Körperliche und geistige Reife einen Hund zu führen
Wie würdet ihr diese Aussage in der Überschrift deuten? Ich setze mich im Moment damit auseinander. Zum einen bin ich drauf gestoßen wegen einem Thread, ab wann Kinder ausgehen dürfen mit dem Hund und dann ist meine Denkung weiter gegangen zu den älteren Mitbürgern. Ich selber verstehe darunter, dass ich in der Lage bin, Herr über meinen Hund zu werden, dass ich in der Lage bin, den Hund zu halten, auch wenn ein anderer Hund kommt. Dass ich es mit ansehen kann, falls mein Hund angefallen wird oder gebissen wird. Dass ich dann helfen kann, eventuell zumindest einen Tierarzt aufsuchen kann oder anrufen kann. Dass ich eingreifen kann, wenn mein Hund bellt oder knurrt.
Demnach komme ich zu dem Entschluss, dass wenn ich nun Kinder sehe zum Beispiel acht und elf Jahre alt, die einen sehr kleinen Hund ausführen, jedoch der Hund bellt und knurrt, die Kinder sich nicht trauen, an den Hund ran zu gehen, geschweige denn hochheben - solange kein anderer Hund in der Nähe ist, dass diese nicht die Reife besitzen mit diesem Hund Gassi zu gehen.
Ebenfalls, wenn eine sehr alte Dame oder Herr einen Hund mit 30 Kilo und mehr zum Gassi ausführen, da sie ihn zum Beispiel zur Pflege haben oder die Kinder im Urlaub sind. Bin ich auch der Meinung, dass diese den Hund nicht mehr halten können und demnach auch nicht die so genannte Reife besitzen.
Mich würde nun mal interessieren wie ihr das so seht? Bin ich da zu engstirnig? Muss gestehen bin im Moment etwas angespannt.
Du bist nicht engstirnig, ich bin ganz ähnlicher Meinung. Es muss gesichert sein, das derjenige der einen Hund ausführt jederzeit Herr der Lage ist. Das bedeutet zum Beispiel das jemand der mit einem 55 Kilo Rottweiler unterwegs ist, selbst schon einmal locker 80-100 Kilo auf die Waage bringen sollte damit man einem ausrastenden Hund auch was entgegenzusetzen hat. Ich selbst bin mal mit einem Jack Russell Gassi gegangen, den ich nur an der Kette, und nur mit Würgehalsband (Stachel innen) ausgeführt habe. Gut bevor ich jetzt geschlagen werde, verbal, oder physisch, der Rocky, wie der niedliche kleine Jack Russell Mischling hieß, war gemischt mit einem Kangal. Sprich die Kraft eines 70 Kilo Rüden einer türkischen Hütehunderasse, die auch Berglöwen töten kann, gepaart mit dem Dickschädel einer Jagdhunderasse.
OK ich will gar nicht wissen wie diese Mischung entstanden ist, aber man stelle ich vor man hat einen Kampfkoloss mit 70 Kilo, fast pure Muskelmasse, mit dem durchgeknallten Kopf eines Jack Russels, der kaum Ruhe finden kann, und immer versucht seinen Kopf durchzusetzen. Einen kleinen Jack Russel zu bändigen ist ja kein Thema, das ganze wird bei 70 Kilo schon was schwieriger, wenn der nette süße Rocky versucht einem Müllwagen den Reifen von der Felge zu reißen, oder versucht einen Fahrradfahrer zu bestrafen weil er ihn erschreckt hat. Das arme Tier war total bekloppt, extrem stark, schmerzfrei (Stachelwürger auf Anschlag), und absolut unbelehrbar, gehört hat der Hund gar nicht.
Wenn Rocky gute Laune hatte konnte man ihn Probleme auch mit einem kleinen Kind rausschicken, der wäre mitgegangen, und hätte keine Probleme gemacht, aber wenn Rocky seine 5 Minuten bekommen hat war er kaum zu bändigen. Wer die Rasse Kangal kennt, weiß auch was die für einen riesigen Kopf haben, wenn die zubeißen dann ist es erstmal vorbei. Das Frauchen von Rocky hatte vielleicht 50 Kilo, der Hund also schon mehr Gewicht. Ich musste einmal mit ansehen wie Rocky die durch die Straßen gezogen hat. Das konnte er mit mir (145 Kilo) natürlich nicht machen, Ende der Leine, war auch Ende von Rocky´s Bewegungsfreiheit, das hat er schnell gelernt, auch wenn er nicht wirklich gebändigt war.
Es ist also durchaus zu überlegen wen man, und vor allem wie, man jemanden mit einem Hund raus schickt. Kinder sind zwar ganz nett, wenn man sie mit kleinen Hunden rausschicken kann, aber man sollte doch schon sehr überlegen was man tut, und die Kinder auch entsprechend darauf vorbereiten was zu tun ist wenn der Hund mal durchdreht. Kinder sind halt keine Verhaltensexperten, und übersehen potentiell gefährliche Situationen fast immer.
Genauso verhält es sich mit älteren Menschen. Ich würde niemals eine, zum Beispiel 75 jährige, schlanke Frau, mit einem jungen Jack Russel los schicken, das wäre unverantwortlich. Der Hund zieht einmal ruckartig an der Leine, und schon ist der Hund weg, und die Frau liegt auf der Straße, bestenfalls mit großen Schmerzen, im schlimmsten Fall mit einem verletzten Kind, dem der Hund den Hot-Dog aus der Hand gebissen hat, einer gebrochenen Hüfte und einem halben Herzinfarkt. Also nachdenken sollte man immer ziemlich genau.
Ich habe einen kleinen Hund und bin doch froh darüber, da er gerne mal Theater macht, wenn er an der Leine ist und wir an anderen Leuten vorbei gehen müssen. Wäre es ein großer Hund, dann hätte ich wirklich Probleme ihn zu halten. Ich bin selbst klein und habe dann nicht so viel Kraft. Ein großer Hund würde mich wohl ohne Probleme hinter sich herziehen. Man muss ja selbst bei dem liebsten Tier damit rechnen, dass auch er einmal böse werden könnte.
Daher würde ich sagen, dass man immer dran denken muss, ob man dem Hund eben auch gewachsen ist, wenn sich dieser in die Leine wirft und Theater macht. Bei Kindern wäre ich da auch vorsichtig und würde ihnen den Hund erst ab einem gewissen Alter zum Gassi gehen, mitgeben.
Ich selbst besitze zwar keinen Hund, finde aber, dass mit der Anschaffung eines Haustieres egal welcher Art eine Verantwortung einhergeht. Man muss in der Lage sein, sich angemessen um das Haustier zu kümmern. Das schließt eben nicht nur einen bewussten Umgang mit dem Tier, anständige Pflege, Ernährung und Haltung mit ein, sondern auch die generelle Befähigung dazu, seine Sicherheit und die der umgebenden Menschen nicht zu gefährden.
Ich finde es unverantwortlich, einem kleinen Kind einen großen Hund an die Leine zu geben, denn man kann ihn zwar noch so sehr den Umgang mit dem Tier beibringen, man ändert aber nicht die physiologischen Gegebenheiten. Ein 30 kg wiegendes Kind wird niemals einen 50 Kilo Rüden halten können. Das ist sowohl für das Kind als auch für den Hund sehr gefährlich. Der Hund könnte das Kind verletzen, und das natürlich auch völlig ohne bösen Willen. Wenn ein Jagdhund nun mal einen Hasen sieht, wird er versuchen, ihn zu verfolgen. Das Kind wird womöglich aus Reflex versuchen, ihn zu halten.
Ich finde also, dass dort zweifelt schon angemessen ist. Natürlich kann man einer achtzigjährigen Frau ihren neun Jahre alten Dackel nicht verwehren. Ich denke, das ist eine Entscheidung, die man individuell treffen muss. Kinder müssen einfach in die Situation hineinwachsen. Das geht nicht von heute auf morgen.
Gleichzeitig finde ich auch, dass mit dem beschriebenen Titel auch impliziert wird, dass geistige Einschränkungen sich auch auf das Halten von Tieren auswirken. Kampfhunde hätten keinen so schlechten Ruf, wenn ihre Besitzer teilweise ein größeres Verantwortungsbewusstsein besäßen.
Ich erlebe es immer wieder, dass Leute mit Hunden durch die Gegend laufen, wo ich schon einen Bogen drum mache, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass sie ihren Hund halten können, wenn er zieht.
Ich selber halte mich für durchaus kräftig. Ich wiege nicht wenig und habe recht lange Kraftsport gemacht, so dass ich durchaus eine Menge Kraft in den Armen habe. Dennoch, ich käme nicht auf die Idee, mit einem jungen Rottweiler oder Ähnlichem spazieren zu gehen. Mit meinen knappen 1,55 m wäre ich in meinen Augen rein von der Größe schon nicht in der Lage, diesen Hund sicher zu führen, wenn er mal wirklich durchgeht. Diese Tiere haben einfach eine wahnsinnige Kraft und es bringt rein gar nichts, wenn ich ihn zwar rein kräftemäßig halten könnte, er sich aber nur mal aufbäumen braucht um größer zu sein als ich.
Vom Tierheim aus bin ich momentan immer mit einem Bobtail unterwegs, der knappe 50 cm Schulterhöhe hat. Auch das fände ich für mich schon grenzwertig, wäre er nicht schon recht alt, seiner Umwelt gegenüber völlig ignorant und so ziemlich der gemütlichste und entspannteste Hund, den ich je getroffen habe. Soll heißen, dass ich nicht der Meinung bin, dass man grundsätzlich nur vom Vergleich der Körpergrößen ausgehen sollte. Zum verantwortungsvollen Führen eines Hundes gehört in meinen Augen nämlich in aller erster Linie die geistige Reife, sich und das Tier so gut einschätzen zu können, dass man damit gut umgehen kann.
Ich war einmal wegen Personalmangel mit einem Stafford unterwegs. Der war zwar auch schon recht alt, hatte aber wirklich Kraft und ich merkte schnell, dass es mir nicht leicht fallen würde, wenn er mit voller Kraft loslegen würde. Und genau das tat er generell, wenn er anderen Hunden über den Weg lief. Meine Lösung des Problems war es entsprechend, mit ihm auf abgelegenen Feldwegen in der Nähe des Waldes zu laufen und die Augen offen zu halten, so dass wir immer, wenn ein anderer Hund in die Nähe kam, einen kurzen Ausflug in den Wald machten. Alles andere wäre schlicht verantwortungslos gewesen.
Zur geistigen Reife zähle ich im Übrigen auch den Respekt vor den Mitmenschen. Ich erlebe immer wieder, dass die Leute ihre Hunde an der langen Leine haben und die Hunde auf die Passanten zugehen lassen. Das finde ich nicht okay. Selbst wenn der Hund absolut lieb und harmlos ist, sollte der Hundeführer sich darüber im Klaren sein, dass der Passant das nicht weiß und vielleicht auch gar nicht wissen will. Wenn jemand entgegenkommt, dann hat der Hund bei seinem Führer bei Fuß zu laufen und Abstand zum Passanten zu halten. Da gibt es für mich gar keine Diskussion.
Ergo finde ich, dass die geistige Reife wesentlich wichtiger ist, um einen Hund zu führen. Denn durch diese kann man durchaus kleine Mängel in der körperlichen Reife ausbügeln und möglichen Gefahren aus dem Weg gehen.
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