Gefühl kennen, fürs Leben, nicht für die Schule zu lernen?

vom 21.04.2013, 07:28 Uhr

Im Moment quäle ich mich damit, meinen Sohn, der kurz vor dem Abitur steht, fürs Lernen zu motivieren. Er ist extrem unmotiviert und meint, dass er das alles später eh nicht brauche. Wenn ich mich zurückerinnere, komme ich zu dem Schluss, dass ich eigentlich auch nie das Gefühl hatte, irgendetwas fürs Leben zu lernen, sondern nur für die Schule.

Nur im Fach Englisch war mir klar, dass ich das später wirklich alles gebrauchen konnte, was wir lernen.Trotzdem war es nicht mein Lieblingsfach. Aber die anderen Fächer, besonders Geschichte, empfand ich als ziemlich überflüssig.

Wie geht oder ging es euch in der Schule? Hattet ihr jemals das Gefühl - vielleicht nur einen kurzen intensiven Moment - , dass ihr nun fürs Leben lernt?

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Spätestens im Studium war mir dann schon klar, dass ich für meinen späteren Beruf - und damit ja auch für das Leben lerne. In der Schule war das schon schwieriger, weil man ja gerade im Abitur eine sehr große Breite an Schulfächern hat und dadurch ganz sicher einige Fächer nie wieder brauchen wird.

Aber in den letzten Schuljahren ist mir schon etwas bewusst geworden, dass es nicht nur um den reinen Stoff geht, den man lernt. Man lernt vor allen Dingen das Lernen selbst. Wenn man beispielsweise ein Referat vorbereitet lernt man ja nicht nur etwas für das Referatsthema, sondern vor allem auch wie man sich Informationen beschafft und wie man die wesentlichen Informationen so aufbereitet, dass man sie in kurzer Zeit einem Publikum herüber bringt. Das ist für das Leben viel wichtiger als das eigentliche Thema und so gesehen spielt es dann auch keine Rolle mehr.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Im Moment quäle ich mich damit, meinen Sohn, der kurz vor dem Abitur steht, fürs Lernen zu motivieren. Er ist extrem unmotiviert und meint, dass er das alles später eh nicht brauche. Wenn ich mich zurückerinnere, komme ich zu dem Schluss, dass ich eigentlich auch nie das Gefühl hatte, irgendetwas fürs Leben zu lernen, sondern nur für die Schule.

So ist es ja auch; man lernt in der Schule ganz viele Dinge, die man nicht braucht. Differentialgleichungen, Integralrechnung oder die Namen der Flüsse in Ostasien – all das ist irgendwie nutzloses Wissen, was man eh wieder vergisst. Man lernt es eben nur, damit man eine gute Note bekommt, dadurch das Abi schafft oder eine bestimmten Abischnitt erreicht und dann sein Wunschfach studieren oder seine Wunschausbildung machen kann, in der man aber auch wieder ganz viele Dinge lernt, die man im Beruf später nicht braucht. So ist es halt, man lernt für die Noten, nicht für das Leben.

Das ist eben unser Bildungssystem, man muss gewisse formale Qualifikationen erfüllen, auch wenn die eigentlich gar nicht praktisch benötigt werden. Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass in der Praxis Dinge ganz anders angegangen werden als man uns das in Schule oder Studium beigebracht hat und bei vielen praktischen Aufgaben hatte ich den Eindruck, dass man dafür eigentlich nicht hätte studieren müssen. Aber damit bin ich sicherlich nicht alleine; man will eben oftmals einen bestimmten Abschluss haben, egal ob der wirklich für eine Tätigkeit notwendig ist.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Interessanter Gedanke. Wenn ich richtig überlege, muss ich gestehen, dass ich solche Momente ganz selten habe. Wenn überhaupt. Vor allem, wenn unsere Lehrer uns darauf ansprechen. Unsere Klassenlehrerin hält hierbei den Rekord, und erzählt uns diese Geschichte wirklich jedes mal. Inwiefern das stimmt, ist ja eigentlich abhängig von der Berufswahl der Schüler. Wenn ich hundert prozentig weiß, dass ich Techniker werden, brauche ich das Fach Musik nicht. Ebenso kann Biologie ausfallen. Doch wozu braucht man alle Fächer? Richtig, um durch die Schule zu kommen, und ein gutes Abschluss hin zu legen. Ohne diesen Abschluss schafft man den Sprung ins Berufsleben ja gar nicht. Von daher denke ich mir schon immer, dass ich lerne, um ein gutes Abschlusszeugnis zu bekommen. Nur so kann ich später mein Beruf ausüben, den ich möchte.

Ein Schüler in der Klasse ist da ganz extrem. Er sucht, vor allem in Mathematik, immer den Bezugspunkt auf das reale Leben später. Er fragt die Lehrerin, wann er jemals dieses zurzeit behandelndes Thema brauchen wird. Die Lehrerin kann ab und zu antworten, aber manchmal fehlen sogar ihr die Worte, und sie gesteht, dass manches überflüssig ist. Letztendlich ist es der Person überlassen, wie und wofür er lernt.

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» Owlytic » Beiträge: 534 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich habe gerade in letzter Zeit wieder mal viel an meine Schulzeit gedacht, weil eine Kollegin ihren Sohn im jetzigen Abi-Jahrgang meiner ehemaligen Schule hat und das Thema halt viel angesprochen hat. Bis heute fällt es mir schwer zu der Erkenntnis zu kommen, dass ich in der Schule viel gelernt hätte, was ich heute noch brauche. Das meiste davon lernte man sogar noch in der Grundschule. In Mathematik wurde noch einiges aufgestockt, was sich anwenden lässt und auch englisch lässt sich ganz gut anwenden.

Einen deutlichen Teil des Unterrichts wie Sport, Religion oder Sozialwissenschaften empfinde ich immer noch als Blubberfächer, wo nur herumgelabert und Zeit vertrödelt wurde. Einen weiteren Teil wie Geschichte oder Naturwissenschaften habe ich immer nur als fragmentierte Einzelthemen zur Kenntnis genommen, die mir aber nie einer in einen großen Sinnzusammenhang bringen wollte oder konnte. Daher wurde der Stoff nach den Klassenarbeiten tunlichst vergessen. Letztendlich wichtig ist immer die Erkenntnis, dass man einfach nur wissen muss, wo etwas steht.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich denke, das ist von Fach zu Fach unterschiedlich. Es kommt auch immer auf den Schüler an sich an und was dieser später für einen Beruf ausführen will. Ich gehe derzeit auf ein informationstechnisches Gymnasium, also habe ich schon eine bestimmte berufliche Richtung eingeschlagen. Die Dinge, die ich im Informatik- und im Computertechnik-Unterricht lerne, kann ich für meinen späteren Beruf beziehungsweise mein kommendes Studium teilweise durchaus gebrauchen, ich habe sogar dadurch gegenüber den anderen Studenten schon einen richtigen Vorteil, denn ich weiß, wie objektorientierte Programmierung funktioniert.

Bei anderen Fächern dagegen habe ich aber auch öfters das Gefühl, dass ich das nie wieder brauchen werde. Insbesondere Mathematik. Wir lernen Integralrechnung, Differenzialrechnung, Stochastik, Vektorgeometrie und einiges mehr, was ich später alles nicht mehr gebrauchen kann. Anderer Schüler dagegen vielleicht schon. Zukünftige Bauzeichner werden vielleicht mal glücklich über das sein, was sie über Vektoren im dreidimensionalen Raum gelernt haben und einige, die einmal mit Statistiken zu tun haben, werden vielleicht einmal mit der Differenzial- und Integralrechnung zu tun haben. Im Abitur gibt es bei uns in Baden-Württemberg immer eine Anwendungsaufgabe, die dann zeigt, wofür das ganze, was wir lernen, auch wirklich gut ist.

Letztendlich ist es für mich aber unbrauchbar, von daher habe ich schon das Gefühl, dass ich nur für die Schule lerne. Für den Alltag hab ich nun auch nichts Weltbewegendes in der Schule gelernt, zumindest nicht in letzter Zeit. Ich rufe mir aber immer wieder ins Gedächtnis, dass die Schulnoten darüber entscheiden, ob ich später einen Beruf bekomme oder nicht und daher gebe ich mir einfach Mühe.

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich kenne das auch und meistens habe ich auch das Gefühl, dass ich eher für die Schule lerne und nicht fürs Leben, was mir auch gar nicht so gut gefällt. In meiner Ausbildung weiß ich immerhin, dass ich für meinen zukünftigen Beruf lerne und ich bin auch sehr fleißig, außerdem kümmere ich mich auch um meine Hausaufgaben und bereite mich auch ein wenig auf die Klassenarbeiten vor. Ich muss zugeben, dass ich auch nicht mehr viel vom Unterricht an meiner alten Schule weiß, das meiste habe ich vergessen und nur so viel gelernt, dass ich eine ganz gute Note im Test habe, aber mehr auch nicht.

Mathematik macht mir auch keinen Spaß und ich erinnere mich noch an einige Themen, welche mir sehr schwer gefallen sind und mir auch überhaupt gar keinen Spaß gemacht haben. Außerdem war ich auch nicht so gut in Physik gewesen und ich empfand vieles als überflüssig, da ich auch keinen Beruf mit dem Thema Physik ausüben möchte. Ich kann es also sehr gut verstehen, wenn sich Schüler gar nicht zum Lernen aufraffen können, da sie den meisten Stoff eher sinnlos finden.

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» soulofsorrow » Beiträge: 9232 » Talkpoints: 24,53 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Es stimmt, man lernt in der Schule eben nichts fürs Leben, sondern nur für die Noten. Um anschließend einen guten Ausbildungsplatz zu bekommen oder studieren gehen zu können. Bestimmt drei Viertel von dem was man lernt, kann man wieder vergessen und wird es niemals wieder brauchen. Ich denke, in der Schule geht es auch eher um andere Dinge - man lernt, zu lernen, wird sozialisiert und lernt, sich selbst zu organisieren. Das wird im Studium dann fortgeführt. Die BWL-er bei mir in der Abteilung meinten übrigens auch, dass sie von dem, was sie im Studium gelernt haben, so gut wie nichts anwenden können im Berufsleben.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Das hängt zum einen mit Sicherheit mit dem Alter deines Sohnes zu tun und zum anderen auf unser Schulsystem. So wie das Schulsystem in Deutschland aussieht (und das gehört ohne Zweifel zu eines der schlechtesten in Europa), kann man durchaus von dem Gefühl begleitet zu werden, für die Klausuren und Tests, statt für das Leben zu lernen.

Bei mir ist die Schule noch nicht allzu lange her, aber auch ich war mir sicher (und dieser Verdacht hat sich bis heute bestätigt), stets für die Schule und nicht irgend etwas für mein Leben zu lernen. Oder wann in meinem Leben brauche ich komplexe Algebra, Kurvendiskussionen oder detaillierte Einblicke in unser Nervensystem? Das braucht man vor allem, wenn man sich dafür interessiert und dementsprechend etwas beruflich in diese Richtung tun möchte.

Wenn dem so ist, wird sich dein Kind früher oder später von ganz alleine dafür motivieren können. Die Schule kann das nicht, weil die Realität zeigt, dass man vor allem ab Klasse 10 einen Großteil des Unterrichtsstoffs für sein Leben nie mehr benötigt. Und wenn doch, kann man sich das ja aneignen (bzw. nennt man das dann Studium).

» Razor » Beiträge: 404 » Talkpoints: 5,43 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich blicke sehr weit zurück, was die Anzahl der Jahre betrifft, und würde heute sagen, doch ich habe auch für das Leben gelernt. Obwohl meine Schullaufbahn eigentlich eine abgebrochene ist, weil ich das Abitur schließlich nicht schaffte, bereue ich die 2,5 Jahre in der Oberstufe nicht.

Klar, nachdem die Sache mit der Prozent- und Bruchrechnung gegessen war, hätte ich gut und gerne auf die höhere Algebra verzichten können, beruflich gebraucht habe ich das nie. Hinzu kam, dass mich besonders die Mathematik zu Fall gebracht hat, jeder hat ja meist Fächer, die ihn einfach nicht ansprechen. Andererseits hatte ich aber die Möglichkeit zwei tote und zwei lebende Sprachen zu lernen und davon habe ich profitiert, auch beruflich.

Ansonsten bin ich mit Themenfeldern in Berührung gekommen, die meinen Eltern fremd waren, d. h. ich verdanke der Schule eine bessere Allgemeinbildung.

» Wundertüte » Beiträge: 193 » Talkpoints: 0,16 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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