Abiturwissen: Sozialkunde & Recht - Notstand

vom 23.04.2008, 21:01 Uhr

Rechtfertigender Notstand § 34 StGB / Problematik einer Rechtfertigung wegen Notstands
- Heranziehung unbeteiligter Dritter zur Beseitigung der Notstandslage
- Erhaltung des gefährdeten Individualrechtsguts
- § 34 StGB und § 904 BGB
- Das geschützte Interesse überwiegt das beeinträchtigte wesentlich
- Mehr-Nutzen-als-Schaden-Prinzip
- Begrenzte Solidaritätspflicht des Unbeteiligten

Gesetzliche Notstandsregelung des § 34

Überblick über die Voraussetzungen des Notstandes und deren Behandlung im Aufbau einer Notstandsprüfung
- Vorliegen einer Gefahr
- Erforderlichkeit
- Rettungswille
- Notstandshilfe
- Interessenabwägungsformel Satz 1
- Angemessenheitsformel Satz 2
- Nicht-Anders-Abwendbarkeit
- Kollision von Interessen macht die Notstandslage aus

Gesetzliche Voraussetzungen des Notstandes im Einzelnen

Notstandslage

- tätereigene oder –fremde Rechtsgüter müssen gegenwärtig in Gefahr sein
- Notstandsfähige und notstandspflichtige Rechtsgüter
o § 34 S.1 ausdrückliche Aufzählung
o Rechtsgüter aller Art
o Rechtsgut muss Anerkennung von der Rechtsordnung genießen
o Vermögen ist auch strafrechtlich geschützt, sowie das berufliche Ansehen
o Gesundheitsgefahren
o Art 6 I EMRK Anspruch auf ein faires Strafverfahren
o Staatsnotstandshilfe Art 20 IV GG
o Sicherung des persönlichen Arbeitsplatzes ist notstandsfähig
o Sicherheit des Straßenverkehrs
o Volksgesundheit
o Aktionen des politischen Protestes
o Interesseninhaber müssen nicht verschiedene Personen sein
o Das in Gefahr schwebende Rechtsgut muss nicht mit dem gefährdeten in einem bestimmten Rechtsverhältnis stehen
- Gefahr für Rechtsgüter
o Gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes
o Intensivierung eines bereits bestehenden Schadens
o Objektive Ex-Ante-Sicht
□ Sicht zur Zeit der Rettungshandlung; ex ante Sicht
□ Gefahr wird erst durch das Urteil eines objektiven Beobachters in der Situation des handelnden Täters begründet
o Verständige und sachkundige Fachkenntnisse in verschiedenen Situationen
□ Nicht mehr zumutbar sind Duldungspflichten, die deshalb entstehen, weil ein verständiger Durchschnittsbeobachter sich ebenso geirrt hat wie der Täter
o Von Sache ausgehende Gefahr wird nach § 228 BGB geregelt
o Immer erst § 32 prüfen
o Defensivnotstand
□ Menschlicher Angriff ist nicht gegenwärtig, weil er noch nicht unmittelbar bevorsteht
o Sachwirkungen nach § 904 BGB
o Nötigungsnotstand
- Gegenwärtige Gefahr
o Eintritt eines Schadens am Erhaltungsgut alsbald, aber auch jederzeit
o Dauergefahr
□ Jederzeitiges Umschlagen der Gefahr in den Schaden
o Vorfeld der Notwehr
o Notwendigkeit sofortigen Handelns, weil später dem sich abzeichnenden Schaden nicht mehr wirksam begegnet werden kann

Rettungshandlung

- Interessenübergewicht
- Erforderlichkeit
o Rettungshandlung ist nur gerechtfertigt, wenn sie zur Abwendung der Notstandsgefahr erforderlich ist
o Alle Möglichkeiten der Gefahrabwehr müssen in Betracht gezogen werden
o Geeignetes und relativ mildestes Gegenmittel
o Objektives Ex-Ante-Urteil
o Eignung
□ Rettungschance für das gefährdete Rechtsgut darf nicht ganz unwahrscheinlich erscheinen
□ Das einzige Mittel ist das erforderliche
o Relativ mildestes Mittel
□ Eingriffsgut mit seinem Anspruch auf möglichste Schonung
□ Milder ist das Mittel, mit welchem auf ein geringeres Rechtsgut zugegriffen wird
□ Rechtfertigung durch anderes ist auch ein milderes Mittel
□ § 34 ist nicht subsidiär gegenüber der rechtfertigenden Einwilligung
- Wesentlich überwiegendes Interesse
o Wesentlichkeit des Überwiegens
□ Das geschützte Interesse muss das beeinträchtigte wesentlich überwiegen
□ Notwehrprobe
• Ob sich der Betroffene den Eingriff ohne Recht zur Gegenwehr wirklich gefallen lassen muss
o Umfassende Interessenabwägung
□ Mehr als Güterabwägung
□ Analyse des im Sachverhalt steckenden Interessenkonflikts
o Einzelne Abwägungsfaktoren
□ Rangverhältnis
• Durch die Strafrahmen der einzelnen Delikte im BT zu bestimmen
• Strafbewehrung
□ Grad der drohenden Gefahr
• Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts
• Gefahrenvergleich
• Verbesserung der Überlebenschancen
□ Ausmaß der drohenden Rechtsgutsverletzung
• Intensität und Umfang des drohenden Schadens
• Leben kann nicht mit Leben verglichen werden
□ Größe der Rettungschance
• Je geringer die Rettungschance, desto mehr Zurückhaltung vor solchen Zugriffen
□ Nötigungsnotstand/ Handeln auf der Seite des Unrechts
• Straflosigkeit kann erst über den entschuldigenden Notstand gemäß § 35 erreicht werden
• Fehlende Mitverantwortung des auf die Seite des Unrechts gezwungenen Täters
• Unrechtsverwirklichung durch den Nötigenden
□ Defensivnotstand
• Herkunft der Gefahr aus der Sphäre des Eingriffopfers
• Sachwehr § 228 BGB
• Gefahrenquelle Mensch hat grundsätzlich schärfere Zugriffe auf ihre Rechtsgüter zu dulden
• Ausweichpflicht vor menschliche Gefahrenquellen
• Ähnlichkeit von Notwehr und Defensivnotstandslage

LG,H

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» Qn » Beiträge: 1539 » Talkpoints: 7,83 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wow, das ist eine sehr gute Zusammenfassung, echt gelungen. Das einzige, was ich vermisst habe, ist das man auch im Notstand nie ein Kind bedrohen oder verletzen darf. Als Kind sind Personen bis zur Vollendung ihres vierzehnten Lebensjahres definiert.

Wir haben das beim Waffensachkundeseminar gelernt. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob dies auch im Gesetz verankert ist oder nur eine stillschweigende Übereinkunft, die allen verständlich sein sollte. Aber da es in Deutschland für wirklich alles eine Regel gibt, denke ich, dass das bestimmt in irgendeinem Paragraphen steht.

» remggo » Beiträge: 63 » Talkpoints: -0,18 »


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