Hexenjagd, was empfindet ihr bei diesem Thema?

vom 14.02.2013, 22:36 Uhr

Heute habe ich durch Zufall auf Phoenix einen Film über Hexenjagd um 1619 in Deutschland gesehen. Dieses dunkle Kapitel in unserer Geschichte war für viele Frauen einfach schrecklich. Sie wurden als Hexe beschuldigt, gefoltert und landeten auf dem Scheiterhaufen. Beteuerten sie ihre Unschuld, wurden sie so lange gequält, bis sie es zugaben, eine Hexe zu sein und dann verurteilt. Gaben sie es nicht zu, wurden sie trotzdem verurteilt. Oft unterzog man sie auch einem Wassertest. Der sah so aus, dass sie unschuldig waren wenn sie untergingen und ertranken. Blieben sie jedoch auf dem Wasser, waren sie schuldig. Dann wurden sie verbrannt. Sterben mussten sie also in jedem Falle.

In dem Film ging es um eine Schweinemagd, die angezeigt wurde, weil zwei Schweine gestorben waren. Schon ihre Schwester war diesem Irrsinn zum Opfer gefallen. Es war die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, in der es Seuchen gab und Hunger drohte. Man suchte die Schuld bei den Unschuldigen. Der Hexerei wurden in der Hauptsache Frauen bezeichnet. Auch die Schweinemagd wollte man gesehen haben, auf einem Hexenbesen reitend auf dem Brocken. Keiner war sich mehr sicher, von einem missgünstigen Nachbarn oder Arbeitgeber angezeigt zu werden.

Denkt man da mal richtig drüber nach, kann man diese Einfältigkeit kaum ertragen. Auch wenn man die Menschen früherer Zeiten nicht mit heutigen Zeiten vergleichen kann, müssen auch sie früher in der Lage gewesen sein, Schuld und Unschuld auseinander zu halten. Es konnte doch nicht einfach durch die Verleumdung einer Person jemand der Hexerei angeklagt werden und auf dem Scheiterhaufen landen. Kannten die Menschen kein Unrechtsbewusstsein?

Zu Karneval und auch Halloween verkleiden sich oft Menschen und sind dann mit einem Hexenbesen unterwegs. Es wird niemand darüber nachdenken, wie schlimm die Menschen früher leiden mussten, die als Hexen angezeigt wurden von den „lieben Nachbarn“. Könntet ihr euch in eine solche Zeit zurückversetzt denken?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich habe mich im Geschichtsstudium am Rande mit der Zeit der Hexenverfolgungen befasst und bin der Meinung, dass die Menschen damals nicht schlechter oder dümmer waren als die heutzutage. Sie lebten in einer Zeit des Umbruchs, als das geschlossene Weltbild des Mittelalters, in dem jeder seinen Platz hatte, ob es ihm dort gefiel oder nicht, allmählich im Schwinden begriffen war. Dazu gab es noch vermehrt üble Glaubenskonflikte, Kriege und Naturkatastrophen. Das "einfache Volk" hatte einfach Angst und suchte nach Schuldigen. Dass die Menschen leicht zu beeinflussen und zu manipulieren sind, daran hat sich ja bis heute nichts geändert, nur die Art der Ängste und Vorurteile hat sich im Lauf der Jahrzehnte verschoben.

Außerdem galt Folter damals als legitimes Mittel der Wahrheitsfindung, da man nur Leute verurteilen durfte, die gestanden hatten. Nach ein paar Stunden Streckbank hätten du und ich auch die ganze Nachbarschaft angezeigt, nackt auf dem Besen durch die Luft zu reiten.

Ich selbst bringe die Karnevals-Hexen, Bibi Blocksberg und Harry Potter nicht mit dem historischen Phänomen in Verbindung. Die Vorstellung, zaubern zu können, ist meiner Meinung nach tief in der Kultur verankert, nur heute eben nicht mehr negativ besetzt

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Besonders interessant finde ich deine Frage, ob die Menschen nicht auch zwischen Schuld und Unschuld unterscheiden konnten. Hier kommt es darauf an, wie damals Schuld definiert wurde. Aus unserer heutigen europäischen Sicht mag es einem vielleicht seltsam und unmenschlich vorkommen, welche Rituale und Strafen es im Mittelalter gab. Doch aus der damaligen Sicht war die Verfolgung von Hexen nichts Ungewöhnliches.

Oft wurden einfach Schuldige gesucht, da man sich manche Phänomene nicht erklären konnte. Im Mittelalter wusste niemand, dass die Pest durch das Blut von auf Ratten lebenden Flöhen übertragen wurde. Und so hat man sich mit Erklärungen beholfen, die einem aus der jetzigen Sicht unverständlich vorkommen. Dazu gehörte, dass man bestimmten Frauen magische Fähigkeiten zugesprochen hat und sie deshalb verfolgt hat. Wahrscheinlich wird es auch zukünftigen Generationen ähnlich gehen. Ihnen wird unser jetzigen Verhalten im 21. Jahrhundert unverständlich erscheinen.

Damals wie heute gab es Intrigen und falsche Verdächtigungen, nur dass die Folgen damals gravierender waren. Ein Unrechtsbewusstsein würde ich den Menschen jedoch nicht absprechen. Der gesamte gesellschaftliche Kontext war nur ein ganz anderer und nicht vergleichbar mit den heutigen Zeiten.

» Ariola » Beiträge: 693 » Talkpoints: 4,96 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich habe mich geschichtlich intensiv in Sachen Hexenverfolgung beschäftigt und auch eine Menge zeitgenössische Literatur dazu gelesen. So weiß ich beispielsweise aus eigener Erkenntnis, was im "Hexenhammer" von Heinrich Kramer, dem wohl bekanntesten Legitimationswerk zur Hexenverfolgung, steht. Auch habe ich Berichte von Friedrich Spee, einem damaligen Gegner der Hexenverfolgung, gelesen, außerdem verschiedene Zeitungsberichte und Berichte aus Chroniken, die den genauen Ablauf des Prozesses, inklusive Folter und Hinrichtung, schildern. Mir war es wichtig, nicht nur aus heutigen Quellen Beschreibungen und Interpretationen der damaligen Geschehnisse zu erhalten, sondern selbst nachzulesen, was damals darüber berichtet wurde. Sicherlich müssen auch die damaligen Berichte nicht unbedingt vollständig mit der Wahrheit übereinstimmen, aber es ist wohl ein unverfälschteres Bildnis der damaligen Denkweisen, als wenn man einen heutigen Bericht darüber liest, dem oftmals eine Interpretation aus der heutigen Sicht beigefügt ist.

Dass viele naturwissenschaftliche Vorgänge nicht erklärt werden konnten und somit Magie oder göttlichen Wundern zugeschrieben wurden, hat hier ja schon jemand erwähnt. Da musste dann eben mitunter ein Mensch als Sündenbock herhalten und wurde zur Hexe oder zum Hexer erklärt. Übrigens gab es sogar Tiere, die verurteilt und zur Strafe hingerichtet wurden. Es geht auch nicht nur um das Mittelalter. Hexenprozesse gab es auch in der Neuzeit noch vereinzelt, und die "Blütezeit" der Hexenprozesse und des Wunder- und Magieglaubens war in Europa ohnehin nicht das Mittelalter, sondern die Frühe Neuzeit, auch wenn das sehr oft von Laien verwechselt wird und populärwissenschaftliche Medien die Hexenverfolgung auch gern in ein "Mittelalter"-Bild rücken.

Heute mag es zwar in Europa nicht mehr so verbreitet sein, an Hexerei zu glauben, aber Sündenböcke werden doch noch immer von vielen Leuten gerne gesucht. Ebenso gehen Leute für den eigenen Vorteil über Leichen. Falschbeschuldigungen vor Gericht, beispielsweise, um von sich selbst als Täter abzulenken oder um eine "unliebsame" Person loszuwerden, gibt es heute noch immer. Da hat sich seit damals nun wirklich nichts geändert, auch, wenn man die Menschen heute eben nicht mehr der Hexerei bezichtigt. Wobei es wirkliche, reale Hexenprozesse heutzutage auch noch gibt, beispielsweise in Teilen Afrikas. Dort werden heute noch immer Menschen als Hexer betrachtet, verurteilt und bestraft.

Ich denke, dass heute übrigens noch immer viele Menschen Wissen über die Hexenprozesse haben, wenn dieses wohl heutzutage zumeist von populärwissenschaftlichen Dokumentationen oder sogar von Romanen und Filmen geprägt sein dürfte. Das Thema wird ja immer wieder gerne genutzt, weil es einfach auch, so makaber das klingt, ein gewisses "Sensationspotential" hat, nach dem die Medien durchaus suchen, um eine hohe Quote zu erzielen.

Ich finde es übrigens auch nicht verwerflich, dass sich Menschen beispielsweise zu Fasching als Hexen verkleiden, ohne dabei an die schrecklichen Hexenprozesse zu denken. Das ist einfach eine ganz andere Tradition und muss losgelöst voneinander betrachtet werden. Es verkleiden sich ja auch gerne Leute als Pirat und in Piratenfilmen sind Piraten auch oft sympathisch dargestellt. Das stimmt mit der Realität, wo es einfache ungerechte, brutale Verbrecher sind, die normalerweise aus Geldgier morden, ja auch nicht unbedingt überein.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Man muss doch dabei die Zusammenhänge in einem viel größeren Rahmen sehen. Männer wurden recht selten als Hexer angeprangert. Ihnen stand das Erlangen von Wissen offen und wenn sie Dinge vollbringen konnten, die vom normalen Menschen damals nicht verstanden worden, dann sah man sie als Magier oder Alchemist an. Damit waren sie etwas besonderes.

Fast jeder Herrscher hatte so einen Menschen in seinen Diensten und ließ sich die Zukunft vorher sagen. Besonders die Frage nach dem männlichen Erben war interessant und so wurden Daten errechnet, die sich für eine Zeugung besser eigneten als andere Tage. Diese Abläufe kann man oft in gut recherchierten Mittelalterromanen nachlesen.

Bei Frauen sah das anders. Ihnen wurde lange die Bildung verweigert. Laut Kirche waren sie etwas Unreines, was man klein halten sollte. Entsprechende Gesetze gab es sogar noch lange nach dem zweiten Weltkrieg, wo eine Frau keinerlei Rechte hatte, wenn sie zum Beispiel die Scheidung wollte.

Konnte dann eine Frau mit Kräutern umgehen, um Menschen zu heilen, so wurde das von den Priestern sehr argwöhnisch beobachtet. Der kleinste Fehler, wie ein vergessenes Gebet vor der Behandlung, wurde diesen Frauen zum Verhängnis. Die Wasserprobe wird in den Büchern von Sabine Ebert sehr gut beschrieben und auch in der Päpstin kann man dazu ein Beispiel finden.

Die Wissenschaft war damals noch in den Kinderschuhen und alles was dem Menschen nicht sofort begreiflich war, wurde verdammt. Jemanden der Hexerei zu beschuldigen war der einfachste Weg um Vorkommnisse zu erklären. Wie sollte man auch etwas über Viren und Bakterien wissen, um damit Krankheiten zu erklären? Das waren Dinge, die man nicht sehen oder anfassen konnte.

Zumal eben auch die Kirche viel dazu beigetragen hat. Alles was nicht der Norm entsprach war Teufelszeug und musste geächtet werden. Dass damit auch die Wissenschaft, wie man sie heute versteht, behindert wurde, war damals noch niemandem klar. Selbst die Erkenntnis, dass Sauberkeit und Hygiene vielen Krankheiten vorbeugen und heilen kann, wurde lange als Hexenwerk angesehen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Es stimmt nicht, dass Männern durchweg gestattet wurde, sich Wissen an zueignen. Die kamen dann nicht alle als "positive" Hexer oder Alchemisten durch, sondern kamen auch manchmal als "böse" Hexer in den Kerker oder auf den Scheiterhaufen. Viele Wissenschaftler bekamen für ihre Forschung und neuen Erkenntnisse nicht etwa Anerkennungen, sondern wurden ebenfalls wegen Zauberei oder Ketzerei angeklagt. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Nikolaus Kopernikus.

Übrigens wurden besonders im Heiligen Römischen Reich Männer verurteilt. In Skandinavien waren es sogar mehr Männer als Frauen. In vielen anderen europäischen Ländern hingegen waren es wirklich mehr Frauen als Männer, das stimmt. Das hat allerdings mit den damaligen durch das Christentum und durch Tradition geprägten Vorstellungen zutun, dass Frauen leichter durch das Böse zu beeinflussen seien und demnach auch leichter Hexen würden, denn die seien ja mit dem Teufel und mit Dämonen im Bunde. Frauen galten einfach als "anfälliger", man denke allein schon an die Sache mit Eva und der Schlange in der Paradies-Geschichte. Bei Männern hingegen glaubte man, sie seien einfach besser gegenüber dem Bösen gewappnet. Das hatte mal nicht unbedingt etwas damit zu tun, dass Männer damals bessere Bildungschancen und Privilegien in Sachen Forschung hatten. Wieso ich mir so sicher bin? Diese ganzen Aussagen bezüglich weiblicher Schwäche gegenüber Dämonen steht genau so ausführlich im Hexenhammer, und nach dem richtete man sich damals größtenteils.

Übrigens ist die Aussage, dass die als Hexen verurteilten Frauen hauptsächlich Kräuterkundige gewesen wären, die man wegen ihres Geschlechts verfolgt hätte, wissenschaftlich nicht haltbar. Es ist eher ein populärwissenschaftliches Märchen, wenn man es genau nimmt. Streng genommen konnte jeder als Hexe oder Hexer verurteilt werden, auch ohne jegliche wissenschaftliche Tätigkeit oder Kenntnisse in Sachen Medizin oder Astronomie. Es war eher so, dass einige Menschen unliebsamen Mitmenschen Verbrechen in die Schuhe schoben, die sie mit Hexerei begründeten. Dann wurden diese Leute ausgeliefert und haben in der Folter die absurdesten Dinge gestanden. Es hat wirklich jeden treffen können, und das tat es auch. Es waren nicht alles besonders schlaue oder gelehrte Personen.

Übrigens wurde auch nicht alles Unerklärliche verdammt. Vieles wurde auch gar nicht bösen Geistern zugeschrieben, sondern, je nach Denkweise, auch mal als göttliches Wunder interpretiert. Auch Missernten und Krankheiten konnten als göttliche Rache durchgehen. Auch gab es vereinzelt die Ansicht, dass die negativen Auswirkungen durch eine Hexe nicht einmal durch die Hexe selbst durch Hexerei verursacht worden sind, sondern durch Gott selbst. Der sei nämlich zornig aufgrund der Existenz der Hexe allein gewesen, und habe daher die betroffene Stadt zur Mahnung bestraft.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


@Wawa666: Ich habe auch nicht geschrieben, dass Männer grundsätzlich unbehelligt geblieben sind. Trotzdem gab es in Mitteleuropa diesbezüglich mehr Prozesse gegen Frauen als gegen Männer. Und der Grund lag eben auch daran, was die Kirche gepredigt hat. Nicht umsonst hatte der Mann alle Rechte über seine Frau und wurde noch bemitleidet, wenn er sie am Ende sogar tot geprügelt hat.

Die Gründe haben damals nicht wirklich interessiert. Man tat es als Ungehorsam der Frau ab, die nur ihre gerechte Strafe bekommen hat. Und man sollte bedenken, dass es entsprechende Gesetze noch bis in die 50er Jahre gab, wo eine Frau quasi ohne Rechte aus einer Scheidung ging, wenn man ihr die Schuld zugesprochen hat.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ja, es gab in Mitteleuropa mehr Hexenprozesse gegen Frauen als gegen Männer. Ebenso liegt das an dem, was die Kirche gepredigt hat, da stimme ich Dir zu. Die damals als theologischer Konsenz geltenden "Fakten", wie beispielsweise die über die allgemeine Schwäche von Frauen gegenüber dämonischen Verführungen habe ich ja auch schon genannt. Ja, Frauen wurden durch Männer beherrscht und hatten nichts zu sagen. Und dass es bis in die Neuzeit eine Ungleichberechtigung von Frauen gab und es diese auch heute noch gibt, wenn man sich beispielsweise das oft ungleiche Lohn-Niveau zwischen Frauen und Männern ansieht, das bestreite ich definitiv auch nicht.

Allerdings ist es, an historischen Quellen beurteilt, einfach nicht belegt, dass es sich bei den Frauen, die verurteilt wurden, um Verurteilungen handelte, die damit zutun hatten, dass eine Frau besonderes Wissen, zum Beispiel in der Kräuterkunde, gezeigt hätte. Das ist einfach ein Mythos. Jeder konnte bezichtigt und verurteilt werden, de facto waren übrigens auch oftmals geistig Behinderte unter den Verurteilten. Es hat also nicht mit einem Privileg der Männer in Sachen wissenschaftlicher Forschung zutun. Nur dem habe ich widersprochen.

Und es war übrigens auch keine Strafe für irgendeinen Ungehorsam von Frauen, sondern wirklich einfach nur Willkür. Ungehorsam war gar nicht notwendig, es konnte auch so jede Frau (und auch einige Männer) treffen. Nur macht sich eine Geschichte über Ungehorsam in Romanen einfach viel tragischer, als wenn man berichten würde, dass einfach so irgendein geistig simpler unterschuldiger Mensch verurteilt und getötet wird. Wie sollte das in einer Geschichte, die ja auch mitreißen soll, wirken, wenn die Protagonistin keine Fähigkeiten hat und kein tragisches Element in ihr Schicksal mit eingebaut wird? Nur historisch korrekt ist das eben in den meisten Fällen nicht.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Du hast den Zusammenhang scheinbar nicht verstanden. Der angebliche Ungehorsam von Frauen wurde von mir nicht genannt, um sie der Hexe zu bezichtigen, sondern gab den Ehemännern das Recht, ja sogar die Pflicht, ihre Frauen zu prügeln. Selbst wenn sie dabei starben, war das alles noch nach dem Gesetz der Kirche richtig.

Und allein wegen dieser geschlechtsspezifischen Unterschiede, wurden eben Frauen eher wegen Hexerei belangt, als Männer. Auch in der Kräuterkunde waren eher Frauen wissend, da sie sich ja auch um Gebärende kümmerten. Da wurde selten ein Mann involviert, selbst in Herrscherhäusern, wo man einen Alchemisten hatte, griff man bei einer Geburt auf eine sogenannte Wehmutter zurück.

Zur damaligen Zeit waren dann halt auch schon Pflanzen bekannt, die man heute vermutlich als Droge bezeichnen würde. Bestes Beispiel war das Binsenkraut. Gut dosiert konnte man damit Schmerzen lindern, zu viel davon rief Halluzinationen hervor. Und wie wurde so was ausgelegt, wenn jemand zu viel davon genommen hatte? Man gab nicht zu, dass man andere Ratschläge bekommen hatte. Aber man behauptete einfach, dass man verhext wurde.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ja, damals gab es kräuterkundige Frauen, und ich weiß auch von den Wirkungen verschiedener Kräuter auf den menschlichen Organismus, beispielsweise auch Mutterkraut. Ich habe mich selbst jahrelang mit Kräutern beschäftigt. Diese kräuterkundigen Frauen aber in den Zusammenhang mit Hexenverfolgungen zu rücken, ist ein typischer Mythos, der durch Fernsehsendungen, Romane und sogar populärwissenschaftliche "Wissens"-Sendungen immer wieder verbreitet wird, aber nun einfach wirklich nicht mit der historischen Wirklichkeit zutun hat. Nur das versuche ich, klarzustellen.

Ja, es kam auch vor, dass kräuterkundige Frauen verurteilt worden sind. Aber der Normalfall war es eben nicht. Viel häufiger waren es gewöhnliche nicht berufstätige Hausfrauen, oder auch Mägde oder Bäuerinnen, eben "gewöhnliche" Menschen ohne größere Bildung, auch nicht in Sachen Naturheilkunde. Du kannst gerne die alten Berichte aus verschiedenen Stadtchroniken zur Hexenverfolgung lesen, und auch in beispielsweise der von mir bereits genannten "Cautio Criminalis" von Friedrich Spee von Langenfeld sind sehr viele Fallbeispiele zu finden. Bei Friedrich Spee findet sich in einem Kapitel sogar eine genaue Aufschlüsselung des Berufs der Frauen, die verurteilt worden sind. Das waren im Schnitt nicht unbedingt die gebildetesten Frauen.

Ebenso war es definitiv nur ein seltener Einzelfall, wenn eine Frau als Hexe verurteilt worden ist, weil jemand ihre Kräuter überdosiert hätte. Ich versuche nur zu betonen, dass es im Normalfall ja eben nicht einmal Kräuterkundige waren! Theoretisch konnte alles der betroffenen Frau zur Last gelegt werden, selbst wenn sie gar nichts mit der Sache zutun hatte. Menschen konnten sich an schimmeligem Trinkwasser vergiften, Tiere konnten vom Wolf gerissen werden, mitunter ging eben auch wegen Hagel die Ernte auf den Feldern kaputt. Da hatte keine Frau, da hatte überhaupt kein einziger Mensch, irgendein Zutun am Schaden! Und dennoch griff man sich dann eben irgendeine Frau, die man ohnehin nicht leiden konnte, und bezichtigte sie, sie habe das Problem durch Hexerei ausgelöst. Mit heimlich eingenommenen und dabei fehldosierten Kräutern hat all das nichts zutun.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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