Würdet Ihr Bekannten einen Rechtsanwalt empfehlen?

Ein Bekannter hat mich letztens gefragt, ob ich ihm einen Rechtsanwalt wegen eines Nachbarschaftsstreit empfehlen kann. Ich kenne zwar einen guten Anwalt, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen empfehlen soll. Denn ich sehe hier zwei verschiedene Sachen, die man beachten sollte: Erstens weiß ich nicht, ob der Rechtsanwalt sich in Nachbarschaftsstreit Fragen gut auskennt und zweitens was passiert, wenn es zu einer Gerichtsverhandlung kommt und mein Bekannter den Rechtsstreit verliert?

Ich halte es für eine echt schwere Entscheidung, ob man bei solchen Angelegenheiten Tipps und Ratschläge geben soll, wenn es gut geht, dann ist es gut, wenn aber etwas schief geht, dann kann das schnell auf einen selbst zurückfallen. Wie haltet Ihr es hier: Habt Ihr schon mal oder würdet Ihr einen Rechtsanwalt empfehlen?

Ich habe einer Freundin einen Anwalt empfohlen. Ich habe ihr den genannt und auch gleich gesagt, dass sie ihn fragen soll, ob er in dem betreffenden Bereich auch zuständig ist. Ein Streit kann überall verloren gehen, das bedeutet ja nicht, dass Du schuld daran bist, weil Du dem Bekannten einen Anwalt empfohlen hast und dafür verantwortlich gemacht wirst. Ich finde es nicht schlimm, wenn man einen Anwalt empfiehlt. Der Bekannte muss dann selber entscheiden, ob er ihn nehmen will oder nicht, das liegt ja in seiner Verantwortung und nicht in Deiner.

Ich habe schon einige Male einen Rechtsanwalt, der mich überzeugen konnte, weiterempfohlen und ich kann Deine Bedenken auch nicht ganz nachvollziehen. Allein Deine Empfehlung sagt noch gar nichts über die Chancen aus, die der Empfehlungnehmer haben wird, das ist wohl allen Beteiligten klar. Allein das Empfehlen eines Rechtsanwalts hat nichts mit dessen Erfolgsquoten zu tun, meine ich, zumal die Erfolgschance vom genauen Einzelfall, der Rechtslage und vielen anderen Faktoren abhängt. Ein guter Rechtsanwalt wird dies seinem potenziellen Mandanten allerdings auch im Beratunggespräch noch einmal vorab genauer darlegen und nicht einfach vor Gericht ziehen. Im Übrigen sind Nachbarschaftsstreitigkeiten typische Fälle für Schlichtungsverfahren, sodass ohnehin nicht davon ausgegangen werden kann, dass direkt vor Gericht gezogen wird. Dem Gerichtsweg geht jedenfalls im Vorfeld einiges voran, in diesem Punkt würde ich mir also an Deiner Stelle ebenfalls keine Gedanken machen.

Hinzu kommt, dass ein Rechtsanwalt im Rahmen seines Studiums alle Rechtsgebiete aufnimmt, sodass er eigentlich auch alle ganz gut beherrschen sollte. Dass es Fachanwälte gibt, besagt wiederum nicht, dass diese auf ihren Gebieten einsame Spitze sind. Mein Arbeitgeber, ebenfalls ein Rechtsanwalt, hat beispielsweise keinen Fachanwalt. Er begründet diese Tatsache logisch nachvollziehbar damit, dass er zwar am meisten Gefallen am Strafrecht findet, aber keinen Fachanwalt auf seinem Schild stehen haben will, weil er sonst befürchten muss, dass viele Mandanten hier auf dem Land nicht mehr zu ihm gehen, weil sie meinen, dass sich bei ihm ausschließlich Straftäter herumtreiben. Außerdem lenkt eine Fachanwaltschaft bei vielen unwissenden Mandanten leider den Blick eben auf diese Spezialisierung. Allein die Tatsache, dass in einem Interessengebiet eine Spezialisierung vorliegt, bedeutet wiederum nicht, dass dieser Anwalt alle anderen Rechtsgebiete nicht beherrscht.

Insofern würde ich also keines Deiner Argumente als wirklich stichhaltig empfinden, diesen Rechtsanwalt nicht weiter zu empfehlen. Liegen Nachbarschaftsstreitigkeiten, welche zum Zivilrecht gehören, nicht im Interesse des Rechtsanwalts, den Du empfehlen würdest, so wird Deinem Bekannten dies ziemlich sicher schon bei seiner Terminvereinbarung gesagt, sodass er gar nicht erst einen Termin ausmachen wird, wenn er erfährt, dass Nachbarschaftsstreitigkeiten gar nicht von Deinem Rechtsanwalt übernommen werden, weil dessen Interessengebiete ganz woanders liegen und er es sich erlauben kann und will, auszuwählen.

Ich persönlich habe auch keine Bedenken, jemandem der mich fragt, einen Rechtsanwalt zu empfehlen. Auch bei diesem Rechtsanwalt hat mein Bekannter dann ja erstmal einen Vortermin bei dem man entscheiden kann, wie die Chemie zwischen Rechtsanwalt und Mandant ist, und ob dieser sich überhaupt für die Sachen zuständig fühlt.

Ich würde einem guten bekannten alles empfehlen, was ich ihm mit gutem gewissen empfehlen kann. Dass sogar ein ausgezeichneter Rechtsanwalt einen Prozess verlieren kann, dass sollte ja wohl eigentlich jedem klar sein. Auch einem guten bekannten. Und deswegen würde ich mir absolut keine Sorge darüber machen, dass ein negativer Ausgang einer Verhandlung auf mich zurück fallen könnte. Im Gegenteil.

Deswegen würde ich natürlich einen Bekannten, der einen Rechtsbeistand sucht, zu einem mir gut bekannten Rechtsanwalt schicken. Ich sehe darin nichts, was in irgendeiner Art und Weise problematisch ist beziehungsweise problematisch werden könnte.

Allerdings würde ich mich natürlich eingehend mit meinem Bekannten darüber unterhalten, ob es denn nun wirklich notwendig ist, einen Rechtsanwalt mit in die Sache einzuschalten. Erst daraufhin würde ich ihm, selbstverständlich auf eigene Verantwortung, einen Rechtsanwalt empfehlen.

Ich kann die Bedenken auch nicht verstehen. Warum soll man einen Rechtsanwalt nicht empfehlen, wenn man selbst von ihm überzeugt ist? Natürlich kann einem im Voraus niemand sagen, ob man einen Rechtsstreit gewinnt oder nicht. Das wird einem der Anwalt auch nicht sagen können. In einer ausführlichen Beratung kann er aber die Chancen schon gut einschätzen.

Was einen guten Anwalt aber wirklich ausmacht, ist, wie er sich um seine Mandanten kümmert. Ist er persönlich oder auch telefonisch für sie da oder lässt er Mandanten durch sein Sekretariat abwimmeln? Leitet er Schriftstücke, die ihm zugestellt worden sind, zeitnah zur Kenntnisnahme an den Mandanten weiter, so dass dieser immer Einblick in alle Unterlagen hat? Informiert er den Mandanten immer über neue Erkenntnisse? Wie ist sein Sekretariat organisiert? Gibt es qualifizierte Auskünfte über den Sachstand der jeweiligen Angelegenheit? Das macht meiner Meinung nach einen guten Anwalt aus.

Deine Bedenken kann ich schon verstehen und ich sehe das genauso. Der Rechtsanwalt, der meine Angelegenheit prima erledigt hat, muss nicht unbedingt dafür geeignet sein, die spezielle Angelegenheit eines anderen ebenso gut zu erledigen. Ich halte es so, wenn ich gefragt und um Empfehlung gebeten werde, dass ich sage, dass mir der oder der Rechtsanwalt in einer Angelegenheit gut geholfen hat, ich aber nicht weiß, ob er speziell auch Erfahrungen in der gewünschten Richtung hat.

Den Bekannten würde ich bitten, sich selbst einmal mit dem Anwalt zu unterhalten und sich ein Urteil zu bilden. Die Rechtsanwälte, die ich bisher für verschiedene Angelegenheiten kennengelernt habe, sind bis auf einen zu empfehlen. Auch mit dem letzten, der meine Ansprüche in einer Insolvenz-Angelegenheit vertritt, kann man sprechen, aber ich würde ihn nie wieder nehmen. Er wurde mir als Fachanwalt von meiner Versicherung empfohlen.

Ich kann deine Bedenken nicht so ganz verstehen. Du wurdest schließlich bloß bei der Suche nach einem guten Rechtsanwalt um Rat gefragt. Wie der Rechtsstreit ausgeht, liegt ja nicht in deinen Händen. Wahrscheinlich kennst
du ja nicht mal alle Details bei diesem Nachbarschaftsstreit und kannst das deshalb auch gar nicht beurteilen. Wenn du bisher keine bzw. keine gute Erfahrung mit Rechtsanwälten gemacht hast, hat sich die Sache ja sowieso erledigt.

Kennst du jedoch einen guten Anwalt, würde ich an deiner Stelle einfach sagen, dass dieser dir mal geholfen hat, jedoch nicht weißt, ob er sich auch bei solchen Sachen wie Nachbarschaftsstreitigkeiten auskennt, man könne ja einfach mal anfragen. Letztendlich wird der Anwalt dann schon sagen, wie der Fall zu beurteilen ist und ob dieser Erfolg haben kann oder nicht. Mit dem Ausgang des Verfahrens hast du aber ja nichts zu tun.