Sachwerte statt Geld für Überstunden, ist das korrekt?
Eine Nachbarin erzählte mir gestern Unglaubliches: Ein junges Pärchen hatte sich einvernehmlich getrennt. Die Frau bewohnt die Wohnung nun alleine und muss natürlich auch alleine für die hohe Miete aufkommen.
Sie arbeitet als Altenpflegerin und hat als Nebenbeschäftigung einen Job in einem Callcenter angenommen. Es geht wohl darum, für eine Telefongesellschaft neue Kunden zu werben. Die Arbeit macht ihr Spaß, aber sie muss auch einige Überstunden machen und hoffte natürlich auf zusätzliches Geld. Erst später erfuhr sie, dass die Überstunden mit Sachwerten abgegolten werden. Diese Sachwerte sind zwar hochwertig, wie Laptops, Handys oder Iphones, aber eben kein Geld.
Nun muss sie zusätzlich versuchen, diese Sachen selbst zu verkaufen. Ich finde das unzumutbar und frech und habe Derartiges auch noch nie gehört. Ist das eine übliche Praxis geworden? Oder ist das eine Ausnahme? Habt ihr das auch schon gehört? Was haltet ihr davon?
Ich habe selber einmal in zwei verschiedenen Call Centers gearbeitet, aber eine derartige Arbeitsweise ist mir noch nicht wiederfahren. Sicherlich ist es so, dass man mal ein Präsent für viele Überstunden bekommen hat, aber das Geld war dennoch für die Überstunden ausbezahlt worden. Ich arbeitete in einer Bestellannahme für einen großen Versandhandel und gleichzeitig für ein Handyunternehmen. Daher weiß ich wie beide Seiten agieren und hier wurden unsere Überstunden natürlich mit Geld vergütet, wie es sich auch vertraglich gehört.
Ich wage ehrlich gesagt auch zu bezweifeln, dass diese Methode so ganz rechtens ist. Steht davon irgendwas im Vertrag, denn sonst hat sie definitiv ein Recht darauf ihre Aufwände in Form von Überstunden mit Geld ausgeglichen zu bekommen. Auch wenn die Präsente hochwertig sind, ist der Aufwand sie zu verkaufen wiederum vorhanden und mit zeitlichen Einbußen verbunden. Daher glaube ich einfach, dass sie hier sich wirklich mal genauer informieren sollte, denn das ist so meiner persönlichen Meinung nach nicht Okay.
Ich denke nicht, dass man das so regeln kann. Wie steht es denn im Vertrag drin? Ich glaube nicht, dass ein Arbeitgeber Überstunden in Sachwerten bezahlen kann. An ihrer Stelle würde ich dazu mal einen Anwalt befragen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man das nur so laufen lassen kann. Ehrlich gesagt habe ich so etwas auch noch nie gehört und denke nicht, dass es gängige Praxis ist.
Cid hat geschrieben:Nun muss sie zusätzlich versuchen, diese Sachen selbst zu verkaufen. Ich finde das unzumutbar und frech und habe Derartiges auch noch nie gehört. Ist das eine übliche Praxis geworden? Oder ist das eine Ausnahme? Habt ihr das auch schon gehört? Was haltet ihr davon?
Ich kann mir ehrlich gesagt gar nicht vorstellen, das man das mit den Überstunden, rechtlich korrekt gesehen, so regeln darf. Klar kann der Arbeitgeber Geschenke für geleistete Überstunden an seine Mitarbeiter weitergeben, aber in erster Linie macht man die Stunden ja auch, um mehr Geld zu verdienen. Ich würde mir an ihrer Stelle auch mal den Rat eines Anwaltes einholen, denn der kann da bestimmt mehr zu sagen, als eine normale Person.
Da ich allerdings auch noch nie in einem Callcenter gearbeitet habe, kann ich auch nicht ganz sicher sagen, das es nicht machbar ist. Ich kenne die Praktiken dort nicht, aber wenn mein Chef mir meine Überstunden in Sachwerte auszahlen würde, dann würde ich wohl ganz schön dumm aus der Wäsche gucken und ehrlich gesagt, wüsste ich auch nicht, was ich mit den ganzen Schleifmaschinen und Akkuschraubern anfangen könnte. Zum Glück bezahlt unsere Firma die Überstunden in Geld aus.
Das ist selbstverständlich keine reguläre Form der Bezahlung. Dazu muss man allein mal überlegen, wie der entsprechend höhere Betrag für die Sozialleistungen zu bezahlen wären. Oder übernimmt der Arbeitgeber diese auch zu 100%? Wenn nicht, dann zahlt der Arbeitnehmer ja drauf. Schließlich steigen die Sozialabgaben (aber auch die Steuern), wenn man z.B. in einem Monat ein "Extragehalt" in Höhe von 1000 Euro (z.B. in Form eines Notebooks) erhält.
Es ist also aus meiner Sicht undenkbar - aber natürlich kann so was in Form einer "Vereinbarung" zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber passieren. Was ich mir dabei denke, ist einfach das dann der Geldwerte Vorteil NICHT versteuert wird und sowohl der Arbeitnehmer als auch (und der besonders) Arbeitgeber hier Steuern hinterziehen. Schließlich kann man diese Form der Arbeit als Schwarzarbeit sehen!
Ich habe von so einem Vorgehen bislang noch nichts gehört und denke auch nicht, dass so etwas üblich ist. Es gibt sicher einzelne Personen, für die es kaum einen Unterschied macht, ob sie ein paar hundert Euro in bar erhalten oder ob sie stattdessen einen Computer oder ein Handy in die Hand gedrückt bekommen. Vielleicht hätten sie sich diesen Gegenstand ohnehin von dem Geld leisten wollen. Solche Einzelfälle repräsentieren aber mit Sicherheit nicht die Mehrheit der Beschäftigen. Die meisten möchten in einem normalen Job auch eine normale Vergütung in Form von Geld haben.
Für den Arbeitgeber wird diese Form der Vergütung Vorteile haben. Wie die steuerliche Behandlung aussieht, kann man hier nur vermuten. Abgesehen davon liegt der Einkaufspreis der Sachen für den Händler natürlich ein Stück unter dem tatsächlichen Verkaufspreis. Ich nehme aber mal an, dass der Verkaufspreis zugrunde gelegt wird. Letztendlich muss die Firma zur „Bezahlung“ der Überstunden mit Sachgegenständen auch noch weniger Geld aufwenden, als wenn sie die Angestellten korrekt mit Geld entlohnen würden.
An Stelle der jungen Frau würde ich mich auch mal erkundigen, ob ein solches Vorgehen überhaupt rechtens ist. Wichtiger wäre es aber wohl, dass sie sich eine günstigere Wohnung und gegebenenfalls auch einen anderen Nebenjob sucht, in dem sie auf die allgemein übliche Weise bezahlt wird, nämlich mit Geld und nicht mit Handys und sonstigen technischen Geräten. Auch wenn es hier nur um die Überstunden geht, finde ich so ein Vorgehen nicht richtig und als Arbeitnehmer muss man auch nicht alles mitmachen.
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