Mittelalter-Geschichte im Deutschunterricht unbedingt nötig?

vom 14.02.2013, 17:33 Uhr

Vor geraumer Zeit haben auch wir ein mal im Deutschunterricht das Mittelalter behandelt. Das Mittelalter ist natürlich ein großer Teil der Geschichte der Menschheit und ich kann es voll verstehen, wenn dieser generell in der Schule behandelt wird. Mein kleiner Bruder muss derzeit allerdings sämtliche Jahreszahlen und Dichter, die etwas mit dem Mittelalter zu tun haben, auswendig lernen.

Ich würde es ja verstehen, wenn man verschiedene, kleine Teile der Literaturepochen behandelt, zum Beispiel das Frühmittelalter in seinen sprachlichen Aspekten. Aber ist es wirklich der richtige pädagogische Weg, die Aufgaben des Geschichteunterrichts mit den im Deutschunterricht behandelten Themen zu ergänzen? Sollte man den Lehrer darauf ansprechen, oder ist das wirklich so in Ordnung?

» dalticous » Beiträge: 172 » Talkpoints: 9,30 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich persönlich halte nicht so viel davon, wenn das Mittelalter zu ausgiebig im Deutschunterricht behandelt wird. Natürlich kann man auch diese Epoche streifen und sich kurz mit den bedeutendsten Dichtern und Schreibern beschäftigen. Es gibt meiner Meinung nach viel interessantere Epochen, in denen mehr passiert ist. Das fängt schon in der Renaissance an und geht bis zur deutschen Exilliteratur im 20. Jahrhundert weiter. Aber anscheinend ist der Stoff nunmal im Lehrplan so vorgesehen.

Es ist ganz normal, dass der Deutschunterricht nicht losgelöst von der Geschichte betrachtet werden kann. Denn viele Werke basieren auf geschichtlichen Gegebenheiten, die ohne das Hintergrundwissen gar nicht verstanden werden können. Von daher ist es sicher nicht falsch, dass der Lehrer auch das geschichtliche Wissen der Schüler einbezieht. Allerdings halte ich dieses Faktenwissen, was deinem Bruder abverlangt wird, auch nicht für besonders wertvoll. Es gibt da sicher auch andere didaktische Ansätze, die der Lehrer eben nicht verfolgt.

Ich gehe mal davon aus, dass das Mittelalter sowieso nicht mehr so lange behandelt wird. Ich würde als Bruder jedenfalls nicht sofort mit dem Lehrer alleine sprechen, sondern vorher unbedingt mindestens ein Elternteil einbeziehen.

» Ariola » Beiträge: 693 » Talkpoints: 4,96 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Wenn der Lehrer das Mittelalter so intensiv behandeln möchte, dann wird das wohl durchaus seine Richtigkeit so haben. Immerhin wird er sich wohl kaum selbst irgendwelche Themen für den Unterricht selbst ausdenken. Stattdessen wird er sich eben an den Lehrplan halten. Wenn der Lehrplan es eben so vorsieht, dass das Mittelalter intensiv behandelt wird, dann ist es eben so und man muss diese Tatsache als Schüler einfach hinnehmen. Abgesehen davon, ist es im Endeffekt doch wirklich egal, was man im Unterricht durch nimmt, solange man im Endeffekt genug für die Prüfungen am Ende der Schullaufbahn vorbereitet wird. Wenn das der Fall ist, kann man dem Lehrer auch ein wenig Abschweifungen verzeihen. Immerhin hatte ich auch immer genügend Lehrer, die auf ihre eigenen Interessen nicht verzichten konnten, weshalb wir immer wieder Themen hatten, die der Lehrplan nicht unbedingt vorsah. Da wir aber trotzdem optimal auf die Prüfungen vorbereitet wurden, war das ja auch gar kein Problem.

Geschichte selbst und vor allem das Mittelalter finde ich sehr spannend. Von daher finde ich es sehr schade, dass ich im Deutschunterricht nie das Mittelalter durch genommen habe. Vor allem der Minnesang ist ja ein zentraler Bereich der deutschen Dichtung, weshalb man das durchaus intensiv durchnehmen kann. Immerhin schadet Wissen in diesem Bereich ganz und gar nicht. Allerdings muss man dazu sagen, dass man für den Minnesang auch Kenntnisse in der mittelhochdeutschen Sprache haben muss. Und um diese zu besprechen und zu erlernen, reicht die Zeit einfach auch gar nicht.

Ich denke aber auch, dass es nicht zwangläufig sein muss, das Mittelalter durchzunehmen. Mein Lehrplan sah das Thema beispielsweise nie vor. Von daher bin ich sehr froh, dass ich jetzt in meinem Studium ein Seminar zum Minnesang belegt habe, welches ich wahnsinnig interessant finde.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Dass Dein Bruder "sämtliche Dichter" auswendig lernen musste, wage ich doch ein wenig in Frage zu stellen. So viel Zeit dürfte das Thema im Unterricht ja auch nicht vereinnahmt haben. Und wie hier schon ein anderer User betonte, man kann beim Thema Literatur nicht einfach die Geschichte ausklammern. Literatur hat immer etwas mit dem historischen, gesellschaftlichen oder auch politischen Kontext der damaligen Zeit zu tun. Um sie zu verstehen und interpretieren zu können, muss man die geschichtlichen Umstände einfach kennen. Da kommt man also nicht drumherum.

Sicherlich könnte man dabei argumentieren, dass die Epoche ja auch im Geschichtsunterricht behandelt wird, aber wird dort auch wirklich das gelehrt, was zum Verständnis der Lektüre im Fach Deutsch notwendig ist? Kann der Deutschlehrer sich dessen sicher sein? Ich denke, nicht. Jedenfalls bestehen oftmals keine ausreichenden Absprachen zwischen den Lehrern unterschiedlicher Fächer. Daher muss ein Deutschlehrer wohl selbst noch etwas Geschichte lehren, wenn diese notwendig dafür ist, dass die behandelte Literatur begriffen wird.

Außerdem sehe ich es auch so, dass der Rahmenplan vorgibt, was gelehrt wird. Den kann man, wie alles, in Frage stellen. Aber ist das auch sinnvoll? Ist es nun wirklich schlimm, wenn die Jugendlichen sich etwas intensiver mit dem Mittelalter befassen? Schadet es? Ich denke, nicht. Von daher fände ich es auch ein wenig überzogen, wenn die Familie eines Schülers gegen diesen Unterricht protestieren würde. Die Argumente dafür sähe ich gerne, wirklich richtige Argumente, nicht "Das braucht später keiner". Denn mit dieser Aussage würden große Teile des Schulunterrichts überflüssig werden.

Aber Schule beinhaltet eben auch das Lernen des Lernens und das Lernen von Aspekten, die man später nicht 1:1 im Beruf benötigen wird. Vielleicht wird ein Techniker später keine Kenntnisse der mittelalterlichen Literatur benötigen. Ich habe in meinem Studium und in meinem heutigen Beruf noch nie eine Kurvendiskussion gebraucht, geschweige denn die mathematischen Formeln zur Berechnung von Dreiecken. Und? Es spricht nichts dagegen, in der Schule mehr zu lernen als das, was man später zwingend braucht. Daher sehe ich bislang auch kein stichhaltiges Argument gegenüber einer intensiveren Behandlung von mittelalterlicher Literatur in der Schule.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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