Kann ein ständiges Harmoniebedürfnis auch nervig werden?

Ich hasse es, wenn ich mich zum Beispiel mit meinen Freunden streite und habe auch ein großes Harmoniebedürfnis, aber manchmal muss man sich eben sachlich streiten und auch über verschiedene Dinge diskutieren, das gehört einfach dazu. Es gibt so viele Menschen mit unterschiedlichen Meinungen und Standpunkten, da kann man über vieles reden und auch über viele Themen streiten. Eigentlich ist es gar nicht schlimm, wenn man sich streitet, aber manche Personen reagieren einfach kindisch, melden sich tagelang nicht mehr und eine Freundin von mir hat hinter meinem Rücken gelästert, nachdem wir uns gestritten haben. Das kann ich gar nicht leiden und das macht mich auch traurig.

Ich bin auch der Meinung, dass ein übertriebenes Harmoniebedürfnis auch ziemlich nerven kann. Ganz besonders lästig finde ich es, wenn Leute bei einer Auseinandersetzung schnell nachgeben, nur um den Frieden wiederherzustellen. Das wirkt auf mich inkonsequent und zum einen so, als würde der andere gar nicht wirklich hinter seinen Positionen stehen. Auf der anderen Seite frage ich mich dann auch zeitweise, ob ich es dem anderen nicht wert bin, mit mir auf einer anständigen und sachlichen Ebene ein Problem von zwei unterschiedlichen Standpunkten aus zu besprechen.

Dass jemand sehr direkt ist, ist mir grundsätzlich sympathisch. Gerade von dieser Haltung ausgehend würde ich aber erwarten, dass man häufiger aneckt und dann auch in Diskussionen gerät. Zumindest ist das bei mir so. Dann gebe ich aber sicher nicht klein bei, nur damit Ruhe herrscht. Im Gegenteil – mir ist es wichtig, meinen Standpunkt zu erläutern und ich hoffe, dass der andere dies auch tut. Man muss nicht immer der gleichen Meinung sein und kann die unterschiedlichen Ansichten auch so stehen lassen, wenn man zu keinem Konsens kommt.

Ein echter Streit ist so eine Sache. Oft läuft er nicht ganz fair ab. In solchen Situationen sollte man aber dennoch nicht einfach nachgeben, sondern vielleicht sagen, dass sich die weitere Auseinandersetzung für den Moment nicht lohnt. Es kann auch durchaus vorkommen, dass ich mal mit jemandem im Streit auseinandergehe. Ideal ist das nicht, aber es passiert eben.

Ich bin auch eher der Harmoniebedürftige bei uns. Und das nervt meinen Freund definitiv. Ich komme schon mit etwas schärferen Tönen nicht klar. Ich denke immer, wieso muss man gleich so fahrig werden, wieso kann man das nicht in Ruhe klären. Er meint es nicht so, aber mir ist das schon zu heftig. Aber er sagt, so tickt das leben eben nicht immer, und manchmal muss man auch mal streiten, denn Gewitter reinige die Luft... ich brauch das nicht.

Bei manchen Sachen gibt es einfach Unstimmigkeiten, die auch im Streit ausdiskutiert werden müssen (gerade bei emotionalen Themen). Außerdem sollten menschliche Fehler auch mit Streit bestraft werden, damit dem anderen klar wird, dass man verärgert ist. Aus diesen Gründen denke ich schon, dass diese Harmoniebedürftigkeit anstrengend sein kann. Du entschuldigst dich ja sicher auch für Dinge, die du ja doch nicht eingesehen hast. Das finde ich unfair gegenüber deinem Diskussionspartner.

Ich bin vom Sternzeichen her Schütze und kann mir eine Welt in voller Harmonie gar nicht vorstellen. Manchmal suche ich sogar den Streit und dann werde ich richtig sauer, wenn mein Freund sich nicht darauf einlässt und mir einfach immer Recht gibt und meint, dass es seine Schuld wäre und dass es ihm leid täte. Ich will mich manchmal einfach ein bisschen mit ihm zoffen, damit wir uns umso schöner versöhnen können, aber wenn er dann direkt wieder schlichten will, wenn ich noch gar nicht richtig angefangen habe, mich mit ihm zu streiten, bin ich viel länger genervt davon.

Wir streiten uns sowieso total selten, weil wir oft einer Meinung sind, aber manchmal muss Streit eben auch sein und wenn er dann sofort wieder beschwichtigt, könnte ich ausrasten, ihn anschreien und ihn dann einfach stehen lassen. Dafür habe ich dann aber ein zu schlechtes Gewissen und von daher streiten wir uns quasie nie. Ich bin dann nur oft genervt davon, dass ich nicht sauer auf ihn sein kann.

Ich sehe das so wie Bienenkönigin und fände das sehr anstrengend, wenn Emotionen wie Wut, Ärger oder Frust einfach unterdrückt werden, nur weil man keinen Streit möchte. Es bringt schließlich nichts, wenn man alles in sich hinein frisst, hinterher ist das Gewitter nur umso größer, wenn das Fass dann überläuft und das kann doch auch kein Mensch wollen.

Ich finde übermäßige Harmonie schon anstrengend, gerade wenn sie aus zwanghafter Überanpassung heraus resultiert. Ich finde, dass ein Mensch auch kein Problem damit haben sollte, seine anders lautende Meinung zu äußern oder generell anzuecken und aus der Reihe zu tanzen. Mir ist Überanpassung wegen einem starken Harmoniebedürfnis heraus ziemlich suspekt und mir sind solche Menschen unheimlich, weil das eben so wirkt, als hätten sie kein Rückgrat.