Ist Betriebsarzt der lockerste Job unter den Arztberufen?
Ich habe einmal für einige Jahre bei einer mittelgroßen Versicherungsgesellschaft gearbeitet, bei der auch ein Betriebsarzt angestellt war. Dort konnte man beispielsweise hingehen und sich ausruhen, wenn es einem schlecht ging. Außerdem wurden wir in regelmäßigen Abständen dorthin geschickt, um unsere Augen und unser Gehör testen zu lassen. Auch mussten die neuen Mitarbeiter dort eine Einstellungsuntersuchung machen. Ich habe mir immer gedacht, dass das doch ein lockerer Job sei. Es kamen ja keine wirklich schweren Fälle, meistens waren es nur Vorsorgeuntersuchungen, die stattfanden.
Ich stelle mir vor, dass Betriebsarzt der lockerste Job unter den Arztberufen ist. Die Arbeitszeit ist geregelt und die Fälle sind eher leichterer Natur. Habt ihr auch einen Betriebsarzt? Ist der auch die ganze Zeit über da? Habt ihr das Gefühl, dass er einen ruhigen Job hat?
Als Allgemeinmediziner hat man jede Menge zu tun. Die Tochter eines Freundes, meines Vaters, ist meine Hausärztin, und die hat zusammen mit ihrem Mann täglich 2 mal 2 1/2 Stunden Sprechstunde, aber das reicht um die Praxis so dermaßen vollzurappeln das die beiden täglich locker 12 Stunden beschäftigt sind. In den besten Tagen habe ich dort im Erdgeschoss angestanden, um mich an der Info anzumelden, die Praxis ist im zweiten Stock. Dazu kommen noch Hausbesuche, und Belegbetten im Krankenhaus. Also schon mal garnicht relaxed.
In der Klinik kennt man das ja, 48 Stunden Standby Schicht ist keine Seltenheit, die Bezahlung ist meistens nicht sonderlich rosig, und dann noch die Verantwortung von täglichen Operationen, teilweise mit langen schlaflosen Zeiten. Ich glaube das ist auch kein Spaß.
Da kommt einem der Job als Betriebsarzt doch total einfach vor, geregelte Arbeitszeiten, geregeltes Einkommen, und begrenzte Patientenzahl. Aber weit gefehlt. Als Betriebsarzt kümmert man sich natürlich um die Angestellten eines Betriebes, und die machen in der Regel genau das was man sagt. Das große Problem an der ganzen Sache ist, so kann ich mir vorstellen, die Gratwanderung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu nehmen. Man wird sicherlich unter Druck stehen, nicht andauernd irgendwen krank zu schreiben. früher oder später wird man sicherlich auch unangenehme Fragen beantworten müssen. Dann muss man aufpassen was man, wie, wem sagt. Ich denke das Betriebe und Personalabteilungen schon versuchen Einfluss zu nehmen, und Infos zu bekommen, die ihnen nicht zustehen.
Man muss versuchen den Patienten zu helfen, ohne dabei die Belange des Betriebes zu vernachlässigen. Hierbei sind ja schnelle Krankschreibungen genauso ungern gesehen, wie Mitarbeiter die trotz Krankheit weitermachen, und dann langfristig ausfallen. Ich glaube als "normaler" Mediziner muss man nicht so schnell mit den folgen einer Krankschreibung leben, wie ein Betriebsarzt. Ich glaube nicht das der Job so dermaßen einfach ist, er hat seine vorteile, aber eben auch Nachteile, eine Fehlentscheidung, ein Mitarbeiter fällt längerfristig aus, und man kann ganz schön Druck bekommen.
Das große Problem an der ganzen Sache ist, so kann ich mir vorstellen, die Gratwanderung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu nehmen. Man wird sicherlich unter Druck stehen, nicht andauernd irgendwen krank zu schreiben. früher oder später wird man sicherlich auch unangenehme Fragen beantworten müssen.
Ein Betriebsarzt ist nicht unbedingt dafür da, Mitarbeiter bei einer akuten Krankheit krankzuschreiben. Dafür gibt es immer noch den Hausarzt. In manchen Firmen wird der Betriebsarzt möglicherweise auch die Funktion des Hausarztes übernehmen, aber das wird wohl eher die Ausnahme sein.
Der Betriebsarzt ist eher dafür zuständig, den Arbeitschutz unter medizinischen Gesichtspunkten sicherzustellen. Das bedeutet, dass er bei Tätigkeiten, die die Gefahr einer Verschlechterung der Gesundheit mit sich bringen, Vorsorgeuntersuchungen durchführt. Bei Mitarbeitern auf Büroarbeitsplätzen können also Untersuchungen der Augen und des Rückens durchgeführt werden. Darüber hinaus führt er zum Beispiel Schutzimpfungen vor Dienstreisen durch und ist natürlich auch bei Arbeitsunfällen und sonstigen Notfällen im Einsatz.
Auch wenn ein Betriebsarzt Angestellter ist, verfügt er doch über eine fachliche Souveränität und vor allem über die ärztliche Schweigepflicht. Der Arbeitgeber darf ihm da gar nicht reinreden.
Ich kann mir schon vorstellen, dass der Job als Betriebsarzt eher locker ist. Die Arbeitszeiten sind sicherlich besser geregelt als bei einem Krankhausarzt oder einem selbstständigen Arzt. Dafür dürfte er immer noch deutlich weniger verdienen als mit einer eigenen Praxis. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass die Arbeit eher eintönig ist, weil man ja doch die meiste Zeit die gleichen Vorsorgeuntersuchungen durchführt und medizinisch eher anspruchslose Arbeiten durchführt. Wobei es natürlich sein kann, dass es einem Hausarzt ähnlich geht, der wohl die meiste Zeit damit beschäftigt ist, erkältete Menschen krankzuschreiben.[/code]
Wir müssen auch mindestens einmal jährlich zum Betriebsarzt. Da gehen aber wirklich viele Mitarbeiter hin und der Warteraum ist auch immer voll. Ich glaube also nicht, dass das so ein lockerer Job ist. Allerdings sind die beiden Ärzte die da arbeiten schon im Rentenalter und machen das eben zur Rente dazu. Ich glaube, da hat jeder eine halbe Stelle und die Öffnungszeiten sind auch nur halbtags, sodass sich das gut vereinbaren lässt. Das erklärt sicherlich auch, warum es da immer so voll ist.
Machen tut die nicht viel. Das übliche: Abhören, Wirbelsäulenkontrolle usw. Aber das eben viele Male am Tag. Dafür, dass die Ärzte schon älter sind und das in ihrer -eigentlich- Freizeit machen, finde ich das schon toll. Da kann man schon den Hut vor ziehen. Aber in der Notaufnahme zu arbeiten ist zum Beispiel sicherlich um ein Vielfaches anstrengender. Das ist ein Fakt. Und selbst auf einer normalen Station dürfte es anstrengender sein, weil da eben kranke Menschen sind und zum Betriebsarzt gehen auch gesunde Menschen.
Ich war kürzlich bei einem Allgemeinmediziner, der auch Betriebsmedizin betreibt. In welchem Bereich ging aus dem Schild und dem Wartezimmer nicht hervor. Aber es wurde zum Beispiel bei der Blutabnahme zwischen Allgemein- und Betriebsmedizin unterschieden. Dadurch dass beides vereint war, sah ich keinen "Vorteil" darin, im Vergleich zu einer reinen Hausarztpraxis.
Bei größeren Firmen kenne ich aber auch nicht so, dass der Betriebsarzt für reguläre Krankschreibungen zuständig ist. Vielmehr macht er verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen, führt Tauglichkeitsuntersuchung für bestimmte Berufsgruppen und dient als erster Ansprechpartner in Notfällen.
Wenn ein Betriebsarzt nur wenige Stunden arbeitet, wird er vermutlich auch nur Teilzeit angestellt sein. Und dann wüsste ich nicht, was seinen Job von einer Teilzeittätigkeit anderswo unterscheidet. Und ansonsten kann genauso gut kurzfristig ein Notfall reinkommen, wie bei Hausarztpraxis. Und darunter gibt es durchaus auch einige die pünktlich nach Stechuhr Feierabend machen.
Ein Betriebsarzt ist auch nur ein normaler Arzt der als Facharztausbildung eben den Facharzt für Arbeitsmedizin gewählt hat. Ich habe sehr oft mit Betriebsärzten zu tun und darunter ist kaum jemand der ausschließlich davon leben kann. Fast alle haben noch eine normale Praxis oder ein paar Privatpatienten die dann das Geld bringen. Ich glaube die Stundensätze liegen so um die 120 Euro. Nicht viel wenn man bedenkt dass davon auch die Schwestern und die Praxis bezahlt werden müssen.
Ich denke aber auch dass ein Betriebsarzt es einfacher hat als der normale niedergelassene Arzt, vielleicht vom Aufwand noch vergleichbar mit einem Kurarzt der nun auch nicht ständig so die kniffligen Fälle bearbeiten muss. Fakt ist aber dass es sich um ein völlig anderes Tätigkeitsfeld handelt. Reihenuntersuchungen gibt es ja für alles Mögliche, angefangen vom Lärm über die Höhentauglichkeit bis zur Nachtarbeit. So ein Facharzt muss sich ständig auf seinem Gebiet weiterbilden, aber das müssen eigentlich auch alle anderen wenn sie gut in ihrem Metier sein wollen. Ich denke aber auch dass die eigentlich nichtärztlichen Tätigkeiten einen großen zeitlichen Rahmen in Anspruch nehmen. Das sind dann zum Beispiel die Fahrzeiten zu den Betrieben die weit verstreut liegen, die Teilnahme an den Arbeitsschutzausschüssen und die regelmäßigen Betriebsbegehungen. Alles muss ordentlich dokumentiert und die Firmeninhaber müssen auch vom Sinn ihrer Tätigkeit überzeugt werden. Das kostet alles Zeit.
Dazu kommt aber auch dass unangenehme Entscheidungen gefällt werden müssen. Nicht jeder Arbeitnehmer ist für jede Tätigkeit tauglich und das muss auch demjenigen und dem Arbeitgeber so mitgeteilt werden. Einen zukünftigen Tierpflegerlehrling mit Affinität zu Allergien ist in diesem Beruf nicht ausbildbar und bei sich bildender Schwerhörigkeit muss der Arbeitspatz prophylaktisch gewechselt werden. Nicht jeder hat dafür Verständnis weil es ja auch mit finanziellen Verlusten einhergeht. Die Entscheidungen müssen also alle Wasserdicht sein.
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