'Zeit ist Geld' - wie ernst nehmt ihr es?

Ich erkenne mich da ein wenig wieder. Für mich ist Zeit auch sehr wertvoll, ich sage immer, meine Freizeit ist mir heilig. Und daher kann ich es auch partout nicht haben, wenn ich bei bestimmten Situationen das Gefühl bekomme, mir würde jemand die Zeit stehlen. Das kann zum Beispiel im Straßenverkehr sein, wenn jemand vor mir schleicht. Ich fahre eher zügig, weil ich auch zu einer bestimmten Zeit am Zielort ankommen möchte. Und wenn mich jemand daran hindert, habe ich das Gefühl, er würde mir meine Zeit stehlen.

Bei mir ist es auch so, dass ich meine Freizeit unter der Woche eigentlich immer verplant habe. Ich komme nach Hause, erledige das Nötigste und dann will ich spätestens gegen 17:00 Uhr schon wieder am Computer sitzen, um meinen Internetaktivitäten nachzugehen, da die für mich ein bisschen, wie ein Nebenjob sind. Ruft mich dann jemand an oder es klingelt unverhofft jemand, versuche ich auch, das Gespräch möglichst kurz zu halten, um mich dann wieder den Dingen widmen zu können, die ich mir vorgenommen habe.

In dem Sprichwort "Zeit ist Geld" steckt viel Wahres. Denn es gibt schließlich nichts wertvolleres als Zeit im Leben. Man kann sie nicht zurückholen und sie ist begrenzt, und wie man bereits von wertvollen Rohstoffen weiß, sind jene Rohstoffe am wertvollsten die nur begrenzt vorhanden sind. Einige Menschen richten allerdings ihr ganzes Leben danach und gönnen sich kaum noch etwas. Sie reden zum Beispiel nicht mehr als notwendig, da es ja "Zeitverschwendung" ist. Oft arbeiten diese Menschen lang und oft. Das tut mir dann für diese Menschen sehr Leid. So etwas kann man kein Leben nennen, es ist viel mehr eine Qual. Sie sind aber stark davon überzeugt, dass sie das richtige tun.

Ich persönlich richte mich nicht so stark nach dieser Einstellung. Ich nehme mir die Zeit die ich brauche und das darf gerne auch mal länger ausfallen. Natürlich kommt es immer auch auf die Situation an, in einigen Situationen trifft dieser Spruch wirklich zu, auf andere eher weniger. Trotzdem orientiere ich mich nicht sehr stark danach.

Vor paar Jahren hatte ich mein eigenes Geschäft und da zeigte sich das deutlich, dass Zeit Geld ist. Je mehr Zeit ich an der Arbeit war, desto mehr Einkommen hatte ich. Ich bin aber ein bisschen zu faul und jetzt arbeite ich schon bei jemandem.

Dieser Satz besitzt einen wahren Kern. Aber man sollte ihn nicht zu ernst nehmen. Die Zeit darf man sich nicht stehlen lassen, dafür ist sie zu kostbar. Trotzdem tun manche Menschen das und das ist nervig und nicht fair. Wenn ich aber nach diesem Satz leben müsste, dürfte ich keine frei Minute für mich haben. Ich müsste jegliche Zeit verplanen, würde also von einer Minute zur anderen hetzen. Das kann nicht der Sinn sein.

Ich plane auch die Zeit ein, lasse mir aber genügend Freizeit, in der ich auch mal nichts mache und nur über die schönen Dinge des Lebens nachdenke. Denn was nutzt es, die Zeit einzuteilen und nur dem Geld hinterherzujagen, wenn man nicht einmal darüber nachgedacht, wofür man das macht. Man könnte auch sagen: „Geld ist ein Zeiträuber“. Denn das ist das Geld. Man hastet ihm hinterher, um möglichst viel anzuhäufen, aber die Zeit, es sinnvoll auszugeben, fehlt irgendwann.

Wenn wir dann genug Geld haben, fehlt uns die Zeit. Wir haben sie einfach im Laufe des Lebens vergessen, bis es zu spät ist. Man kann sie auch nicht nachholen. Sie ist unwiderruflich verloren. Wir werden es dann bedauern, uns die Zeit nicht besser eingeteilt zu haben, denn nun ist sie nicht mehr da.

Ich nehme es ebenfalls nicht allzu ernst. Wenn sich das ganze Leben nur ums Geld drehen würde dann könnte man ja gar nicht mehr glücklich werden. Meiner Meinung nach muss man Zeit und Geld auf die Goldwaage legen. Viele verbinden Zeit mit Leben, die anderen verbinden Geld mit Leben. Da muss man den richtigen Spagat schaffen damit man von beiden reichlich hat.

Die Regel befolge ich dann, wenn es echt brennt. Dann habe ich teilweise kaum Zeit, um mich mal hinzusetzen. Ja, es kam sogar schon vor, dass ich unter der Dusche geraucht habe, fragt mich bitte nicht, wie, es war irgendwie auch für mich komisch, aber ich hatte damals absolut keine Zeit mit 2 Jobs und noch dem Nachholen meines Abiturs. Das war der absolute Wahnsinn!

Zeit ist für mich eine sehr viel wichtigere Ressource als Geld. Ich haderte deshalb auch immer mit dem Konzept "Vollzeitarbeit". Ich halte es für Irrsinn, dass wir uns im 21. Jahrhundert bei dem Stand der Technik noch immer acht Stunden des Tages rauben lassen sollen. Zumal man ja meist hart arbeitet, um Sachen zu kaufen, die man nicht braucht, um Leute zu beeindrucken, die man nicht mag.

Zitat des tragischerweise früh verstorbenen Journalisten Johannes Gross:

"Erst laufen wir mit unserer Zeit dem Geld hinterher, dann mit unserem Geld der Zeit."