Verdacht auf Vetternwirtschaft - Offenlegung der Beziehungen
Endlich mal ein Thema, bei dem sich gewählte Volksvertreter so fühlen dürfen, wie der gemeine Hartz IV Bezieher. Wie jeder vermutlich aus den Nachrichten weiß, hat die CSU im Moment das Problem, das manche Abgeordnete von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst auszuwählen. Das allein ist noch nicht problematisch. Schwierig wird es, wenn diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eben mit den Abgeordneten liiert sind. Denn dann kommt schlicht der Verdacht hoch, dass hier Leute mit Steuergeldern bezahlt werden, weil sie eben eine Beziehung zum Abgeordneten oder zur Abgeordneten haben. Ob dann überhaupt was für das Geld getan wurde, wir noch nicht mal hinterfragt.
Jedenfalls taucht wohl neben dem Fall Georg Schmid (Ex-Landtags-Fraktionschef der CSU, der es wirklich finanziell übertrieben hat) auch der Fall Dorothee Bär (Vize-Generalsekretärin der CSU) auf. Sie hat ihren späteren Ehemann bei sich beschäftigt (was nicht legal war, wenn unter Lebensgefährte mehr als die eingetragene Partnerschaft verstanden wird) und aus Steuermitteln bezahlt - ohne Rechenschaft dafür abgeben zu müssen, was er getan hat. Vor allem auch, wer diese Arbeiten jetzt erledigt, nachdem sie ihn im Januar gekündigt um ihn im Februar heiraten zu können. Ebenso hat sie die Lebensgefährtin ihres Vaters bezahlt und beschäftigt. Alles dies mag noch unter dem "normalen Filz" verstanden werden können, der sich in den konservativen Kreisen immer mal wieder breit macht. Wobei auch die Sozialdemokraten nicht immun sind!
Empören möchte ich mich aber darüber, dass sich jetzt jemand erdreistet, hier auf seine Privatsphäre zu verweisen und nicht Rede und Antwort darüber geben zu wollen, seit wann sie nun mit ihrem späteren Mann "zusammen" ist bzw. wie das Verhältnis zwischen ihrem Vater und ihrer "Angestellten" zum Zeitpunkt der Anstellung war. Ich mag hier nicht rechtfertigen müssen, was Hartz IV Empfänger alles für private Fragen beantworten müssen (Bedarfsgemeinschaften und was steckt ihnen ihre Mutter zum Geburtstag zu). Aber wenn Menschen innerhalb einer Partei diese Praxis des "Förderns und Forderns" gut heißen, dann muss man ihnen in solchen Fällen definitiv die Grenzen aufzeigen - auch sie verlangen auf der einen Seite öffentliche Gelder (für ihre Angestellten die sie aus den nächsten Familienkreis rekrutieren). Wenn es aber darum geht, prüfen zu können, ob alles rechtens ist, dann wird auf die sog. Privatsphäre verwiesen.
Kann man verstehen, wieso hier nicht längst so eine Welle der Empörung über das Land schwappt, wie es z.B. im Fall Höneß war oder ist? Immerhin haben wir hier eben den Bezug dazu, dass "Sachbearbeiter" intimstes privates Wissen benötigen, um prüfen zu können, ob Gesetzte und Regelungen eingehalten wurden.
Jetzt auf die Privatsphäre zu pochen, ist schon ein starkes Stück. Ich kann verstehen, dass sie nicht drüber reden will. Es ist ja sehr privat. Aber deshalb vermischt man halt auch Privates nicht mit dem Beruf. So einfach ist das. Klar kann es passieren, dass man sich in seinen Angestellten verliebt und beide eine ernsthafte Beziehung wollen, aber dann ist es das ja wohl auch wert den Job zu wechseln.
Das gleiche mit der Lebensgefährtin des Vaters. Es kann schon sein, dass die Frau hochqualifiziert für den Job war. Aber dann wird sie auch einen anderen Job finden. Was halt nicht geht, geht halt nicht. Und Regeln gelten nun mal für alle, auch für die Guten.
Warum keine Welle der Empörung durch´s Land geht, weiß ich allerdings auch nicht. Ich finde es bei Frau Bär überraschender als das was der Hoeneß getan hat. Aber wer kennt schon Frau Bär? Und ich hoffe nicht, dass es wirklich so schlimm ist, dass ihr Mann und die Lebensgefährtin des Vaters tatsächlich keine Arbeit verrichtet haben. Das wäre echt sehr rückständig. Das sollte in einer westlichen Demokratie wirklich für Empörung sorgen!
Bienenkönigin hat geschrieben:Das sollte in einer westlichen Demokratie wirklich für Empörung sorgen!
Das ist auch so ein Punkt, der mich etwas zum Nachdenken bringt. Denn ich wäre bereit sehr viel darauf zu wetten, dass solche Fälle aus Putins Russland (die es zweifelsfrei geben wird - von China nicht zu sprechen) tatsächlich zu einem unglaublichen Rauschen im deutschen Blätterwald geführt hätte. So aber bleibt es erstaunlich ruhig und niemand will offenbar den Zusammenhang sehen, den die Privatsphäre in so einem Fall hat und der Privatsphäre eines Hartz IV Empfängers, der sich sehr unangenehmen Fragen stellen muss, wenn dieser in einer WG lebt (um zu beweisen, dass es nur eine WG ist) oder aber er muss seinen Partner oder seine Partnerin auch dazu bewegen, die eigenen Verhältnisse offenzulegen.
Insofern hat Frau Bär Recht: es geht niemanden was an! Daher sollte man die Regelungen auch für die prüfen, die sanktioniert werden, wenn der Verdacht aufkommt, dass sie mit den "falschen" im Bett liegen. Das solche Fälle jetzt vermehrt bei der CSU auftreten, ist aber dann auch deshalb so skandalös, weil von der Seite besonders gerne darauf hingewiesen wird, dass Empfänger solcher Leistungen (Hartz IV oder gar Lebensmittelgutscheine) es sich gut gehen lassen. Offenbar geht es denen besser als manchem Abgeordneten, der dann eben versucht, seinen Familienmitgliedern ein Taschengeld auf Kosten des Steuerzahlers von bis zu 7500 Euro im Monat zukommen zu lassen.
Das sind nicht die ersten und letzten Fälle von Vetternwirtschaft in Bayern. Bayern ist das einzige Land in Deutschland, wo es offiziell bis zu einem gewissen Grade gestattet war. Zur Zeit gibt es noch 23 weitere Fälle ähnlicher Art bei den Abgeordneten. Ob es so krass ist wie bei Schmid, dessen Frau 5.500 Euro aus Steuergeldern bekam, weiß ich nicht. Diese trickreiche Verschwendung von Steuergeldern wird den Bayern noch schwer zu schaffen machen.
Ehrlich gesagt verstehe ich auch nicht, warum so etwas stillschweigend geduldet wird. Die Fälle, die vor Abänderung des Gesetzes schon vorhanden waren, wurden weiterhin geduldet, nur keine neuen mehr. Ein Abgeordneter, Georg Winter, hatte sogar seine minderjährigen Söhne im Alter von 13 und 14 Jahren unter Vertrag genommen kurz bevor das Gesetz verabschiedet war. Inzwischen ist er ebenfalls zurückgetreten.
Warum sie sich gegen eine Offenlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse wehren ist klar. Der Hartz IV Empfänger kann sich auch wehren mit dem Unterschied, dass er dann kein Geld zum Leben bekommt, wenn er nicht alles offen legt.
Ich verstehe eure Aufregung nicht. Die Sache war legal und meiner Meinung nach auch legitim. Wenn die Leute ihre Arbeit tun, werden sie ja zu recht bezahlt. Unmoralisch wäre es nur, wenn sie keine Arbeit erledigen würden und Geld dafür bekommen. Das kann man doch nicht mit einem Hartz-IV-Empfänger vergleichen, der keine Leistung erbringt. Für jemand, der arbeitet, meine Steuern zu zahlen, ist doch okay. Er bringt ja auch Leistung, die mir etwas nützt.
anlupa hat geschrieben:Die Sache war legal und meiner Meinung nach auch legitim.
Sorry, aber im besten Fall war es nicht illegal, weil eine "Übergangsregelung" vor 13 Jahren gefunden wurde, um bestehende Verträge "langsam" kündigen zu können. Und einen Monat bevor es "illegal" wird, bekommen - ganz legal - zwei Kinder (13 und 14 Jahre alt) einen Vertrag vom Vater. Und diese Verträge gelten dann "Übergangsweise" 13 Jahre lang. Für wie "legitim" hältst du dies?
anlupa hat geschrieben:Wenn die Leute ihre Arbeit tun, werden sie ja zu recht bezahlt. Unmoralisch wäre es nur, wenn sie keine Arbeit erledigen würden und Geld dafür bekommen.
Vielleicht zur Größenordnung: ein Abgeordneter zahlt seiner Frau die er als Sekretärin einstellt das doppelte dessen, was eine "normale" Sekretärin erhält? Nur weil er hier freie Hand über Steuergelder hat? Und ob die Familienangehörigen tatsächlich "gearbeitet" haben, ist noch nie Gegenstand der Befragungen gewesen. Man könnte ja Fragen, welche Arbeiten sie gemacht haben und wer diese Arbeiten jetzt macht, nachdem man "auf die schnelle" die Familienangehörigen entlassen hat. Und ob dann die gleichen Bezüge bezahlt wurden. Im Falle der Frau Bär scheint es so zu sein, dass die Arbeit ihres "Verlobten" nicht so wichtig war, weil sie ihn nicht hat ersetzen müssen. Außerdem ist es fragwürdig, ob ein promovierter und erfolgreicher Jurist wirklich die Zeit hätte, zusätzlich im Büro seiner "Verlobten" viel Arbeitszeit zu investieren.
anlupa hat geschrieben:Das kann man doch nicht mit einem Hartz-IV-Empfänger vergleichen, der keine Leistung erbringt.
Es geht darum, dass ein Hartz IV Empfänger, bevor man ihm mutmaßlich nicht verhungern lässt und Steuergelder für ihn ausgibt, sehr persönliche Daten offen legen muss. Und da ist es üblich zu erfragen, wann welche Beziehung zu wem bestanden hat. Gerade wenn es um die Bestimmung von Bedarfsgemeinschaften geht. Hier gibt es keine "Privatsphäre". Wenn aber Abgeordnete "fragwürdige" Beschäftigungsverhältnisse abschließen und hier - ohne Kontrolle - Steuergelder ausgeben (um ein Vielfaches höher als der Hartz IV Satz), berufen sie sich auf die Privatsphäre?
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