Rüge, wegen Missachtung der Genderregeln gerechtfertigt?

vom 08.03.2013, 07:38 Uhr

Eine meiner Kolleginnen bekam neulich eine Rüge, weil sie statt Dr:in, nur Dr. auf das Kuvert eines Briefs an einer Vorgesetzte geschrieben hatte. Es wurde ihr gesagt, sie sollte sich gefälligst an die neuen Weisungen halten und nicht ihr eigenes Ding machen. Wenn das nochmals vorkäme, würde das Konsequenzen für sie haben. Nochdazu haben sie im Text nicht MitgliederInnen, sondern nur Mitglieder geschrieben. Ich fand das echt schlimm, weil man an so etwas als gestandene Arbeitskraft gar nicht gewöhnt ist.

Findet Ihr diese Rüge als gerechtfertigt oder war das übertrieben? Würdet Ihr Euch aus verletzt fühlen, wenn Ihr einen Brief bekämt, wo noch die typisch männlichen Abkürzungen vorhanden sind oder findet ihr das alles nur lächerlich? Was hält Ihr davon, dass man an alle Substantive –In oder –Innen anhängen muss, um die Geschlechtergleichstellungen nicht zu verletzen?

» celles » Beiträge: 8677 » Talkpoints: 4,08 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Ich weiß nicht, ob es in den von dir angerissenen Fall um Gefühle geht. Du schreibst da etwas von einer neuen Weisung, an die man sich zu halten habe. Offensichtlich gibt es bei euch in der Firma irgendwie eine verbindliche Anordnung, wie schriftlich kommuniziert werden soll. So blöd das klingt: Wenn es eben solche Vorschriften gibt, ist es für den einzelnen Mitarbeiter wenig sinnvoll das in Frage zu stellen. Vermutlich gibt es diese Dienstanweisung deshalb, weil sich bei euch in der Firma jemand beleidigt oder verletzt fühlt, wenn ausschließlich die männliche Form verwendet wird. Was wir hier dazu denken, hat damit ja herzlich wenig zu tun.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Die Weisung oder Vorgabe gilt für alle hier, egal wo. Ob die dann vom Vorgesetzten so streng gehandhabt wird, oder nicht ist auch seine Angelegenheit. Das Problem ist, dass Frau A sicher auch im Alltag nicht, Frau Dokterin Müller sagt. Ich war gestern beim Arzt und habe auch Frau Doktor gesagt, allein weil das -in hinten eine totale Vergewaltigung der deutschen Sprache ist. Oder hast du schon einmal gehört oder gelesen, dass fünf Opferinnen bei einem Unfall verletzt wurden? Man weiß schon gar nicht mehr, wo und wie das ge-gendert werden soll oder nicht?

» celles » Beiträge: 8677 » Talkpoints: 4,08 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Wenn ich dich richtig verstehe, geht es hier nicht um die Anrede, sondern um die Missachtung einer Anweisung. Wenn die Firma diese Regelung einführt, dann muss man sich daran halten, ob man das für sinnvoll erachtet oder nicht. In dem Fall ist die Rüge gerechtfertigt. Ob sie angemessen ist, ist wieder eine andere Frage. Wenn die Gepflogenheit neu ist, sollte man den Mitarbeitern eine gewisse Eingewöhnungszeit zugestehen.

In unserer Firma mussten wir beispielsweise unsere E-Mails immer mit einer ewig langen Signatur beenden und diese auch immer aktuell halten, wenn beispielsweise die Aufsichtsräte gewechselt haben. Selbst wenn die E-Mail nur intern war, wurde das erwartet. Außerdem mussten wir uns am Telefon immer mit einem bestimmten Spruch melden, auch wenn man an der Nummer sah, dass es nur der Zimmerkollege von der IT war, der gerade im Rechenzentrum zu tun hatte.

Auf solche Formalitäten wird in manchen Firmen viel Wert gelegt, denn es könnte ja ein Kunde mithören oder mitlesen. Abgesehen davon finde ich Doktorin oder MitgliederIn blöd, um es drastisch auszudrücken.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Wenn es diese Anweisung gibt, dann muss man sich natürlich auch als Angestellter daran halten. Ich finde es aber schon übertrieben, dass es gleich eine Rüge gibt, wenn mal jemand diese neuen Schreibweisen nicht beachtet. Jahre lang hat man immer nur die männliche Form verwendet, es ist einfach so in den Köpfen der Leute drin. Und deswegen ist es doch ganz nachvollziehbar, wenn jemand in der Anfangsphase noch häufiger wieder in die alten Schreibmuster zurück fällt, denn man muss sich erst einmal wieder neu an die aktuellen Schreibregeln gewöhnen.

Persönlich würde ich mich eher in meinem Gefühlen verletzt fühlen, wenn mich jemand mit Frau Doktorin anschreiben würde und ich finde es immer wieder absolut lächerlich, wenn man sich einen Brief durchliest, in dem dann dieses Kauderwelsch ala "Mitglieder_innen" und so weiter und so fort drin steht. Es stört einfach den Lesefluss und außerdem verstehe ich den Sinn nicht. Das ist ja keine Gleichstellung mehr, wenn wir in jeder möglichen Situation auf eine strikte Trennung des männlichen und des weiblichen Geschlechts bestehen. Oder sehe nur ich das so verquer?

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» olisykes91 » Beiträge: 5370 » Talkpoints: 24,75 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Zunächst einmal kann ich den zwangsweise femininisierten Wörtern nicht so viel abgewinnen. Allerdings sehe ich ein, dass diese als Beitrag zur Gleichstellung zunächst einmal notwendig sein können. Ideal wäre es wohl, wenn es weder ausdrücklich eine männliche noch eine weibliche Form geben würde, aber davon sind wir meilenweit entfernt. Ich kann verstehen, wenn man solche gegenderten Begriffe dennoch nicht gerne verwendet oder sich nicht umgewöhnen möchte.

Das wirkliche Problem in dem geschilderten Fall liegt aber woanders. Scheinbar gab es eine konkrete Anweisung, die von den Mitarbeitern beachtet werden soll. Wenn jemand für die Korrespondenz einer Firma zuständig ist, repräsentiert er damit auch das Unternehmen. Da wäre es dann schon sinnvoll, wenn die Briefe dem Bild entsprechen würden, das das Unternehmen nach außen hin von sich präsentieren möchten. Aus diesem Blickwinkel habe ich durchaus Verständnis für die Rüge. Mich interessiert dabei, wie lange es diese Anweisung schon gibt.

Mir persönlich ist es nicht so wichtig, dass man explizit einen Mann oder eine Frau anspricht. Ich mag es eigentlich auch nicht, wenn man Substantiven, die man sonst nur in der männlichen Form kannte, plötzlich eine weibliche Endung anhängt. Die Intention dahinter ist verständlich und vielleicht ist es auch notwendig, solche sperrigen Begriffe zu verwenden, um zur Gleichstellung beizutragen. Ich für mich persönlich empfinde das nicht als notwendig, was aber vielleicht daran liegt, dass die Gleichstellung für mich einfach etwas Normales ist. Ich weiß, dass sie das für viele nicht ist und die brauchen dann vielleicht diese sprachliche Feinheit.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


An Regeln am Arbeitsplatz sollte man sich schon halten, egal wie übertrieben oder unnötig man diese findet. Die Firma, bei der man angestellt ist, hat da nun mal das sagen. Einer Angestellten nun gleich mit Konsequenzen zu drohen, finde ich schon ein wenig übertrieben. Sie wird das ja sicher nur vergessen und nicht beabsichtigt haben, ihre Vorgesetze damit zu beleidigen. Gerade, wenn diese Regel in der Firma noch sehr neu ist, sollte man den Mitarbeitern doch ein wenig Zeit geben, sich daran zu gewöhnen. Man hat es eben jahre- bis jahrzehntelang anders gemacht und so automatisierte Dinge ändert man nicht einfach von heute auf morgen.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



In meiner Arbeit habe ich ebenfalls die Anweisung, Titel und Co in gegenderter Form zu verfassen. Ich persönlich halte nicht viel davon. Mich nervt es genauso, dass man eben das "a" bei Magistra und so weiter hochstellen muss. Aber es ist nun eben so üblich und man muss sich dann eben auch an die Richtlinien halten, auch wenn man es selber nicht für notwendig oder gar für unsinnig hält.

Ich würde in meiner Arbeitsstelle ebenfalls einen Rüffel bekommen, wenn ich das vor allem öfters nicht machen würde. Noch schwieriger finde ich dann ja sogar, dass ich auch in mündlicher Form die gegenderte Variante verwenden muss. Ich halte diverse Kurse für Erwachsene und genau genommen muss ich da auch zum Beispiel immer "Liebe Teilnehmer und Teilnehmerinnen" sagen. Sehr mühsam und gewöhnungsbedürftig, aber so ist nun einmal die Vorschrift. Am Ende vom Kurs gibt es einen Feedback-Fragebogen für die Kursteilnehmer und da gibt es sogar einen eigenen Punkt, wo bewertet wird, wie sehr der Kursleiter / die Kursleiterin auf Gender achtgegeben hat.

Nun und in deinem Fall ist es eben genauso. Das ist in etwa so, als wenn der Vorgesetzte dem Angestellten sagt, dass er / sie ein bestimmtes Briefpapier für eine Aussendung verwenden soll und der Angestellter das dann aber nicht für notwendig hält, aus welchen Gründen auch immer, und dann doch ein anderes Papier nimmt. Da würde derjenige / diejenige dann wohl ebenfalls einen Rüffel bekommen.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich stimme auch zu, dass wenn es allgemeine Regeln gibt, diese eingehalten werden sollten. Aber wenn das auch ganz neue Anweisungen sind, ist es eigentlich verständlich, dass man diese nicht sofort ausführt beziehungsweise daran denkt. Eine Rüge finde ich in diesem Fall ehrlich gesagt ziemlich übertrieben. Man hätte diese Kollegin auch nett darauf hinweisen können, dass sie einen Fehler machte, aber nicht gleich damit mahnen, dass beim nächsten Mal größere Konsequenzen folgen könnten.

Ich persönlich muss sagen, dass mich diese "Gender"-Schreibweise ziemlich nervt. Ich finde es störend, wenn ich einen Fließtext lesen möchte und dann zwischendurch beispielweise MitarbeiterInnen steht. Das sieht doch auch überhaupt nicht schön aus. In anderen Sprachen (zum Beispiel in der französischen Sprache) werden Männer und Frauen ja auch zusammenfassend als Männer geschrieben/gesprochen und da gibt es ja wohl auch keine Probleme.

» cupcake03 » Beiträge: 1152 » Talkpoints: 29,50 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich finde auch, dass eine Rüge hier zu viel war. Sicher kann man es ansprechen, wenn es eben die Regel ist, nach der geschrieben werden soll und es einen stört, wenn es nicht so erfolgt. Vor allem, wenn von neuen Weisungen die Rede ist, finde ich es schon wichtig, dass man den Mitarbeitern erst mal eine Eingewöhnungszeit gibt und nicht gleich mit ernsthaften Konsequenzen droht. Es ist klar, dass man sich an die Vorgaben halten muss, wenn diese eben von der Firma so vorgeschrieben werden.

Aber man muss doch dabei auch umdenken und es dauert eben seine Zeit, bis man das dann auch in den Schreiben so umsetzt. Ich würde mich auch nicht verletzt fühlen, wenn nicht von MitgliederInnen, sondern nur von Mitgliedern die Rede ist. Ich finde es ehrlich gesagt schon übertrieben, wenn die Frauen immer quasi extra angesprochen werden möchten. Ich fühle mich auch dann angesprochen, wenn einfach von Mitgliedern die Rede ist, wenn ich Mitglied in einem Verein bin.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


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