Nicht zur Selbständigkeit erzogen - Auswirkungen?

vom 21.02.2013, 18:14 Uhr

Wenn man nicht zur Selbständigkeit erzogen wurde, dann sind die Auswirkungen sehr groß, weil man dann nur wenig ohne seine Eltern zum Beispiel machen kann und das ist sehr schlimm. Aber man kann das Leben auch so schaffen, wenn man dann langsam selbständiger wird, sonst wird es schwierig werden weil die Eltern leben ja nicht ewig und wenn sie dann tot sind, ist man ganz alleine und kann sein Leben auch nicht selber wieder in den Griff nehmen, weil man auf die Eltern angewiesen war. Ich finde Kinder sollte man schon so früh wie möglich Selbständig erziehen und nicht das die Kinder dann an den Eltern gebunden werden, so etwas ist immer schlecht und sollte man nicht machen.

» andre xD » Beiträge: 209 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich denke, dass solche "Erziehungsfehler" sehr weite Ausmaße im späteren Leben annehmen können, von denen man auch überhaupt nichts ahnt als Elternteil.

Ich bin ja nun sehr zur Selbstständigkeit erzogen worden, vor allem, weil ich früher eher ängstlich im Umgang mit fremden Menschen gewesen bin und dies auch noch immer bin. So haben meine Eltern natürlich versucht, mich in dieser und vielen anderen Situationen auch zur Selbstständigkeit zu erziehen. Und auch in meinem Umkreis sind auch schon die Kinder immer alle sehr selbstständig gewesen. Man hat uns ja auch ein wenig zum Stereotyp des raufenden Landkindes hin erzogen, zumindest teilweise.

Nun bin ich in der Universität dann ja auch erstmals mit Menschen aus anderen Herkünften konfrontiert gewesen: Städtern. Leute vom Land und Leute aus der Stadt, das sind tatsächlich sehr verschiedene Menschen. Aber gut, es nützt ja nichts, man muss sich zusammenraufen und deshalb versuchte ich, möglichst offen auf alle neuen Menschen zuzugehen. Schnell war klar: Die sind anders. Und viele von diesen "Stadtkindern" waren wirklich nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen, sich selbst zu managen, selbstständig zu sein. Zumindest zu Anfang. Andere Studenten mit ländlicher Herkunft hatten ganz deutlich sichtbar weniger Probleme dieser Art.

Mein damaliger Freund kam auch aus der Stadt und er war das Musterbeispiel zur erlernten Hilflosigkeit. Ich habe versucht, ihn etwas selbstständiger zu machen - weil er mich schlicht und ergreifend in seiner eingeschränkten Art total auf die nerven ging. Hat alles nicht geklappt.

Der hat heute, nach vier Jahren Studium, noch Probleme damit, sich selbstständig zu organisieren. Emails schreiben geht nicht, Briefe schreiben kann er noch weniger alleine, seine schriftlichen Abgaben muss bis heute ich kontrollieren und umformulieren - ansonsten fällt er durch, weil er es einfach nicht auf die reihe kriegt. Mit anderen Menschen vernünftig reden? Geht gar nicht. Aber warum auch, wenn man zu hause sagt "Gibt mir mal den Löffel!" wenn man die Gabel haben will - und diese dann auch bekommt. Und ich wurde als blöde Kuh bezeichnet, weil ich ihm den Löffel gab. So wie er es sagte. Ich würde ja wissen, was er meint. Aber hilft das etwas? Er muss selber selbstständig werden und dazu gehört auch, sich verständlich auszudrücken!

Man sieht: Die Probleme durch eine solche Erziehung können zahlreich sein und machen auch vor der Partnersuche keinen Stopp.

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» olisykes91 » Beiträge: 5370 » Talkpoints: 24,75 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich möchte noch kurz auf einige Anmerkungen, die hier im Thread gemacht worden sind, eingehen: Natürlich ist nicht nur die Erziehung durch Eltern und sonstige Verwandte alleine "schuld", wenn ein Mensch als Erwachsener unselbstständig ist. Natürlich spielen auch der eigene Charakter und diverse andere Faktoren dabei eine Rolle, wie eine Person sich über viele Jahre entwickelt.

Das bestreite ich auch gar nicht. Und natürlich ist es auch keine "Entschuldigung" für unselbstständiges oder sonstwie sozial schwieriges Verhalten, zu betonen, man sei eben so erzogen werden. Ja, je nach Charakter kann ein Mensch mit der Zeit die Erziehungsfehler seiner Eltern kompensieren. Ein ängstlich erzogenes Kind kann, mit viel Mühe, auch zu einem starken, selbstbewussten Erwachsenen werden. Aber eines kann man wohl kaum leugnen: Die falsche Erziehung bereitet erst einmal Schwierigkeiten. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass man die Fehler über die Jahre auch wieder ausbügeln kann.

Jedenfalls kann mir niemand ernsthaft sagen, schon ein Kind habe die Kraft, gegen die Überängstlichkeit oder die Bevormundung durch seine Eltern irgendwie anzukämpfen. Gerade bis zu einem bestimmten Alter kennt man doch eigentlich kaum eine andere Welt als das, was einem die Eltern vermitteln. Wenn ein sieben- oder achtjähriges Mädchen von der Mutter täglich eingebläut bekommt, in jedem Park lauerten Vergewaltiger, dann wird es das in dem Alter auch glauben, wenn man es immer wieder wiederholt. Es fehlt einfach die Möglichkeit, sich das Gegenteil zu beweisen, und die Erfahrung, die man benötigen würde, um die Aussagen der Mutter als übertrieben einzuordnen. Als Kind bis zu einem bestimmten Alter ist die Einstellung, die man zur Welt hat, und das, was man für die Realität hält, nun einmal stark von dem abhängig, was einem die eigenen Eltern (oder sonstige tägliche Bezugspersonen, die man als vertrauenswürdig oder vorbildhaft empfindet) vermitteln. Und eben deswegen können Eltern, die einen übervorsichtig erziehen oder einem alle Entscheidungen abnehmen, aus welchen Gründen auch immer, große Schäden anrichten.

Natürlich kann man, wenn der Charakter "stimmt", über die Jahre bemerken, dass das, was einem vermittelt wurde, vielleicht falsch oder übertrieben ist. Aber das kommt mit der Zeit, wenn genug Selbstbewusstsein und Reflexionsfähigkeit vorhanden ist. Auf jeden Fall muss man es erst über Monate und Jahre entwickeln. Es braucht Zeit, um aus dem, was einem die Eltern beigebracht haben, wieder auszubrechen. Ich glaube sogar, einige Charaktere schaffen das gar nicht, oder erst nach Jahrzehnten.

Denn mühsam ist es immer, sich zu verändern und neue Dinge zu lernen. Und besonders mühsam ist es, wenn es so komplett entgegen die Erziehung geht, die man über Jahre mitbekommen hat. Und es kostet eine Menge Kraft. Ich würde außerdem sogar sagen, es ist dadurch, dass man diese Eigenständigkeit erst in einem höheren Alter erlernen muss, noch viel schwieriger, als es für Menschen ist, die schon ab der Kindheit zur Eigenständigkeit erzogen wurden, für die so ein Verhalten also völlig normal und selbstverständlich ist.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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