irgendeine unerklärliche Bewegung wieder auf dem Boden zu landen, sodass ich von meinem Vorhaben, die Raupe freizulassen wieder abließ. Gelegentlich kommt es auch vor, dass ich eine Spinne kurz und schmerzlos durch einen Fußtritt sterben lasse, wenn sie mir zu nahe kommt.

Das ganze hat natürlich mehrere Facetten: Zum einen mißachtet so ein Insekt ja den persönlichen Lebensraum. Meine Wohnung gehört mir und dem Insekt gehört alles drum herum liegende. Folglich kann in meinen eigenen vier Wänden ich selbst über das Schicksal des Insekts richten. Bei Hausspinnen mag das vielleicht anders aussehen, aber eine Schmetterlings-Raupe gehört nun wirklich nicht in irgendso ein "künstliches" Haus.

Zum anderen hat man als Mensch selbst für solche primitiven Lebewesen irgendwelche Emotionen, sowie die Annahme, das Tierchen könne überhaupt Schmerzen spüren, was einen dann doch zu solchen Freilassungs-Aktionen verleitet. Ich glaube jedoch, dass die Tötung eines Insekts letztendlich nicht minder "richtig" ist als dessen Freilassung, denn ob so ein Tier überhaupt Schmerzen empfindet, ist stark anzuzweifeln. Generell haben solche Kleinlebewesen wohl auch kein dem Menschen ähnliches Bewusstsein, was es hinfällig macht eine Tötung eines Insekts ethisch zu rechtfertigen. Oder wie seht Ihr das? Wie geht Ihr mit Insekten in Eurem Umfeld um?

» MasterOers » Beiträge: 348 » Talkpoints: 1,16 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich bin da ähnlich hin- und hergerissen wie du. So eine Raupe würde ich nehmen und wieder nach draußen bringen. Aber bei den unzähligen Spinnen in meinem Haus handel ich da, ehrlich gesagt, anders. Ich sauge sie weg. Ich mag Spinnen nicht. Ich kann sie also nicht einfach auf die Hand nehmen und raustragen, wie ich es mit der Raupe machen würde. Außerdem hängen sie immer unerreichbar hoch. Deshalb ist es so praktisch und einfach, da mal eben das Staubsaugerrohr dranzuhalten. Aber stolz bin ich darauf nicht. Mir tut es jedes mal leid.

Sicher ist es mein Haus und diese Tierchen haben es ungefragt betreten. Aber in der Welt der Insekten spielen solche Begrifflichkeiten einfach keine Rolle, Häuser sind da nicht vorgesehen. Ich finde einen Frosch, der überfahren wird, auch nicht dumm, weil es so etwas wie Straßen und Autos einfach nicht eingeplant waren in seinem Froschleben. Einen Vorwurf kann man ihnen also nicht machen.

Man nennt das übrigens "Speziesismus", wenn man eine Spezies als bedeutender als eine andere einschätzt. Also der Mensch ist wichtiger als alle anderen Tierspezies, ein Hund ist wichtiger als ein Schwein, ein Schwein wichtiger als eine Heuschrecke. Den Begriff gibt es erst seit ein paar Jahren. Und irgendwo stimmt es auch. Gerade die Empörung über die Chinesen, dass sie Hunde essen, finde ich bei einem Schwein-Esser schlicht fehlt am Platz.

Aber Insekten sind schon was anderes als Säugetiere. Alleine schon von ihrer Lebensspanne her. Und das sehen ihre Mütter ja auch schon so. Eine Kuh bekommt nur ein Kind und kümmert sich daher aufopferungsvoll um dieses eine Kind, damit die Reproduktion erfolgreich ist. Eine Heuschrecke bekommt einfach tausende Kinder und kümmert sich nicht weiter drum. Die Hälfte oder ein Drittel wird auch ohne Fürsorge überleben und die Reproduktion erfolgreich sein.

Ich empfinde es also schon als Unterschied, ob man nun ein Säugetier oder ein Insekt tötet. Aber ich finde es auch sehr nett, wenn man dem Insekt hilft. Wenn es keine weiteren Umstände macht, spricht doch nichts dagegen. Aus deiner Raupe hätte wahrscheinlich ein wunderschöner Schmetterling werden können. Außerdem hast du jetzt irgendwo seine Leiche liegen. :uebel: :lol:

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Also ich habe noch nie erlebt, dass sich jemand ernsthaft Gedanken darüber gemacht hat, weil die meisten Leute wohl nicht darüber nachdenken, dass es sich bei Insekten auch um Lebewesen handelt und die Tötung vom Prinzip her nichts anderes ist als die Tötung von einer Katze, einem Affen oder auch einer Kuh. Trotzdem ist es für den Menschen wohl schon selbstverständlich geworden, dass er jedes Tier tötet, dass ihm im Weg steht, wenn es sich irgendwie machen lässt.

Ich selbst muss gestehen, dass ich auch die meisten Insekten, die bei mir in der Wohnung umher kriechen, entweder nach draußen befördere oder, wenn sie weniger kooperativ sind, auch mal kurzerhand töte. Das geht dann aber für diese schnell und schmerzlos. Vor allem bei Mücken nehme ich dabei keine Rücksicht, was aber auch daran liegt, dass sie einen nicht in Ruhe lassen und einen stechen. Dieses Stechen kann dann auch, wenn man Pech hat, viele Krankheiten übertragen, was für mich genügend Rechtfertigung ist.

Aber im Allgemeinen sollte man nicht wahllos irgendwelche Tiere töten, nur weil sie in dem eigenen Haus vorkommen. Bevorzugt sollte man diese eben nach draußen entfernen. Man muss ja mal überlegen, dass es die ganzen Tiere schon viel früher als die Menschen gab und wir ihnen eigentlich den Lebensraum wegnehmen.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich finde es sehr gut und wichtig, sich über dieses Thema Gedanken zu machen, Genau wie MasterOers denke ich schon darüber nach, bevor ich ein Insekt einfach töte. Andererseits fühle ich mich auch in meinem persönlichen Lebensraum eingeschränkt, wenn dort Insekten hineinkommen - ich mag das einfach überhaupt nicht.

Dass ein Insekt kein Bewusstsein hat beziehungsweise keine Schmerzen empfindet - da bin ich mir allerdings nicht so sicher. Woher sollen wird als Menschen das wissen? Da könnte ja auch ein riesiges Alien daherkommen, auf mich drauftreten und hinterher sagen, etwas so Kleines sei bestimmt ohnehin auf einer niederen Entwicklungsstufe ohne Bewusstsein und Schmerzempfinden gewesen.

Wenn es geht, setze ich Insekten auch nach draußen. Vor Spinnen ekele ich mich allerdings so sehr, dass ich sie einsauge (wenn meine Freundin sie nicht raussetzt). Wenn ich ein Insekt töten "muss", weil ich mich zu sehr davor fürchte, entschuldige ich mich hinterher aber immer mit den Worten "Tut mir leid - aber das geht wirklich nicht!", letzteres bezogen auf den Aufenthalt in meiner Wohnung. Und ich versuche es schnell zu machen: Also wenn ich zum Beispiel einen Käfer oder eine Fliege plattquetsche und das Tier sich danach noch bewegt, gleich nachzusetzen, damit es nicht unnötig leiden muss.

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» Kate110 » Beiträge: 485 » Talkpoints: 0,35 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich glaube jeder Mensch macht sich ab und an diese Gedanken, das ist ein Vorteil aber auch eine große Belastung, die eben mit unserem Bewusstsein einhergeht. Nur weil wir nicht wissen, ob ein Tier egal welche Größe es hat ein Bewusstsein hat und Schmerzen empfindet, heißt das noch lange nicht, dass es nicht doch so sein kann. Wenn dies doch der Fall wäre würden wir zumindest mit einer Entscheidung über Leben und Tod ob qualvoll oder schnell ziemlich viel anrichten.

Ich bin mir unschlüssig, ob diese Tiere wirklich etwas davon empfinden, aber fest steht auch andere Tiere, die zwar schon etwas größer sind, haben ein Empfinden von Angst oder Schmerz, warum sollen diese Instinkte dann nicht auch in ganz kleinen Tieren, wie Insekten, vorhanden sein. Trotz dessen neige ich dazu viele Tiere auch kurz und Schmerzlos zu entsorgen,

Zumindest bei Spinnen und Fliegen ist das ohne weiteres Nachdenken der Fall. Spinnen sind Tiere, die bei meiner Frau Angstgefühle hervorrufen und bei mir extremen Ekel, warum sollte man etwas vor dem man Angst hat oder bei dessen Anblick man Ekel verspürt bei sich in der Wohnung leben lassen. Nun gut man könnte betreffendes Insekt in diesem Fall vor die Tür setzen, doch hat das den Nachteil, dass man das Insekt anfassen muss oder zumindest in die Gefahr kommt, das einem das Kleintier von selbst zu nahe kommt.

Bei normal aussehenden Tieren habe ich damit kein Problem, doch bei Spinnen hört der Spaß in diesem Punkt auf, da ich wenn ich nur daran denke, diese mit puren Händen anzufassen sofort Gänsehaut bekomme. Zudem sind Fliegen mit ihren Summen so nervig, dass wahrscheinlich auch jedes Tier dazu neigen würde sich dieser Fliege zu entledigen.

Mücken sind in dieser Hinsicht sogar noch schlimmer, denn diese fügen einem sogar noch Leid zu, warum sollte man dieses also nicht zurück geben. Das Argument mit den eigenen vier Wänden finde ich nicht ganz passend, denn schließlich waren die Insekten meist schon lange vor uns an diesen Orten, an denen jetzt unsere Häuser stehen, angesiedelt.

» Mulucki1989 » Beiträge: 449 » Talkpoints: 14,27 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Prinzipiell finde ich gut, wenn man auch darüber mal nachdenkt und nicht völlig gewissenlos einfach alles platt macht, was einem gerade im Weg ist. Es weiß ja auch keiner so wirklich genau, inwieweit Insekten Empfindungen oder Gedanken oder Ähnliches haben. Was ich allerdings mit Sicherheit sagen kann, ist, dass diese kleinen Wesen keinerlei Verständnis von der Wahrung fremder Privatsphäre haben. Und generell bin ich auch jemand, der seine Wohnung für sich selbst beansprucht und Eindringlinge nicht duldet. Aber das würden die meisten Insekten doch auch nicht - fasst mal in ein Wespennest. :D

Generell muss bei mir aber keiner auf grausame Art und Weise sterben, nur weil er in mein Revier eindringt. Viele kommen ja auch gar nicht, um sich hier einzunisten, sondern weil sie sich schlicht verflogen oder verkrabbelt haben, insofern ist es nur fair, den Tierchen einen Weg in die Freiheit zu ebnen. Käfer, Hummeln, Spinnen und sogar Wespen, vor denen ich echt Angst habe, werden per Glas gefangen und dann aus dem Fenster entlassen, wobei ich zum Beispiel auch eine recht große Hausspinne als Mitbewohnerin habe. Die bleibt in ihrem Netz hinter dem Kühlschrank, also kommen wir uns nicht in die Quere. Fliegen und so lasse ich von meinen Echsen fangen. Die einzigen, die ihr Leben lassen müssen, wenn sie meine Wohnung bekrabbeln oder befliegen, sind Mücken, Gemüsefliegen und Silberfischchen.

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» CCB86 » Beiträge: 2025 » Talkpoints: 2,88 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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