Studium vor Lehre aus Egogründen?

vom 03.01.2013, 00:41 Uhr

X hat letztes Jahr sein Abitur erfolgreich mit 2.5 bestanden. Er hat sich dann vorgenommen ein Biologiestudium zu machen, hat allerdings keinen Studienplatz bekommen. Deshalb hat er sich dazu entschieden Informatik zu versuchen. Das fand er dann allerdings reichlich theoretisch und so gar nicht so sein Ding. Seine Eltern haben dann auch vermehrt Druck gemacht und gesagt er sollte sich unbedingt für ein BA-Studium bewerben und eventuell sogar eine Lehre in die Fachrichtung machen, in die er später gerne gehen wolle. Das würde ihm gegenüber anderen einen Vorteil verschaffen, da er so frühzeitig zielstrebig in eine Richtung gehen würde. X kann auch wirklich nicht bestreiten, dass er momentan ohne Ziel ist.

Eventuell würde er gerne Biologie studieren, aber da sind die Berufsaussichten später nicht gerade rosig. X hat gehört, dass es nur in etwa jeder zehnte schafft einen Beruf zu ergattern nach diesem Studium. In diesem Bezug wäre Informatik natürlich das genaue Gegenteil. X hat auch schon überlegt dass ihm eine Ausbildung im Bereich IT in dem Belang helfen könnte, dass X damit das Durchhaltevermögen im Studium erlernen könnte. X hat sich auch schon überlegt sich selbstständig zu machen, aber ohne geeignete Basis in Form einer Ausbildung? Da wären die Chancen wohl von Anfang an mehr als zweifelhaft.

Da X das wie gesagt noch am Meisten interessiert - gibt es denn überhaupt Lehren im Bereich Biologie? Alle Bekannten von X die eine Lehre anstreben oder bereits hinter sich haben, bewegen sich im kaufmännischen Bereich. Allerdings studieren in seinem Bekanntenkreis auch mehr Leute als eine Lehre zu machen.

Irgendwie kommt es X aber auch etwas komisch vor eine Lehre zu beginnen, während viele seiner Freunde studieren. Das ist wohl auch eine Egosache, er findet dafür hätte er dann kein Abitur machen müssen.

Ich sehe es persönlich so dass das Ego da nichts verloren hat und man nur nach Interesse und danach gehen sollte, womit man gute Berufschancen hat.

» bellevine » Beiträge: 579 » Talkpoints: 5,50 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich finde die Aussage ebenfalls ziemlich schwachsinnig. Immerhin gibt es auch Ausbildungsberufe, bei denen nur Abiturienten genommen werden. Ein Bekannter von mir wird dieses Jahr seinen Realschulabschluss machen und interessiert sich für einen Beruf bei der Bank. Die Leute dort haben ihm allerdings bei seinem Praktikum gesagt, dass sie zwar rein theoretisch Realschüler nehmen könnten, aber er definitiv um einiges bessere Chancen hätte, wenn er sich noch drei Jahre Zeit nimmt, um das Abitur zu machen. Das war eine ziemlich deutliche Ansage.

Ich finde die Aussage auch in der Hinsicht schwachsinnig, dass man das Abitur doch auch für sich selbst macht und nicht nur, um später studieren zu können. Ich mache derzeit auch Abitur und habe hier schon so viele Dinge gelernt, die ich auch im Leben anwenden kann. Es ist zwar oft so, dass ich nur die Augen über den Lehrplan verdrehen kann und mich wirklich frage, wozu ich diesen oder jenen Stoff in meinem späteren Leben noch brauchen werde, aber es sind auch durchaus einige Sachen dabei, mit denen man später im Leben eventuell mal weiter kommt. Ich könnte bei vielen Gesprächen von Erwachsenen zum Beispiel nicht mitreden, wenn ich das Thema nicht in der Schule behandelt hätte.

Auch das Argument "wenn alle studieren, studiere ich eben auch" ist absoluter Blödsinn. X scheint mir wie ein Mitläufer zu sein und das mag im Kindesalter noch nicht so schlimm sein, aber wenn es um die eigene Zukunft geht, dann sollte man sich vielleicht Gedanken darum machen, was für einen persönlich der richtige Weg ist. Nur etwas zu machen, weil es die Freunde auch machen, erscheint mir wie das Verhalten von einem Zehnjährigen, aber von einem erwachsenen Mann sollte man etwas anderes erwarten. Ich hoffe er lässt sich das nochmal gewissenhaft durch den Kopf gehen und entscheidet sich dann für den Weg, den er am liebsten einschlagen will und der ihn weiterbringen wird, unabhängig von dem, was seine Freunde machen.

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Bei uns haben einige nach dem Abitur angefangen zu studieren und andere haben eine Ausbildung gemacht. Die, die eine Ausbildung gemacht haben, sind schon lange fertig und sind entweder fest angestellt oder haben danach noch studiert und arbeiten nebenher. Die werden ja auch besser bezahlt, wenn sie eine abgeschlossene Ausbildung haben.

Bei denen, die studiert haben, sah das etwas anders aus. Ich würde soweit gehen und sagen, dass fast 50%, wenn nicht mehr, an ihrer ersten Wahl gescheitert sind. Die haben entweder das Studium abgebrochen oder sind gewechselt. Nur die wenigstens von ihnen sind schon fertig und gehören mittlerweile beinahe zu den Langzeitstudenten. Sie stehen unter dem Strich immer noch mit nichts da.

Insofern verstehe ich nicht, wieso eine Ausbildung nach dem Abitur peinlich sein sollte. Es ist vielmehr sehr schlau. Studieren kann man immernoch und man sammelt Wartesemester und Lebenserfahrung. Ich bin mir sicher, dass man mit 18 Jahren anders studiert, als mit 21 Jahren oder später. Ich wünschte mir, dass ich nach dem Abitur nicht wertvolle Zeit mit studieren verschwendet hätte. Es gibt nämlich tatsächlich auch Studiengänge, die nicht wirklich viel bringen und wo man hinterher auch Arbeitslosengeld beantragen muss.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge



Eine Ausbildung bei der Bank wurde ja bereits erwähnt. Das ist so ziemlich der Klassiker mit dem man beweisen kann, dass man als nicht studierter teilweise mehr Einkommen haben kann als ein studierter Mensch. Man erinnere sich an die Diskussion in den Medien vor kurzem, wo angeprangert wurde, dass viele Filialleiter einer Sparkasse angeblich sogar mehr Geld im Monat bekommen als die Bundeskanzlerin. Wenn einem das nicht reicht, weiß ich auch nicht, wofür man sich da schämt.

Wenn man einen Studienplatz nicht bekommt, würde ich nicht unbedingt in einem Fachgebiet anfangen, das absolut anders ist als das Wunschfach. Biologie und Informatik, unterschiedlicher könnten die Studiengänge kaum sein. Das eine hat mit Natur zu tun, das andere mit toter Technik und Theorie. Dass man da eine Bauchlandung hinlegt, das ist eigentlich nicht weiter überraschend.

Wenn ich X wäre, würde ich mich, wenn es denn unbedingt ein Studium sein soll, nach etwas umsehen, das grob in die Richtung der Biologie geht. Es gibt da ja diverse Studiengänge an Fachhochschulen in Richtung Gartenbau, wenn man sich eher für Pflanzen interessiert. Wenn man sich für Gewässerökologie interessiert gibt es Studiengänge wie Limnologie oder Fischwirtschaft. Wenn man sich eher für Tiere interessiert, könnte Tiermedizin X entgegenkommen. Wenn man sich für Umweltphänomene interessiert wäre es vielleicht hilfreich, sich mal über den Studiengang Geoökologie zu informieren. Wenn man keine Ahnung hat, was diese Studiengänge bedeuten, dann kann man sich heute im Internet ganz leicht Studienordnungen und Infomaterialien der Fakultäten besorgen oder Kontakt zu den Studienfachberatern aufnehmen. Mit etwas Glück findet man unter solchen selteneren Fächern sogar welche, in die man sich ohne Numerus Clausus einfach so einschreiben kann.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



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