Braucht man wirklich die 1. und 2. Klasse in Regionalbahnen?
In sämtlichen mir bekannten Zügen gibt es eine Unterteilung der Sitzplätze in erste und zweite Klasse. Die Sitzplätze in der ersten Klasse verfügen dabei unter anderem über mehr Beinfreiheit. In Bussen oder Straßenbahnen hingegen gibt es eine solche Einteilung nicht. Vermutlich geht man davon aus, dass die mit dem Bus zurückgelegten Strecken deutlich kürzer sind. Abgesehen davon bietet ein Bus auch insgesamt weniger Platz.
In Fernzügen finde ich es verständlich, dass man zwischen erster und zweiter Klasse unterscheidet. So können sich die Reisenden, die mehr Komfort wünschen und bereit sind, dafür mehr zu bezahlen, ein Ticket der ersten Klasse kaufen, während die anderen die günstigere Fahrt in der zweiten Klasse buchen können. In vielen Regionalbahnen hingegen finde ich diese Unterteilung fast schon überflüssig. Die kleine Privatbahn, die unter anderem zwischen meinem Wohnort und meiner Universitätsstadt verkehrt, legt insgesamt nur kurze Strecken zurück. Wenn ich von zu Hause aus mit der Bahn durchfahren würde, wäre ich höchstens 40 Minuten unterwegs. Dann hat die Bahn ihren Zielbahnhof erreicht und fährt wieder zurück. Diese Privatbahn bedient noch eine weitere Strecke, die ähnlich kurz ist.
40 Minuten fahre ich mit dem Bus auch innerhalb der Stadt, wenn ich mein Auto in die Werkstatt gebracht habe oder es später wieder abhole. Die Strecke ist nicht wahnsinnig weit, aber der Bus braucht eben immer etwas länger. Wenn man stundenlang mit der Bahn unterwegs ist, sind die Sitzplätze der ersten Klasse bestimmt toll. Aber sind diese in Regionalbahnen und ganz besonders in S-Bahnen wirklich sinnvoll, vor dem Hintergrund, dass man mit einer solchen Bahn oft nicht besonders lange unterwegs ist? Würdet ihr ein Ticket der ersten Klasse in der S-Bahn oder einer anderen Regionalbahn kaufen oder reicht euch auf kurzen Strecken auch ein Sitzplatz in der zweiten Klasse?
Man darf nicht unterschätzen, dass unter Komfort nicht nur "Beinfreiheit" verstanden wird. Wer sich ein 1-Klasse-Ticket für die Bahn kauft, der wird es auch zu schätzen wissen, dass das "Publikum" in seinem Abteil sich deutlich von dem der zweiten Klasse unterscheidet. Ich selbst hatte mal einen Job, bei dem ich Deutschlandweit oft unterwegs war und dafür vom Arbeitgeber mit Bahntickets für die erste Klasse versorgt wurde.
Das ging über zwei Jahre so und es war - nachdem ich den Job gewechselt und privat Bahn gefahren bin - schon ein gewisses Schock-Erlebnis, in einem Abteil mit zahlreichen Jugendlichen zu sitzen, welche sich lautstark unterhielten während sie versuchten, sich bzgl. der Lautstärke ihrer Handy-Klingeltöne zu übertreffen. Nachdem es also auch für die Regionalbahn eine Nachfrage für die erste Klasse gibt, ist das Angebot aus Sicht der Bahn gerechtfertigt.
Ich stimme meinem Vorredner zu. Ich denke, die erste Klasse ist in erster Linie für ein Klientel bestimmt, welches über genug Geld verfügt, um sich auch ein Auto leisten zu können. Der Grund, warum sie es vorziehen, mit der Bahn zu fahren, ist beispielsweise der, dass sie in einer Stadt wohnen und man dort mit der Bahn oft schneller ist, oder es handelt sich im besonders umweltbewusste Mitbürger, oder sie genießen es, in der Zeit im Zug lesen oder arbeiten zu können.
Diese Mitbürger wollen im Zug jedoch einen sicheren Platz haben. Ganz bestimmt wollen sie nicht in einem vollen Abteil um einen Sitzplatz kämpfen müssen oder gar stehen müssen. Außerdem, das kann vermutlich jeder bestätigen, der öfter mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, trifft man hier zuweilen schon sehr merkwürdige Mitbürger an. Das reicht von Menschen, die offensichtlich angetrunken sind, über Menschen, die einen stark unangenehmen Geruch ausströmen, laut telefonieren, durch aufgedrängte Gespräche belästigen bis zu Menschen, die offensichtlich nicht ganz bei Verstand sind.
Schreiende Kinder, kichernde Teenager. Ich verstehe nur zu gut, das eine Person nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag nicht um einen Platz konkurrieren möchte. Es ist sicher auch nicht für jeden angenehm, einen völlig fremden Mensch so dicht neben sich sitzen zu haben, wie es im Zug oftmals der Fall ist. Wenn man es sich also leisten kann, einen sicheren, ruhigen Platz zu haben, warum nicht?
Dieses Bedürfnis existiert in einem Regionalzug natürlich genauso wie in einem ICE. Besonders wer den Zug nutzt, um zu arbeiten, möchte sicher keinen neugierigen mit-Passagier neben sich haben, der die ganze Zeit mit in den Laptop starrt um zu schauen, was der andere da so macht.
Bei uns fahren noch viele Regionalzüge älteren Baujahrs herum, in denen es mittlerweile gar keine 1. Klasse mehr gibt. Die Abteile, die früher die 1. Klasse waren, wurden irgendwann einfach auch mit einer 2 deklariert. Vielleicht sind die Sitze einfach schon so abgenutzt, dass sie den Anspruch einer 1. Klasse nicht mehr erfüllen.
In neueren Zügen kann ich meistens beobachten, dass in der 1. Klasse niemand drin sitzt. Viel Unterschied ist dort eigentlich nicht. Die Sitze sind vielleicht ein klein wenig besser gepolstert, aber dass man dort mehr Beinfreiheit hat, denke ich nicht. Der Abstand zwischen den Sitzen ist nicht wirklich größer als im restlichen Zug. Der in meinen Augen einzige Vorteil für den Besitzer einer 1.-Klasse-Fahrkarte liegt darin, dass man auch in einem ansonsten vollen Zug auf jeden Fall einen Sitzplatz hat. Und natürlich hat man seine Ruhe vor lauten Jugendlichen, Musikhörern, Döner-Essern oder was sich vielleicht sonst noch alles in einem Zug herumtreibt.
Wenn ich mal jemanden in der 1. Klasse sitzen sehe, dann hat derjenige meistens einen größeren Koffer dabei, sodass man davon ausgehen kann, dass er anschließend mit dem ICE weiterfährt. Für eine kurze Fahrt ausschließlich in einem Regionalzug werden sich wohl nicht so viele eine 1- Klasse Fahrkarte kaufen.
Wenn ich von meinen Eltern bis zu der Stadt in der meine Uni ist, fahre, dann bin ich auch nur fast eine Stunde unterwegs. Der Zug fährt auch nur diese eine Strecke und fährt dann wieder zurück. Trotzdem gibt es in diesem Zug auch eine erste Klasse, obwohl die meisten Leute eben nur höchstens eine Stunde mit diesem Zug unterwegs sein können, was nicht wirklich lang ist.
Ich kann trotzdem nachvollziehen, weshalb es in diesem Zug eine erste Klasse gibt, auch wenn die Strecke, die der Zug fährt, nicht sonderlich lang ist. Es ist doch vor allem am Morgen und am Abend so, dass der Zug extrem überfüllt ist und man keinen Sitzplatz bekommt. Mir selbst passiert es auch sehr oft, dass ich eine halbe Stunde stehen muss, bis ein Platz frei wird. Das ist natürlich alles andere als angenehm, vor allem wenn man einen langen und anstrengenden Tag hinter sich hat.
Dazu kommt, dass auf dieser Strecke immer sehr viele Schüler unterwegs sind. Diese unterhalten sich leider auch nicht immer leise, sondern grölen gerne herum und schmeißen Sachen durch die Gegend. Wenn man Glück hat, dann steigt auch noch eine ganze Klasse mitsamt Lehrer ein. Somit kann man sich vorstellen, wie es mit der Lautstärke aussieht. Von daher kann ich da auch voll und ganz verstehen, weshalb manche Leute lieber etwas Geld dazu geben und sich eben einen Platz in der ersten Klasse gönnen. Das ist nämlich wesentlich angenehmer.
Ich finde das eigentlich gar nicht schlimm in Regionalzügen, allerdings fände ich es besser, wenn es eben auch an den Bedarf angepasst ist. Wenn ich zur Hauptzeit von der Uni nach Hause fahre und einen Zug erwische, wo ein ganzes Abteil (oben und unten!) nur aus 1. Klasse besteht, in der sich maximal fünf Personen aufhalten, dann frage ich mich schon, ob das wirklich sein muss. Ganz ehrlich, man steht da total gequetscht, ein paar Leute können nicht einmal mehr mitfahren und dann sitzen 5 Leute in einem Abteil, wo normalerweise 100 Leute sitzen können? Das ist doch echt übertrieben.
Ich kann absolut verstehen, wenn man als 1. Klasse Reisender auch seine Ruhe haben will und in einem eigenen Bereich sein möchte. Immerhin hat man dort dann ja auch immer einen garantierten Sitzplatz, während sich der Rest der Bevölkerung um die vorhandenen Sitzplätze förmlich prügelt. Aber wie oben schon geschrieben, finde ich die Masse an Platz, die der ersten Klasse zukommt, einfach viel zu übertrieben.
Kurze Strecken sind natürlich immer relativ. Die Regionalzüge sind hier relativ fix unterwegs, so fahre ich täglich meistens nur 2 1/2 Stunden damit, wenn ich wirklich beide erwische, mit denen ich denn fahren muss, was leider nur selten der Fall ist. Aber die Züge fahren schon immer eine sehr lange Strecke, der eine ist von Anfang bis Ende locker 2 Stunden unterwegs und wenn ich das Geld hätte, würde ich mir auch ein 1. Klasse Ticket kaufen, damit ich meine Ruhe hätte und vor allem immer einen Sitzplatz. Wenn ich den dritten oder vierten Tag Uni in Folge habe und ständig das Gebäude wechseln musste und dabei immer munter in den dritten Stock laufen musste und dann am besten noch fünfmal in der Bibliothek hin und her plus die Strecken vom Bahnhof, habe ich wenig Lust überhaupt noch eine halbe Stunde im Zug zu stehen und wäre glücklich über jede Minute, die ich bequem sitzen könnte.
So habe ich das eigentlich nie betrachtet. Es gibt halt erste und zweite Klasse, natürlich bin ich immer mit der zweiten Klasse gefahren, schließlich ist diese oft um einiges billiger. Warum sollte ich für die gleiche Dienstleistung, nämlich das Bringen von A nach B in derselben Zeit, teurer Bezahlen, wenn Komfort das Einzige ist, was ich dafür erhalte?
Doch scheinbar ist es eben dieser Komfort, auf denen viele nicht verzichten können, besonders Geschäftsleute und andere Leute, die auch in Regionalbahnen zeigen müssen, dass sie Geld haben. Ich würde es allerdings begrüßen, wenn die Bahn anstatt eines Waggons erster Klasse lieber einen zweiter Klasse nehmen würde. Dann wäre für uns "Zweitklässler" endlich mehr Platz. Und den würde man sich schon wünschen. Allerdings wird die Bahn keine Rücksicht darauf nehmen, schließlich scheinen sie einiges zu verdienen mit dieser Geschäftspraktik.
Aber wenn wir uns mal zusammenreißen und uns fragen, ob wir wirklich erste Klasse brauchen, vor allem, wenn es wie in Regionalzügen oft nicht mal zwei oder drei Stunden sind, die man mitfährt, so müssen wir doch zugeben, dass erste Klasse völlig unnötig ist. Ich meine, diese abgetrennten Abteils bringen nicht wirklich etwas. Viel bequemer ist es dort auch nicht. Ein Nutzen wäre es für alle, wenn es auch für die, die zweite Klasse fahren, mehr Platz und dann hoffentlich auch einen Sitzplatz geben würde.
Ich selbst fahre deswegen immer nur zweite Klasse. Oft komme ich genauso entspannt an, als wäre ich erste Klasse gefahren, auch, wenn ich keine direkten Vergleichserfahrungen habe. Schöner mag es vielleicht sein, erste Klasse zu fahren, doch finde ich das unnötig. Dieses Geld kann man sich ganz leicht und entspannt sparen. Zumal man die Regionalzügen sowieso in der Regel nicht lange mitfährt und den Zug oft nach kurzer Zeit wieder verlässt.
Derjenige, der nicht das Geld hat, sich eine Fahrkarte der ersten Klasse kaufen zu können, ist benachteiligt, genau so wie im Gesundheitswesen ohne Privatversicherung. Während oft die gesamte erste Klasse nicht besetzt ist, drängelt sich alles in der zweiten Klasse und hat teils keinen Sitzplatz. Stinkende, verschwitzte und laute Menschen lassen einen fast ohnmächtig werden.
In den Regionalzügen, die sowieso nicht weit fahren, könnten wenige Sitze für die Fahrgäste mit einer Fahrkarte der ersten Klasse abgeteilt werden und der Rest könnte der zweiten Klasse zugeteilt werden. Denn eigentlich ist es ein Unding, Menschen eine teure Fahrkarte zu verkaufen, aber nicht genügend Sitzplätze für sie zu haben. Stehplätze sollten billiger sein. Die große Masse der Menschen bewegt sich in der zweiten Klasse und dem sollte man Rechnung tragen.
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