Auswürfeln, wenn man sich nicht entscheiden kann?
Ich habe heute ein Vorstellungsgespräch geführt und war enttäuscht, weil ich mir etwas anderes darunter vorgestellt hatte. Die eigentlichen Stunden, die ich präsent sein muss, sind zwar sehr gut bezahlt. Aber es hängt eine ganze Menge anderer Arbeit daran, die in der Bezahlung enthalten ist wie beispielsweise eine Onlineunterstützung. Außerdem sind es nicht so viele Stunden, wie ich dachte. Es wäre also nur eine kleine Nebentätigkeit.
Ich überlege jetzt schon seit zwei Stunden hin und her. Es käme zwar wieder ein bisschen Geld in meine Kasse, aber die Nachteile sind sehr groß. Der Fahrtweg ist weit und ich kann überhaupt nicht abschätzen, wie viel zusätzliche Arbeit an dem Job hängt. Er würde mich auch für bestimmte Termine schon ein ganzes Jahr vorher festnageln und macht mich gegenüber anderen Jobs sehr unflexibel. Ich kann mich nicht entscheiden, ich weiß nicht, ob ich mir leisten kann, den Job abzulehnen.
Jetzt habe ich mir überlegt, einfach auszuwürfeln, ob ich annehme oder nicht. Ich mache das sehr häufig so. Es fällt mir immer schwer, mich zu entscheiden, weil die Nachteile und Vorteile einer Entscheidung in meinen Augen häufig gleich stark wiegen. Macht ihr das auch so, dass ihr eure Entscheidung auslost? Oder ist das in euren Augen sehr irrational und unvernünftig?
Bevor ich so etwas Zufälliges wie Würfeln machen würde, würde ich zunächst in mich gehen und überlegen, was ich eigentlich machen will. Oft hilft es auch, eine Nacht darüber zu schlafen, da man am nächsten Tag die Dinge noch mal aus einem anderen Blickwinkel sieht. Wenn das alles nichts hilft, würde ich mit Freunden oder Familienmitgliedern über die bevorstehende Entscheidung sprechen. Meistens ergibt sich dadurch, dass Vor- und Nachteile herauskommen, die ich selber noch nicht bedacht hatte. Demnach entscheide ich dann.
Die Frage wäre auch, ob dir mit dem Würfel wirklich geholfen wäre. Angenommen, dieser entscheidet für dich. Würde das dir die Entscheidung de facto abnehmen? Mir würde es so gehen, dass ich trotz Würfelentscheid immer noch über die Sache nachdenke und ihn nicht akzeptieren würde.
Wenn du das häufig machst, wirst du mit so einer Entscheidung schon leben können. Für mich wäre das nichts und ich würde dann auch noch gründlich darüber nachdenken und ein Würfel würde mich nicht wirklich überzeugen.
Ich will dich da jetzt nicht in eine Ecke drängen, aber dein Text liest sich ziemlich negativ und eigentlich steht deine Entscheidung fest, wenn da nicht das liebe Geld locken würde. An deiner Stelle würde ich mal ausrechnen, ob sich das mit dem höheren Fahrtweg überhaupt lohnt. Auch, weil du ja nicht weißt, wie viele Stunden du überhaupt arbeiten musst. Deine Grundstimmung ist also eher ablehnend und ich finde, dass man da auch auf seinen Bauch hören sollte.
Wenn es bei dir finanziell wirklich so schlecht aussieht, würde ich den Job erst mal annehmen, mich parallel aber nach einem anderen Job umsehen. Das wird schwer, wenn du da immer ansprechbar sein musst, aber du schaffst das sicherlich. Kündigen kann man ja dann auch.
Ich finde es ein wenig unpassend so eine Entscheidung vom Würfelglück abhängig zu machen. So etwas kannst du machen, wenn du Abends ins Kino gehen willst, aber dich nicht entscheiden kannst welchen Film du anschauen willst. Bei diesem Fall hängt einfach zu viel von deiner Entscheidung ab. Ich würde dir empfehlen, dass du dir eine Liste anlegst. Schreib auf die eine Seite alle Nachteile, die dir durch diesen Job entstehen. Dann schreibst du auf die andere Seite alle Vorteile. So hältst du dir noch einmal alles vor Augen und so bekommst du vielleicht eine deutlichere Sicht auf die Dinge und kannst leichter eine Entscheidung treffen. So würde ich es in deinem Falle machen.
Dass das Auswürfeln von Entscheidungen irrational ist, liegt wohl klar auf der Hand und dürfte somit unstreitig sein. Allerdings wäre das für mich wohl auch deshalb nichts, weil ich mich nicht sonderlich schwer damit tue, Entscheidungen zu treffen. In solchen Dingen wie beruflichen Entscheidungen spielen Emotionen bei mir selten mal eine Rolle, sodass ich diese Entscheidungen tatsächlich auf rein rationaler Ebene herbeiführen kann, ohne mich sehr zu verbiegen.
Außerdem spricht wohl - auch in Deinem Fall - nichts dagegen, etwas auszuprobieren und gegebenenfalls festzustellen, dass es nichts bringt, zu viel Aufwand darstellt oder eben nicht das Richtige für einen selbst ist, sodass man sich wieder auf eine neue Suche begibt. Eine Entscheidung zwischen zwei konkreten Stellenangeboten zu treffen, die einem vorliegen, ist deutlich schwerer, aber auch das finde ich nun nicht so schwer, dass ich auswürfeln müsse. Am Ende zählen die besseren Konditionen, jedenfalls für mich.
Ob das Auswürfeln unvernünftig ist, hängt vermutlich wiederum davon ab, um was es genau geht. Würfle ich nur, um mich für eines von zwei oder drei Essen zu entscheiden, weil es mir im Grunde genommen egal sein kann, was ich esse, dann sollte die Tragweite des Auswürfelns überschaubar sein. Wenn es sich aber um Entscheidungen handelt, die eine größere Konsequenz nach sich ziehen und die sich in einer erheblicheren Weise auf mein Leben und meine weitere Zukunft auswirken, dann bleibe ich doch lieber bei meinem Verstand und überlasse die Entscheidung ungern jemand anderem – oder eben irgendwelchen Würfeln.
Das käme für mich einfach nicht in Frage, zumal es für mich dann immer noch nicht feststehen würde, ob die getroffene Entscheidung denn die richtige war. Ich lerne außerdem gerne weiter, was falsche Entscheidungen anbelangt, aber wie kann ich das, wenn ich meine Entscheidung durch Würfeln herbeigeführt habe? Das Einzige, was ich hierbei wohl lernen könnte, wäre, das Würfeln künftig sein zu lassen und meine Entscheidungen doch lieber wieder selbst zu treffen. Jedenfalls ist das in meinem Augen das Einzige, was einen wirklichen Sinn ergibt.
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