Habt ihr schon mal einen Menschen 'abgestempelt'?

Einige Menschen stempeln einen Mitmenschen einfach ab und geben ihm keine große Chance zu beweisen, dass er eben nicht so ist, wie geglaubt wird. Habt ihr schon mal einen Menschen einfach abgestempelt und ihm keine Chance gegeben? Wurdet ihr vielleicht schon mal von der Gesellschaft einfach abgestempelt? Aus welchem Grund ist dies geschehen? Wie habt ihr euch verhalten?

Ich muss zugeben, dass ich Menschen oft abstemple oder in eine Schublade stecke. Das ist bei Leuten, mit denen ich nicht viel zu tun habe, auch sinnvoll. Es gibt so viele Menschen, dass ich mir ja aussuchen kann und möchte, mit wem ich näheren Kontakt haben möchte und mit wem nicht.

Ich kann mich aus Zeitgründen nicht mit jedem Mitmenschen beschäftigen. Ich suche mir dann natürlich die Menschen zum näheren Kennenlernen aus, die mir sympathisch sind. Das macht wahrscheinlich jeder so.

Es ist aber die Frage, was du unter "abstempeln" verstehst. Wenn sich ein Mensch nach gezwungenem Kennenlernen, beispielsweise als Nachbarn oder Arbeitskollegen, nicht so herausstellt, wie ich ihn kennengelernt habe, revidiere ich natürlich mein Urteil.

Ich denke auch, dass ich einen Menschen schon abgestempelt habe. Aber nicht so drastisch, und ich denke, ich habe es bei denen gemacht, wo andere genauso reagieren würden. Oft sind es Personen, die an der Flasche hängen. Dann stempel ich sie direkt als säufer und Assi ab. Ist ja aber auch normal, wenn diese Personen, als es gerade mal um 16 Uhr ist, mit einer Kiste Bier durch die Stadt laufen. Was soll man da anderes denken?

Dann haben diese Menschen hinzukommend noch eine Zigarette in der Hand, und redet lauthals. Da ist es normal, diese als Assi abzustempeln. Dann gibt es da noch die Sache mit den Tunnel und den Piercings. Ich mag diese Dinger ganz und gar nicht. Tunnel können von mir aus gleich verbannt werden, und Piercings gehen auch nicht. Höchstens wenn sie ein Bauchnabelpiercing ist, oder was anderes ganz kleines, und harmloses. Ich weiß nicht wieso sich das so in mir gespeichert hat, aber ich finde es sieht einfach gar nicht schön aus, diese Tunnel und Piercings. Beim Tunnel stichst du dir ein riesiges Loch ins Ohr, wer macht das denn freiwillig? Zumal haben diese Menschen, die ich obee genannt habe, ganz oft diese Verunstaltungen im Gesicht. Daher denke ich oft, dass alle Menschen mit solcher Verzierung Assis sind. Das ist aber natürlich nicht so. In meiner Klasse habe ich Mitschüler, die tragen das auch, sind aber ganz in Ordnung, und machen ihre Schule sehr gut.

Ich glaube, dass schon jeder mal einen oder mehrere Menschen, wie du es bezeichnest, abgestempelt hat. Das liegt in der Natur des Menschen und wird sich auch nicht ändern. Automatisch teilt man die Menschen ein in welche, die sympathisch sind und jene, die keine Sympathie ausstrahlen. Wenn dann noch hinzu kommt, dass sie ein anderes, schwer zu akzeptierendes Laster haben, dann werden sie in eine bestimmte Schublade gesteckt. Aus der können sie sich theoretisch nur befreien, wenn sie sich total ändern.

Es gibt so viel Menschen, da wäre es ja nicht zu verstehen, wenn man sich gerade diejenigen raussuchen würde, die sich überwiegend prollig benehmen oder diejenigen, die nicht aufhören zu saufen und überwiegend torkeln. Wenn man nicht gerade als Sozialarbeiter sich um solche Menschen kümmern muss, wird man in den wenigsten Fällen sich bemühen, Kontakt mit diesen Menschen zu bekommen.

@Owlytic, ich frage mich, was du gegen Menschen hast, die sich Tunnels und Piercings stechen lassen. Ich würde dir zustimmen, wenn du diejenigen meinst, die es ganz einwandfrei damit übertreiben. Aber wenn einer ein Piercing hat und dazu einen oder zwei Tunnels, ist das doch nicht asozial. Ich habe diese Dinger nicht, aber ich weiß, dass für die Tunnels nicht übergroße Löcher gestochen werden, sondern kleine. Diese werden nach und nach geweitet durch die stets etwas größeren Metallringe, die darein kommen. Das allerdings geht nicht ohne Schmerzen ab. Aber assig ist es nicht!

Ich glaube auch, dass dies jedem schon einmal passiert ist. Man entscheidet ja in den ersten Sekunden oder nach ein paar Sätzen, ob man mit der Person kann oder nicht. Und dann hat die Person den Stempel auf der Stirn und wird ihn auch nicht mehr so schnell los.

Speziell eine Situation fällt mir besonders ein. Mein Chef hatte einmal eine Bewerberin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Die Dame musste bis zum Terminbeginn bei mir im Vorzimmer warten und hat mich mit Fragen gelöchert. das hat mich nach einer Weile ein wenig genervt und auch die Stimmenlage und Stimmenart fand ich echt belastend. Als sie wenig später das Gespräch hinter sich gebracht hatte und beide aus dem Zimmer heraustraten und sich noch verabschiedeten, ist sie fast über den Hund von Chef gefallen, dieser lag vor der Tür und hat brav auf sein Herrchen gewartet. Da war ihr so unangenehm, dass sie den Chef immer wieder umarmt hat und sich entschuldigt hat und nicht mehr aufgehört hat den Hund zu streicheln.

Die Situation fand ich so daneben, weil in meinen Augen hat sie versucht den Job dadurch zu bekommen, dass sie eine andere Schiene eingeschlagen hat als einzig durch ihre beruflichen Qualifikationen zu überzeugen. Es kann sein, dass ich das über dramatisiere, aber dem Umstand geschuldet, dass sie bei mir schon einen Stempel weg hatte, führt dann aus dem schlechten Denken kein Weg mehr raus!

Natürlich wurde die Dame auch genommen und saß mir beim Essen immer gegenüber, das war echt unangenehm, ich konnte sie nicht anschauen oder mit ihr reden. Das war das einzige mal, das ich mit jemanden gar nicht konnte und diese Person hat auch den Stempel nicht loswerden können.

Ich denke, dass jeder schon einmal einen Menschen abgestempelt hat. Ich kenne zumindest keinen in meinem Bekanntenkreis, der zu mir nicht schon einmal gesagt hätte, dass er Person x irgendwie seltsam findet und so oder so einschätzt. Aber das ist wohl in unserer heutigen Gesellschaft ein normales Verhalten. Es gibt ja viele Leute, die verhalten sich auch gerade zu so, dass sie in eine "Schublade" gesteckt werden. Das liegt aber auch stark an unserer Gesellschaft, dass dieses "Schubladendenken" so weit verbreitet ist. Auch schon alleine wegen der Medien, die diverse Dinge präsentieren und wir solche dann mit Schubladen verbinden.

Aber bisher habe ich noch keinen Menschen so sehr abgestempelt, dass ich ihm keine Chance gegeben hätte, mir das Gegenteil zu beweisen. Das fände ich auch äußerst unfair. Und ich muss sagen, dass ich damit bisher immer gut gefahren bin, da man so die vielfältigsten Leute kennenlernt. Aber ich sehe es auch teilweise so, dass man nicht jeden Menschen die Chance geben kann, ihn kennenzulernen. So viel Zeit hat man doch auch gar nicht.

Bisher wüsste ich nichts davon, schon einmal abgestempelt worden zu sein - aber wer sagt einem das auch schon direkt? - "Hey! Der und der haben dich heute als so und so abgestempelt!"? Nein, so etwas habe ich tatsächlich noch nicht gehört und denke, es ist auch gut so. Natürlich merkt man, wenn über einen geredet wird, aber man sollte da auch einfach drüber stehen. Das ist wohl einfacher gesagt, als getan, aber ich kam bisher noch nicht in solch eine Position, um das genau beurteilen zu können.

Den meisten Menschen passiert das wohl hin und wieder einmal. Ich persönlich bin, was Menschen angeht, eher recht wählerisch. Nur wenige Leute schaffen es, mich über eine längere Zeit hinweg nicht zu nerven, und diese bezeichne ich dann auch wirklich als meine engen Freunde. Bei ihnen gibt es auch nichts, was ich direkt abstempeln würde, da ich sie gut genug kenne, um zu wissen, dass sie eine Chance verdienen.

Bei Leuten, die ich neu kennenlerne, muss ich leider zugeben, dass ich sehr auf den ersten oder zweiten Eindruck fixiert bin. Wenn dieser nicht zu positiv ist, oder ich schlechte Erfahrungen mit der Person gemacht habe, dann bin ich auch in Zukunft nicht mehr so großzügig mit zweiten Chancen und Erklärungen. Es gibt natürlich auch welche, die mir das Gegenteil bewiesen habe, aber ich kann es leider nicht so einfach abstellen, auch wenn ich natürlich nicht unfair sein möchte.

Grundsätzlich bin ich zu jedem nett, der auch nett zu mir ist. Falls ich ihn dann innerlich abgestempelt habe, weil ich wegen irgendetwas einen schlechten Eindruck bekommen habe, zeige ich es meistens nicht. Nur weil ich von einer Person nicht viel halte, heißt das ja nicht, dass ich sie schlecht behandle.

Ich habe schon öfter Menschen "abgestempelt", wie du es nennst. Zwar bin ich auch bemüht, meine Mitmenschen erst einmal kennen zu lernen und ihnen auch eine zweite Chance zu geben, wenn es zu Unstimmigkeiten kommt oder wir uns einfach nicht sympatisch sind, aber manchmal trifft der erste, negative Eindruck ganz einfach zu.

Es wäre schön, wenn sich jede arrogante oder strohdumme Person als eigentlich doch ganz nett und ansprechbar herausstellt, wenn man sich nur lange genug mit ihnen abgibt, aber meiner Erfahrung nach ist es manchmal durchaus gerechtfertigt, jemanden als schwierigen oder unsympathischen Menschen "abzustempeln" und ihn oder sie entsprechend zu behandeln. Eine Verwandte von hat beispielsweise mein Vertrauen oft genug enttäuscht, dass ich sie nur noch mit distanzierter Höflichkeit behandle und garantiert keine Privatsachen mehr mit ihr bespreche. Wenn das bedeutet, dass ich sie abgestempelt habe, dann ist es eben so. Handlungen haben irgendwann Konsequenzen.

Ich bin mir ebenfalls ziemlich sicher, dass man mich in meinem Leben schon öfter als hoffnungslose Besserwisserin oder Spießerin eingeordnet hat, ohne sich die Mühe zu machen, herauszufinden, ob unter meiner Strickjacke nicht doch das Herz einer wilden Rebellin schlägt. Aber das macht mir nicht besonders viel aus, da ein gewisses Maß an Vorurteilen eben auch das Zusammenleben vereinfacht und ich selber halte es ja auch nicht anders.

Abstempeln funktioniert in zwei Richtungen. Jemand erinnert einen an einen Freund aus der Vergangenheit, und so schenkt man diesem automatisch mehr Vertrauen als üblich.