Nimmt Polizeigewalt an Unschuldigen zu?
Am Mittwoch wurde bei SternTV über das Thema angewendete Polizeigewalt diskutiert. Stefan Hallaschka nannte die Thematik "die Polizei - dein Freund und Schläger?" Im aktuellen Fall wurde ein Mädchen, welches zunächst die Polizei zu Hilfegerufen hatte, da sie sich mit ihrem Freund gestritten hatte und die Situation zu eskalieren drohte, am Ende Opfer von scheinbarer polizeilichen Willkür. Obwohl die Situation bereits vor Ort de-eskaliert war, wurden die beiden Beteiligten dazu aufgefordert, mit aufs Revier zu kommen, da angeblich ein Protokoll aufgenommen werden müsste.
Nachdem dem Mädchen die Bitte ihre Mutter anrufen zu dürfen verwehrt wurde und sie über diesen Tatbestand aufgebracht war, wurden ihre Hände auf den Rücken gefesselt, während sie mit dem Oberkörper herunter gedrückt wurde. Da sie in dieser Situation Panik und Unbehagen verspürte, begann sie zu schreien, in der Hoffnung man würde sie aus dieser Position wieder „befreien“. Stattdessen wurde sie aber, als man auf dem Revier eingetroffen ist, in Begleitung von mehreren Polizisten in eine Zelle geführt und auf eine Pritsche gedrückt.
Da sie sich nicht anders zu wehren wusste, spuckte sie einen der Beamten an und wurde daraufhin mit zwei Faustschlägen ins Gesicht bestraft. Angeblich hätte der Polizist in Notwehr gehandelt, da er vermutete, dass das Mädchen ihm einen Kopfstoß verpassen wollte. Das Mädchen erlitt eine gebrochene Augenhöhle und eine gebrochene Nase und wurde in einem blutenden Zustand, mit Handschellen gefesselt für ungewisse Zeit in der Zelle allein zurück gelassen. Wenn man sich die Bilder des Opfers anschaut, dann stellt man erschrocken fest, dass das Gesicht gänzlich entstellt war.
Dürfen Polizeibeamte dermaßen Gewalt anwenden? Wird dieses Trauma dazu führen, dass in Zukunft alle Polizisten pauschalisiert als Gewaltbereit abgestempelt werden? Kann man überhaupt noch Vertrauen zu ihnen aufbauen oder wächst die ständige Furcht ungerechter Weise zum Opfer von Polizeigewalt zu werden?
Zunächst dürfen natürlich auch Polizisten Gewalt zur Gefahrenabwehr einsetzen. Und wenn Polizisten Gewalt einsetzen, ist auch damit zu rechnen, dass deren Schlagkraft einfach höher/stärker ist, weil diese ja auch im Nahkampf ausgebildet sind - der gemeine Bürger für gewöhnlich eher nicht! Problematisch ist ja immer nur die Einschätzung einer Gefahrenlage. Und es ist unbestreitbar, dass in den Reihen der Polizei auch Leute zu finden sind, welche die vergebene Machtposition auch gerne "nutzen". Immer im Glauben, im Grunde Narrenfreiheit zu haben. Zum einen deshalb, weil in aller Regel die Kollegen einen nicht belasten werden, zum anderen auch deshalb, weil man durch die Uniform glaubt, eben auch mehr "Rechte" zu haben.
Es ist definitiv aber nicht so, dass es jetzt zu mehr Polizeigewalt kommt. Vielmehr interessieren sich die Medien einfach mehr dafür. Aber solche Übergriffe gibt es im Grunde mindestens wöchentlich! Aber es ist einfacher darüber zu berichten, wenn es sich beim Opfer um eine hübsche junge Frau handelt, als eben um einen einfachen Asylbewerber, dem auch noch u.U. eine "kriminelle Karriere" anhängt (vor allem Verstöße gegen das Ausländerrecht usw.).
Wer schon mal an einer Demonstration teilgenommen hat, der wird jedenfalls wissen, dass die Polizei mit Sicherheit nicht eben auf die Sicherheit der Demonstranten bedacht ist und auch gerne den Schlagstock einsetzt. Man muss dazu nur an die vielen Demos "gegen Rechts" oder aber Demonstrationen gegen die "Wirtschaftsforen" bzw. Protestkundgebungen gegen die "Castor-Transporte" denken. Immer dann, wenn hier vermeintlich "Linke" demonstrieren, demonstriert die Staatsmacht "entschlossene Härte". Ganz gleich, ob hier dann ein CSU Mann verantwortlich zeichnet, oder aber einer von der SPD. Einschneidende Erlebnisse für mich waren hier z.B. die Häuserräumungen (mit unglaublicher Gewalt, welche auch einem Vergleich mit Bürgerkriegsähnlichen Zuständen nicht scheuen muss) im November 1990 in Berlin - verantwortlich war der Politiker Momper von der SPD. Oder aber auch z.B. beim G7 Gipfel in München von 1992 (verantwortlich war Max Streibl von der CSU), bei dem die Polizeigewalt genüsslich kommentiert und gutgeheißen wurde. Seit dieser Zeit ist mir bewusst, wozu Polizei und die SEKs im Stande sind bzw. wozu sie instrumentalisiert werden.
Polizeigewalt ist ja nun kein neues Thema und ich denke auch nicht, dass Polizeigewalt nun zunimmt. Bei wikipedia zum Beispiel findet man eine eigene Kategorie über Opfer eines Polizeieinsatzes. Wobei dort längst nicht alle Opfer aufgeführt sind, so zum Beispiel der Tod von René Bastubbe nicht, u.a. hier nachzulesen.
Ich sehe es ähnlich wie derpunkt, dass man von vielen Opfern nichts oder nur sehr wenig in der Presse hört. Zum einen möchte natürlich auch nicht jeder Mittelpunkt des medialen Interesse werden. Andere sprechen die deutsche Sprache nicht oder nur wenig. Und bei manchen heißt es aus der Bevölkerung schnell "selbst schuld". Wer bereits mal polizeilich in Erscheinung getreten ist, auffällig aussieht, eine andere Hautfarbe hat, zu lange oder zu kurze Haare, psychische Störungen hat (und sich deshalb auffällig verhält) oder zuviel von irgendwelchen Mittel konsumiert hat, muss eben damit rechnen, kontrolliert zu werden. Und wer dann nicht gehorcht, wird eben unvorsichtiger angefasst.
Dass man sich wehrt, wenn man sich angegriffen oder hilflos fühlt, zeigt nun der Fall dieser jungen Frau. Wäre diese ein breitschultriger Mann gewesen, sähen viele Kommentare von Außenstehenden vermutlich noch ganz anders aus. Wobei man letztendlich nur einmal falsch reagieren muss und Polizisten haben ihre Hand an der Waffe. Das habe ich seit als Teenager bei einer Polizeikontrolle erlebt. Ich saß auf dem Beifahrersitz und erlebte sowas zum ersten Mal. Es war tagsüber und in einer normalen Wohngegend. Die Beamten fragten irgendwann, ob ich auch meinen Ausweis dabei hätte und ich wollte in meine Handtasche greifen. Da rissen sie gleich die Türe auf, forderten mich auf die Hände sichtbar hoch zu halten und auszusteigen. Ohne Benutzung der Hände fast eine Sache der Unmöglichkeit. Zum Glück entspannte die Situation danach schnell wieder.
Natürlich muss die Polizei immer auch mit Gegenwehr bzw. Gegengewalt rechnen. Es geht nun einmal auch nicht jeder zimperlich mit Polizisten um. Und da oft nur Sekunden entscheidend sind, entscheiden sich manche Polizisten eben eher für die eigene Sicherheit.
Ich weiß nicht, ob das eben ein Beispiel ist, oder ob es wirklich desöfteren vorkommt. Man war eben auch nicht dabei und kann dazu deswegen eigentlich nichts sagen, weil man nicht weiß, wieviel Wahrheit da insgesamt dahinter steckt. Es ist dann wieder die Frage, ob das schon immer so ist, die Medien darüber nur noch nicht so intensiv berichtet haben, oder ob es wirklich zunimmt. In anderen Ländern hat man ja schön häufiger über Polizeigewalt berichtet, in Deutschland ist mir das jetzt noch nicht aufgefallen.
Ich habe den Bericht auch gesehen und war schon schockiert. Zumal das Mädchen wirklich klein und zierlich ist und man sich von ihr sicherlich nicht bedroht fühlen muss. Ich mein, vielleicht waren die Polizisten, beziehungsweise der Polizist, auch überfordert, als sie zu schreien anfing, aber das ist kein Grund und auch keine Rechtfertigung dafür, dass man jemanden schlägt und vorher ist eben auch einiges schief gelaufen, dass überhaupt dazu geführt hat, dass sie geschrien hat.
In der Sendung wurde noch ein Herr interviewt, der zusammen mit seiner Frau und Tochter vor zwei Jahren ebenfalls Opfer von polizeilicher Gewalt geworden ist. Damals hatte die Polizei nach jemandem gesucht, der wohl zu einem Anhörungstermin nicht erschienen ist. Dieser wohnte allerdings längst nicht mehr in dem Wohnhaus, was die Tochter der Polizei mitteilte. Diese aber unterstellte ihr "Störung ihrer Fahndung" und nach kürzester Zeit wurde die Frau auf den Hausflur gezerrt und auf sie eingeschlagen, als ihre Eltern, die im selben Haus wohnten durch die Schreie darauf aufmerksam wurden und zur Hilfe eilten, wurden auch sie zu Opfern.
Überdies habe ich auch schon von vielen anderen ähnlichen Fällen gehört und vor allem auf Demonstrationen und bei Streiks stellt man mit Schrecken fest, wie nicht wenige Opfer von scheinbarer polizeilicher Willkür werden. Auch im Stadion kommt es schon mal vor, dass die Polizei bei Einsätzen mit Pfefferspray auch Kinder verletzt.
Selbstverständlich werden wir über die meisten Fälle nicht einmal informiert worden sein, weil sie nicht überregional in den Medien präsent gemacht wurden. Trotzdem denke ich leider nicht, dass es sich hier um einzelne Fälle handelt, welche einmal in 5 Jahren stattfinden. Es gibt wohl einige Polizisten die aus der Reihe tanzen und ihre "Macht" ausspielen wollen oder aber sich nicht gänzlich unter Kontrolle halten können.
Meist werden sie jedoch von ihren Kollegen geschützt und man versucht ihnen Recht in ihrer Handlung zuzusprechen, da sie sich angeblich in einer gefährlichen Situation befanden oder in Notwehr handeln müssen.. Nicht selten wird den Opfern ein Disziplinarverfahren eingeleitet, bei dem sie sich für Beamtenbeleidigungen etc. rechtfertigen müssen. So wird vom eigentlichen Vorfall abgelenkt und die Opfer werden zu vermeidlichen "Tätern",
LongHairGirl hat geschrieben:Da sie sich nicht anders zu wehren wusste, spuckte sie einen der Beamten an
Wobei man sich da aber auch genauso fragen muss, warum man der Meinung ist man dürfe jemand anderen anspucken, mal ganz unabhängig davon ob nun Polizist oder nicht. Sicher sollten Polizisten mit solchen Situationen umgehen können und nicht gleich Gewalt anwenden, aber wenn ich jemand anders angreife, dann muss ich mich auch nicht wundern, wenn sich dieser dann genauso wehrt.
Ansonsten ist es denke ich auch schwer, sagen zu können ob Polizeigewalt jetzt tatsächlich zugenommen hat. Ich glaube zur Zeit ist es einfach nur ein sehr gutes Thema, das polarisiert und für Quoten sorgt und deswegen wird es jetzt überall ausgeschlachtet. Auch hat heute ja jeder die Möglichkeit mal eben mit dem Handy einen kurzen Film zu drehen und gleich bei Youtube oder sonstwo hochzuladen. Das macht es natürlich wesentlich einfach über solche Übergriffe zu berichten als früher, wo vieles einfach unerkannt blieb.
Ein wichtiger Punkt ist aber sicher auch, dass heutzutage viel weniger Respekt vor der Polizei herrscht und viele durchaus auch unschuldig Beschuldigte schneller aggressiv werden oder die Stimmung bei Demonstrationen oftmals von Haus aus schon aggressiv ist und damit viele Polizisten einfach nicht klarkommen. Durchaus auch denkbar, dass sie für solche Situationen schlecht ausgebildet sind und man sich seitens der Ausbilder da auch noch nicht so darauf eingestellt hat, dass man heute viel öfter in solche hitzigen Situationen deeskalieren sollte, statt das staatliche Gewaltmonopol mit aller Macht durchzusetzen.
Ich denke, dass das immer auf den einzelnen Beamten ankommt, denn manche fühlen sich durch ihren Knüppel oder ihre Uniform in der Übermacht und denken, dass sie einfach das machen könnten, was sie wollen. Natürlich ungeachtet aller Gesetze, allerdings denke auch ich das die allgemeine Gewaltbereitschaft der Polizei steigt, da man immer öfter im TV und auch im der Zeitung davon hört.
Natürlich gibt es aber auch immer die Gegenseite, denn es kommt nicht nur auf die Polizisten an, sondern auch auf die Demonstranten, Straftäter, usw. an. Denn sind diese besonders gewaltbereit muss die Polizei entsprechende, aber vor allem angemessene Gegenmaßnahmen einleiten und dann passiert es das einige Polizisten wie schon gesagt übermächtig fühlen und dann auch übertrieben handeln.
Klehmchen hat geschrieben:Wobei man sich da aber auch genauso fragen muss, warum man der Meinung ist man dürfe jemand anderen anspucken, mal ganz unabhängig davon ob nun Polizist oder nicht. Sicher sollten Polizisten mit solchen Situationen umgehen können und nicht gleich Gewalt anwenden, aber wenn ich jemand anders angreife, dann muss ich mich auch nicht wundern, wenn sich dieser dann genauso wehrt..
Selbstverständlich wirft es fragen auf, warum das Mädchen den Polizisten angespuckt hat und ob sie dies nicht sinnvoller Weise unterlassen hätte. Aber dennoch ist die Reaktion sofort mit Faustschlägen zu antworten ein wenig hoch gegriffen. immerhin steht Spucken zu Schlägen in keiner Relation und da diese gezielten Schläge Brüche hervorgerufen haben, wobei Anspucken keine Verletzungen mit sich trägt, außer dass man in seiner Autorität nicht respektiert wurde. Natürlich ist das keine nette Geste jemanden an zu spucken, aber wieso haben die Polizisten nicht einfach die Zelle verlassen, nachdem sie das gefesselte Mädchen auf der Pritsche zurück gelassen hätten?
Polizeigewalt ist in manchen Schichten schon länger ein Thema. Ich habe es schon oft mitbekommen, dass bei friedlichen Demonstrationen junge Mädchen oder auch Menschen im Allgemeinen aus der Menge gezogen und an eine Ecke gedrückt wurden. Anschließend wurden diese je nachdem unmöglich behandelt, im schlimmsten Fall prügelten sogar mehrere Polizisten auf eine Frau ein.
Wie kann das sein, dass immer mehr friedliche und wehrlose Opfer von Polizeigewalt werden und gleichzeitig bei Menschen, die wirklich gewalttätig sind, einfach weggesehen wird? Warum dürfen Polizisten alles und bekommen meistens Recht, ohne um ihre Stelle fürchten zu müssen? Da kann etwas nicht stimmen!
Was ich mich auch frage, ist, wieso männliche Polizisten auf "harmlose" weibliche Personen einprügeln dürfen oder anderweitig ihrer Gewalt "freien Lauf" lassen. Schließlich gibt es doch z. B. bei Stadionbesuchen immer diese Etikette dass die weiblichen Besucher auch nur von weiblichem Personal überprüft werden dürfen und an den männlichen Kollegen vorbei geschleust werden.
Gibt es solch eine Regelung nicht auch für "übliche" Polizeieinsätze? Zumindest bei Fällen, wo man von keiner größeren Gefahr ausgehen müsste, bräuchte man nicht unbedingt mit mehreren auf eine wehrlose Frau einprügeln, sondern es würde doch zunächst reichen, wenn eine der Polizistinnen sich mit der Dame befassen würde. Sollte die Situation eskalieren, könnte man ja immer noch die männlichen Kollegen zur Hilfe rufen.
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