Warum ist Heimarbeit so begehrt?
Zuhause zu arbeiten, das erfordert viel Selbstdisziplin. Aber wenn man die hat, ist es super. Ich bin zwar selbstständig und habe keinen Chef, aber ein gewisses Pensum und natürlich feste Deadlines muss ich einhalten. Ich unterteile meine Zeit in echte Arbeitszeit, Bereitschaftszeit, wo ich telefonisch und per Email erreichbar bin, und Freizeit.
Im Normalfall decken Bereitschaftszeit und Arbeitszeit die normalen Geschäftszeiten ab. Und wenn ich im Arbeitszimmer Feierabend mache und den Raum verlasse, dann habe ich auch gedanklich frei. Dafür fahre ich nicht mehr 90 Kilometer pro Strecke, kann dann arbeiten, wenn ich auch produktiv bin, und Termine in der Woche sind kein Ding mehr.
Sozialkontakte fehlen mir nicht. Schließlich treffe ich in der Freizeit viele Menschen. Und mit denen habe ich mehr gemeinsam, als mit Arbeitskollegen, die eben zufälligerweise auch beim Arbeitgeber angestellt sind.
Ich habe auch knapp ein Jahr ausschließlich im Home Office gearbeitet und fand es wesentlich entspannter. Na ja, wobei entspannt auch relativ ist. Wir haben nämlich unter hohem Zeitdruck gearbeitet. Allerdings habe ich auch die Vorteile genossen. So habe ich oft im Schlafanzug gearbeitet und vor dem PC gefrühstückt. So musste ich nur eine Viertelstunde vor Arbeitsantritt aufstehen. Normalerweise stehe ich anderthalb Stunden vor der Arbeit auf, um mich zurechtzumachen und hinzufahren.
Auch fiel natürlich der Heimweg weg. Wenn man in einer Großstadt wohnt, wo man locker mit 45 Minuten oder länger pro Strecke kalkulieren muss, spart man mal eben anderthalb, wenn nicht zwei Stunden pro Tag. Und falls man nicht ausgerechnet so einen Job erwischt wie ich, wo selbst ein Toilettengang wertvolle Zeit kostet und wohlüberlegt ist, kann man nebenbei auch mal Hausarbeiten erledigen wie Wäsche waschen usw. Und vereinsamt bin ich auch nicht, weil ich genug Freizeit hatte, um Freunde zu treffen.
Ich mache auf den Tag genau jetzt seit drei Wochen Home Office und bin froh, wenn es vorbei ist. Das hat bei mir nicht mal was mit der Selbstdisziplin an sich zu tun, sondern eher damit, dass nicht ausreichend Arbeit vorhanden ist und dass ich oftmals länger als notwendig arbeite. Sprich ich fange um 6 Uhr an und höre um 17 Uhr auf. Diese Zeit wird mir jedoch nicht gutgeschrieben.
Außerdem müsste ich viele Dinge vor Ort bearbeiten, das geht aber zur Zeit nicht. Ich würde lieber nur an einem oder zwei Tagen die Woche Home Office machen und für den Rest wäre ich lieber vor Ort. Aber da ich mir mit einer Kollegin das Büro teile, ist dies auch nicht gut. Für Papierkram oder Dinge, die man in Ruhe erledigen muss, ist Heimarbeit wahrscheinlich prima, das habe ich auch bereits festgestellt. Aber für mein Aufgabengebiet ist dauerhafte Heimarbeit nicht notwendig.
Ich finde es absolut klasse, wenn man von zu Hause aus arbeiten kann. Vor zwei Jahren hatte ich mal einen Nebenjob im Homeoffice mit freier Zeiteinteilung. Ob ich mir vorstellen könnte auch einen Hauptjob von zu Hause aus zu machen? Klar, auf jeden Fall. Für mich persönlich würden sich da eine Menge Vorteile ergeben. Es erfordert natürlich eine gewisse Selbstdisziplin, die ich aber in diesem Bereich voll mitbringe.
Ein klarer Vorteil wäre schon mal die Einsparung des Arbeitsweges. Momentan sind das zwar nur 20 Minuten, aber in der Summe kommt da auch etwas zusammen. Verschleiß beim Auto und die entsprechenden Benzinkosten bringen da schon einige Euro an Ersparnis mit sich.
Was für mich auch noch ein sehr guter Punkt ist, dass ich auch mal kurz durchatmen kann, wenn ich gerade merke, dass ich eine schwache Phase habe. Da mache ich mal kurz was im Haushalt oder setze mich mal 5 Minuten auf die Terrasse und sortiere meine Gedanken. Dazu kommt noch die Ruhe, die man selbst einfach hat. Es nervt einen keiner und man muss auch nicht ständig darauf achten, dass man niemanden schief anschaut. Bei mir gilt das Motto: je weniger Menschen, desto besser.
Ich sehe in meinem Umfeld gerade, dass die Begehrlichkeiten zunehmend abnehmen. Zunächst war die Begeisterung groß. Kein Arbeitsweg mehr, länger schlafen können, Hausarbeit nebenher erledigen können und so weiter.
Jetzt setzt langsam die Ernüchterung ein und die Leute merken, dass das doch nicht ganz so einfach ist, wie sie gedacht habe. Viele haben kein abgetrenntes Arbeitszimmer und deshalb vermischt sich Arbeit und Privatleben und dann sind sie es auch einfach nicht gewöhnt sich selber zu organisieren und die Hausarbeit nebenher lenkt halt auch von der Arbeit ab und sorgt im Endeffekt nur dafür, dass man länger arbeitet.
Das sehe ich ähnlich wie Cloudy. Für mich hat sich ja in der jetzigen Phase eigentlich gar nichts geändert. Ich kann genauso zur Arbeit geben wie immer und kriege auch völlig normal mein Geld weiter. Allerdings habe ich jetzt auch schon von vielen gehört, die jetzt im Home Office sind, dass das gar nicht so einfach ist. Es geht ja schon mit banalen Sachen los, dass viele gar kein richtiges Arbeitszimmer haben und dann eben irgendwo im Privatbereich der Wohnung oder des Hauses arbeiten. Das lenkt dann schon viel mehr ab und lässt vielerorts die Arbeitsleistung nicht gerade in die Höhe schnellen.
Dann kommen auch Sachen dazu, dass Eltern dann von den Kindern genervt werden, die beschäftigt werden wollen. Sicher ist das momentan eine Extremsituation, weil die Kinder ja den ganzen Tag zu Hause sind. Aber auch wenn die irgendwann wieder normal zur Schule oder zur Kita gehen, muss man sich dann umso besser organisieren, weil die Arbeit halt fertig sein muss, wenn die wieder nach Hause kommen.
Auch bin ich mir nicht so sicher, ob Arbeiten im Home Office nicht von Haus aus schon dazu führt, dass Arbeitszeiten verschwimmen. Wenn ich auf Arbeit Feierabend mache, dann kann ich mir eigentlich sicher sein, dass ich auch Feierabend habe. Da kommt keiner auf die Idee mich wegen irgendwelchen belanglosen Sachen noch am späten Nachmittag oder Abend anzurufen. Beim Home Office läuft man da ja doch eher Gefahr, dass man entweder selber auch Abends noch einmal anfängt zu arbeiten oder eben Geschäftspartner oder Kollegen der Meinung sind, man könne auch 18, 19 oder 20 Uhr noch irgendetwas besprechen.
Von daher wäre das für mich selber nichts. Dazu würde mir die Selbstdisziplin fehlen zu Hause so strukturiert zu arbeiten, dass ich am Nachmittag definitiv fertig bin und es würde mir auch am Nein-Sagen fehlen um Störungen nach dem "Feierabend" abzubügeln. Und ich glaube über Kurz oder Lang werden das auch einige so sehen, die sich jetzt noch total über Heimarbeit freuen.
Ich persönlich bin froh, dass mir Heimarbeit bisher erspart geblieben ist. Zuhause zu arbeiten fände ich alles andere als erstrebenswert, was auch an meiner Wohnsituation liegt. Ich habe kein Arbeitszimmer und müsste am Küchentisch arbeiten, was längerfristig gesehen weder bequem noch ergonomisch günstig wäre. Außerdem habe ich nur einen kleinen Laptop, während ich im Büro mit zwei großen Bildschirmen arbeiten kann. Dazu kommt, dass ich als Alleinwohnender mit dem Gefühl der Isolation zu kämpfen hätte, wenn ich den ganzen Tag zuhause bleiben müsste. Zurzeit bin ich wirklich froh, dass wir hier im Büro immer noch ein wenig reden und uns über unsere Sorgen und Gedanken austauschen können.
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