Warum sind die Deutschen immer so auf Regeln bedacht?

vom 01.04.2013, 10:38 Uhr

Nach dem Lesen vieler Threads hier drängt sich mir immer mehr die Frage auf, warum wir Deutschen immer und für alle Dinge irgendwelche Regeln brauchen? Da soll geregelt werden, wer wann am Esstisch sprechen darf, hier wird diskutiert, ob man eine Verlobung feiern muss und dort sogar, wie viele Hobbys man haben darf.

Ich finde das persönlich alles ein bisschen übertrieben und der Regelwahn, der hier im Land herrscht, ist mittlerweile unerträglich. Es fehlt nur noch, dass auch der Atemrhythmus reglementiert wird und wir überhaupt nicht mehr in der Lage sind, selbständig zu agieren. Das, was hier fast ein bisschen lustig klingt, sehe ich als ein großes, gesellschaftliches Problem, denn viele Menschen scheinen mir nicht mehr lebensfähig, wenn sie nicht bestimmte Regeln haben, an die sich klammern können.

Das soll hier jetzt kein Aufruf zur Anarchie sein, sondern mal zum Nachdenken anregen, ob es nicht mit dem spießigen Denken mittlerweile ein wenig zu weit getrieben wird und ob man tatsächlich für jede mögliche auftretende Situation eine Regel haben muss oder ob man Dinge nicht einfach auch mal nur laufen lassen und sich überraschen lassen kann.

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» eselchen » Beiträge: 973 » Talkpoints: 2,73 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ob das ein typisch deutsches Problem ist, kann ich natürlich nicht beurteilen, da ich nicht lange genug im Ausland gelebt habe, um wirklich mitzubekommen, ob die Polen oder Engländer nicht vielleicht auch so ticken. Außerdem muss man ja mit Pauschalurteilen über eine ganze Nation immer recht vorsichtig sein. Generell halte ich unsere Gesellschaft schon für eher freiheitlich und liberal gesinnt, es kommt nur darauf an, ob sich die einzelnen Mitglieder auch mal trauen, gegen die zahllosen ungeschriebenen Regeln und Grundsätze zu verstoßen.

Besonders hier im Forum ist mir auch schon aufgefallen, dass es anscheinend doch recht viele Zeitgenossen gibt, die für alles Regeln brauchen oder selbst aufstellen. Die von dir genannten Beispiele finde ich auch recht amüsant, da ich selbst der Meinung bin, dass jeder so viele Hobbys haben "darf", wie er oder sie möchte, nicht nur junge oder alte Leute Kleidungsstil X oder Y pflegen "dürfen" und sich nicht jeder die Augenbrauen zupfen, bürsten und in Form bringen "muss". Nur so als Beispiel.

Generell halte ich eine betont konformistische Einstellung, die darauf zielt, ja nicht als exzentrisch, uncool oder albern aufzufallen eher für ein individuelles als für ein gesellschaftliches Problem. Hier in Deutschland laufen durchaus genügend Leute herum, die nicht immer mit dem Strom schwimmen und die meisten kommen ja ganz gut klar. In anderen Ländern ist das bestimmt oft viel schwerer und mit Repressalien verbunden.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Es wird überall Regeln geben. Ich habe über zwei Jahrzehnte im Ausland gelebt und auch dort gibt es Regeln. Jedoch habe ich das Gefühl, dass die Menschen dort beinahe noch etwas liberaler als in Deutschland sind und auch eher mal aus gewissen Mustern ausbrechen. Natürlich gibt es in Deutschland auch eine Menge Menschen, die auch gerne mal die Regeln brechen, zumindest in einem gewissen Maße. Ohne Regeln geht es natürlich auch nicht, aber ich denke, dass die allgemeinen Regeln des alltäglichen Lebens ruhig mal gelockert werden könnten.

Hier im Forum jedoch habe ich das Gefühl, dass manche ohne vorstrukturierte Pläne und vorgegebene Regeln manchmal nicht lebensfähig wären. Einige hier möchten zu jedem Vorgang im alltäglichen Leben eine Regelung durchsetzen und das ist überhaupt nicht mein Ding. Meiner Meinung nach kann jeder so leben, wie er es möchte, aber man sollte nicht alles regulieren wollen, sondern auch mal das Leben so nehmen wie es halt mal kommt. Wir leben hier in einer freiheitlichen Gesellschaft und an sich kann wirklich jeder sich glücklich schätzen, dass wir nicht solche Regeln wie manch andere Länder haben und deswegen sollte man es etwas lockerer nehmen.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12595 » Talkpoints: 13,30 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich mag Regeln. Nicht alle natürlich, denn manche sind sicherlich überflüssig, aber ich finde wichtig, dass es Regeln gibt an die man sich halten muss. Und in anderen Ländern gibt es auch Regeln, nur nicht immer die gleichen. Man setzt eben die Prioritäten anders. Und ich finde es wichtig, dass man Kindern beibringt, wann sie den Mund halten sollten und wann sie reden können. Hauptsächlich neigen Kinder einfach dazu, sich zu verschlucken und da ist es wichtig, dass sie nicht essen, dabei herum laufen und auch noch dabei reden.

Und eine Verlobung ist eine lange Tradition und ich finde es schon gut, wenn man sich an gewisse Gegebenheiten hält, wenn man heiraten möchte. In der Ehe gibt es ja auch einige Regeln (unter anderem auch einfach rechtliche Regeln), die man beachten sollte, wieso dann nicht auch vorher? Regeln schränken ein, geben aber auch Freiheiten.

Ich vergleiche das mit einem gut erzogenem Hund. Er muss Befehle und Regeln befolgen, bekommt dadurch dann aber mehr Freiheiten, wenn er sehr gut hört. Einen Hund der nicht hört, kann man nicht von der Leine lassen. Er muss die Regeln nicht befolgen, bekommt aber weniger Freiheiten. Grob gesehen ist das bei uns auch nichts anderes.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



Zunächst ist es doch so, dass trotz der intensiven Diskussion bei den von dir verlinkten Themen klar geworden ist, dass KEINES davon geregelt ist. Du darfst immer am Esstisch sprechen, du muss keine Verlobung feiern und du darfst beliebig viele Hobbys haben. Hier wurde alles seinem Lauf überlassen und keine Regelung schränkt dich in deiner Freiheit ein.

Das du jetzt persönlich findest, dass hier (also in Deutschland) ein "Regelwahn" herrscht, stimmt mich natürlich traurig und ich würde dir gerne versichern, dass dem nicht so ist! Aber leider hast du auch kein einziges Beispiel genannt, bei dem dich die Regeln nicht mehr zur Ruhe kommen lassen. Ich bin mir sicher, dass es Positionen gibt, die "überreglementiert" sind. Ich bin mir aber auch sicher, dass diese Positionen nicht entscheidend in dein oder mein Leben eingreifen. Gerne lasse ich mich eines besseren Belehren und warte gespannt auf deine konkreten Lebensbeispiele.

Ansonsten sind die gemachten Regeln dazu da, um eben das Zusammenleben zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern. Die Regeln entstehen in aller Regel auch durch Vereinbarungen - sie werden nicht aufgezwungen. Wer sich im Miteinander nicht um Regeln kümmern will, begibt sich in Gefahr, sich ins Abseits zu stellen. Denn es ist anzunehmen, dass nur die Regeln gemieden werden, welche einen insofern einschränken, als das die Freiheiten Dritter nicht beraubt werden. Denn: Will man sich hiervon befreien, bedeutet dies zwangsläufig, Rechte und Freiheiten seiner Mitmenschen zu missachten.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Die Frage stelle ich mir manchmal auch, wenn ich einige Themen bzw. die Antworten darauf lese. Ich habe für mich selber für gewisse Dinge schon Regeln aufgestellt und das finde ich auch völlig normal, aber ich würde diese Regeln jetzt nicht Diskussion stellen. Wenn ich für mich jetzt zum Beispiel herausgefunden hätte, dass es für mich am besten ist, wenn ich vor Mitternacht ins Bett gehe, würde ich niemals eine Frage nach dem Motto "sollte man vor Mitternacht ins Bett gehen?" stellen. Denn was für mich gilt und was für mich gut ist kann für jemand anderen genau das falsche sein.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Die Beiträge, die du verlinkt hast, haben aber doch überhaupt nichts mit Regeln zu tun? Da geht es doch eher darum, dass man die Meinungen von anderen Menschen erfragt und dass man versucht, hypothetisch über diese Themen nachzudenken.

Persönlich denke ich nicht, dass in Deutschland immer alles geregelt ist und dass die Deutschen so etwas wie ein Problem damit hätten, wenn es keine Regeln gibt und dass sie deswegen für alles und jeden eine Regel entwickeln müssen. Es gibt so viele Dinge wo ich mir manchmal denke, dass man da doch vielleicht eine Regelung erschaffen sollte, um gewisse Verhaltensmuster zu unterbinden, die leider Menschen gefährden. Da denke ich mir manchmal, dass es schon viele Regeln gibt, die unnötig sind, aber eben auch Sachverhalte, bei denen es wichtig wäre, eine Regelung einzuführen.

Spießig finde ich es nun auch absolut nicht, wenn man Regeln in seine Gesellschaft einführen will. Im Gegenteil, selbst unter diversen Menschen, die nun niemand als spießig bezeichnen würde, gibt es teilweise sehr strikte Regeln und deswegen kann man meiner Meinung nach so etwas wie ein Regelwerk oder wie man das denn nun auch immer bezeichnen möchte nicht als spießig abtun.

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» olisykes91 » Beiträge: 5370 » Talkpoints: 24,75 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



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