Im Berufsalltag leere Blätter kopieren?
In der Zeit fiel mir heute in einem Artikel die Überschrift "Ich kopierte leere Blätter, um Ruhe zu haben" auf. Im Artikel selbst wird darauf nicht näher eingegangen, so dass ich mir unsicher bin, ob es nur die Überschrift des Artikels ist, vielleicht sogar der Buchtitel des erwähnten Buches oder was es sonst damit auf sich hat. Zudem frage ich mich, warum man auf eine solche Idee kommt? Und vor allem, ob es sich wirklich um leere Blätter handelte, oder ob die Inhalte der Blätter nur von der Buchautorin als leer bzw. inhaltslos empfunden wurden. Wie bewertet ihr diese Überschrift?
Ich denke mal, dass es eher im übertragenen Sinne aufzufassen ist. Die Autorin schreibt in diesem Buch ihre negativen Erlebnisse und Erfahrungen nieder und betont unter anderem auch, dass die Arbeit sehr langsam von statten geht. Im selben Atemzug würde ich vermuten, dass ihr scheinbar viele unnötige Arbeitsschritte abverlangt wurden. Somit würde es bedeuten, dass sie vielleicht nicht unbedingt leere Blätter kopiert hatte, aber gewiss des Öfteren einige Zeit am Kopierer verbracht hatte, um stapelweise Kopien zu ziehen, welche entweder kaum benutzt wurden oder eben der Inhalt der Zettel wenig weltbewegendes mit sich trug.
Ich kann mir vorstellen, dass das wortwörtlich gemeint ist und eine Arbeitssituation widerspiegelt, die sehr hektisch ist. Vielleicht ist der Kopierraum der einzige Raum, in dem Ruhe herrscht und in den man sich zurückziehen kann. Damit man aber beschäftigt erscheint (auch fürs eigene unbewusste Gewissen), kopiert man leere Blätter.
Ich kann mich in solche Situationen sehr gut einfühlen. Bei uns gab es früher auch keinen Raum, wo man sich kurz entspannen konnte. Ich bin dann oft auf die Toilette gegangen, die immer leer war, weil in der Firma hauptsächlich Männer arbeiteten, und habe fünf Minuten einfach entspannt, die Augen geschlossen und versucht, neue Energien zu finden.
Es könnte aber auch insofern wortwörtlich gemeint sein, dass man sich, wie bereits erwähnt, in einer Stresssituation befand und einen Stapel Papier zu kopieren hatte und dabei die Textvorlage verkehrt herum auf den Kopierer gelegt hat. Wenn man dann 200 Kopien ziehen muss, tippt man diese Anzahl in das Gerät und beobachtet selten jedes einzelne Blatt, welches aus dem Gerät kommt sofort - zumal die Blätter oft mit der Rückseite nach oben ausgeworfen werden. Meist vertritt man sich während der Wartezeit die Beine ein wenig oder ist in Gedanken versunken.
Schließlich wirft man erst einen flüchtigen prüfenden Blick auf den Stapel mit den Kopien, wenn der Vorgang abgeschlossen ist und man sich bereits auf den Weg zurück ins Büro macht. Wenn man dann schockiert den Fehler feststellt, dann ist die Freude sicher gering, das ganze Prozedere nochmals zu wiederholen. Auch fühlt man sich sicherlich nicht sonderlich kreativ in Anbetracht der Tatsache, dass man so eben sinnlose Zeit damit verbracht hat, um leere Blätter zu kopieren.
Die Idee mit den Blättern kommt tatsächlich aus der Büropraxis. Es gibt nämlich wirklich Leute, die leere Blätter kopiert haben, weil sie halt leere Blätter brauchten und zu doof waren, sich irgendwo in der Materialabteilung ein Paket zu besorgen. Andere wiederum sind selbst zum kopieren zu blöde und kopieren statt eines Schriftstücks die leere Rückseite, weil sie es falsch einlegen. Ich denke einfach, dass die Autorin diese Aussage metaphorisch eingesetzt hat um ein Stück Arbeitsalltag darzustellen, das sie für alles andere als erstrebenswert und optimal betrachtet, weil es von oben bis unten am gesunden Menschenverstand fehlt.
Ich würde dazu tendieren, die Blätter aus dem Kopierpapierfach heraus zu nehmen, anstelle sie durch einzelne Kopiervorgänge aus dem Gerät zu befördern, zumal dies das Risiko beinhaltet, dass man keine schneeweißen Zettel mehr erhält, sondern stattdessen mit leichten Flecken, die durch den Kopiervorgang und einer nicht mehr ganz sauberen Oberfläche entstehen könnten. In der Regel benötigt man für wichtige Unterlagen im Büro keine "Schmierblätter".
Auch, wenn es tatsächlich Leute gibt, die mit einem Kopiergerät überfordert sind, muss es nicht zwangsläufig sein, dass jeder der versehentlich die blanke Rückseite kopiert, zu dumm für die Bedienung ist. Jeder Gerätetyp hat seine eigenen Umsetzungen und Bedienungselemente und -tücken., da kann man nicht erwarten, dass man auf Anhieb den Dreh für ein neues Gerät raus hat, wenn man erst kürzlich damit konfrontiert wurde.
Hinzu kommt der Stressfaktor, den man nicht unterschätzen darf: wenn man unter Strom steht, dann sind leere Kopien sicherlich das kleinere Übel. Es können einem viel schwerwiegendere Fehler unterlaufen, welche harte Konsequenzen mit sich ziehen könnten. Die Autorin lässt einen wissen, dass ihre Arbeit ihr keinen Spaß gemacht hat und fehlende Motivation führt zu weniger Konzentration und einer höheren Fehlerquote.
Da sich meine Frage sowie das Buch der Autorin auf den Berufsalltag bezieht, gehe ich eigentlich nicht davon aus, dass sie zu blöd war, um einen Kopierer zu bedienen. Wer neu in einem Unternehmen ist, hat vielleicht beim ersten Mal am Kopierer Probleme, kopiert versehentlich etwas verkehrt herum oder weiß nicht sofort, wo wie sich das Papierfach öffnen lässt. Dass man sich am Kopierer bedient, wenn man Blätter braucht, kommt sicherlich auch häufiger vor, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man dann den Kopiervorgang betätigt, anstatt einfach das Papierfach zu öffnen.
Da das Zitat beschreibt, dass leere Blätter kopiert wurden, damit die Autorin ihre Ruhe hat, gehe ich auch dabei nicht von einem Versehen aus, wie einer beschriebenen Stresssituation. In solchen Fällen handelt es sich ja um eine unbeabsichtigte Situation und nicht um eine selbst gewählte Tätigkeit, damit man seine Ruhe hat. Ich gehe auch eher wie anlupa davon aus, dass der Kopierer als Rückzugsort galt. Man geht kopieren, damit man beschäftigt ist, ohne sich mit betriebsfremden Dingen zu befassen.
Es ist nicht der Titel des Buches, sondern eine Aussage daraus. Ich habe das Buch zwar nicht gelesen, aber der Titel wird in dem Beitrag erwähnt.
Ich kann mir gut vorstellen, dass man tatsächlich leere Blätter kopiert, so sinnlos das auch erscheinen mag. Ein ehemaliger Kollege hatte auch da Problem, dass sein Projekt beendet war und ihm auch auf mehrmalige Nachfrage nichts zugewiesen wurde. Da hat er sich dann auch neue Aufgaben gesucht. Die gab es glücklicherweise auch. Denn wehe, wenn der Chef ihn beim Nichtstun erwischt hätte.
Stimmt, das ist absolut widersinnig, keine Aufgabe übertragen, aber sich aufregen, wenn nichts getan wird? Na dann sucht man sich eben irgendetwas, um beschäftigt auszusehen. Das könnte dann auch das Kopieren leerer Blätter sein.
Aus dem Titel geht eigentlich hervor, dass ihr die Arbeit im Amt nicht gefiel und sie genervt war, nichts Vernünftiges machen zu können. Sie wollte mit Elan ihre Aufgabe wahrnehmen, aber da war nichts. Anfangs hat sie sich noch bemüht, weil sie gewöhnt war vernünftig zu arbeiten. Um sich von ihrem Frust zu erholen, hat sie sich in den Kopierraum zurückgezogen und den Kopierer angestellt. So konnten andere Mitarbeiter den laufenden Kopierer hören. Sie wussten aber nicht, dass nur leere Blätter herauskamen und hielten sie für eine fleißige Kraft.
Natürlich hätte sie sich aus dem Kopierer die leeren Blätter nehmen können, aber dann hätte sie nichts zu tun gehabt, wäre nur mit den leeren Blättern zu ihrem Arbeitsplatz zurück gegangen. Aber genau das wollte sie vermeiden, weil sie ja eine Arbeit suchte und Ruhe, die sie dann in diesem Raum fand. Da die kopierten leeren Blätter aber ihr Arbeitsalibi darstellten, was sie ja brauchte, musste sie so handeln oder hätte sich eine andere sinnlose Beschäftigung suchen müssen.
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