Aus eigenem Antrieb beim Jobcenter vorsprechen - Wer tut es?
@ cooper75: Unter dem Dritten Arbeitsmarkt verstehe ich keinen Ein-Euro-Job, der nur auf ein halbes Jahr befristet ist, sondern eine ordentlich entlohnte Beschäftigung mit besonderer Förderung und Betreuung! Wenn vorher Milliarden für Banken und Rüstungsflops und nun für Flüchtlinge da sind, dann sollte hierfür auch Geld da sein.
Die Alternative dazu sind hunderte Absagen, Sanktionen und der psychische Zusammenbruch und dann sind irreparable Schäden da, die niemand wieder gut macht. Die Problematik liegt hier vor allem in den Mehrfacherkrankungen und wie idiotisch diese beurteilt werden.
Wer hier einen GdB beantragt, macht die Feststellung, dass völlig unsinnigerweise nur der höchste GdB der schlimmsten Erkrankung zählt. Wechselwirkungen bleiben unberücksichtigt. So kommen dann völlig unsinnige Beurteilungen zustande, dass jemand noch 3 oder 6 Stunden arbeitsfähig ist, den in Wahrheit doch niemand mehr im Ersten Arbeitsmarkt haben will.
Juri, es würde aber so aussehen, dass ein dritter Arbeitsmarkt auf unbefristete Jobs nach Art der Jobs für einen Euro hinausläuft. Das sind die Signale der Politik. Gefördert wird da niemand, aber jeder, der dort landet, wird stigmatisiert und seiner Chancen beraubt.
Übrigens kann ich deine Erfahrungen zum GdB nicht teilen. Es wird mitnichten nur die schwerste Beeinträchtigung zu Grunde gelegt, allerdings werden die Erkrankungen auch nicht einfach addiert. Die Gutachter schauen, wie sich die Beschwerden beeinflussen und was das bedeutet. Das war bei mir so, bei meiner Mutter und bei meinem Mann.
Aber ein anerkannter GdB sagt wenig darüber aus, ob und wie lange jemand arbeiten kann. Ein Arbeitskollege meines Mannes hat einen GdB von 100, ihm sind beide Beine amputiert. Trotzdem kann er 8 Stunden am Tag arbeiten. Das kann bei jemandem mit einem niedrigeren GdB ganz anders aussehen und arbeiten ist nicht möglich. Wenn der GdB etwas darüber aussagen würde, dann wären meine Mutter, mein Mann und ich nicht arbeitsfähig. Tatsächlich empfinden wir unser Leben aber nicht als eingeschränkt.
Wenn vorher Milliarden für Banken und Rüstungsflops und nun für Flüchtlinge da sind, dann sollte hierfür auch Geld da sein.
Dank Bankenrettung und Rüstungsflops sind doch die Milliardenüberschüsse da. Geld ist genug vorhanden, du musst nur Merkel, Schäuble und Co. überzeugen, das Geld so auszugeben, wie du es gerne hättest.
Ob es nun sinnvoll ist, chronisch Kranke, die offensichtlich arbeitsunfähig sind (es gibt auch Leute mit Krebs, Mukoviszidose oder anderen hässlichen Krankheiten, die noch in Vollzeit arbeiten), mit Gewalt in Beschäftigung zu bringen, ist aber schon sehr fraglich. Da sollte man sich doch eher die Frage stellen, wieso die Leute nicht als erwerbsunfähig gelten und entsprechend behandelt werden.
Und genauso interessant wäre es, wie man ein normales soziales Umfeld herstellen kann. Denn mit einem intakten sozialen Umfeld bedeutet eine Krankheit und/oder Erwerbsunfähigkeit nicht unbedingt gleich einen sozialen Absturz.
Es nicht ist sicher nicht sinnvoll, chronisch kranke Menschen, die erwerbsunfähig sind, in Arbeit zu drängen. Aber darüber sagt der GdB eben nichts aus. Und es ist ebenso wenig sinnvoll chronisch kranke Menschen ab einem gewissen GdB in einen dritten Arbeitsmarkt oder die Rente zu drängen.
Dass es leichter sein sollte, bei Krankheit nicht erwerbstätig sein zu müssen, habe ich schon erwähnt. Aber ein dritter Arbeitsmarkt wäre ein Abstellgleis für Menschen mit Schwerbehinderung, die es oft weder auf dem Arbeitsmarkt noch im Alltag leicht haben.
Denn Menschen gehen mit Krankheit individuell um und diese Möglichkeit sollte ihnen auch erhalten bleiben. Meine Mutter hätte nie arbeiten müssen. Und trotz der Einschränkungen, die 20 Jahre Tuberkulose in geschlossenen Heimen und der Verlust eines Lungenflügels bedeuteten, war ein normales, selbstbestimmtes Leben mit einem normalen Job alles, was sie sich gewünscht hat. Sie wäre mutlos gewesen, wenn sie das nicht hätte schaffen können.
Meinem Mann geht es ebenso. Mit seiner Erkrankung wäre er schneller in einem möglichen dritten Arbeitsmarkt, wenn er länger arbeitslos wäre. Und er würde es für sich nicht wollen. Wer nicht kann, der soll nicht müssen. Aber wer möchte, der soll dürfen und nicht bequem abgeschoben werden. Chronisch kranke Arbeitnehmer brauchen nicht die Zustände, unter denen Tausende Behinderte leiden müssen.
@ cooper75: Es geht mir auch nur um das Angebot und nicht um den Zwang. Es ist zwar viel von Sanktionen die Rede, aber die meisten Sanktionen werden eben nicht wegen verweigerter Jobannahme vergeben, sondern deshalb, weil sie irgendwann nicht mehr können. Für diese Fälle sollte es dann doch besser die Rente oder ein Angebot aus dem Dritten Arbeitsmarkt geben statt dieser Unsinnssanktioniererei.
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