Aus eigenem Antrieb beim Jobcenter vorsprechen - Wer tut es?

vom 28.02.2013, 14:52 Uhr

Mein Nachbar ist arbeitslos und ich kann ihn nicht verstehen. Er geht nur ins Jobcenter, wenn das Jobcenter ihm schreibt, dass er vorbei kommen soll. Ich glaube, wenn ich arbeitslos wäre, würde ich dort öfters vorsprechen, weil ich aus dieser Misere ja raus will.

Lohnt es sich denn wirklich nicht, dass man aus eigenem Antrieb beim Jobcenter vorspricht? Mein Nachbar meint, dass die da sowieso nichts für ihn haben und es reicht, wenn man so oft hin geht, wie das Jobcenter es verlangt und nicht öfters. Wie handhabt ihr es, wenn ihr arbeitslos seid? Sprecht ihr aus eigenem Antrieb dort vor oder denkt ihr, dass so was nicht nötig ist?

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» Ampelmännchen » Beiträge: 1310 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich war Gott sei Dank noch nie arbeitslos, denke aber nicht, dass es Sinn macht, dort aus eigenem Antrieb vorzusprechen. Ich dachte immer, dass das Arbeitsamt sich meldet, wenn es etwas hat. Wenn nicht, wird erwartet, dass der Arbeitslose sich selber um Jobs bemüht. Ich glaube, dass es sinnvoller ist, die Energie in das Stöbern im Internet und das Lesen von Stellenanzeigen in der Zeitung zu investieren, als sich ins Arbeitsamt zu begeben und dort die Sachbearbeiter zu nerven.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Es bringt gar nichts, öfter zum Arbeitsamt zu gehen. Die haben dort auch keine Stellen. Am Besten ist es, sich selber etwas zu suchen. Ich persönlich kenne auch niemanden, der seinen Job mit Hilfe vom Amt bekommen hat, sondern es waren immer Beziehungen und Eigenantrieb.

» Maxxe » Beiträge: 6 » Talkpoints: 1,19 »



Sofern man arbeitslos geworden ist, so muss man in der Regel von sich aus sich dorthin begeben und seinen Sachverhalt mitteilen. Meist wird einem dann Hilfe vorgeschlagen und ein Termin vereinbart. Bei diesem wird die Lage des Betroffenen noch einmal erörtert und bereits im System nach passenden Stellenangeboten Ausschau gehalten, diese werden einem dann auch sofort mitgegeben und weitere folgen auf dem Postweg.

Selbstverständlich reicht dies alleine nicht aus, wenn man zeitnah wieder eine Tätigkeit anfangen möchte und deswegen gehört meines Erachtens auch viel Eigeninitiative dazu. Da ich leider schon einige Male kurzfristig arbeitslos war, und danach bestrebt schnellstmöglich wieder Arbeit zu finden, verließ ich mich nicht gänzlich auf das Jobcenter, sondern bemühte auch regelmäßig selbst um die Stellensuche. Wie die Angelegenheit bei Langzeitarbeitslosen aussieht, kann ich jedoch nicht aus eigener Erfahrung sagen. Vermutlich bringt häufigeres Erscheinen dort nichts und man ist erst Recht auf sich selbst angewiesen, wenn man gewillt ist, wieder arbeiten zu dürfen.

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» LongHairGirl » Beiträge: 845 » Talkpoints: 47,97 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Stellenangebote findet man über die Jobbörse der Arbeitsagentur. Wenn man darauf keinen Zugriff (weil man keinen PC und/oder kein Internet hat) oder damit nicht umgehen kann, so macht es mehr Sinn sich an die Computer der Arbeitsagentur zu begeben oder ein entsprechendes Bewerbungstraining zu absolvieren. In vielen Jobcentern hängen aber auch einige Stellenanzeigen aus der Jobbörse aus. Bei Interesse kann man sich dann die entsprechenden Kontaktdaten dort ausdrucken lassen. Das machen in der Regel aber nicht die Sachbearbeiter, die sonst für einen zuständig sind, sondern es gibt einen Mitarbeiter, der quasi nur die Stellenangebote ausdruckt.

Einfach so zum Sachbearbeiter rein kann man in der Regel nicht. Dafür müsste man sich einen Termin geben lassen. Und der Grund sollte ein anderer sein, als Arbeit finden zu wollen. Denn das wollen (offiziell) alle Hartz4-Empfänger. Termine müssen in vielen Jobcentern mittlerweile telefonisch vereinbart werden. Oft ist es nur in Notfällen möglich direkt mit jemanden zu sprechen. Und dazu gehört nicht der Wunsch nach Arbeit, sondern abgestellter Strom, verlorenes Bargeld, Veränderungsmitteilungen (wobei diese sowieso schriftlich erfolgen müssen), Unfälle oder ähnliches. Solche Dinge werden dann allerdings von der Leistungsabteilung bearbeitet.

Sofern man selbst mit seiner Stellensuche nicht weiterkommt und zum Beispiel an einer Zusatzausbildung, Weiterbildung oder ähnlichem interessiert ist, macht es natürlich Sinn beim Arbeitsvermittler vorzusprechen. Aber je nach Jobcenter haben die teilweise gar keine Budgets dafür. Zudem gibt es vieles Interessantes für das aber nur die wenigsten einen Weiterbildungsgutschein bekommen.

In meinem Kurs damals waren wir mit 15 Leuten im Kurs und weit über 150 hatten bei den Informationsveranstaltungen teilgenommen, aber dann doch keine Bewilligung bekommen. Einige andere fragen im Vorfeld nach und tauchen deshalb bei den Bewerberrunden erst gar nicht auf, weil ihnen direkt mitgeteilt wurde, dass eine Finanzierung nicht möglich ist. Und bei unserem Kurs kamen Leute aus dem Reha-Bereich, Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II zusammen. Sowie ein Selbstzahler. Und die Leute kamen zudem aus verschiedenen Orten und legten teilweise täglich 80 Kilometer zurück. Im Durchschnitt war aus jedem Leistungsbereich einer dabei.

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» Trisa » Beiträge: 3271 » Talkpoints: 20,99 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Muss gestehen ich verstehe deinen Nachbar und seine Art und Weise wie er mit dem Arbeitsamt umgeht. Es ist doch so, dass die Hauptaufgabe des Amtes eher das Verwalten der „Kunden“ und entsprechende Verwaltung der Statistiken. Die Chance das dir dort geholfen wird ist leider recht gering. Genau aus diesem Grund würde ich auch meine Zeit sinnvoller nutzen als eben auf dem Amt herum zu sitzen.

» Flasssh » Beiträge: 373 » Talkpoints: 9,68 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Wenn ich manche Kommentare lese, dann frage ich mich doch, wie viele BILD-Leser wir hier noch haben. Im Normalfall bekommt man seine Jobs über Bewerbungen aus der Zeitung oder den Stellenanzeigen und oft auch über private Kontakte und wer die entsprechende Qualifikationen hat, wird dort keinerlei Probleme haben. Dafür braucht er auch das Jobcenter nicht.

Wenn jemand allerdings chronisch krank ist, wenig Bildung hat, schlechte Noten vorzuweisen hat oder oft den Arbeitgeber gewechselt hat, dann sieht es schlecht aus. Wer nimmt denn den arbeitslosen Hilfsarbeiter vom Bau mit mehrfachem Bandscheibenvorfall, der noch 6 Stunden arbeiten darf und dauernd krank ist? Den kann man natürlich noch so lange drangsalieren, bis die Psyche auch noch am Ende ist und er dann deswegen wochen- und monatelang ins Krankenhaus muss und zu nichts mehr zu gebrauchen ist. Genau dies wird hier faktisch vorgeschlagen.

Was wir brauchen, ist eine schnellere Verrentung und einen Dritten Arbeitsmarkt für diejenigen, die es nicht mehr schaffen. Alles andere ist reiner Schwachsinn, auch wenn der eine oder andere Primitivdenker hier nicht verstehen will, dass es schon gewichtige Gründe dafür gibt, warum jemand nicht mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt unterkommt.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 06.11.2015, 16:46, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Ich hatte mal eine kleine Phase, in der meine Eltern der Meinung waren, dass ich mich dort melden muss. Damals war ich mit der Schule fertig und wollte ein paar Monate später an eine Abendschule gehen um einen besseren Abschluss zu bekommen. Ich hätte dort aber auch sicherlich nichts gefunden, da die überhaupt nicht irgendein Interesse an meiner Person hatten.

Sicherlich ist das nicht überall so, aber das ist ja keine Stelle, die einen generell die Jobsuche abnimmt. Man muss sich schon selber kümmern und ständiges Hingehen bringt es dann auch nicht, meiner Meinung nach. Man muss eben schauen, dass man selber etwas findet, was ja auch kein Problem sein sollte, wenn man keine allzu hohen Ansprüche hat.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ramones hat geschrieben:Sicherlich ist das nicht überall so, aber das ist ja keine Stelle, die einen generell die Jobsuche abnimmt. Man muss sich schon selber kümmern und ständiges Hingehen bringt es dann auch nicht, meiner Meinung nach. Man muss eben schauen, dass man selber etwas findet, was ja auch kein Problem sein sollte, wenn man keine allzu hohen Ansprüche hat.

Das sind die Primitivansichten junger, vollnaiver, gesunder Menschen, die keine Ahnung haben. Viele Menschen sind eben chronisch krank und können offiziell nur 3 oder 6 Stunden arbeiten. Dies klappt dann aber oft auch nur mit vielen Krankenscheinen. Im Bereich des harten Kernes der Langzeitarbeitslosen tut sich deshalb nämlich nichts. Hierfür brauchen wir einen Dritten Arbeitsmarkt.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 06.11.2015, 13:45, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Juri, brauchen wir tatsächlich einen dritten Arbeitsmarkt, der zu einer deutlichen Stigmatisierung von Arbeitslosen führt? Benötigen wir das Zeichen an Arbeitgeber, dass selbst der Staat diese Menschen für nicht förderfähig hält? So entsteht ein Sumpf, aus dem es kein entkommen mehr gibt! Neben Zwangsberentung jetzt auch noch das?

Wenn ich mich in meiner Stadt umsehe, dann hat ein Viertel der Langzeitarbeitslosen keinen Schulabschluss und die Hälfte hat keine Berufsausbildung. Die Mittel zur Qualifikation wurden aber immer mehr gekürzt. Und statt langfristige Projekte zu finanzieren, die einen ordentlichen Abschluss bringen, gibt es befristete Jobs für 2 Euro, wobei davon bei uns 1.500 der 2.000 Stellen gestrichen worden sind.

Ein leichterer Zugang zur Grundsicherung wie damals bei der Sozialhilfe und wieder mehr Geld für vernünftige Qualifizierungen wäre irgendwie sinnvoller. Dann würden die Menschen, die nicht können, nicht drangsaliert und die, die wollen, behalten oder bekommen erst eine Chance.

Wenn ich mir beispielsweise vorstelle, dass mein Mann länger arbeitslos würde, den würde man sofort in einen vorhandenen dritten Arbeitsmarkt stecken oder berenten. Der würde daran zerbrechen. Der Mitarbeiter im Rollstuhl ohne Ausbildung wäre auch perspektivlos.

Dazu kommt dann immer diese nette Argumentation von irgendwelchen Sachverständigen, dass man Arbeitslosen den Tag strukturieren muss und für Sozialkontakte sorgen. Entschuldigung, aber das können die ganz alleine, wenn man sie menschenwürdig leben lässt.

Ein Job, aus dem man nicht mehr wegkommt, der keinen regulären Arbeitsplatz vernichtet, macht nicht stolz und glücklich. Gerade ältere, kranke Arbeitslose, die früher einen normalen Job hatten, sind doch nicht dämlich. Sollen die jetzt so unwürdig behandelt werden wie Behinderte in Werkstätten? Ein dritter Arbeitsmarkt zementiert deren bescheidene Situation. Reicht es nicht, dass die zu einem Hungerlohn teilweise hoch qualifizierte Tätigkeiten übernehmen "dürfen" und dann noch das sauer verdiente Geld wieder an den Betreiber geben müssen, weil sie da wohnen?

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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