Hättet ihr Skrupel, Chinesen für euch arbeiten zu lassen?

vom 16.04.2013, 07:44 Uhr

Ich wohne in einer Gegend, in der es ziemlich viele Arbeitslose gibt. Ein Bekannter von mir hat eine Hardwarefirma. Er ist Informatiker und erfindet irgendwelche Schaltungen - ich kenne mich da nicht so aus. Ich weiß nur, dass es im Moment Stromzähler für Serverzentren sind. Es ist so, dass dort wirklich teilweise noch gelötet werden muss und sich nicht alles auf winzig kleinen Chips befindet.

Bis jetzt waren die Stückzahlen, die er herstellte, noch nicht so groß, sodass er Leute aus der Umgebung beschäftigt hat. Mein Bekannter hat jetzt aber einen großen Auftrag bekommen und überlegt, die Anfertigung in China machen zu lassen, da es dort sehr, sehr viel günstiger für ihn ist. Meint ihr, dass er deswegen Skrupel haben sollte? Nicht wegen der Chinesen, die sich wahrscheinlich über den Auftrag freuen, sondern wegen seiner arbeitslosen Mitbürger in seiner Stadt, denen er ja auch die Aufträge geben könnte. Wahrscheinlich würde er seine Erfindung auch noch los, wenn sie teurer wäre. Es scheint nämlich eine richtige Innovation zu sein.

Hättet ihr ein soziales Gewissen in dieser Beziehung und würdet die Arbeit in Deutschland lassen oder würdet ihr auch die Produktion nach China verlegen?

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Natürlich ist es billiger für deinen Bekannten, wenn er die Arbeit nach China verlegt und die Chinesen dort für sich arbeiten lässt. Natürlich freuen sich die Chinesen über jeden Auftrag. Wer würde sich denn nicht freuen, wenn man Arbeit bekommt und dafür bezahlt wird, davon mal ganz abgesehen.

Ich persönlich hätte schon Bedenken die Arbeit nach China zu verlegen und die Chinesen dort für mich im Endeffekt arbeiten zu lassen. Da bekannterweise die Qualität in China nicht so hoch ist und meist alle Sachen aus China billig verarbeitet wurden sind, hätte ich in erster Linie da meine Bedenken.

Immer hin will man Qualitätsprodukte für einen guten Preis kaufen, und da die in China produzierten Sachen dann auch das Siegel "Made in China" tragen, überzeugt das nicht von einem guten Produkt, sodass ich zum Beispiel mit erst einmal überlegen würde, ob ich für so etwas Geld ausgebe.

Da bin ich dann eher so, dass ich die höheren Produktionskosten auf mich nehme und die Arbeitslosen in meiner Umgebung lieber einen Job gebe, damit sie auch Arbeit haben und arbeiten können. Und zu dem ist die Qualität dann definitiv besser und die Leute kaufen es dann auch eher. Zu dem kann man seine Produkte dann zu einem höheren Preis verkaufen.

Und wenn dein Bekannter seine Produkte auch für mehr Geld auf jeden Fall los wird, sollte er die Produktion in Deutschland schon bevorzugen. Immer hin bekommt er dann Qualität und zu dem gibt er den Arbeitslosen aus seiner Umgebung eine Beschäftigung, was ich persönlich sehr gut finden würde.

» kai0409 » Beiträge: 3345 » Talkpoints: 72,64 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich stimme all dem zu, was Kai0409 geschrieben hat. Man kann ja auch richtig Werbung machen mit "Made in Germany". Ich würde es als Wettbewerbsvorteil sehen, nicht wie alle anderen Billigkram aus China zu verkaufen.

Außerdem hat man als Unternehmer auch eine gewisse Verantwortung. Dein Bekannter schimpft bestimmt auch immer mit, wenn VW oder Mercedes ihre Produktion nach China verlegen. Man muss da auch als gutes Beispiel vorangehen. Und die Verantwortung nicht nur auf die anderen schieben. Wenn seine Firma nicht klappt, ist er auch froh, wenn er einen Job bekommt und nicht überall gesagt bekommt: "Wir stellen nicht mehr ein. Das wird jetzt alles schön billig in China hergestellt. Gehen Sie einfach auf´s Arbeitsamt. Es gibt ja noch Hartz IV." Wenn das alles machen würden, gäbe es gar keine Jobs mehr in der Industrie.

Und es könnte ihm ein gutes Gefühl geben, hochwertige Produkte unter gerechten Arbeitsbedingungen herzustellen. Er wird keine Probleme haben, so wie Zara gerade. Da ist gerade aufgedeckt worden, dass deren Klamotten von illegalen Nähstuben unter Zwangsarbeit gemacht wurden. Es kann schon sein, dass Zara davon nichts wusste. Das lässt sich nämlich gar nicht leicht kontrollieren auf die Entfernung.

Also lieber in Deutschland produzieren. Dann kann man sicher und stolz auf sein Produkt sein. Für so was gibt es auch positive PR. Es hat nur Vorteile. Der einzige Nachteil ist eventuell vielleicht das Geld. Aber es ist doch nebensächlich ob man viel Geld macht oder sehr viel. Viel ist doch auch schon schön.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich würde die Teile weiterhin in Deutschland produzieren lassen. Sicherlich ist es in China billiger, aber nun scheint er doch auch in einer Stadt zu leben, wo sich Arbeitskräfte finden lassen und ich würde es sehr unfair finden, wenn man den Menschen vor Ort nicht die Möglichkeit gibt. Meiner Meinung nach wird schon viel zu viel in China produziert und man bekommt für richtige deutsche Arbeit auch ganz gutes Geld für Teile.

Immerhin weiß man, wo sie herkommen und das sie mit Genauigkeit hergestellt wurden. Ich denke, dass dem Deutschen die Sache auch wert ist, wenn er dafür Arbeit bekommt und nicht alle im Ausland produzieren lassen.
Als Chef sollte man sich auch sozial fair und heimatverbunden zeigen. Immerhin kommen seine Kunden ja auch
nicht aus China.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Wenn man bisher nur eine kleine Produktion hatte, hat man hier doch wahrscheinlich überhaupt nicht die nötigen Räumlichkeiten um einen großen Auftrag in einem vernünftigen Zeitraum abzuarbeiten. Man hat wahrscheinlich auch nicht das nötige Kapital um den benötigten Platz zu schaffen und außerdem bedeutet die Tatsache, dass es viele Arbeitslose gibt (war mir von München bisher übrigens nicht bekannt) noch lange nicht, dass diese auch qualifiziert sind und nicht erst angelernt werden müssen.

Kurz gesagt - ich denke, dass soziales Gewissen, oder wie auch immer man das nennen mag, in so einem Fall überhaupt keine Rolle spielen wird. Man wird schauen müssen, wo man möglichst schnell Produktionsstätten und Arbeiter mieten kann. Denn wenn jemand einen großen Auftrag vergibt erwartet der natürlich eine vernünftige Lieferzeit und auch wenn man vielleicht denkt, dass das eigene Produkt total einzigartig ist, Konkurrenz gibt es immer und so ziemlich jeder ist ersetzbar. Wenn das Geschäft gut läuft und wenn man das nötige Kapital hat kann man sich Gedanken über den Produktionsstandort machen, aber vorher doch nicht.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Also ich würde die ganze Sache wirtschaftlich sehen. Dein Bekannter muss möglichst viel Profit machen und das tut er nun mal durch eine möglichst günstige Produktion und wenn dies in einem anderen Land der Fall wäre, dann würde ich auch zu dieser Lösung tendieren. Das man dann vielleicht Gewissensbisse bekommt, da man potentiell ansässigen Bewohnern einen Arbeitsplatz vorenthält, hätte ich nicht. Er muss ja auch schauen, dass seine Produktion Gewinn abwirft. Es wäre ja auch möglich, dass er mit einer Produktion im Inland gar nicht wirtschaftlich produzieren kann und dann hat er dem Land etwas Gutes getan, für sich persönlich allerdings nicht.

» complex1982 » Beiträge: 3 » Talkpoints: 1,88 »


Ich sehe es wie kai0409. Auf keinen Falle würde ich eine Produktion nach China verlegen. Dafür sind die in China gefertigte Sachen nicht hochwertig genug. Aber auch in Deutschland gibt es Firmen, die nicht ausgelastet sind und die die Fertigung der Schaltungen übernehmen könnten, weil sie die Räumlichkeit besitzen.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Dass Produkte, die in China produziert werden, generell von schlechter Qualität sind, ist ein reines Vorurteil. Hochwertige Produkte wie das iPhone oder das Samsung Galaxy beweist das. Es gibt natürlich schon noch viele Firmen, die schlechte Qualität liefern, aber es ist eben nicht generell so und auch kein Problem, das man nur in China findet.

Natürlich gibt es in Deutschland noch einige Arbeitslose, aber für die Elektronikfertigung benötigt man Spezialisten. Und die findet man nicht so einfach auf der Straße. Außerdem müsste man enorme Investitionen in Anlagen tätigen. Hier geht es um hohe sechsstellige oder gar siebenstellige Beträge. Ein kleiner Hersteller kann das kaum leisten. Also kann man nicht einfach sagen, er soll doch einfach die Aufträge den Arbeitslosen in seiner Stadt geben. Das kann nicht funktionieren.

Natürlich gibt es auch Auftragsfertiger in Deutschland. Aber auch hier gibt es enorme Qualitätsunterschiede. Die guten Firmen sind entweder teuer oder voll ausgebucht - oder beides. Gerade wenn das Produkt sehr viel Handarbeit erfordert, kann es durchaus sein, dass ein Auftragsfertiger in Deutschland einfach zu teuer ist. Es bringt nichts, wenn man sein "soziales Gewissen" beruhigt, aber dann kein Geld mehr verdient und letztendlich pleite geht.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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