Wie findet ihr die deutsche Mentalität?

vom 29.04.2013, 12:23 Uhr

Einige Menschen mögen den Begriff Mentalität nicht, weil sie es mit Stereotypen und Klischees gleichsetzen, aber meiner Meinung nach stimmt das absolut nicht. Da meine Eltern nicht aus Deutschland stammen, war ich von Anfang an auch mit einer anderen Mentalität vertraut und kann sagen, dass Osteuropäer oft ganz anders in ihrem Verhalten sind als Deutsche.

Wenn man in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, ist man in der Regel nichts anderes gewohnt als unsere Mentalität. Wahrscheinlich empfinden sie die meisten Leute daher als normal und stören sich auch nicht daran. Aber alle meine Freunde und ehemaligen Mitschüler, die während oder nach der Schulzeit längere Zeit im Ausland verbracht haben (ob Irland, Kanada, USA oder Australien), beginnen anschließend die deutsche Mentalität nicht mehr zu mögen.

Bei mir war es genauso. Ich mochte Deutschland eigentlich immer gerne, aber seit ich nach meinem sechsmonatigen Auslandsaufenthalt zurückgekommen bin, kann ich mir ehrlich gesagt nicht mehr vorstellen, den Rest meines Lebens in diesem Land zu verbringen. Verglichen mit anderen Ländern sind wir schon ganz schön patzig, grob und nicht besonders gastfreundlich. Ja, ja, natürlich kann man das nicht verallgemeinern, aber ich habe innerhalb der letzten sechs Monate einfach viel mehr positive Erfahrungen mit anderen Menschen gemacht, als in Deutschland in meinem ganzen bisherigen Leben und das kann ja kein Zufall sein.

Wie würdet ihr die deutsche Mentalität definieren und gibt es Dinge, die euch stören?

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich fühle mich wohl in diesem Land, mir wurde aber auch schon von Ausländern gesagt, dass wir Deutschen als grob und unfreundlich gelten, das liegt vorallem an der aggressiven Sprache, wofür wir gar nichts können, aber die harten Konsonanten sorgen für diesen unsympathischen Eindruck. Ich habe auch schon Zeit um Ausland verbracht, allerdings belief sich dieser Aufenthalt nur auf 4 Wochen, daher kam ich wieder und habe die deutsche Mentalität nicht in Frage gestellt.

Im Zusammenhang mit diesem Auslandsaufenthalt haben wir in unserer deutsch-französischen Projektgruppe verschiedene Klischees gegenübergestellt und auch einige bestätigt gesehen. Die Menge an positiver Erfahrung, die du erlebt hast, habe ich auch so in etwa erlebt, aber ich denke, das rührt daher, dass man in einem fremden Land ist und somit immer ein Thema zum Reden hat. Ich habe mich mit den Franzosen fast ausschließlich über Deutschland beziehungsweise Frankreich unterhalten, hier zu Lande fällt dieses Thema weg. Interessant wäre also, wie wir Deutschen Ausländer bei uns aufnehmen, was das betrifft habe ich von einem Bekannten nur Positives gehört. Er ist Franzose und hat ein Jahr in Deutschland verbracht und hat sich hier sehr wohl gefühlt.

» Schnuffline » Beiträge: 1019 » Talkpoints: 33,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich denke, dass man so allgemein nicht sagen kann, dass alle Deutschen unfreundlich sind und auch eher von der groben Sorte. Bei uns in der Stadt sind die Leute beispielsweise sehr freundlich und helfen auch gerne, wenn jemand beispielsweise nach den Weg fragt oder sich auch nur über ein Problem unterhält. Es gibt natürlich auch diese patzigen unfreundlichen Menschen, aber in der Tat sind die bei uns eher selten.

Ich würde die Menschen schon als nicht immer so offen bezeichnen. In anderen Ländern geht man vielleicht offener aufeinander zu und auch der Humor scheint teilweise ein anderer zu sein, aber ich fühle mich trotzdem wohl in Deutschland.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich kenne das, was du beschreibst, auch aus eigener Erfahrung. Aber ich würde es auch etwas relativieren. Wenn du in einem neuen, aufregendem Land bist, ist natürlich erst mal alles schön und wunderbar. Weil es so aufregenden ist, ist man auch stets etwas vollgepumpt mit Endorphinen. Man sieht die Sachen also etwas anders und ist gnädiger gegenüber Makeln.

Auch wird man ja ganz anders behandelt. Zum Beispiel folgende Situation: An der Supermarktkasse ist jemanden vor dir, der aufgrund seines Trekkingrucksacks mit Aufnähern aus aller Welt oder weil er sich mit seinem Kumpel in einer anderen Sprache unterhält, klar als Reisender aus fernen Ländern und eben nicht als Deutscher zu identifizieren ist. Wenn der nun bisschen langsam ist beim Bezahlen mit dem deutschen Geld, weil er es nicht kennt, ist mir das egal. Bei einem Deutschen hab ich da weniger Verständnis 13 Jahre nach der Währungsumstellung.

Ich glaube, man geht mit Landsleuten einfach anders um. Wenn Deutsche zu Deutschen unfreundlich sind, ist es einfach was anderes. Und ebenso in anderen Ländern. Als ich in Kenia mal fast von einem Moped umgefahren wurde, kamen gleich einige angerannt, um mir zu helfen. Einer schrie dem Mopedfahrer hinterher: "So behandeln wir unsere Gäste nicht". Das ist ja ganz nett, aber ich komme mir da auch bisschen vor, als würde ich auf meinen Geldbeutel reduziert.

Ebenso bei meinem Urlaub in Thailand. Vorher hab ich immer gehört, wie freundlich die Thais sind. Aber geh mal in ein Geschäft, schau dich um und geh wieder raus ohne was zu kaufen. Dann können die ganz schön giftig werden. Uns ist das leider damals öfter passiert, weil wie die Währung falsch umgerechnet haben und alles für doppelt so teuer hielten als es tatsächlich war. Aber auch wenn alles nur einen Cent gekostet hätte, hätte ich nicht alles gekauft und oft Nein, Danke gesagt.

Ich finde die Deutschen auch nicht gerade warmherzig, aber dafür ehrlicher. Amerikaner finde ich zum Beispiel ziemlich übertrieben freundlich, weil sie immer sofort deine Nummer und unbedingt in Kontakt bleiben wollen und ich hab noch Schwierigkeiten, mir ihre Namen zu merken, weil wir uns gerade mal 5 Minuten kennen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Es gibt einige Eigenschaften, die ich an den Deutschen sehr schätzen, wahrscheinlich weil ich in diesen Hinsichten auch typisch Deutsch bin. Beispielsweise sagt man den Deutschen ja nach, dass sie immer pünktlich sind und gut organisieren und planen können. Ich bin auch so ein Mensch und ich schätze die Eigenschaft sehr, sowohl an mir als auch an anderen Menschen. Meine Schwester war für drei Monate in Afrika und hat dort einen Auslandsaufenthalt gemacht.

Sie hat mir davon erzählt, wie angenehm es war, dort nicht auf die Uhr schauen zu müssen, weil es für die Leute dort keine Rolle spielt. Es gibt auch keine Busfahrpläne, sondern man stellt sich einfach an die Straße. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass das nichts für mich wäre. Das mag vielleicht daran liegen, dass ich in Deutschland aufgewachsen bin und diese Mentalität in mir einfach drin ist, aber ich mag es so, wie es hier in Deutschland ist.

Dass wir nicht so sehr gastfreundlich sind, ist mir auch schon aufgefallen. Ich war schon zweimal in Amerika und dort sind die Menschen einfach auch ganz anders als hier. Wenn man dort in einem Restaurant essen geht, dann sprechen die Leute einen an und fragen, woher man kommt und wenn man erwähnt, dass man aus Deutschland kommt, dann erzählen sie davon, dass irgendein Verwandter auch schon mal in Deutschland waren.

Sie erzählen von ganz persönlichen Dingen, ohne überhaupt deinen Namen zu wissen. Das ist ganz angenehm, aber andererseits kann es auch schnell nervig werden. Ich bin in der Beziehung nicht so ein offener Mensch, manchmal will ich einfach meine Ruhe haben und dann finde ich es auch angenehmer, wenn jeder am Bahnhof in seiner Ecke steckt und schweigend auf den Zug wartet, anstatt dass man sich miteinander unterhält.

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich denke auch, dass es ganz grob eine spezielle deutsche Mentalität gibt. Aber vieles ist meiner Meinung nach in verschiedenen Teilen Deutschlands schon sehr unterschiedlich - also von einer einheitlichen kulturellen Mentalität kann man denke ich weder in Deutschland noch in einem anderen Land sprechen!
Wer ursprünglich in Bayern geboren ist und dann zum Beispiel im Rheinland oder in Norddeutschland lebt, merkt ja schnell, dass die Leute überall anders "ticken", was ich aber auch spannend und interessant finde.

Generell gelten die Deutschen ja als eher zurückhaltend und kühl, vielleicht sogar unfreundlich. Ich finde eigentlich, dass es hier schon viele Höflichkeitsgebote gibt, an die sich die meisten auch halten, womit wir wieder beim Sprachgebrauch wären: In Deutschland sagt man zum Beispiel "bitte" und "danke", auf Schwedisch und Norwegisch gibt es beispielsweise kein Wort, das unserem "bitte" entspricht, dafür bedankt man sich viel häufiger. Ich bin mir da anfangs komisch und unhöflich vorgekommen, wenn ich auf diesen Sprachen kein "bitte" verwenden konnte, etwa beim Bestellen im Restaurant.

Was sich nach meinem Empfinden immer mehr im Umgang verbreitet, ist das ständige "Wie geht's?"-fragen, wenn man jemanden begrüßt. Ich kenne das vor allem aus anderen Sprachen, dass man an die Begrüßung gleich auch diese Floskeln anhängt. In Deutschland ist das mittlerweile auch sehr verbreitet, wobei die Antwort eben oft viel ehrlicher ausfällt als anderswo. Von einigen Sprachlehrern aus Skandinavien habe ich schon gehört, dass die Deutschen auf sie anfangs gerade wegen dieser Ehrlichkeit und der Bereitschaft, auch mal etwas Negatives zu sagen, unhöflich gewirkt haben.

» Margarite » Beiträge: 56 » Talkpoints: 1,14 »


Ich könnte die deutsche Mentalität jetzt nicht beschreiben. Wenn man im Ausland ist, wird man natürlich als Fremder freundlich behandeln, aber das erzählen mir auch umgekehrt Studenten, die in Deutschland studieren. Die meisten sind von unserem Land begeistert.

Vielleicht kommt es auch auf die Gegend an, in der man wohnt. In einer norddeutschen Großstadt sind die Menschen wahrscheinlich weniger gastfreundlich als in einem bayrischen Dorf. Dass die Deutschen im Gegensatz zu anderen Nationen unfreundlich sind, habe ich noch nicht festgestellt. Ich bin schon viel in der Welt herumgekommen und habe in jedem Land freundliche und unfreundliche Menschen kennengelernt.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Also ich muss ganz ehrlich sagen, dass mir im Alltag des Öfteren Dinge bewusst werden, wo ich wirklich an der Intelligenz gewisser Menschen arg zweifle. Ob dies nur in Deutschland so ist beziehungsweise ob es mir in anderen Ländern nicht auffällt, da ich laut Bienenkönigin zu der Zeit ja mit Endorphinen vollgepumpt sein müsste.

Mir beispielsweise fiel damals in Holland auf, dass die Niederländer dort einfach viel gelassener und freundlicher sind. An der Supermarktkasse schert man sich nicht um Centbeträge und bekommt überflüssige Cents auch einfach ohne Worte wieder in die Hand gedrückt. Dort grüßen die Leute auch noch und sind offen und freundlich, zeigen Verständnis und rennen einen nicht mit "Was willst du Alter?" an. Zugegeben, so ist es in Deutschland ja nicht überall, aber ich bin meinem Vaterland nun, allein schon wegen der zur Zeit konservativen, eintönigen Politik, ziemlich abgeneigt, wobei die Politik bei Weitem nicht das einzige ist, was eintönig ist beziehungsweise so wirkt.

Wie Bienenkönigin auch schon erwähnte, kann es auch sein, dass man in anderen Ländern generell besser und vorsichtiger behandelt wird, zumindest in den Ländern, die ungefähr auf deutschen Standards stehen. Ausnahme wäre hier meiner Meinung nach jedoch Amerika, welche durch ihr Manifest Destiny und ihren American Way eine Art handfeste beziehungsweise unwiderlegbare Ausrede für ihr Verhalten und ihre teils schon arrogante, wenn nicht sogar größenwahnsinnige, Art.

Allgemein kann man sagen, dass jedes Land, allein durch seine Geschichte und seinem Standpunkt innerhalb der Welt beziehungsweise der Weltgeschichte, auch innerhalb des Landes verschiedene Mentalitäten vorweisen kann. Wir sind die biertrinkenden, weißwurstliebenden Nazis, die gegen jegliche Art von Non-Ariern vorgehen wollen, wohingegen die Amerikaner einfach "the chosen one" oder auch das "von Gott geleitete Volk" sind. Sowas ist einfach so und man muss damit umgehen können, wäre ja auch wirklich zu Schade, wenn es in jedem Land gleich zu gehen würde. :wink:

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» KingTarzan » Beiträge: 722 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Mir fällt da jetzt spontan eine Begegnung im Ausland ein - als ich erzählt habe, dass ich in Deutschland lebe, waren meine neuen Bekannten ganz begeistert und haben gemeint, dass sie auf jeden Fall noch mal nach Deutschland kommen wollen, weil sie während der Fußball WM da waren und weil ja alle so nett und gastfreundlich gewesen wären. Wahrscheinlich habe sie das gleiche erlebt, das du auch erlebt hast, nämlich, dass man als Tourist einfach anders behandelt wird und, dass ein Urlaub auch einfach nicht mit dem Alltag zu vergleichen ist.

Ich finde nicht, dass die Menschen in Deutschland besonders unhöflich sind. Schlecht gelaunte Menschen kann man überall auf der Welt treffen und meistens kommt es auch darauf an, wie man selber auf andere zugeht. Ein ehrlich schlecht gelaunter Mensch ist mir außerdem wesentlich lieber als ein unehrlich freundlicher. Ich merke es einfach, wenn Freundlichkeit nur aufgesetzt ist und nicht von Herzen kommt.

An der deutschen Mentalität stört mich eher die Tatsache, dass viele Leute so unentspannt sind. Es muss alles immer geregelt, geplant, organisiert und pünktlich sein und ganz spontan geht schon mal gar nichts.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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