Grundschule - der harte Kampf um das Übertrittszeugnis

vom 30.04.2013, 20:44 Uhr

Ich habe heute eine Reportage über eine vierte Klasse gesehen. Dabei ging es darum, dass am Ende dieses wichtigen Schuljahres entschieden wird, welcher Schüler auf der Hauptschule bleibt und welcher auf Realschule oder Gymnasium wechselt. Und wie das in dieser Reportage dargestellt wurde, hat es mich wirklich sehr schockiert.

Das sind ja wirklich noch Kinder von gerade mal 10 Jahren. Aber diese machen sich regelrecht fertig, dass sie unbedingt gute Noten haben müssen, weil sie "es mal gut haben wollen im Leben". Das hat wirklich einer gesagt! Deshalb wolle er unbedingt aufs Gymnasium. Eine Freundin, deren Tochter gerade in der 4. Klasse ist, hat mir erzählt, dass sich die Kinder in den Poesiealben sogar gegenseitig Viel Glück für das Übertrittszeugnis wünschen.

Ich war nachdem ich das Gymnasium aus vielerlei Gründen nach der 7. Klasse abgebrochen habe, erst auf der Realschule. Nach meiner Mittleren Reife bin ich allerdings wieder auf´s Gymnasium gewechselt. Dazu war ein bestimmter Notendurchschnitt nötig und nicht jedes Gymnasium bietet diese speziellen Übergangsklassen an, aber es ist machbar. Das gleiche gilt für die Mittlere Reife. Diese kann man auch nach der Hauptschule noch erreichen. Und dann sogar noch weiter aufs Gymnasium. Wird das gegenüber den Eltern von Viertklässlern überhaupt erwähnt?

Ich finde es viel zu früh für so einen jungen Menschen unter so einem Druck zu stehen. Auch für die Eltern muss es schlimm sein, schon so früh die Weichen für das gesamte Leben ihres Kindes gestellt zu sehen.

Habt ihr diese Erfahrung mit euren Kinder schon durchgemacht? War es wirklich so schlimm? Hat es die Kinder wirklich interessiert? Haben sie begriffen, wie wichtig diese Entscheidung ist? Oder könnt ihr euch noch erinnern, wie es damals bei euch in der vierten Klasse war? Wird die Möglichkeit jeden Schulabschluss nachzuholen überhaupt erwähnt?

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich denke schon, dass die Schüler ziemlich unter Druck stehen. Das war bei mir damals nicht anders. Ich habe mich dann fürs Gymnasium entschieden, weil ich ja etwas werden wollte und dann war ich so überfordert, weil die wirklich viel Leistung verlangt haben und bin dann nach einen halben Jahr zur Realschule gewechselt. Als Kind habe ich einfach dem Druck nicht standgehalten. In der Grundschule ging es nämlich bei uns wirklich locker zu und da war mir das alles zu viel. Nun mache ich mein Abitur nach und finde das so auch in Ordnung. Meinem Kind möchte ich später nicht so einen Druck machen, weil ich denke, dass es viele Möglichkeiten gibt doch noch ans Abitur zu kommen und man nichts erzwingen sollte.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Mein Sohn hat sich in der vierten Klasse auch ziemlich unter Druck gesetzt. Er wollte unbedingt auf das Gymnasium und daher wollte er auch die entsprechenden Noten erreichen. Sowohl ich, als auch sein Vater waren auf dem Gymnasium und irgendwie war es klar, dass unser Sohn auch Abitur macht. Dabei haben wir als Eltern ihn aber nicht unter Druck gesetzt. Wir haben immer gesagt, er soll erst mal das machen, was empfohlen wird .

Wir haben erklärt, dass man auch gut später auf das Gymnasium wechseln kann. Aber er wollte eben selbst auch hin und hat sich dann ziemlich gestresst. Ruhig wurde er erst, als der letzte Elternabend durch war und seine Lehrerin mir gesagt hat, dass er die Empfehlung von ihr auf alle Fälle bekommt, auch wenn eine Note nicht stimmt.

Ich fand es damals auch ziemlich krass. Einerseits, wie manche Kinder sich selbst unter Druck gesetzt haben und andererseits, wie manche Kinder von den Eltern unter Druck gesetzt wurden. Die Lehrerin hat damals gesagt, von den 25 Schüler sollten/wollten 19 Schüler aufs Gymnasium, sie wollte höchstens 12 hin schicken.

» ChaosXXX » Beiträge: 1877 » Talkpoints: 1,61 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich finde den Druck, den manche Eltern auf ihre Kinder ausüben, unmenschlich. Der Übertritt ist nicht so, wie viele glauben, eine endgültige Weiche. Es gibt so viele Möglichkeiten, später das Abitur nachzuholen, wenn man es wirklich möchte und dazu fähig ist.

Viele Kinder gehen aufs Gymnasium, die nicht dafür geeignet sind. Sie können einfach nicht so schnell und abstrakt denken und müssen sich nachmittagelang mit Nachhilfeunterricht quälen, schaffen es aber doch nicht. Die intelligenten Schüler leiden darunter, dass dauernd diese Beschwerden von Eltern kommen, dass der Lehrer zu schlecht erklären würde, dass die Hausaufgaben zu viel seien und so weiter. Aufs Gymnasium sollten nur Kinder, die sowohl überdurchschnittlich intelligent sind als auch sehr lernwillig.

Oft wird das Ausland herangezogen, weil dort angeblich viel mehr Kinder einen höheren Abschluss machen. Man muss aber bedenken, dass dort ein anderes Schulsystem herrscht und deren Abitur nicht gleich unserem ist. Es ist meist sehr viel weniger anspruchsvoll, beispielsweise in Australien oder Amerika.

Ich hätte kein Problem damit gehabt, meine Kinder nicht aufs Gymnasium zu schicken, wenn sie zu viel hätten lernen müssen oder wenn sie vom Typ her nicht gerne gelernt hätten. Ich hätte meinen Kindern den Druck auf jeden Fall erspart.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Da herrscht ein unausgesprochen hoher Druck unter den Schülern, der eigentlich sinnlos ist. Woher sollen denn die Kleinen wissen, was sie wirklich einmal fürs spätere Leben wollen? Sie richten sich mehr nach den Eltern und lassen sich dann in eine Richtung drängen und mit eifrigen Erwartungen pushen.

Es gilt die Talente eines Schülers zu eruieren, die Interessen und die Begabung. Jeder hat diese und die sollten erst einmal gefördert werden. Dann erst sieht man, in welche Richtung ein Schüler tendiert.

Ich kenne diesen Druck selber von damals, dass ich heute sagen kann, dass es Schmarrn ist. Die Gymnasiasten von damals sind heute allesamt nicht weiter gekommen, während die damals scheinbar unbegabten Schüler heute studieren.

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» kleineAmsel » Beiträge: 205 » Talkpoints: 0,57 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Die Entscheidung, welches nun die weiterführende Schule wird, fällt doch schon etwas eher und nicht erst zum Ende der vierten Klasse, so viel ich informiert bin. Aber es ist schon so, dass man heute ja scheinbar wirklich nur mit Abitur etwas gilt und somit auf das Gymnasium gehen möchte. Dass sich dabei Kinder unter Druck setzen oder es auch so sein kann, dass sich die Kinder durch die Eltern unter Druck gesetzt fühlen, ist absolut nachvollziehbar. Die Außenwirkung und was andere über das eigene Kind denken könnten, haben da eine extreme Macht, was wohl kaum jemand verleugnen kann und das wird bewusst oder auch unbewusst auf die Kinder übertragen.

Bei mir war es schon so, dass man nur zwei Möglichkeiten nach der vierten Klasse hatte. Es war an sich schon so, dass man eher auf die Schule mit dem besseren Ruf gehen wollte und man das auch erreichen wollte. Dass die Noten eine Rolle spielten, war schon klar, aber auch andere Dinge waren wichtig. Leider bin ich aber nicht für diese Schulform in Frage gekommen, worüber ich tot traurig war, inzwischen aber denke, es hatte doch sein Gutes gehabt.

Für manche Schüler gibt es keine Alternativen und das wissen sie auch, da kann man sich noch so sehr bemühen. Aber ich bin mir unsicher, ob die Schüler selbst wissen, wie wichtig der Schritt ist. Manch ein Schüler ist ja schon ehrgeizig, andere Schulkinder sind aber noch zu sehr verspielt. Ich würde sagen, eine gesunde Mischung macht es aus, aber Kinder sind so wie sie sind und schaden kann es an sich auch nicht, wenn man als Kind auch ein Ziel vor Augen hat. Es sollte nur realistisch sein.

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge


Das klingt jetzt vielleicht komisch, aber ich war mir damals noch gar nicht wirklich über die unterschiedliche Wertigkeit der Schulabschlüsse bewusst. Darüber wurde mit uns auch gar nicht wirklich gesprochen und somit auch nicht über den Möglichkeiten, später trotzdem noch einen höheren Abschluss zu erlangen. Es wurde nur gesagt, dass das Gymnasium für die sehr guten, die Realschule für die guten und die Hauptschule eben für die anderen ist. Oder so ähnlich, wobei die Hauptschule von den Lehrern aber nie schlecht dargestellt wurde. Irgendwie waren wir damals noch ein bisschen kindlich naiv und haben nur über die nahe Zukunft nachgedacht und nicht darüber, was ist, wenn mir mal mit der Schule fertig sind.

Von zu Hause habe ich überhaupt keinen Druck bekommen. Meine Eltern haben beide nur einen Hauptschulabschluss und waren deshalb schon super stolz, dass ich es auf die Realschule geschafft habe. Danach bin ich dann aufs Wirtschaftsgymnasium gegangen und habe mein Abitur gemacht. Dieser Weg ist sicherlich einfacher und ermöglicht einem als Teenager sicherlich auch etwas mehr Freizeit. Gerade, seit es das G8-Gymnasium gibt, könnten die Schüler ja praktisch nur noch lernen.

Es wäre auf jeden sinnvoll, den Schülern alle Möglichkeiten aufzuzeigen. Ich finde es auch schrecklich, wenn von jedem verlangt wird, dass er später mal studiert. Jeder soll das tun, was im liegt und Spaß macht und es ist ja nicht so, dass man in Berufen, die man ohne Abitur ausüben kann, nicht genügend Geld verdient.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Ich kann es auch absolut nicht verstehen, wieso Kinder unter einen solchen extremen Druck gesetzt werden müssen. Wenn ein Schüler unbedingt auf das Gymnasium will und sich deshalb richtig rein hängt, ist das ja noch in Ordnung. Schließlich ist das dann die eigene Entscheidung. Wenn aber die Lehrer und Eltern die Schüler unter Druck setzen, ist das meiner Meinung nach unmoralisch.

Ich verstehe auch den Drang zum Gymnasium nicht ganz. Natürlich ist das Abitur sehr erstrebenswert und auch im späteren Leben durchaus vorteilhaft. Aber wenn es ein Schüler nicht ohne Druck schafft, wird er sich auch im Verlauf der Schulzeit immer am Gymnasium schwer tun. Das führt oft einfach nur dazu, dass der Schüler entweder irgendwann doch wieder auf die Realschule zurück geht. Außerdem kostet es auch den Lehrern am Gymnasium sehr viel Aufwand, die schlechten Schüler mit zu schleppen. Das führt nicht selten dazu, dass das Niveau sinkt. Und das ist eigentlich unfair gegenüber den guten Schülern, die ja das Recht auf eine Ausbildung auf hohem Niveau haben.

Dabei ist doch auch die Realschule gar keine Sackgasse. Man kann immer noch eine Ausbildung machen und danach die Fachhochschulreife oder das Abitur nachholen. Und auch ohne Ausbildung gibt es in den meisten Bundesländern die Möglichkeit, direkt die Fachhochschulreife zu bekommen. In Bayern gibt es zum Beispiel die Fachoberschule, in der man nach der mittleren Reife innerhalb von zwei Jahren die Fachhochschulreife erlangen kann. Wenn man an einer Uni studieren will, muss man noch ein zusätzliches Jahr dranhängen. Dann bekommt man das Abitur.

Man kann also eine gleichwertige Ausbildung auf einen anderen Weg erreichen, ohne sich schon in der Grundschule unter Druck setzen zu müssen. Das hat auch den Vorteil, dass die Schüler dann schon viel älter und damit reifer sind und sich auch selbst aus freiem Willen für diesen Weg entscheiden können.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Bei uns in Sachsen nennt sich das Bildungsempfehlung und die gibt es schon Anfang März, um sich eben dann gleich an der Wunschschule zu bewerben. Für das Gymnasium muss man einen Notendurchschnitt von 2,0 haben. Allerdings werden da auch nur die Fächer Deutsch, Mathematik und Sachunterricht einbezogen.

Hat nun ein Kind einen schlechteren Notendurchschnitt und kann sich demzufolge nicht am Gymnasium anmelden, so ist dann eben die Realschule dran. Sollte sich dieses Kind aber bis zum Schuljahresende noch auf die 2,0 steigern, so bekommt es eine zweite Bildungsempfehlung. Man muss sich aber nicht am Gymnasium anmelden oder eben die zweite Bildungsempfehlung irgendwo vorlegen.

Dass die Kinder so einen Druck haben, liegt doch aber wohl daran, was ihnen zu Hause eingetrichtert wird. Meine Töchter sind ja auch zehn Jahre und ich habe dieses und nächstes Jahr den Schulwechsel. Klar, sie machen sich schon Gedanken um ihre spätere Berufswahl. Aber sie wissen auch, dass ich kein Abitur von ihnen erwarte mit anschließendem Studium.

Im Moment ist eine meiner Töchter auf dem Pfad später Tischler zu lernen, ihren Meister dran zu hängen, um dann eine eigene Werkstatt eröffnen zu können. Von mir haben sie nur den Rat bekommen, dass sie sich einen Beruf aussuchen sollen, der ihnen Spaß macht und sie eben auch interessiert. Da ich ihre Wünsche bezüglich Realschule mit der Option das Abitur später noch zu machen, respektiere, haben sie auch nicht so einen Erfolgsdruck in der Schule.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Es mag seltsam klingen, aber wenn ich an meine Grundschulzeit zurückdenke, dann kann ich mich eigentlich nicht an übermäßigen Druck erinnern, der aufgrund des Übertrittszeugnisses oder der passenden Noten für die höhere Schule gemacht wurde oder den ich mir selbst gemacht habe. Gut, das mag auch daran liegen, dass ich eine sehr gute Schülerin war und für mich das Gymnasium als weiterführende Schulform schon feststand, sodass ich mich nicht wirklich um meine Noten sorgen musste, aber ich kann mich auch nicht an einen allgemeinen Wirbel erinnern, der seitens Eltern oder Schule für andere meiner Mitschüler veranstaltet wurde.

Man wusste zwar durchaus, welche weiterführenden Schulen es gibt und dass nur die sehr guten Schüler ein Gymnasium besuchen können, genauso wie man wusste, dass für manche besonders angesagte Berufe das Abitur vonnöten sein würde, das man letztlich nur auf dem Gymnasium erwerben kann, aber der Druck fehlte, soweit ich das beurteilen kann. Ob über die Durchlässigkeit des Schulsystems informiert wurde, kann ich indes nicht sagen, da uns Kindern das nicht wirklich wichtig war, ich denke aber schon, dass Eltern informiert wurden bzw. sich ja auch viele Informationen selbst beschaffen können.

Ich habe vielmehr den Eindruck, dass sich der Kampf um den Übertritt in den letzten Jahren verschärft hat. Ausbildungsbetriebe setzen immer höhere Schulabschlüsse und Anforderungen für den Antritt einer Lehrstelle voraus, parallel dazu werden gerade Hauptschulen aufgrund dieser Problematik mehr und mehr abgewertet und leben beinahe nur noch durch recht schwache Schüler. Dadurch ergibt sich eine typische Spirale der Abwertung ohne entkommen - ist es da denn noch verwunderlich, dass Eltern möglichst das Beste für ihr Kind wollen und dabei vielleicht ein bisschen mehr Druck machen, als notwendig und dem Kindeswohl zuträglich wäre?

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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