Haben Schlangenbesitzer ein eher kühles Wesen?

Man sagt ja, dass man vom Haustier auf den Charakter des Besitzers schließen kann. Ich bin zwar nicht informiert, welche Zuordnungen es da gibt, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass "Schmusemenschen", die sozial und an anderen Menschen emotional interessiert sind, sich eher ein Streicheltier wie eine Katze oder einen Hund anschaffen als distanziertere Menschen, die auch sonst weniger Körperkontakt brauchen.

Schlangenbesitzer verstehe ich zum Beispiel gar nicht. Sie sind mir suspekt, weil ich gar nicht verstehen kann, was man mit so einer Schlange anfängt. Sie bewegen sich fast nie und sie anzufassen bereitet bestimmt auch kein besonderes Vergnügen. Das einzig Interessante ist das Verschlingen einer, womöglich noch lebendigen, Maus.

In meiner vielleicht naiven Art stelle ich mir vor, dass es Menschen sind, die einerseits sehr kühl sind und andererseits Freude daran empfinden, wie ein Tier ein anderes frisst. Auch in Filmen werden ja Schlangenbesitzer oft nicht besonders positiv dargestellt.

Besitzt jemand von euch Schlangen und kann mich von meinem Vorurteil befreien? Oder kennt ihr Schlangenbesitzer, die tatsächlich ein sehr kühles, distanziertes Wesen haben?

Eine Freundin von mir hat eine Schlange und ich würde sie absolut nicht als kühl und distanziert bezeichnen. Dieselbe Freundin besitzt übrigens auch eine Katze. Vielleicht ist sie ja schizophren und ich habe es bloß noch nicht gemerkt?

Nein, ich halte es für absoluten Quatsch. Es gibt solche und solche, egal ob man Hund, Katze, Schlange oder Maus sein eigen nennt. Ich selbst bin gar kein Haustierbesitzer und kann z.B. auch nicht nachvollziehen, warum man Hunde oder Katzen zuhause hält, werde mich aber davor hüten Tierhaltern pauschal einen Dachschaden zu unterstellen. Was man an Schlangen so interessant finden kann ist mir genauso schleierhaft wie was man an Katzen so interessant finden kann (die fressen und schlafen schließlich auch nur den ganzen Tag).

Ich hatte noch keinen Kontakt mit einer Schlange. Schlangen sind für mich sehr schöne Tiere, aber sie sind mir suspekt. Eine Schlange anzufassen oder gar zu streicheln, wäre für mich ganz schlimm. Ich mache um alle Kriechtiere einen großen Bogen.

Warum sollten Schlangenbesitzer besonders kühl und distanziert sein? Ich sehe da keinen Grund. Wenn jemand Schlangen mag oder sie selbst hält, wird er anders mit dem Tier umgehen als wir, die wir vor der Scheibe stehen und sie uns in sicherer Entfernung ansehen. Ich glaube, dass sie genauso mit der Schlange schmusen und sie streicheln, wie andere Menschen eine Katze oder einen Hund oder ein Kaninchen. Eine Schlange soll sich sehr cool anfühlen und das glaube ich auch. Es gibt ja Menschen, die ihr sogar Küsschen geben und sie sich als Schal um den Hals legen.

Vielleicht wirken diese Menschen nur distanziert, weil sie sich von der Masse insofern abheben, da sie keinerlei Angst oder Unwohlsein verspüren, wenn sie mit einer Schlange leben. Während andere vor Entsetzen schon fliehen würden. Ich finde vor allem die giftgrünen – ich glaube, die sind sehr giftig – außerordentlich schön.

Schlangen sind sehr faszinierende Lebewesen. Und sie fühlen sich tatsächlich sehr seltsam, zumindest überraschend an. Sie sind ein einziger Muskel, ohne Fett oder Fell. Einfach nur stark und lebendig. Sie sind ein bisschen langweilig, eingesperrt in einen kleinen Glaskasten. Ich denke, da verwechseln einige die Faszination für freilebende Tiere in National-Geographic-Dokus mit der Wirklichkeit zu Hause.

Ich denke, es gibt mehrere Gründe, sich für dieses oder jenes Haustier zu entscheiden. Kuscheln oder nicht kuscheln ist ja nur ein Aspekt. Ein großer Vorteil einer Schlange ist zum Beispiel, dass sie nicht Gassi gehen muss und dass sie nicht die Möbel zerfetzt, wenn man sie alleine lässt. Nicht jeder hat die Zeit und die Räumlichkeiten für Hund oder Katze.

Dass sie lebendige Mäuse frisst, mag auf den ersten Blick ekelhaft sein. Aber die Schlange bekommt damit absolut artgerechte Ernährung. Katzenfutter mag etwas appetitlicher aussehen und nicht mehr quieken (oder muhen), aber letztlich sind es zusammengematschte Fleischreste und andere Abfälle. Da finde ich die Fütterung mit Mäusen ehrlicher, sie beschönigt nichts.

Natürlich gibt es auch die, die sich eine Schlange kaufen, weil sie damit betonen wollen, wie gefährlich oder mutig sie sind. Die mit einer Katze, die ihnen um die Beine streicht, gar nichts anfangen könnten weil Schmusen doof ist. Aber andererseits gibt es auch einfach Menschen, die sich nicht wie die meisten auf Säugetiere beschränken. Die nicht nur auf "süß" aussind, sondern eben auch auf einzigartig oder interessant. In biologischer Hinsicht.

Also ich würde nicht einfach vom Haustier auf den Besitzer schließen. Das sind Vorurteile. Das Leben mit Haustieren ist zu facettenreich, um es auf einen Charakterzug zu beschränken. Es heißt ja auch, dass man entweder Hunde oder Katzen mag. Und die, die Hunde mögen, mögen das Unterwürfige und dass sie Macht über das Tier ausüben können. Da würden hier aber ziemlich viele aufschreien.