In Deutschland Gesetz gegen Magermodels auch denkbar?
Die Tatsache, dass "Magermodels" unnatürlich wären, weil sie bei starkem, krankhaftem Untergewicht nicht fortpflanzungsfähig sind und demnach vom "normalen" Mann nicht attraktiv gefunden werden dürften, sollte aber kein Argument dafür sein, ein Mindestgewicht einzuführen. Heutzutage geht es eben nicht nur um Natürlichkeit, abgesehen davon bin ich froh, dass man heutzutage im Grunde in seiner Individualität alles Mögliche mögen "darf", egal, wie fortpflanzung untauglich es normalerweise wäre. Schließlich können sich beispielsweise schwule und lesbische Paare auch nicht fortpflanzen, und es gibt auch genügend Heterosexuelle, die keine Kinder haben können oder möchten. Fortpflanzungsfähigkeit sollte also heute wirklich kein Argument mehr sein.
Abgesehen davon ist glaube ich aber nicht von der Hand zu weisen, dass Models für viele Teenie-Mädchen eine Vorbildfunktion haben. Viele fühlen sich bei Anblick der Models imperfekt, sogar hässlich. Das kann sehr wohl Schäden anrichten, selbst wenn nicht unbedingt gleich eine Bulimie herauskommt. Und da diese Schäden potentiell an fast allen Mädchen, und auch an einigen Jungen, auftreten können, würde ich das Problem auch nicht als unwichtiges Kinkerlitzchen bezeichnen.
Dass Models ja als lebende Kleiderständer bloß von der Kleidung ablenken würden, wenn sie eine weibliche, kurvige Figur hätten, kann ja außerdem wohl auch nicht als Argument gelten, dass man dringend dürre Models bräuchte und keine mit normaler Figur nehmen könnte. Genau genommen ist es sogar widersinnig, dass sie so dürr sind. Denn eigentlich sollte die Kleidung ja am Model gerade so aussehen, wie sie getragen eben aussieht. Sonst könnte man auch einen richtigen Bügel statt dem Model nehmen. Aber am Menschen getragen sollte Mode eben aussehen, wie an einem Menschen, damit man sich als potentieller Käufer ein Bild davon machen kann, wie die Kleidung eben getragen aussieht. Deswegen sollten Models ja eben durchaus eine menschliche Figur haben und nicht bloß ein Strich in der Landschaft sein.
Ich halte nichts von einem solchen Gesetz und bin der Meinung, dass man hier deutlich über das Ziel hinausschießt, wenn man Models von staatlicher Seite aufdiktieren möchte, wie viel sie zu wiegen haben. Es ist mir schon klar, dass manche jungen Mädchen von einem Leben als Topmodel träumen und dafür auch ein körperliches Ideal anstreben, das sicher nicht ganz gesund ist. Die wenigsten werden dabei aber in ein Extrem abrutschen, das für sie lebensgefährlich ist. Abgesehen davon kann man Bulimie und Magersucht nicht allein der Model-Szene anlasten. Dafür sind diese Erkrankungen doch zu komplex und die Gründe dafür zu verschieden.
Ein Gesetz kann tatsächlich nicht den gesunden Menschenverstand ersetzen. Es ist immer leicht, wenn man die Verantwortung abgeben und die Schuld bei anderen suchen kann. Ich finde das zu stark vereinfacht. Labile junge Menschen müssen sicher mehr Unterstützung erfahren, aber es ist meiner Ansicht nach nicht der richtige Ansatz, einen Mindest-BMI für Models einzuführen. Übrigens habe ich auch den Eindruck, dass die allermeisten Models, die zum Beispiel auf Plakatwänden und in Zeitschriften gezeigt werden, den Mindest-BMI erreicht haben. Die meisten Models sind schlank, aber nicht viel zu dürr.
Sicher ersetzt ein Gesetz nie den gesunden Menschenverstand, wenn es einen solchen bei der Masse der Menschen denn real überhaupt gibt. Auch kann ich zustimmen, wenn einige Menschen die Meinung vertreten, der Staat leide unter Regulierungswut und mache seinen Bürgern viel zu viele Vorschriften, die zu weit in die Persönlichkeitsrechte von Individuen einschneiden. Aber im Fall eines Verbots von Magermodels sehe ich das schon anders.
Erstens ist das Modelgeschäft ja nun nicht hauptsächlich eine private Angelegenheit, sondern eine große, öffentlichkeitswirksame, die einen großen Einfluss auf Betrachter hat. Das ganze Geschäft ist im Grunde ein werbendes, das auch Standards schafft und die Sichtweisen von Menschen, durch das Prägen von Sehgewohnheiten, deutlich beeinflusst. Es ist erwiesen, dass Menschen die Körpermaße, die sie immer wieder sehen, die sie also gewohnt sind, für normal halten. Jemand, der in Mitteleuropa als normal groß oder gar klein gilt, würde ich vielen asiatischen Ländern als groß betrachtet, ganz einfach, weil man es dort gewohnt ist, noch kleinere Menschen zu sehen, und zwar tagtäglich. Auch was man als dick oder als schlank betrachtet, ist von Gewohnheiten abhängig. Einige Models oder Stars von vor etlichen Jahrzehnten wurden damals als normalgewichtig oder schlank betrachtet, während man sie heute wohl als dicklich bezeichnen würde, ganz einfach, weil man heute noch schlankere Models gewohnt ist.
Und da liegt meines Erachtens der in dieser Angelegenheit springede Punkt: Extrem untergewichtige Models werden auf Plakaten und in sämtlichen Medien gezeigt. Menschen, auch Kinder und Jugendliche, bekommen sie täglich zu sehen. Immer wieder. Immer häufiger. Normalgewichtige Menschen tauchen in einigen Branchen auf Plaketen oder in Magazinen kaum auf. Klar prägt das das Bild der Betrachter. Sie halten das extreme Untergewicht der Abgebildeten irgendwann für völlig normal und finden sich daher, selbst wenn sie normalgewichtig aus medizinischer Sicht sind, daher zu dick. Und genau da liegt das Problem.
Es ist einfach eine öffentliche Sache, keine private. Privatpersonen zu "verbieten", untergewichtig zu sein, wäre natürlich nicht nur medizinisch kaum möglich, sondern natürlich auch logisch schwachsinnig. Für ihre Figur, egal ob dick oder dünn, können einige Personen auch nur bedingt etwas. Ich kenne Leute, die ernähren sich nicht gerade üppig und sind dennoch dicklich, genauso kenne ich aber auch Leute, die essen wahnsinnig viel, sind aber dennoch gertenschlank. Das ist tatsächlich Privatsache, da muss und darf der Staat sich nicht einmischen, das ist klar. Sobald es aber um die Auswahl bestimmter Körpertypen für massive Mediendarstellungen geht, ist es eben keine private Angelegenheit mehr, sondern schon eine öffentliche.
Nebenbei kommt mir ein Gedanke bei der ganzen Angelegenheit auch zu kurz. Ich stelle mir nämlich die Frage: Wozu braucht man eigentlich überhaupt extrem untergewichtige, schon magersüchtige, Models? Dass ein dürrer Körper weniger von der Mode, die drauf hängt, ablenkt, kann kein Grund sein. Wieso also will man extrem dürre Personen zeigen? Was können sie, was ein normalgewichtiger Mensch nicht könnte? Die Frage ist im Grunde wohl nicht, wieso oder wieso nicht man "Magermodels" verbieten sollte, sondern eher, wo die Gründe liegen, dass es so viele magere, aber wenige normalgewichtige Models gibt. An der Stelle könnte man eher ansetzen, um das Problem zu lösen.
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