Habt ihr schon eine Immobilie ersteigert und seid zufrieden?

vom 25.01.2013, 22:34 Uhr

Bei einer Zwangsversteigerung kann man oft wesentlich günstiger an eine Immobilie kommen, als wenn man sie normal kauft. Sicherlich gibt es eine ganze Menge zu beachten und man sollte das mit einem Fachmann besprechen.

Hat jemand von euch da schon Erfahrungen gesammelt und sich vielleicht eine Immobilie auf diesem Wege ersteigert? Welche Erfahrungen habt ihr dabei gemacht und wie ist das abgelaufen? Wart ihr anschließend zufrieden mit eurer Entscheidung? Oder bereut ihr, das so gemacht zu haben?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ja, ich habe mir ein Haus ersteigert. Ich habe es mir sozusagen zum 30. Geburtstag geschenkt. Der Termin war ein Tag nach meinem Geburtstag. Und ja, wir sind zufrieden.

Als wir auf der Suche nach einem Haus waren, ist uns schnell klar geworden, dass eine Zwangsversteigerung eine sehr gute Möglichkeit wäre. Also habe ich in Frage kommende Häuser im Internet rausgesucht. Dabei muss man neben dem Preis, der ja noch nicht mal sicher ist vor der tatsächlichen Versteigerung, vor allem auf das Dach und die Wände achten. Meistens gibt es ja nur Außenfotos von den Häusern. Wenn wir ein paar Häuser gesammelt hatten, haben wir einen Ausflug mit dem Auto gemacht und uns alle mal persönlich angesehen. Dabei sind wir aber auf der Straße davor stehen geblieben. Die Häuser gehören ja noch jemanden.

Wenn ein Haus auch von der persönlichen Besichtigung her nicht durchgefallen ist, kann man auf´s Amtsgericht gehen und mit der Aktennummer, die im Internet angegeben war, um die zum Haus gehörige Akte bitten. Diese darf man dann dort einsehen. Sie enthält vor allem das Gutachten über das Gebäude. Man erfährt wie alt das Haus ist, wie viel Garten dazu gehört, welcher Name oder welche Namen im Grundbuch stehen und auch welche Schulden noch im Grundbuch eingetragen sind.

Zu unserem Haus haben wir nicht sehr viel erfahren. Denn solange ein Haus in deinem Besitz ist, bist du nur dazu verpflichtet, die Polizei mit einem Durchsuchungsbefehl herein zu lassen. Einen Gutachter, auch wenn er eigentlich die Aufgabe hat, dein Haus zu bewerten, musst du nicht reinlassen. Der Vorbesitzer unseres Hauses hat es nicht getan. Er hat dem Gutachter lediglich gesagt, dass in den 90er Jahren neue Fenster rein kamen und dass mit Holz- und Kohleöfen geheizt wird. Oder das hat der Gutachter einfach gesehen. Das kann auch sein.

Durch die reine Außenbegutachtung wird der Wert der Immobilie dann aber auch niedriger angesetzt, weil das Innenleben einfach komplett weg gelassen wird. Dieser Verkehrswert der Immobilie gibt einem also nur einen ungefähren Eindruck.

Als wir uns also dafür entschieden haben, bei der Versteigerung der Immobilie mitzumachen, haben wir ein paar Tage vor dem Termin einen Bundesbankscheck beantragt. Meistens verlangt nämlich das Gericht, dass falls du eine Immobilie ersteigert hast, du 10% des Verkehrswertes sofort als Scheck dabei hast. Und mit diesem Scheck sind wir zum Termin und konnten glücklicherweise recht schnell feststellen, dass wir die einzigen sind, die Interesse an dem Haus haben. Es war noch ein älteres Ehepaar da und wir hatten schon Angst, dass die das eventuell für ihr Kind kaufen wollen. Aber die wollten sich einfach nur mal ansehen, wie so eine Versteigerung abläuft, weil sie eventuell bald ein anderes Haus ersteigern wollen.

Da keine anderen Interessenten da waren, habe ich einfach zum gegebenen Zeitpunkt den Mindestbetrag als meine Bietsumme angegeben. Der Mindestbetrag setzt sich aus den Gerichtskosten und den Kosten für das Gutachten zusammen. So bleibt das Amtsgericht nicht auf Kosten sitzen. Dann haben wir einfach die vorgeschriebene halbe Stunde abgewartet, in der jederzeit noch ein anderer Bieter hätte kommen können. Aber wir haben den Zuschlag erhalten.

Danach erhält man dann einen Bestätigungsbrief. Diesen erhält auch der bisherige Besitzer der Immobilie. Und dann muss man klären, wann der Besitz übergeben wird. In unserem Fall war der Mann etwas überrascht. Er hätte wohl nicht gedacht, dass jemand das Haus tatsächlich kaufen würde. Er hatte auch den Bestätigungsbrief nicht verstanden. Er war Alkoholiker. Die weiteren Gespräche fanden dann mit dem Sohn statt. Nach einem Monat waren die beiden ausgezogen und wir haben den Schlüssel bekommen.

Aber das kann auch ganz anders ablaufen. Es gab schon Besitzer, die einfach das Haus nicht mehr verlassen haben. Dann kann man die Polizei und ein Umzugsunternehmen beauftragen, die Personen und ihre Sachen da raus zu holen. Aber dabei waren schon einige so verzweifelt, dass sie auf die Polizei geschossen haben oder sich dann selbst umgebracht haben. Da liest man ab und zu in den Medien ganz schreckliche Geschichten. Wir hatten auch Bedenken, dass sich entweder der Mann umbringt, oder er bringt seine Ex-Frau um, die das Versteigerungsverfahren in die Wege geleitet hat oder er "bringt" das Haus um. Deshalb haben wir auch sofort am Tag nach der Versteigerung eine Gebäudeversicherung mit Glasversicherung abgeschlossen. Hätte er das Haus aus Wut abgefackelt oder nur alle Scheiben eingeschlagen, wären wir wenigstens versichert gewesen.

Aber der Mann und sein Sohn sind wie gesagt, nach einem Monat ausgezogen und wir haben den Schlüssel bekommen. Wir waren im ersten Moment zwar ziemlich geschockt, dass tatsächlich jemand so gelebt hat. Man sieht so was oft im Fernsehen, aber eigentlich kann man nicht glauben, dass wirklich jemand so lebt. Daher war die Situation so absurd, dass wir es eigentlich witzig fanden. Das Haus war halt über und über voll mit Spinnweben und Müll. Aber wir hatten Hilfe von ein paar Kumpels und schon am Ende des ersten Tages, als wir den Müll raus geschafft hatten, ich zwei Stunden lang die Spinnweben weggemacht hab und zum Teil schon die alte Tapeten runter waren, war es ein ganz "neues" Haus.

Und mit der Zeit wurde das immer besser. Das Bad haben wir komplett erneuert, die Böden überall abgeschliffen, die wilden Holzkonstruktionen, die neue Zimmer schaffen sollten haben wir wieder abgebaut, die Küche neu gefliest etc etc. Und obwohl natürlich auch heute noch einige Dinge gemacht werden müssen - wir haben ja auch noch andere Sachen zu tun - fühlen wir uns sehr wohl und haben den Kauf bisher nicht bereut.

Aber es ist natürlich ein Abenteuer. Freunde und Familie haben uns für verrückt erklärt, ein Haus zu kaufen, dass wir noch nie von innen gesehen haben. Aber ich hab immer gesagt: "Es wohnt ja noch jemand drin, also so schlimm kann es nicht sein". :-)

Für den Preis war es aber einfach die beste Entscheidung,die wir je getroffen haben. Für eine gemietete Wohnung hätten wir in den drei Jahren schon lange mehr ausgegeben.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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