Breitbeiniges Sitzen bei Männern, gekreuzte Beine bei Frauen

vom 09.04.2013, 07:49 Uhr

Hier fiel ja irgendwo das Argument, das ganze sei lediglich eine Folge der Sozialisation. Dem muss ich entschieden widersprechen. Es stellt sich nämlich die Frage: wo haben denn die Vorbilder wie Mutter und Vater das Verhalten her? Im Rahmen der Sozialisation angelernt, könnte man nun argumentieren. Ist ja auch richtig, aber es muss einen Grund dafür geben, dass solche Verhaltensweisen überhaupt entstanden sind, was letztlich die Grundvoraussetzung für die ungebrochene Weitergabe derselben ist. Für mich scheint hier die Theorie der sexuellen Selektion am plausibelsten, die ich ja bereits zuvor ausgeführt habe.

Generell kann sich in der Evolution keine Verhaltensweise durchsetzen, die entweder eine negative Kosten-Nutzen-Bilanz nach sich zieht, oder keinen Vorteil bietet. Insofern liegt auch der Schluss nahe, dass beispielsweise ein Großteil der weiblichen Wesen das breitbeinige Sitzen beim Mann nicht unattraktiv oder zumindest störend finden können. In so einem Fall wäre das Verhalten nämlich längst "herausselektiert" worden. Für diese Hypothese spricht auch, dass breitbeiniges Sitzen oftmals nur ein Teil eines ganzen Konstrukts an typisch männlichen Verhaltensweisen darstellt, ob nun angelernt oder nicht, wobei andere Komponenten dieses Konstrukts sogar eindeutig positiv wahrgenommen werden. So beispielsweise das leicht "bissige" Verhalten des Männchens, wozu man im Volksmund sagt: "Die Frauen stehen auf Ar***löcher". Umgekehrt findet es Frau befremdlich, wenn sich das "Männchen" plötzlich auf ganz feminine Weise auf einer Sitzgelegenheit Platz nimmt, was hier so auch klar geäußert wurde.

» MasterOers » Beiträge: 348 » Talkpoints: 1,16 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Du betrachtest die ganze Angelegenheit viel zu eindimensional. Du lässt sowohl kulturelle Unterschiede als auch den zeitlichen Wandel bei Deiner gesamten Argumentation komplett ausgeklammert. So kann man aber nicht vernünftig wissenschaftlich argumentieren, da helfen auch eingestreute Fachtermini nicht. ;)

"Frauen müssen insgesamt breitbeinig herumhockende und sich wie Arschlöcher oder Prolls benehmende Männchen sexuell atttraktiv finden, sonst wäre das Verhalten ja schon ausgestorben"? Ist Dir vielleicht bewusst, dass in anderen Kulturkreisen Männer anders sitzen und dass es garantiert noch nicht "immer" so war, dass in Mitteleuropa Männer so eine prollige Sitzhaltung haben? Und vielleicht gab es einmal eine Zeit, in der Männer, die so eine Haltung haben, positiv betrachtet worden sind, aber diese Zeiten können sich sehr schnell und sehr extrem ändern.

Wenn Dinge sich nie ändern würden, würden die Menschen in Deutschland heute noch Beifall klatschen, wenn ihr Mitmensch rülpst und furzt und wenn es keine kulturellen Unterschiede gäbe, müssten die Menschen in Deutschland schier begeistert sein, wenn jemand sich die Nase laut hochzieht oder Suppe laut schlüft, weil das in China ja so und nicht anders die angesehene Art und Weise ist. Ich hoffe, diese Beispiele machen deutlich genug, wie unsinnig es ist, Verhaltensweisen, ohne kulturelle und zeitliche Differenzen zu betrachten, als allgemeingültig darzustellen.

Abgesehen davon beweisen kulturelle Unterschiede, was sie Sitzhaltung betrifft, schon einmal, dass es sich nicht um einen Sexualdimorphismus handeln kann, denn wenn es einer wäre, würde dieses Verhalten unabhängig von Kultur, sozialem Stand und Epoche immer gleich auf Mitmenschen wirken. Und das tut es nun einmal nicht, da kann man auch nichts schönreden.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Dass es nichts bringt Dinge zu einfarbig zu betrachten, ist ja so ziemlich mein Hauptargument. Mir ging es allem voran klarzustellen, dass man eben nicht alles auf einen Faktor - die Sozialisation z.B. - zurückführen kann. Nun hast Du wenigstens noch die kulturellen und "epochenabhängige" Unterschiede angeführt, die selbstverständlich keine unwesentliche Rolle spielen. Dennoch glaube ich, dass man das man breitbeinige Sitzen nicht mit "rülpsen" oder sonstigen geschlechtsunspezifischen Verhaltensweisen gleichsetzen kann. Rülpsen kann eben jeder. Mit eng überkreuzten Beinen sitzen bei weitem nicht jeder ;)

Ich habe neulich in einem Buch ein Foto von "afghanischen Stammesführern" gesehen - so die Bildunterschrift - und dreimal darfst Du raten wie die meisten Männer dort sitzen, trotz von der europäischen Kultur völlig abweichender Regeln und Sitten, angefangen bei der Kleidung, über die Sprache, bis zur Regilion. Richtig: von etwa fünfzig sichtbaren Männern saß genau einer mit überkreuzten Beinen. Ich wüsste zwar nicht, wie man hier die Nichtigkeit der Einflüsse der Sozialisation belegen könnte, doch zeigt dieses Beispiel wenigstens, dass das Merkmal des geschlechtsspezifischen Sitzens von der kulturellen Variable schonmal eher unabhängig zu sein scheint. Und auch was man hierzulande - im Multikultiland - in den Öffis beobachten konnte, spricht dafür.

» MasterOers » Beiträge: 348 » Talkpoints: 1,16 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Du meinst wirklich, weil Du die Verhältnisse in Deutschlands U-Bahnen kennst und ein Bild von afghanischen Stammesführern gesehen hast, weißt Du, wie Männer weltweit sitzen? Was ist mit den anderen 190 Ländern der Welt, die ja oftmals auch noch unterschiedliche, im Verhalten und in den Sitten von einander abweichende, Bevölkerungsgruppen beinhalten? Ich kann Dir sagen, dass es genügend Länder gibt, in denen breitbeiniges Sitzen bei beiden Geschlechtern verpönt ist, beispielsweise in so einigen Ländern in Ostasien.

Auch hast Du den Einwand mit dem Rülpsen nicht verstanden. Es ging einfach nur darum, dass Rülpsen vor einigen Jahrhunderten in Mitteleuropa mal als völlig normal bis chic galt. Dennoch finden es die Menschen heute gewöhnlich unangebracht bis eklig. Eine eindeutige Sozialisationssache. Was zeigt, dass bestimmte Verhaltensweisen, die eine Zeit lang als normal bis positiv galten, lange nicht in allen Epochen gleich positiv gesehen werden müssen. Soll heißen: Vielleicht gab es mal Zeiten, in denen breitbeiniges Sitzen als sonderlich toll galt. Das muss allerdings nicht heißen, dass es heute so ist und in Zukunft so bleibt. Das müsste es aber, wenn es ein natürlicher Sexualdimorphismus wäre. Genauso, wie in dem Fall auch kulturelle Unterschiede innerhalb einer Art keine Rolle spielen dürften. Und da liegt das "Problem" in Deiner Argumentation.

Abgesehen davon können durchaus auch viele Männer anders sitzen, als ein nasser Waschlappen. Mag ja sein, dass man sich die Hoden nicht einquetschen will, indem man die Beine zusammenkneift, aber trotzdem dürfte kein Mann gezwungen sein, extrem breitbeinig herumzusitzen. Das mag Wunschdenken vieler Männer sein, aber real sind die meisten Geschlechtsorgane von weitaus geringerem Volumen. :lol:

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Naja, eigentlich müsste man das "breitbeinige Sitzen" mal genauer definieren um die Diskussion im Rahmen zu halten. Ich meinte damit nur das Gegenteil vom Sitzen mit übereinandergeschlagenen Beinen. Insofern vermute ich, dass sich auch in Ostasien kein Mann freiwillig seine Reproduktionsorgane quetschen wird. Natürlich muss man die Beine nicht gleich meterweit aufspreitzen, um Gequetsche sowie Überhitzung zu vermeiden, da stimme ich Dir schon zu. Andererseits gehen die Beine irgendwie auch von sich aus in so eine Position, wenn man sie dann nicht bewusst beieinanderhält. Nur um auch mal die anatomische Dimension ein wenig beleuchtet zu haben.

Im Übrigen ist Sexualdimorphismus und sexuelle Selektion nicht dasselbe. Ersteres beschreibt zumeist angeborene geschlechtsbedingte Unterschiede - wie z.B. Körpergröße -, Letzteres bezieht sich auf geschlechtstypische Verhaltensweisen, die vom anderen Geschlecht als attraktiv empfunden werden und somit den Fortpflanzungsakt begünstigen.

» MasterOers » Beiträge: 348 » Talkpoints: 1,16 » Auszeichnung für 100 Beiträge


In Deinem ersten Beitrag zu diesem Thema hier hattest Du explizit den Sexualdimorphismus genannt, daher bin ich auch auf diesen weiter eingegangen. Sexuelle Selektion ist natürlich noch einmal davon zu unterscheiden. Allerdings ist diese keine so starre, genetisch vererbte Sache, wie es beim Sexualdimorphismus der Fall ist. Außerdem spielen hier ja durchaus auch Kultur, Sozialisation und diverse andere Faktoren eine Rolle.

Und ich ging im Übrigen davon aus, dass es hier im Beitrag wirklich darum ging, dass einige Menschen, bevorzugt Männer, extrem breitbeinig herumsitzen, so etwa. Sicher mag dieser Mensch, wie man sieht, einen Partner gefunden haben, aber Einzelfälle gibt es immer. ;) Auf jeden Fall wirst Du mir aber wohl zustimmen müssen, dass man so breitbeinig nun wirklich auch als Mann nicht zwingend dasitzen muss. Zudem mag es sein, dass die Beine, wenn man sich nicht gezielt zusammendrückt, "automatisch" etwas auseinandergehen, aber mit normaler Körperspannung und nicht gerade total verkümmerter Beinmuskulatur sollte das nicht solche Ausmaße haben. Ich sitze übrigens auch nicht mit zusammengedrückten oder überkreuzten Beinen da, weil ich das einfach umbequem finde, sondern mit relativ normal nebeneinander gestellten. Den Eindruck, dass man dann gleich wie so ein Lappen dahängen muss, habe ich bisher nicht bekommen.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Die sexuelle Selektion könnte man fast als Ursache für den Sexualdimorphismus oder gar die Evolution allgemein ansehen, je nach dem, von welchem Winkel heraus man das Ganze betrachtet. In jedem Fall ist die sexuelle Selektion der einzige Faktor für die Beschaffenheit und Erscheinungsbild eines jeden Lebewesens.

Das Foto da ist erschreckend. Sowas wirkt sogar auf mich abstoßend, da ich so eine Beinstellung automatisch mit aggressivem und aufmüpfigem Verhalten assoziiere. Ich stimme Dir auch zu, dass das wohl eindeutig zu viel des Guten ist ;) Wahrscheinlich ist es noch anstrengender so eine Position zu halten, als die Beine zusammenzupressen. So sollte man wirklich nicht sitzen, wenn man bei seinen Menschen einen positiven Eindruck hinterlassen will.

» MasterOers » Beiträge: 348 » Talkpoints: 1,16 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Dass das Foto erschreckend und unsympathisch wirkt und eher mit Aggression oder unsozialem Verhalten assoziiert wird, als mit irgendetwas Sympathischem oder Ästhetischen, da sind wir uns ja offensichtlich einig. Und dennoch gibt es zum Beispiel hier in Berlin erschreckend viele Männer, die genau so dasitzen. Es werden, so scheint mir, übrigens auch immer mehr.

Nun ist die Frage, wie sich das denn erklären lässt? Attraktiv wirkt das ja nun wirklich nicht, jedenfalls wüsste ich kaum eine Frau, die das ansprechend fände. Und dennoch hocken viele junge Männer so herum.

Und da denke ich, greift wirklich die Sozialisation und die Vorbildfunktion seitens einzelner in den Medien vertretener, bei Jugendlichen und jungen Männern verschiedener Schichten beliebter, Personen. Man muss sich beispielsweise einfach mal eine Rap-Videos ansehen, da hampeln viele "Künstler" so herum. Das soll vermutlich auch absichtlich aggressiv wirken, auf jeden Fall aber machohaft und übertrieben großkotzig. Und viele Leute hier machen das eben nach. Das wäre jedenfalls meine Erklärung für eine derartige Weise, zu sitzen.

Es ist ja auch bei anderen Aspekten offensichtlich, dass das Verhalten von Vorbildern nachgemacht wird. Viele dieser Leute, die so sitzen, kleiden sich ja beispielsweise auch nach ihren Gangster-Rap-Vorbildern, sprechen auch so und gestikulieren auch dementsprechend. Da wäre es eher verwunderlich, wenn sie nicht auch den Gang und die Art zu sitzen übernehmen würden.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich muss sagen, dass ich auch manchmal eher breitbeinig sitze, als die Beine übereinander zu schlagen oder zu kreuzen. Aber wenn ich mal so an die letzten Monate denke, so denke ich doch, dass ich in öffentlichen Plätzen doch fast immer die Beine eher kreuze oder zu mindestens sehr eng aneinander drücke, auch wenn ich ausschließlich Hosen trage. Wenn ich mich unbeobachtet fühle, dann sitze ich aber auch gerne mal etwas breitbeiniger, aber nie so, wie ich es bei Männern oft beobachten kann.

Ich finde es aber irgendwie "angenehmer", wenn Männer breitbeinig sitzen, als wenn sie die Beine übereinander schlagen. Irgendwie finde ich, dass das nicht besonders männlich aussieht und habe mich oft in diesen Situationen gefragt, ob der Mann vielleicht homosexuell ist, auch wenn diese Verbindung natürlich Quatsch ist. Trotzdem ist sie irgendwie in meinem Kopf gelandet.

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich hoffe, dass das nicht zu sehr vom Thema abweicht, aber ich frage mich, wieso Dir weiterhin der Gedanke, ein Mann, der die Beine kreuzt, könne homosexuell sein, im Kopf herumspukt, obwohl Du ja weißt, dass das offensichtlich Schwachsinn ist? Das Wissen um einen Irrtum ist doch der erste Schritt, dieses Vorurteil zu revidieren.

Aber ebenso kann ich auch nicht verstehen, wieso es Dir als Frau unangenehm ist, wenn ein Mann vor Dir sitzt, der eventuell schwul sein könnte, oder der so aussieht, dass er Vorurteilen gemäß schwul sein "müsste". Wobei ich nicht nur nicht begreife, wieso eine Frau sich daran stört, sondern auch bei Männern fände ich es komisch, wenn sie sich durch die eventuelle sexuelle Orientierung irgendwelcher wildfremden Person, die sie zufällig in der Bahn sehen, gleich unangenehm berührt finden würden. Homosexuelle sind doch nichts Ekliges und auch keine Monster, sondern Menschen, wie Heterosexuelle auch.

Im Gegenteil dazu, und da schlage ich dann doch wieder einen guten Bogen zum Hauptthema, fände ich es eher unangenehm, wenn ein Mensch extrem breitbeinig vor mir säße. Nicht nur, dass das oft mit einem gewissen, für mich proletenhaften und unerträglichen Gehabe einher geht, ich finde, dass es an sich einfach blöde wirkt, wenn jemand sich hinsetzt, als sei er der Obermacker und habe ein riesiges Genital. Was ja vermutlich oftmals auch nicht der Realität entspricht. Aber in diesem Fall fände ich auch nicht die vermutliche Heterosexualität der betroffenen Person unangenehm oder befremdlich. Irgendeine sexuelle Orientierung spielt dabei, wie jemand sitzt, doch nun wirklich keinerlei Rolle.

Aber, und das passt auch wieder gut zum Hauptthema, hier sieht man ja wieder, wie die Art und Weise zu Sitzen von Geschlechterklischees geprägt ist. Es gilt als "männlich", breitbeinig zu sitzen, und als "unmännlich", die Beine zu kreuzen. Letzteres wird vermutlich als "typisch weiblich" gesehen und gemäß dem Klischee, dass Schwule sich weiblich benähmen, wird dann auch gleich gemutmaßt, ein so sitzender Mann sei schwul. Wundert es, wenn man dann noch bedenkt, wie Homosexualität heute auch in Deutschland teils noch negativ bewertet wird, dass ein Mann dann lieber breitbeinig wie sonstwas herumsitzt, aus Angst, sonst für unmännlich und schwul gehalten und möglicherweise verspottet zu werden? Ich glaube, diesen Grund sollte man bei der Frage, wieso so viele Männer sehr breitbeinig sitzen, auch nicht ignorieren.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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