Arztbesuche als Hobby bei Senioren?

In einem anderen Thread berichtete ich bereits von meiner Schwiegermutter, die sich mit Händen und Füßen weigert zum Arzt zu gehen. Nun habe ich aber auch das krasse Gegenteil in meiner Familie, meine Oma. Zu Weihnachten bekam ich von ihr eine Karte, wo sie mir berichtete, dass sie lange Zeit krank gewesen sei und sich nicht gut fühle.

Da ich mit meiner Oma keinen direkten Kontakt habe, fragte ich meinen Vater nach der Krankheit meiner Oma. Er lachte daraufhin nur und meinte, dass meine Oma keine wirklichen Freunde mehr habe und bei Langeweile eben einfach mal zum Arzt geht. Erst dachte ich er macht einen Witz, doch er meinte das durchaus ernst. Meine Oma nutzt die freie Zeit an Vormittagen gern, um einfach mal zum Hausarzt zu gehen. Dort im Wartezimmer gibt es immer ein paar Gleichgesinnte mit denen sie sich austauschen kann, es gibt die neusten Zeitschriften und die Zeit geht auch schnell vorbei.

Kann es wirklich ein Hobby sein, wenn man ständig zum Arzt geht? Wieso gibt es so verschiedene Extreme, der eine geht nur unter Zwang zu Arzt, der andere wiederum denkt schon an den Notarzt, wenn er sich leicht in den Finger schneidet. Was läuft da schief, wenn ein Mensch keine andere Beschäftigung für sich findet, als im Wartezimmer des Arztes mit anderen Menschen über Krankheiten zu sprechen? Kennt ihr solche Leute möglicherweise auch, die sich die Zeit auf diese Weise vertreiben? Kann man solchen Menschen irgendwie helfen, denn normal ist das doch nicht?

Das Thema haben wir neulich auch erst besprochen und wir sind auch zu dem Entschluss gekommen, dass es wirklich Menschen gibt, denen die Aufgabe fehlt und deswegen freuen sie sich regelrecht auf Sachen, die ihren Alltag abwechslungsreicher gestalten. Und das kann dann eben schon auch ein Arztbesuch sein. Man muss aber klar unterscheiden, ob die Person dann wirklich krank ist, oder nur schwatzen möchte.

Ich kenne beide Seiten. So gehen einige Rentner täglich zum Hausarzt, um sich Heparin spritzen zu lassen. Das könnten sie gut und gerne auch allein daheim machen oder von einem Angehörigen machen lassen. Das ist kein großer Akt und dauert auch nicht lange. Aber zum einen kommen sie aus ihrer Sicht dann täglich an die frische Luft und zum anderen können sie mal wieder ein Schwätzchen mit dem Arzt oder der Schwester halten. Neulich war ich mal beim Arzt und habe das miterlebt. 20 Minuten für eine Sache, die nicht einmal eine Minute dauert. Und das nur, weil die Person sich über das Wetter und seine Tochter mit der Schwester unterhalten wollte. Da fehlt mir dann schon etwas das Verständnis.

Zum anderen gibt es wirklich Rentner, die nichts haben. Die haben ihr Leben lang geackert und mögen es nicht, wenn sie daheim tatenlos herum sitzen. Sie sind dann richtig aufgeregt, wenn sie mal wieder zum Arzt dürfen. Da kommen sie raus, stehen mal im Mittelpunkt. Irgendwann gehen sie dann eben zum Arzt, auch wenn sie nichts haben. Und man muss ja auch keine Angst vor dem Arzt haben, wenn man nichts hat und gesund ist. Viele denken sich ja, dass man nicht gern zum Arzt geht. Das liegt aber daran, dass man normalerweise dann geht, wenn man auch was hat. Hat man nichts, ist der Besuch nicht schlimm.

Dann erzählt man eben von den Rückenschmerzen, den Knieschmerzen. Im Alter hat man ja immer etwas. Aber daran hat man sich eigentlich schon gewöhnt und ein Arzt kann auch nicht zaubern und einen wieder jünger machen. Aber er redet mit einem, untersucht einen, erkundigt sich nach der Familie. Tja, und immer wenn man das vermisst, geht man eben zum Arzt. Der muss einen ja ernst nehmen. Hat man Langweile, geht man zum Arzt. Da geht auch mal schnell eine Stunde rum, oder auch mehr. So kann man dann den Tag auch füllen.

Ich bin Arzthelferin und kann das leider bestätigen. Immer wieder gibt es Patienten, die ständig den Arzt aufsuchen, ohne wirkliche Beschwerden zu haben und ohne, dass der Arzt bei der Untersuchung irgendwas findet. Ich finde sowas einfach nur traurig, diese Leute sollten sich meiner Meinung nach in der Gemeinde engagieren oder sich einen Seniorenclub oder Ähnliches suchen.

Es ist eine Unverschämtheit, den wirklich kranken Menschen, die Termine wegzunehmen. Des Weiteren verlieren die Personen einfach an Glaubwürdigkeit, was eventuell schaden könnte, wenn sie wirklich mal krank sind.

Es macht da sicherlich einen Unterschied, ob man wirklich krank ist, oder man einfach nur reden möchte. Es gibt beide Typen. Im Alter nehmen aber auch die Gebrechen und Krankheiten zu. Es gibt also durchaus auch Rentner, die da nicht zu ihren Spaß hingehen.

Leider gibt es viele ältere Menschen, die da einfach nur zum Reden hingehen und das mindestens ein Mal in der Woche. Beim Arzt wird dann auch nur miteinander gesprochen, mal ein Bluttest gemacht, aber schlimm ist das ja nicht und deswegen nutzen sie es eben um Bekannte zu sehen und reden zu können. Man kommt so ja auch leichter in Kontakt, weil es nur wenige Veranstaltungen speziell für ältere Menschen gibt und so kann man sich beim Arzt eben schneller wiedersehen.

Ich kenne solche Leute zum Glück in meiner Familie nicht. Ich kann mir allerdings auch nicht vorstellen das man aus Langeweile zum Arzt geht, eventuell hat deine Oma eine Krankheit die ihr einfach nicht kennt weil Sie es euch nicht sagen will. Ich meine deine Oma hat ja auch eine Privatsphäre, oder hast du es von ihr gehört das Sie nur aus Langeweile und um mit anderen Menschen zu plaudern zum Arzt geht, soweit man deinem Thread entnehmen kann, doch nur von deinem Papa. Eventuell solltest du mit deiner Oma mal ein Gespräch suchen und die wahren Hintergründe der vielen Arztbesuche hinterfragen.

Ich würde mir nie ein Urteil darüber erlauben alten oder einsamen Menschen zu unterstellen aus "Hobby" zum Arzt zu gehen und ich finde es keinesfalls eine Unverschämtheit, wenn alte und einsame Menschen den Arzt aufsuchen und war eher entsetzt, dass von einer Arzthelferin hier zu lesen. Einsamkeit kann krank machen und Gebrechen sind oft nicht diagnostizierbar. Ich habe beispielsweise starke Schmerzen in den Beinen. Ich wurde schon auf den Kopf gestellt und es ist einfach nichts zu finden bei mir. Deswegen gehe ich auch nicht mehr wegen dieser Beschwerden zum Arzt, weil ich mir schon dumm vorkomme. Wenn ein Arzt keine Diagnose stellen kann heißt es nicht immer, dass der Patient auch keine Beschwerden hat,

Ich denke, dass nur ein Arzt wirklich sagen kann ob es ein "Hobby" eines Patienten ist oder nicht und wenn die Oma zum Arzt geht um sich die Zeit zu vertreiben, dann hat sie meines Erachtens auch ein Recht darauf. Da Einsamkeit auch krank machen kann ist das doch die beste Medizin. Ich finde, dass man da einfach auch nicht viel zu sagen kann, wenn man selber kein Arzt ist oder selber nicht in der Person steckt, die wegen "ihrer Beschwerden" zum Arzt geht.

Es ist schon auffällig, dass viele Ältere die Wartezimmer der Arztpraxen gut befüllen, aber ich möchte dies nicht als Hobby bezeichnen. Umso erstaunter war ich eben, dass ausgerechnet eine Arzthelferin dies hier bestätigt. Aber ich empfinde es dann als unverschämt, den Menschen zu unterstellen, dass sie anderen die Termine wegnehmen. Ich kam bisher trotz älterer Leute immer zu meinen Untersuchungen und ich finde es irgendwie traurig, dass manche Ältere sich ihre sozialen Kontakte in der Arztpraxis suchen müssen. Aber ich würde niemals behaupten, dass die Älteren meinen Termin stibitzen würden.

Ich finde es sowieso verwerflich, dass manche einem unterstellen zu simulieren, wenn man alle paar Wochen den Arzt aufsucht. Bei den älteren Leuten ist dies genauso der Fall und es ist nun einmal Fakt, dass im Alter die Gebrechen zunehmen. Außerdem ist dass Arztgespräch auch eine Art sozialer Kontakt und wenn man als Familienmitglied miterlebt, dass eine ältere Dame nur so zum Spaß den Arzt aufsucht, sollte man sich Gedanken machen, ob da nicht mehr dahinter steckt. Ich denke auch, dass viele Senioren sich einsam fühlen, aber was wirklich hinter den Arztbesuchen steckt, das mag nur der Arzt zu beurteilen.