Lesbisch werden ohne je einen Partner zu haben?
Danke an alle für eure Antworten. Das Thema hat wohl doch etwas mehr Aufmerksamkeit erregt. Natürlich habt ihr recht wenn ihr sagt, man wird nicht lesbisch, man ist es.
Mich besorgt einfach nur ein wenig, dass ihre Partnerschaften schnell wechseln. Aktuell hat sie ein Mädchen im Internet kennen gelernt (und nicht darüber hinaus) und ist schon mit ihr verlobt. Daher die Frage ob sie einfach schon gefühlsmäßig reif ist. Ich wünsche ihr ja nur das erdenklich Beste und eine glückliche Partnerschaft, ob mit Mann oder Frau ist egal.
Nur dieses Gesamtbild ist ein wenig, nun ja, bizarr. Früh zu wissen, zu wem man sich hingezogen fühlt ist ja gut aber diese ständige Wechselein schon im (für mich) so frühen Alter. Soll ich mir Sorgen machen? Oder bin ich altmodisch?
Ich finde es ziemlich interessant, dass Du schlussfolgerst, dass sich die Erkenntnis, homosexuell zu sein, auf einen Vergleich und somit auf eine Wertung stützt. Wer heterosexuell ist und das einfach weiß, ohne erst die Homosexualität ausprobiert zu haben, scheint in Deinen Augen ganz normal zu ticken, während jemand, der sich zu seiner Homosexualität bekennt und die Heterosexualität noch nicht ausprobiert hat, vielleicht eine falsche „Entscheidung“ getroffen haben könnte, so scheinst Du das zu sehen.
Nun frage ich mich in erster Linie ehrlich gesagt, wie Du darauf kommst, dass Du kein Problem mit Homosexualität hast, denn ich finde, dass sich dieses Problem schon durch Dein Verständnis der Glaubwürdigkeit eines Outings ergibt. Wenn Deine Nichte lesbisch ist, dann ist sie das, wie auch meine Vorredner schon sagten, sicherlich nicht, weil sie nach einem Versuch festgestellt hat, dass Männer nichts für sie sind und sie Frauen doch lieber mag.
Vielmehr hast Du Deine Erklärung für die Glaubwürdigkeit ihres Outings doch schon allein damit gegeben, dass Du einräumst, zu wissen, dass Du heterosexuell bist, während Du aber die Homosexualität Deinerseits nicht ausprobiert hast. Wir könnten nun also in Frage stellen, ob Du überhaupt mit Sicherheit sagen kannst, heterosexuell zu sein. Du bist Dir in diesem Punkt aber bestimmt sicher. Warum? Weil es dafür keinen Vergleich beider Formen geben muss, um zu wissen, welche Form man für sich selbst bevorzugt.
Diese häufig wechselnden Liebeleien sind doch nicht spezifisch für die homosexuelle Szene. Das ist doch bei vielen jungen Leuten normal und gehört teilweise auch zur Selbstfindungsphase. Es gehört dazu heraus zu finden, was Liebe überhaupt ist und für jeden jungen Menschen und auch oft für ältere Menschen ist ein Mensch für den man schwärmt schon die große Liebe. Es muss dann erst selber entdeckt werden, dass dem nicht so ist und da würde ich mir keine großen Sorgen machen.
Dass sie sich virtuell verlobt hat ist vielleicht auch irgendwie eine "Spinnerei". Vielleicht will sie provozieren, schon mal daran gedacht? Lass doch das Mädel ganz in Ruhe und lass sie ihre Sexualität alleine heraus finden. Auch ihre Partnerin soll sie alleine aussuchen und merken, was dann die wirkliche Liebe ist. Denke doch vielleicht mal an deine Jugend. Vielleicht konnte man sich damals nicht so mitteilen, weil es kein Internet gab oder es nicht so verbreitet war. Aber waren wir denn anders? Ich denke, dass die wenigsten den ersten Partner oder die erste Partnerin geheiratet haben.
Lythliar hat geschrieben:Nur dieses Gesamtbild ist ein wenig, nun ja, bizarr. Früh zu wissen, zu wem man sich hingezogen fühlt ist ja gut aber diese ständige Wechselein schon im (für mich) so frühen Alter. Soll ich mir Sorgen machen? Oder bin ich altmodisch?
Also in meinem Umfeld ist es eigentlich normal, dass die meisten Leute erst mal eine ganze Reihe kurzer Beziehungen hatten und das trifft sowohl auf Heterosexuelle wie auch auf Homosexuelle und Bisexuelle zu. Die Wahrscheinlichkeit, dass man mit der ersten Beziehung gleich den Jackpot knackt und den Partner fürs Leben findet ist doch eher gering.
Die meisten werden diese Phase, in der man denkt, dass man die ganz große Liebe gefunden hat, und, dass das auf jeden Fall etwas für die Ewigkeit ist, nur um sich dann ein paar Monate später zu entlieben, mit 13 oder 14 durchmachen, aber die meisten Homosexuellen werden es schwer haben in dem Alter jemanden zu finden, also wird sich diese Phase logischerweise weiter nach hinten verschieben. Wenn sich jemand mit Mitte 20 immer noch so pubertär verhält würde ich langsam anfangen mir Gedanken zu machen, aber nicht früher.
Ich denke wie die meisten anderen hier auch, dass man durchaus wissen kann, wo die eigenen sexuellen Neigungen liegen, ohne je das eine oder das andere ausprobiert zu haben. Immerhin wusste ich auch, dass ich heterosexuell bin, bevor ich einen Freund hatte und ebenso wusste ich, dass ich heterosexuell bin, ohne vorher eine feste Freundin gehabt zu haben, bei der ich dann bemerkt habe, dass Homosexualität doch nichts für mich ist. Das ist ja im Grunde genau dasselbe, nur umgedreht. Wenn es also jeder so machen würde, dann müsste jeder erst einmal einen Partner des gleichen Geschlechts haben, um sich dann auch wirklich sicher zu sein, dass er heterosexuell ist. Und das ist so ja auch nicht üblich.
Nun ist das Mädchen, das im Startpost genannt wurde, natürlich noch relativ jung und da kann sich im Laufe der Zeit natürlich noch einiges ändern. Aber ich denke, dass es auch genügend Leute gibt, die schon im jungen Alter wissen, wo ihre sexuellen Neigungen liegen und das ganz ohne eine Beziehung gehabt zu haben.
Genauso wie du musste ich auch nicht erst den Sex mit einer Frau und mit einem Mann ausprobieren um zu sagen, dass ich hetero sexuell bin. Wieso sollte eine Frau Sex mit einem Mann haben, wenn sie sich überhaupt gar nicht von Männern angezogen fühlt und sich vielleicht sogar noch vom männlichen Geschlechtsorgan ekelt und das bei einer Frau dann nicht der Fall ist? Ich finde es übertrieben, dass man behauptet, dass man erstmal mit Sex überprüfen muss, ob man homosexuell ist oder nicht.
Wenn sie wechselnde Partner hat und mit einer Chatbekanntschaft flirtet, dann würde ich das auch nicht so streng sehen, außerdem gibt es zum Beispiel viele Mädchen, die in Facebook angeben, dass sie zum Beispiel verlobt mit ihrer besten Freundin sind, von daher sehe ich so eine Chatverlobung eher als Spaß an und es zeigt einfach, dass man sich gerne mag. Wenn sie tatsächlich mit einem Mädchen aus dem Internet verlobt sind und sich beide in echt kennen, dann ist es doch eigentlich egal, wo man sich kennengelernt hat, oder?
Für mich ist eines auf jeden Fall klar: man muss nicht beides ausprobieren, um zu wissen, welche Orientierung man hat. Die wenigsten Heterosexuellen haben schon Homosexuelle Erfahrungen gemacht, ohne zumindest Bi zu sein. Bei den meisten ist einfach klar, wie sie ticken, sie brauchen dafür keinen Beweis anhand von Erfahrungen.
Vielleicht sammelt man im Laufe seinen Lebens diese anderen Erfahrungen der Neugierde wegen, jedoch halte ich das nicht für relevant für die sexuelle Orientierung. Es macht eigentlich eher wenig Sinn, etwas auszuprobieren, wozu man sich überhaupt nicht hingezogen fühlt. Dass Menschen sich verlieben, sich Hoffnungen machen und diese später wieder verwerfen, ist ebenfalls nichts Neues, insbesondere bei jungen Leuten. Auch wer von sich sagen kann, dass er homo- oder heterosexuell ist, muss schließlich erstmal für sich herausfinden, was er von einer Beziehung erwartet und wie er sich so etwas vorstellt. Und um das festzustellen, muss man eben probieren. Nicht jeder findet sofort die große Liebe und ist glücklich.
Kritisch zu bewerten sind jene, die behaupten, homosexuell zu sein, damit sie "anders" sind. Ich kenne leider einige, die so etwas sagen, weil es sie scheinbar interessanter macht oder weil sie sich einfach von der Gemeinschaft abheben wollen. Dieses Phänomen ist aber - soweit ich das beurteilen kann - eher selten und scheint bei Deiner Nichte nicht zuzutreffen.
Als möglicher Faktor, warum sie einige Beziehungen hatte, die aber nicht lange hielten, könnte auch die generelle Schwierigkeit gesehen werden, als Homosexueller einen Partner zu finden. Auf dieses Problem stoße ich als Lesbe auch immer wieder - die Menge der potentiellen Partnerinnen ist nun einmal im Vergleich zu Heterosexuellen stark eingeschränkt. Umso schwerer ist es folglich, jemanden zu finden, mit dem man auf lange Sicht glücklich ist.
Ach ja, da gibt es ja doch wieder Aussagen, über die ich auch nur noch schmunzeln kann. Wie kann man es denn wissen, lesbisch zu sein, wenn man gar nicht weiß, wie es ist, mit einem Mann intim zu werden? Wie kann man denn heterosexuell sein, ohne die gleichgeschlechtliche Liebe ausprobiert zu haben? Ganz einfach, man weiß, was und wen man sexuell attraktiv und anziehend findet und ich bin mir sicher, dass Männer, die Männer mögen und Frauen, die auch Frauen mögen, eben das andere Geschlecht einfach nicht sexuell anziehend finden.
Ich kenne auch diese Sprüche, dass eine Lesbe erst einmal richtig von einem Mann in die Liebe eingeführt werden müsse, um auf den Geschmack zu kommen. Aber was soll das denn? Es scheint doch eher eine sportliche Herausforderung für den einen oder anderen Mann zu sein, eine homosexuelle Frau ins Bett zu bekommen und sie zu verführen.
Genügend Menschen, die sich an die vorgegebenen gesellschaftlichen Normen halten sollen/ müssen, werden erst dann glücklich, wenn sie auch ihre Sexualität ausleben können. Wie viele Menschen mit einer homosexuellen Neigung beziehungsweise mit der homosexuellen Ausrichtung werden erst nach Jahren glücklich, nur, weil man ihnen immer wieder sagte, ihnen gegenüber betonte, dass es doch falsch sei, einen gleichgeschlechtlichen Menschen zu lieben. Man lässt sich durchaus in ein unpassendes Korsett stecken, gerade durch solche Äußerungen, wie eingangs im Thread erwähnt werden.
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