Wie am besten langjährige Autorin bzgl. Texte kritisieren?

Ich bin als Autorin bei einem Onlinemagazin tätig, welches möchte ich an der Stelle nicht erwähnen, man weiß ja nie, ob die Autorin, über die ich gleich etwas erzählen möchte, nicht auch hier ist.

Und zwar ist unsere Redaktion so aufgeteilt, dass es normale Autorin wie mich gibt und noch Chefredakteure, die über jeden Text eines Autors noch einmal drüber lesen, bevor er dann online geht. Nun ist es so, dass die Texte einer Chefredakteurin leider wirklich nicht gut sind. Wie sie unter den Umständen zur Chefredakteurin geworden ist, weiß ich leider nicht, dafür bin ich noch nicht lange genug dabei. In jedem Fall sind ihre Texte immer sehr kurz und sehr unstrukturiert.

Normalerweise ist es ihre Aufgabe, eine Kritik zu schreiben, aber es ist vielmehr immer eine Zusammenfassung von Ereignissen und ab und zu mal lässt sie ihre eigene Meinung einfließen, ob ihr etwas gefallen hat oder nicht. So sollte es aber nicht sein, die Meinung sollte auf Argumenten gestützt sein und wie gesagt, es sollte eine Struktur beinhalten. So gut wie alle anderen Autoren machen am Schluss noch ein Fazit, in dem noch einmal zusammenfassend geschrieben wird, was gut und was schlecht war. Das macht sie auch nicht und das ist wohl das mindeste, das man tun kann, um den Text ein wenig strukturierter zu machen.

Nun ist es aber problematisch, sie darauf anzusprechen, denn sie gehört selber zu den Chefredakteuren und ist wohl auch sehr uneinsichtig. Bei ihr muss alles immer ganz schnell online gehen, weshalb sie die Kritik auch einmal in der Woche morgens schnell vor der Arbeit verfasst. Andere brauchen für einen Text dieser Art stundenlang und machen sich auch tagelang darüber Gedanken, was sie noch in den Text mit einbringen könnten und so weiter. Bei ihr wirkt es eher so, als wäre sie nur auf das Geld aus, das sie für den Text bekommt.

Ich bin mit einigen anderen der Chefredakteure eng befreundet und wir haben uns gestern Gedanken darüber gemacht, wie man ihr das am besten nahebringen könnte. Keiner will sie in irgendeiner Art und Weise raus eklen, denn ihre sachlichen Texte sind immer sehr gut und da wir sowieso nur wenige Autoren sind, sind wir über jede Hilfe dankbar. Aber wenn der Text dann nur so halbherzig geschrieben ist, ohne großartige Gedanken dahinter, dann ist das ja auch nicht Sinn der Sache. Das Problem ist eben, dass sie schon jahrelang diese Texte schreibt und es wahrscheinlich komisch auf sie wirken wird, warum sie jetzt plötzlich deswegen kritisiert wird.

Wart ihr schon einmal in so einer ähnlichen Situation und musstet jemanden kritisieren, der schon jahrelang etwas macht und womöglich denkt, dass er gut darin ist? Wie würdet ihr das am besten machen, bei einer Person, die Kritik sowieso nicht so gut verträgt?

Ich bin selber in so einem Bereich tätig und habe es mir zur Gewohnheit gemacht, am besten keine Texte zu bekritteln. Ich merke, dass die meisten einfach nicht gut schreiben können und so lese ich nicht deren Beiträge und falls ich das doch muss und sogar meine Meinung verlangt wird, dann tue ich das, schaue aber, das die Kritik nicht all zu hart ausfällt.

Man sollte sich auf seine Beiträge konzentrieren, perfekt ist man ja selber nicht und ich denke, eventuell wollte man auch schon deine Texte hart verurteilen.

Das kommt natürlich auch auf das Unternehmen an. Wenn du mit anderen Chefredakteuren befreundet ist, so solltest du doch auch leicht herausfinden können, wie sie zur Chefredakteurin wurde.

Wäre vielleicht ein Teammeeting denkbar, bei dem der Vorschlag aufkommt, dass man den anderen offenes Feedback gibt? Oder auch als kleine allgemeine Verbesserungsaktion, bei der jeder sein Urteil über die Texte der anderen abgibt.

Eine andere Möglichkeit wäre es sich einfach mal zu erkundigen, inwieweit sie ein zusammenfassendes Fazit oder einen argumentativen Schreibstil für notwendig erwachtet. Vielleicht bekommt ihr daraufhin eine Erklärung mit der ihr so gar nicht rechnet. Vielleicht hat sie gute Gründe es anders zu machen.

Alternativ gibt es vielleicht jemanden der sich ein offenes Gespräch zutraut? Jemanden mit dem sie sich gut versteht und den sie achtet. Dabei kann man dann ja darauf hinweisen, dass man es nicht böse meint, sie aber auch davor schützen möchte, dass weiter hinter ihrem Rücken geredet wird.

Ich könnte mir gut vorstellen, dass diese Chefredakteurin vielleicht durch gute Beziehungen oder einfach durch die Familie an diese Position geraten ist. Es gibt aber auch einige andere Sachen, die hierfür in Frage kommen würden. Auf der anderen Seite bist du ja der Meinung, dass ihre sachlichen Texte sehr gut sind, also kann man die Vermutung mit den Beziehungen vielleicht schon ein wenig ausklammern. Wenn die auch nicht ganz so prickelnd gewesen wären, dann hätte es mich schon stark gewundert, dass sie in der Position ist.

So eine Situation ist mir in der Form noch nicht untergekommen. Auf jeden Fall ist es immer sehr schwer darüber zu urteilen, wenn man die betreffende Person nicht kennt. Scheinbar ist sie ja nicht o empfänglich für Kritik. Mich würde es aber persönlich auch recht hart treffen, wenn man nach mehreren Jahren auf einmal zu mir kommt und meint, dass meine Texte so nicht besonders gut sind. Da hätte ich es lieber, wenn man mir das ganze schon eher mal gesagt hätte. Ich mache das ungern, aber in diesem Fall fährt man vielleicht doch am besten, wenn man die Füße still hält.

Jeder Autor hat natürlich seinen eigenen Stil und seine Schreibweise. Es gibt diesen typischen Aufbau, der vorgibt wie man bestimmte Textarten aufbauen und strukturieren soll. Dem will sie vielleicht mal völlig entgegen wirken und ihren eigenen Stil durchziehen, weil es eben mal etwas anderes ist. So liest sich nicht jeder Artikel gleich und das ist vielleicht ihr persönliches Merkmal als Autorin. Das dies nicht jedem gefällt ist natürlich eine ganze andere Sache. Wichtig ist doch eigentlich nur, dass es den Lesern gefällt. Gab es diesbezüglich schon einmal Feedback?