Kann ein ständiges Harmoniebedürfnis auch nervig werden?
Ich bin ein Mensch, der mit Streit nicht viel anfangen kann und lieber in Harmonie lebt. Ich würde auch, wie ich in einem anderen Thread schon geschrieben habe, nie im Streit auseinander gehen und ich bin auch oftmals der erste, der nachgibt, damit man nicht im Streit lebt. Ich denke, dass ich mich schon als harmoniebedürftig bezeichnen kann.
Eine Bekannte meinte mal zu mir, dass ich mit meinem Harmoniebedürfnis nerve und man eben auch mal so richtig Streit haben muss, der nicht sofort aus der Welt geschafft werden muss. Sie streitet wohl viel und gerne und wie gesagt, damit kann ich einfach nichts anfangen. Ich bin allerdings auch ein sehr direkter Mensch, ecke auch schnell an und muss mich dann auch oftmals entschuldigen, damit die Harmonie wieder hergestellt ist. Denkt ihr, dass ein Harmoniebedürfnis auch nerven kann? Seid ihr eher harmoniebedürftig?
Das beantworte ich definitiv mit Ja. Harmonie ist schön und gut, aber ich würde sie z.B. Ehrlichkeit unterordnen. Wenn mein Partner oder mit wem ich auch immer Streit hatte, noch sauer ist, dann soll er das bitte auch sein und nicht der Harmonie wegen seinen Ärger runterschlucken und auf Friede, Freude, Eierkuchen machen. Das schadet der Harmonie letztlich auch.
Wenn es ein Problem gibt, muss das besprochen werden. Und wenn es sehr emotional ist, dann muss das auch raus. Wenn man es in sich hineinfrisst, staut sich der Ärger nur auf. Das kann eine Beziehung nachhaltig beeinträchtigen. Ich will doch auch, dass sich mein Partner oder Freund oder Verwandter mir mitteilen kann. Und zwar so lange bis ich es verstehe.
Also Harmonie ist schön. Aber sie ist niemals so wichtig wie Ehrlichkeit, Verständnis und eine Lösung für Probleme zu finden. Sie sollte sich vielmehr dadurch, dass alles stimmt und alles besprochen wurde von ganz alleine einstellen. Es sollte nicht nötig sein, sie künstlich herzustellen und dafür auf andere Dinge zu verzichten. Dann stimmt etwas in der Beziehung nicht.
Ich teile da auch deine Meinung und sage, dass Harmonie zwar gut und schön ist, aber das eine künstlich erzeugte Harmonie keine Beziehung aufrechterhalten kann und auch nicht aufrechterhalten wird. Natürlich kann man sich mal streiten, aber sich so richtig heftig zu streiten, um den Ärger mal Luft zu machen, finde ich auch nicht wirklich sinnvoll. Zu dem kann ich mir nicht vorstellen, dass ein großer Streit irgendeiner Beziehung gut tut, vielleicht fühlt man sich als Person dann besser, weil einem die Last entfallen ist, aber das war es dann auch schon.
Ich würde auch wollen, dass sich mein Partner, Verwandter, Freund oder desgleichen mit mitteilen kann, bis ich es verstehe und bis das Thema aus der Welt geschaffen ist. Aber dafür muss man nicht streiten. Man kann auch, wie du schon geschrieben hast, alles in aller Ruhe besprechen, damit alles stimmt und dann wird sich die Harmonie in jeglicher Beziehung alleine einstellen.
Ich finde nicht, dass Harmonie und Ehrlichkeit unbedingt Gegensätze sind. Denn man kann sich ja auch sachlich und neutral über Probleme unterhalten und muss das nicht in einen Streit ausarten lassen. Man kann miteinander diskutieren, ohne laut zu werden und sich anzuschreien und das ist dann durchaus harmonisch, aber nicht unehrlich.
Bienenkönigin hat geschrieben:Wenn mein Partner oder mit wem ich auch immer Streit hatte, noch sauer ist, dann soll er das bitte auch sein und nicht der Harmonie wegen seinen Ärger runterschlucken und auf Friede, Freude, Eierkuchen machen. Das schadet der Harmonie letztlich auch.
Das kann ich nur so unterschreiben. Mein Freund ist auch so jemand, der seinen Ärger gerne herunter schluckt, um einer Auseinandersetzung zu entgehen. Meistens bemerke ich das dann und habe die Möglichkeit, ihn darauf anzusprechen, aber nicht immer. Das schlimmste daran ist, dass er mir meine Fehler dann Wochen oder gar Monate später vorwirft, in einem Streit, in dem er sich dann eben nicht mehr zurückhalten kann. Dann bekomme ich eine ganze Liste mit Dingen vorgesetzt, die ich vor x Wochen falsch gemacht habe und die er aber zum damaligen Zeitpunkt nicht angesprochen hat.
Das finde ich wirklich schlimm, denn ich hatte ja nicht einmal die Gelegenheit, mich dafür zu entschuldigen, teilweise war mir vielleicht gar nicht bewusst, dass es ihn verletzt hat, was ich gesagt oder getan habe. Und was daraus eben auch folgt, ist die Tatsache, dass ich es nicht besser machen kann, wenn man sich nicht ausspricht. In einer Beziehung ist es meiner Meinung nach wichtig, dass man über Dinge diskutiert. Hier kann ein gesundes Harmoniebedürfnis dann durchaus hilfreich sein, denn sich nur anschreien und Dinge vorwerfen, ohne ein wenig selbstkritisch zu sein, hilft natürlich auch keinem weiter.
Bei meinem Freund und mir läuft es nach einem heftigen Streit meistens sehr harmonisch ab. Wir lassen dann eben mal unseren ganzen Ärger heraus und dann ist der Partner wieder gewarnt, dass er etwas besser machen muss, um die Beziehung am Leben zu halten. Dann gibt man sich auch wieder Mühe und das ist doch eine gute Sache. Wenn man alles nur herunter schluckt und dem anderen immer Recht gibt, dann kann es niemals zu so einer Situation kommen.
Ich halte mich selbst durchaus für einen eher harmoniebedürftigen Menschen. Manchen Leuten scheint es zumindest manchmal ganz gut zu tun, wenn in der Beziehung oder Freundschaft die Fetzen so richtig fliegen, aber für mich ist das nichts. Je heftiger die Streiterei, desto unwohler fühle ich mich. Mir ist das sachliche und rationale Austragen von Konflikten in der Regel erheblich lieber, auch wenn mir in Ausnahmefällen auch mal der Gaul durchgehen kann, wie man so schön sagt.
Das heißt natürlich andererseits auch nicht, dass ich es für gut befinde, wenn ein Partner um des lieben Friedens willen seinen Ärger immer herunterschluckt. Wenn man immer nur nachgibt, ist irgendwann von der eigenen Persönlichkeit nichts mehr übrig. Besonders nervig finde ich es allerdings, wenn Leute nicht nur bei Streitigkeiten, sondern ganz normalen Alltagsfragen sich immer nach den anderen richten, damit es ja nicht zu Unstimmigkeiten kommt. Da heißt es dann immer: Entscheide du, ich richte mich nach dir.
Dieses in meinen Augen übertriebene Harmoniebedürfnis, bei dem Menschen anscheinend ständig Angst haben, das Gegenüber könnte eingeschnappt sein, finde ich schon manchmal sehr störend. Man muss nicht immer gleich seinen Dickschädel durchsetzen, aber generell sind klare Aussagen im Sinne von: "Ich möchte heute nicht in die Pizzeria gehen, wie wäre es mit chinesischem Essen?" doch eher hilfreich als das ewige Rumgeeiere.
Ich für meinen Teil vertrete beide Meinungen beziehungsweise Einstellungen. Ich bin nämlich ebenfalls sehr direkt und trete dabei, mehr oder weniger unabsichtlich, dem ein oder anderen Freund beziehungsweise Menschen auch mal auf die Füße, da ich leider zu oft davon ausgehe, dass sie mich verstehen und mit dieser offenen, direkten Art von mir umgehen können.
Zwar ist dies sehr selten der Fall, was ich persönlich sehr schade finde, jedoch versuche ich mich auch für mein Verhalten zu rechtfertigen und zu entschuldigen, was oftmals auch aufgenommen wird. Harmoniebedürftig würde ich mich aber dennoch nicht nennen. Ich finde es zwar schade, wenn man sich zerstreitet, kann allgemein auch nicht viel damit anfangen und es nicht nachvollziehen, dass man sich so zerstreitet beziehungsweise die "Beziehung" zueinander so mehr oder weniger zerstört, jedoch finde ich andererseits, dass dies eben zu einer zwischenmenschlichen Beziehung dazugehört.
Man hat nun einmal nicht ständig die gleiche Meinung beziehungsweise identische Ansichtsweisen. Und auch nicht jeder kann geregelt und respektvoll diskutieren, was ebenfalls eher traurig als nachvollziehbar ist. Aber mit so was muss man nun einmal auch umgehen können, wenn man sich als "offener und ehrlicher" Zeitgenosse definiert.
Ich bin ebenfalls oftmals derjenige, der nachgibt, aber auch nur, weil ich mich gut in andere Situationen beziehungsweise Gemüter hineinversetzen kann und dann nun einmal ein schlechtes Gewissen bekomme. Und irgendwer muss ja auch den ersten Schritt machen. Allgemein habe ich schon des Öfteren Auseinandersetzungen mit meinen Mitmenschen, weil ich nun einmal ein Querdenker bin. Aber ich vertrete auch allgemein die Ansicht, dass man die Leute akzeptieren muss wie sie sind und wenn jemand nicht mit meiner Art klar kommt dann muss dieser das halt einfach akzeptieren.
Da ich aber nicht als "schlechtes Vorbild beziehungsweise Beispiel" dastehen möchte, gehe ich auch nach kurzer Zeit schon hin und versuche meine Akzeptanz dem anderen Gegenüber zu verdeutlichen und die Situation aus der Welt zu schaffen, auch wenn das für den ein oder anderen Mitmenschen vielleicht etwas seltsam aussehen mag. Zuerst einen Streit mehr oder weniger anzetteln und dann angekrochen kommen und sich rechtfertigen. Aber so ist das nun einmal, was ich persönlich auch tausendmal besser finde als ewig auf Kriegsfuß zu stehen und sich nur fertig zu machen beziehungsweise "aus der Mücke einen Elefanten zu machen".
Dass ein Streit mal notwendig ist, kann ich nicht bestätigen. Ich würde mich auch als sehr "harmoniebedürftig" bezeichnen und bin auch meist der Erste, der sich nach einem Streit entschuldigt. Wer behauptet, dass streiten ab und zu auch mal notwendig ist, mag es wohl einfach, sich ab und zu einfach mal zu streiten. Es ist wohl richtig, dass es ganz normal ist, dass sich Menschen ab und zu streiten, aber dass es schön ist, kann ich nicht bestätigen. Warum soll ein Bedürfnis nach Harmonie nerven? Harmonie ist doch was Gutes und wer was anderes behauptet ist, wie ich schon sagte, wohl eher auf Streit aus.
Ich gehöre zwar auch zu den Menschen, die nicht gerne Streit haben, vor allem aber auch der Meinung sind, dass Streitereien nicht zwingend sein müssen, um Sachverhalte zu klären und Unstimmigkeiten beizulegen. Dennoch ist mir klar, dass nicht alles eitel Sonnenschein sein kann, wenn zwei oder mehrere Menschen aufeinandertreffen und es eben hin und wieder zu einem Knall kommt, das ist wohl ganz normal und auch wichtig, denke ich.
Vor einiger Zeit kannte ich jemanden, der so harmoniesüchtig war, dass er in seiner Beziehung alle möglichen Streitereien vereitelt hat, um sich weiterhin in seiner harmonischen Traumwelt aufzuhalten. Damals isst mir erst so richtig deutlich geworden, dass sich Streitigkeiten gar nicht vermeiden lassen, dass sie wichtig sind und dass es wohl mehr Schaden anrichtet, wenn man ihnen aus dem Weg gehen will, vor allem auf diese Weise. Derjenige hat damals alle möglichen Lügengebilde konstruiert, um einem nahenden Streit auszuweichen, wobei die jeweiligen Streitigkeiten gar nicht schwerwiegend ausgefallen wären oder gar Konsequenzen gehabt hätten.
Insofern kann ich es auch nachvollziehen, wenn sich andere vom eigenen Harmoniebedürfnis genervt fühlen. Bei Menschen, die in anderen Sphären zu schweben scheinen, nervt mich so etwas auch schnell, vor allem, wenn ich den Eindruck habe, dass sie die Augen vor Wahrheiten verschließen und sich reichlich naiv verhalten.
Wenn jemand allerdings einfach ein lockerer und offener, toleranter Mensch ist, mit dem es schwer ist, sich zu streiten, dann empfinde ich das als angenehm und kann hieran auch nichts Krankhaftes erkennen. Es ist also wohl in meinen Augen immer eine Frage der Grundlage, die sich für ein bestimmtes Verhalten darstellt. Ist diese Grundlage eine positive, die auch rationale Aspekte beinhaltet, dann empfinde ich das als Außenstehender oder auch als direkt Beteiligter durchaus als angenehm.
Zuerst denke ich, dass ein ständiges Harmoniebedürfnis auf jeden Fall irgendwann nerven kann . Außer mir kenne ich zwar niemanden in meinem Umfeld, der eben solches Harmoniebedürfnis auch so extrem ausgeprägt hat wie ich, aber ich könnte mir vorstellen, dass es nicht gerade einfach ist, damit umzugehen.
Ich hasse es einfach grundsätzlich, mich zu streiten, weil ich es einfach nicht kann, dieses Gefühl ertragen, dass gerade jemand sauer auf mich sein könnte. Ich denke auch, dass ich da vermutlich eine ziemliche Ausnahme mit meiner Harmoniebedürftigkeit bin. Egal wie sehr man mich verletzt oder etwas falsch macht, immer wieder suche ich die Schuld bei mir und glaube auch, sie zu finden. Deshalb könnte ich nie, aber auch niemals im Streit mit jemandem auseinander gehen. Ich kenne einige Geschichten, von Verwandten und Bekannten, dass man sich im Streit getrennt hat und einer der beiden Beteiligten danach tödlich verunglückt ist und man niemals die Chance hatte, den Streit aus der Welt zu schaffen und sich auszusprechen und damit zu leben ist wohl sehr sehr schwer.
Genauso ist es aber auch unter Freunden. Wir streiten uns nie, also wirklich nie und das erscheint mir manchmal auch komisch. Einerseits bin ich sehr froh darüber, aber andererseits finde ich es schlimm, dass ich das Streiten nie gelernt habe. Weder mit meinen Eltern, noch mit meinem Exfreund, nie gab es Streitpotenzial. Oder wenn, dann war ich diejenige, die nachgegeben hat, damit alles wieder gut wird, obwohl das natürlich nie die richtige Lösung ist, das weiß ich ja selbst. Ich habe auch ziemlich Angst, dass mich das später noch richtig belasten wird, wenn ich in einer anderen Stadt studiere und aus meinem gewohnten Umfeld herauskomme, dass meine Interessen nie zur Geltung kommen oder berücksichtigt werden, wobei ich weiß, dass ich daran wohl selbst schuld bin.
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