Abwertende Reaktionen auf Hauptschullehramt
Ich studiere Hauptschullehramt bzw. Mittelschullehramt und in vielen Kursen und Vorlesungen bin ich auch zusammen mit Lehramtsstudenten von Grund- und Realschule und auch vom Gymnasium. Mir ist durchaus bewusst, dass die Mittelschule keinen besonders guten Ruf hat und bei vielen negative Assoziationen hervor ruft. Ich habe mich aber bewusst für dieses Lehramt entschieden, da ich auch diesen Schülern helfen und ihnen eine gute Bildung ermöglichen möchte. Natürlich verstehen das einige nicht, aber das ist mir egal.
Jedenfalls habe ich schon oft bemerkt, dass Schüler aus höheren Schulen schlecht über die Mittelschüler denken. Aber auch ich als Lehramtsanwärterin werde von den Kommilitonen höherer Schularten irgendwie immer komisch angesehen. Ich merke das nicht nur in den Reaktionen, wenn sie erfahren welche Schulart ich studiere, sondern auch in den Bemerkungen während der Seminare und Vorlesungen. Ich fühle mich dann manchmal auch irgendwie automatisch herabgesetzt, nur weil ich mich für dieses „niedrige“ Lehramt entschieden habe. Die Grundschullehrer fallen mir in dem Punkt weniger negativ auf, als die Lehramtsanwärter für das Gymnasium.
Aber für mich ist das eigentlich eher immer eine Bestärkung in meiner Entscheidung und irgendwie fühle ich mich dann auch meinen zukünftigen Schülern etwas verbundener. Ich spüre diese negativen Assoziationen mit der Haupt,- bzw. Mittelschule, welche viele dortigen Schüler mitbekommen, so am eigenen Leib und kann es eigentlich nicht wirklich verstehen. Mich stört es aber dennoch, dass ich von den anderen Lehramtsstudenten in irgendeiner Weise herabgestuft werde, obwohl ich ebenfalls das Abitur habe und in einigen Fällen sogar ein besseres als so manch anderer.
Vielleicht gibt es hier ja auch Haupt,- bzw. Mittelschullehrer, Referendare oder Studenten dieser Schulart, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Ich finde es nicht fair und würde gerne wissen, ob ihr ähnliche Erfahrungen im Beruf oder Studium gemacht habt.
Ich kann dir nur in allem Recht geben. Und mein Mann kennt das aus seinem Studium auch. Er hat zwei Semester auf Lehramt fürs Gymnasium studiert und fand viele seiner Kommilitonen in dem Punkt sehr angeberisch und elitär.
Ich finde es sehr wichtig, dass auch Hauptschüler gut ausgebildete, motivierte Lehrer bekommen. Wenn das keiner studieren würde, was für Lehrer würden denn dann an Hauptschulen unterrichten? Die, die am Gymnasium versagt haben oder dort einfach keine Anstellung finden? Die haben dann die falsche Ausbildung und sind nicht vorbereitet und haben gar keine Lust auf diese Herausforderung. Und dann kommen schlecht ausgebildete Hauptschüler dabei raus, die auch auf nichts Bock haben.
Viele Firmen sind jetzt schon verzweifelt, weil sie keine guten Lehrlinge bekommen können. Oft bieten sie dann noch Lehrgänge an, in denen die Lehrlinge noch mathematische Grundkenntnisse nachholen können. Das hätte eigentlich in der Schule passieren müssen.
Ich weiß jetzt keine Zahlen, aber es ist ja nicht so, dass es wenig Hauptschulen gibt und Hauptschüler nicht viele, für die Gesellschaft wichtige Jobs erlernen. Ich möchte mal einen Gymnasiallehrer sehen, der seine Toilette repariert! Wir verlassen uns jeden Tag auf etliche Berufszweige, die aus ehemaligen Hauptschülern bestehen. Demzufolge ist es sehr wichtig, dass diese Schüler gut ausgebildet werden. Nur weil sie nach der Schule nicht das Wissen eines Abiturienten haben, heißt es doch nicht, dass keine gute Bildung nötig wäre. Sie sollten genauso alles wissen, was vom Lehrplan vorgesehen ist. Das ist zwar weniger, aber das "Wenige" sollten sie wissen.
Und es ist ja wohl auch überhaupt nicht so, dass alle Hauptschüler dumm sind. Gerade so gebildete Leute wie Studenten fürs Gymnasiallehramt - vor allem, wenn sie sich schon für so toll und allwissend halten - sollten wissen, dass es mitunter auch gesellschaftliche Umstände sind, warum das eine Kind auf dem Gymnasium und das andere auf der Hauptschule landet.
Demzufolge ist deine Berufswahl von hoher Bedeutung für die Gesellschaft. Ich finde es sehr bewundernswert, dass du das machen willst. Und ich glaube letztlich ist es auch die lohnenswertere Aufgabe, jungen Menschen wirklich zu helfen, in dem man an einer Hauptschule, deren Schüler von vielen aus der Gesellschaft von vorne herein als verloren und dumm gelten, unterrichtet als wenn man an einem Gymnasium zukünftigen Anwälten, Philosophen oder so was die Feinheiten der französischen Grammatik beibringt.
Ich habe das gleiche studiert wie du, allerdings diese Erfahrungen bisher nicht machen müssen. Vermutlich liegt es zum Teil auch daran, dass ich in NRW studiert habe und hier die Studenten für die Grund.-Haupt-Real und entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschule inhaltlich so ziemlich das gleiche studieren während die Studenten für das Gymnasiallehramt zum Teil ganz andere Kurse und Vorlesungen haben.
In Mathematik bin ich so zum Beispiel gar nicht erst mit den Gymnasialstudenten in Kontakt gekommen. In Englisch war das anders weil man seine Seminare recht frei wählen konnte. Dort waren die Leute für Gymnasium und die anderen Schulformen alle zusammen. Da gab es aber soweit ich das mitbekommen habe keine elitäres Verhalten, was wahrscheinlich auch daran liegt, dass die Gymnasialleute einfach nur mehr Seminare belegen müssen, die aber dann inhaltlich natürlich nicht anspruchsvoller sind als die für die Studenten anderer Schulformen.
Ich selbst habe nicht auf Lehramt studiert oder dergleichen, sondern nur eine Ausbildung absolviert. Allerdings frage ich mich, wie denn die Lehrerschaft aussehen würde, wenn nur alle Lehreranwärter für gymnasiale Schulformen studieren würden. Klar halten sich diese Lehrer für etwas besseres, das fängt ja schon in der Schule auch an. Schüler auf Haupt- und Realschulen werden belächelt und so ist es mit Lehrern auch. Denn komischerweise kenne ich die meisten Lehrer auch nur mit einer Ausrichtung für die gymnasiale Ausrichtung und nicht für andere allgemeinbildenden Schulen.
Woher diese Arroganz stammt, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht und ich finde es schade, da Haupt- und Realschulen mir doch manchmal näher an der Realität sind und es zudem auf der Hauptschule ja angeblich doch immer mal zu Konflikten kommt, mehr als eben woanders, wenn ich es richtig in Erinnerung habe. Allerdings denke ich, solltest Du da einfach darüber stehen und Dir bewusst machen, wie wichtig Dein Beruf sein wird, weil ja scheinbar die Gymnasien sich vor Lehrkörpern nicht mehr retten können.
Dieses herablassende Denken habe ich auch schon bei einigen Menschen mitbekommen, auch wenn ich selbst keinerlei Lehramtsberuf studiert habe. Andererseits denke ich, dass man als Erwachsener einfach über solchen Lästereien stehen muss. Sicher ist es nicht schön, eigentlich sogar sehr traurig, mit solchen blöden Vorurteilen konfrontiert zu werden, und es nervt auch, sich andauernd für seine Wahl rechtfertigen zu müssen. Sicherlich kann man auch laut aussprechen, wie es einen nervt. Aber letztendlich gibt es Vorurteile doch leider überall.
Ich habe unter anderem Germanistik studiert und bekam auch oft genug blöde, abschätzige Sprüche zu hören, damit wäre ich nach dem Studium doch sowieso arbeitslos, damit könne man höchstens Müllmann oder Taxifahrer werden. Philosophiestudenten bekommen auch viele Vorbehalte zu hören.
Und übrigens gibt es herablassende Vorurteile auch andersherum: Nicht nur Gymnasiallehrer belächeln teilweise Grundschullehrer, sondern es gibt dieselbe Tendenz auch andersherum, nämlich so, dass die Lehrer an höheren Schulen automatisch von Lehrern an Grundschulen als abgehoben, eitel und weltfremd beschimpft werden. Ein Pauschalurteil, das, wie alle Pauschalurteile, natürlich absolut dämlich ist. Was man hier nur deutlich erkennt, ist, dass viele Menschen dazu tendieren, "Fremdes" schlechtzureden, egal, auf welche Weise es ihnen fremd ist. Natürlich werden auch Hauptschullehrer von solchen Tendenzen leider nicht verschont.
Ich persönlich empfinde die Wahl, an Hauptschulen unterrichten zu wollen, übrigens als bewundernswert. Ich sage ganz offen: An einigen Hauptschulen gerade in Großstädten herrschen sozial so schwierige Grundsituationen vor, dass ich mir das nicht zutrauen würde. Ich würde es nicht nur nicht wollen, sondern ich glaube tatsächlich, ich käme damit nicht klar. Von daher sollte man den Menschen, die das können, Anerkennung statt Spott zeigen, denn sie sind wichtig. Es gibt schließlich viele Hauptschüler und die brauchen nun einmal Lehrer.
Ich finde die Reaktion deiner Kommilitonen sehr dumm und für angehende Lehrer unangemessen. Aber leider ist es oft immer noch so, dass wissenschaftliche Leistungen höher angesehen werden als soziale. Gymnasiallehrer müssen sich eher wissenschaftlich mit ihrem Fach befassen als pädagogisch und didaktisch. Daher kommt vielleicht dieser völlig unangemessene Dünkel.
Ich persönlich würde Hauptschullehrer besser bezahlen als Gymnasiallehrer, weil sie psychisch mehr belastet werden. Aber leider ist es ja genau umgekehrt. Vielleicht kommt auch daher ein bisschen Überheblichkeit, weil sie als Gymnasial- und Realschullehrer später zu den Besserverdienenden gehören.
Ich habe keine eigenen Erfahrungen in dem Bereich gemacht, aber ich finde es schon sehr schade, wenn sich zukünftige Lehrer auf diese Art und Weise benehmen. Immerhin müssen sie ja in gewisser Weise auch Vorbild sein und man sollte da auch jeden Schüler, beziehungsweise jeden Menschen wertschätzen und akzeptieren. Es ist doch egal für welche Schule man Lehrer ist. Man tut in jedem Fall etwas für die Bildung und ein Schüler ist ja nicht weniger wert oder aufzugeben nur, weil er in einer Hauptschule ist. Gerade in diesem Bereich muss man ja viel tun und den Schülern die Möglichkeit bieten ins Leben zu finden, obwohl sie nicht ganz so lernbereit sind oder es eben nicht so gut verstehen.
Ich studiere nicht auf Lehramt, aber ich kann mir schon vorstellen, dass viele Leute ein wenig auf die Lehramtsstudenten herabsehen, die später an einer Hauptschule unterrichten wollen. Ähnlich wird es auch denen geben, die nach dem Studium gerne an einer Sonderschule arbeiten möchten. Wenn ich ehrlich bin, würde ich, vorausgesetzt ich hätte mich für ein Lehramtsstudium entschieden, auch lieber an einem Gymnasium, vorzugsweise an einem privaten, unterrichten wollen. Aber es muss schließlich auch Lehrer für Haupt- und Realschulen geben.
Ich sehe Lehrer als gleichwertig an, unabhängig davon, ob sie an einem Gymnasium oder an einer Hauptschule arbeiten. Unterschiede würde ich in vielen Fällen auch im sozialen Bereich sehen. Es wäre sicher nicht richtig, in allen Hauptschulen einen sozialen Brennpunkt zu sehen, aber häufig assoziiert man gewisse Dinge doch eher mit Hauptschulen, zum Beispiel schwierige Elternhäuser, Verständigungsprobleme aufgrund schlechter Deutschkenntnisse und manchmal auch eine gewisse Perspektivlosigkeit. Die Schule, und damit die einzelnen Lehrer, müssen sicher einiges auffangen, ganz besonders an Hauptschulen und dabei vor allen an denen, die in so genannten Problembezirken liegen.
Ich finde, dass dir nichts von dem annehmen solltest, was deine Kommilitonen sagen. Sie sind keine besseren Akademiker und schon gar nicht bessere Lehrer, weil sie später an einem Gymnasium unterrichten werden. Gute Lehrer werden in allen Bereichen gebraucht. Eine Arbeit mit Randgruppen oder als schwierig eingestuften Personenkreisen wird meistens nicht so gut angesehen, auch wenn die Leute eine gute und wichtige Arbeit leisten.
Diese Erfahrung habe ich als Gymnasialschüler ebenfalls oft gemacht und ich kann es wirklich absolut nicht nachvollziehen, weder den Lehrern, noch den Schülern gegenüber. Solche Vorurteile führen nur zu einer Entfremdung der Klassen und dazu, dass Vorurteile auch weiter bestimmen und gegenüber wirklichen Erfahrungswerten den Vorzug erhalten.
Bei uns ist es so, dass über Hauptschüler oft abwertend geredet wird, sowohl durch die Lehrer, als auch durch die Schüler und dass dies oft auch auf dortige Lehrer übertragen wird, die ja keinesfalls weniger qualifiziert sind, als unsere Lehrer. So ein Verhalten kann ich nicht verstehen, schon gar nicht von den Gymnasiasten, die sich für so viel besser halten, aber durch solche Aussagen nur unter Beweis stellen, wie dumm sie sind.
Zudem kann ich sagen, dass so etwas, weder den Lehrern, noch den Schülern gegenüber, gerechtfertigt ist. Ich kenne durchaus Hauptschüler, die viel intelligenter sind, als so mancher Idiot, der bei uns rumläuft und ich habe im Bekanntenkreis einen Hauptschullehrer, der nicht nur viel engagierter, sondern auch viel kompetenter ist, was sein Fachgebiet angeht. Pauschalisierungen sind niemals von Vorteil.
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