Kindermangel in Deutschland - wie ändern?

vom 18.12.2012, 05:55 Uhr

Schon seit langen wird beklagt, dass die Deutschen zu wenig Kinder bekommen. Ein Durchschnitt von 1,4 Kindern pro Frau sei zu wenig, manchmal wird behauptet Deutschland sterbe im Laufe der Zeit aus. Auch das Deutschland dadurch im Durchschnitt immer älter wird, wird immer wieder beklagt.

Dabei hat die Politik in der nahen Vergangenheit zumindest versucht mit Gesetzen und Maßnahmen gegen diese Entwicklung vorzugehen. Mit Elternzeit und Elterngeld sollten auch die Väter überzeugt werden, sich mehr für die Kinder einzusetzen, Kitaplätze werden immer wieder gefordert und mit Geld unterstützt. In diesem Jahr wurde nach langer Diskussion die so genannte Herdprämie beschlossen. Für viele Beobachter eher ein Rücktschritt.

Dabei ist die Ursache für den Kindermangel nach Meinung der meisten Spezialisten schnell gefunden. Frauen können Karriere und Familie nicht vereinbaren und entscheiden sich meist für die Karriere. Väter, die zuhause bleiben sind immer noch eine Seltenheit. Familie wird daneben oft nicht als eine Bereicherung des Lebens gesehen. Nach neuesten Umfragen, glauben die wenigsten kinderlosen Paare, dass ihr Leben mit Kindern erfüllter oder glücklicher wäre.

Woran liegt es aber nun wirklich und glaubt ihr, dass die Politik in den letzten Jahren genug und die richtigen Schritte eigneleitet haben?

» Mia1989 » Beiträge: 165 » Talkpoints: 11,38 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Was bringen denn Gesetze, wenn am Ende die zugesicherten Plätze für die Kinderbetreuung nicht vorhanden sind? Es liegt nicht daran, dass Frauen lieber Karriere machen und Männer belächelt werden, wenn sie die Erziehungszeit nehmen. Die Gründe sind an ganz anderer Stelle zu suchen.

Seit Jahren wird gepredigt, dass Arbeitnehmer flexibel sein sollen. Vor allem was die Arbeitszeiten angeht. Nur wie soll es denn gehen, wenn man keine Betreuung für die Kinder hat? Man kann nicht das Eine wollen, aber das Andere nicht bieten. Und wie viele Mütter gibt es denn, die gern arbeiten würden, aber die Kosten für die Kinderbetreuung gar nicht aufbringen können.

Wenn man jetzt argumentiert, dass auch da der Staat hilft, ist das ja gut und schön. Aber dazu darf man eben auch nicht viel verdienen. Nur dann kommen wir wieder zu dem Punkt, dass es sich dann gar nicht mehr lohnt zu arbeiten. Dazu kommt noch, dass viele Mütter gar keinen Platz in der Kindertagesstätte für ihr Kind bekommen, wenn kein Job dahinter steht.

Können sie dann einen Job vorweisen, sind die Plätze alle belegt. Ein Kreislauf, welcher durchbrochen werden muss und das zu bezahlbaren Preisen. Immerhin gibt es auch kommunale Plätze, die schon seit Jahren mehrere hundert Euro im Monat kosten. Welche normale Familie kann sich das denn leisten?

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich glaube, auf die Frage, wieso sich die Deutschen nicht genug vermehren, um die Rente zukünftiger Generationen zu sichern, gibt es keine pauschalen Antworten. Man müsste an vielen Fronten ansetzen, nicht zuletzt in den Köpfen der Menschen, aber das betrachte ich als unzulässigen Eingriff von der Seite des Staates.

Meiner Meinung liegt es wohl daran, dass Frauen bei uns wirklich die Wahl haben und Kinder, wenn man rational abwägt, wirklich nicht für jeden etwas sind. Meine Uni-Professorinnen waren beispielsweise alle drei kinderlos. Wer mal eben von einem Ende der Republik ans andere ziehen muss oder zu Forschungszwecken die Hälfte des Jahres in Nigeria, Singapur oder auf den Philippinen verbringt, muss eben an anderer Stelle zurückstecken. Die Damen hätten bei aller Intelligenz und Kompetenz ihre beeindruckenden Karrieren vergessen können, wenn sie sich ihnen nicht mit dem gleichen Einsatz gewidmet hätten wie ihre männlichen Kollegen. Wieso hätten die sich noch Kinder antun sollen?

Ich habe außerdem mal ein paar Monate in einem europäischen Nachbarland gelebt, da wird noch mit Anfang 20 geheiratet und es werden ein paar Kinder gekriegt, weil das die Gesellschaft und die religiöse Prägung erwartet. Da schafft aber auch in der bürgerlichen Gesellschaft der Mann die Kohle ran, Oma und Opa sind Mitte vierzig und wenn Frau wieder ein bisschen arbeiten gehen will, betreuen die den Nachwuchs. Aber ich habe schwer den Verdacht, dass das auch nicht mehr lange so läuft. Irgendwann dämmert den Damen auch dort, dass sie diese Enge und diese vorgeschriebenen Wege nicht mehr aushalten müssen, und dann wird es auch allmählich vorbei sein mit der Kinderwagen-Idylle.

Meinem Gefühl nach gibt es in Deutschland außerdem mittlerweile mehr Hunde als Kinder und es wird ihnen auch mehr Toleranz entgegengebracht. Kinder sind hierzulande keine Selbstverständlichkeit und keine ganz natürlichen Begleiterscheinungen des Lebens mehr. Und wer - wie ich zum Beispiel - aus Mangel an Gelegenheiten kaum mal einem Kind begegnet oder sich näher mit einem befasst, der sieht auch nicht, dass Kinder durchaus eine Bereicherung sein können und nicht nur zum Klavierunterricht und zur Nachhilfe gefahren werden müssen, wenn nicht gerade der Therapeut ansteht. Überspitzt formuliert.

Verbesserte Kinderbetreuung macht bestimmt einen gewissen Unterschied, aber wer kein Kind möchte, wird wohl auch keins kriegen, wenn er oder sie es von anderen betreuen lassen kann.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Es ist wirklich so, dass nicht jeder Deutsche heutzutage Kinder haben möchte und das es wirklich zu wenig Kinder heutzutage in Deutschland gibt. Gut, dass Deutschland während der Zeit jetzt aussterben wird, dass glaube ich eher weniger, immer hin gibt es jedes Jahr neue Nachkömmlinge, die uns ehrenwert irgendwann vertreten werden, auch wenn es nicht viele Nachkömmlinge sind, so wie es früher einmal war.

Also, dass die Politiker in der Vergangenheit versucht haben, mit dem Elterngeld und der Elternzeit auch für die Väter sich dafür einzusetzen, dass Deutschland weiterhin animiert wird, mehr Kinder zu bekommen, sehe ich nicht so. Wenn ich mal bedenke, dass eine Frau mehr Geld im Arbeitsleben verdient und wenn sie dann ein Kind bekommt, sehr wenig Geld erhält, sodass sie auf das Geld vom Staat zurückgreifen muss, obwohl der Vater des Kindes auch arbeiten geht. Dann frage ich mich tatsächlich, wo die Motivierung für das Kinderbekommen sein soll. Immer hin wird das Elterngeld vom Staat abgezogen, sobald man als Mutter finanzielle Hilfe vom Staat benötigt, weil der Vater zu wenig verdient bei einem Vollzeitjob und man dann aber Unterstützung benötigt.

Meiner Meinung nach ist man heutzutage aufgeschmissen, wenn man als arbeitende Frau ein Kind bekommt. Zu Mal die meisten Frauen Angst haben, nachdem Kinder kriegen nicht wieder in ihren alten Job hinein zu kommen, da die heutigen Arbeitgeber keine Rücksicht auf Kinder nehmen und die meisten Arbeitgeber auch Vorurteile haben gegenüber Müttern die Kinder haben, da sie ja angeblich nicht flexibel sein, wenn das Kind beispielsweise mal krank sein würde. In vielen Hinsichten stimmt es schon, aber nicht jede Mutter ist unflexibel nur, weil sie ein oder zwei Kinder besitzt. Immer hin gibt es Kindergarten ­die Ganztages Gruppen anbieten, wo denn eine Betreuung des Kindes während der Arbeitszeit gewährleistet ist, aber die Mutter halt Angst hat nachdem Kinder bekommen keinen Job mehr zu bekommen und ich finde die Angst nicht unbegründet.

Die Politiker sollten in Deutschland einiges Grundlegend ändern, auch hinsichtlich des Arbeitsverhältnis, damit die Frauen und Männer mehr dazu motiviert werden, mehr Kinder zu bekommen.

» kai0409 » Beiträge: 3345 » Talkpoints: 72,64 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich habe auch den Eindruck das in Deutschland weniger Kinder geboren werden. Nun hat das sicherlich mehrere Gründe, wobei natürlich die Arbeit ein sehr wichtiger Grund ist.

Wenn man studiert, dauert es ziemlich lange, bis man sich ein Kind leisten kann. Ansonsten möchte man sich in vielen Fällen auch weiterbilden und seine Karriere fördern. Das führt dann dazu, dass die Frauen und Männer älter werden und manche es verpassen, ein Kind zu machen.

Dazu kommt sicherlich auch das Finanzielle. Zwar hat man eine Absicherung durch den Staat, aber das ist ja so wenig, dass man kein Interesse an Kindern bekommen könnte. Elternzeit und Elterngeld sind da schon mal ein Schritt in die richtige Richtung, aber auch die Absicherung der Kinder durch Kindergartenplätze sollte gegeben sein, sodass die Eltern bald wieder arbeiten gehen können.

Man findet auch nicht immer gleich den richtigen Partner und manche wollen eben einfach keine Kinder, weil sie sich den Stress nicht aussetzen möchten. Das ist ja auch eine Einstellung. Nicht jeder ist dafür geeignet und es kann auch nicht jeder Kinder haben.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Warum immer weniger Kinder geboren werden, liegt für mich ganz klar auf der Hand: Kinder sind teuer, mit Kindern gerät man schnell ins soziale und wirtschaftliche Abseits, Deutschland ist von allen Einrichtungen her sehr kinderunfreundlich und beruflich beendet man mit einem Kind seine Karriere. Der Kinderwunsch wird dagegen nicht wirklih unterstützt-

Kinder sind immer nochunheimlich teuer. Das Kindergeld wiegt das nicht annähernd auf. Es sind ja nicht nur die Lebensmittel, sondern es kommen die Kleidung hinzu, die teilweise mehr kostet als für einen Erwachsenen,weil sie aus der Kleidung auch noch herauswachsen und im dümmsten Fall dreimal im Jahr neu eingekleidet werden müssen.

Weil weniger Geld zur Verfügung steht, kann man sich kaum noch etwas leisten, auch nicht mehr ausgehen. Freizeitaktivitäten mit Kind sind selten und kaum erschwinglich. Freizeitaktivitäten ohne Kind sind auch zu teuer geworden und außerdem muss man sich immer noch überlegen, wo man die Kinder lässt und das evtl. auch noch finanzieren. Ein Urlaub ist kaum noch drin. Wirtschaftlich wird man von den anderen belächselt und die Karriere kan man vergessen, da man auch nicht mehr so flexibel ist, wegen der Krankheit der Kinder viellleicht öfter aus fällt.

Einrichtunge für Kinder gibt es kaum. Was nutzt einem ein Kindergarten mit Öffnungszeiten von 9 bis 12, wie es sie hier öfter gibt? Spielen ohne Gefahr und wo Lärm toleriert wird, ist kaum noch irgendwo möglich. Und die Schulen sindoft das Allerletzte. Unmotivierte Lehrer, die an den Kindern ihre schlechte Laune aus lassen und ihnen kaum etwas beibringen.

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Gerbera hat geschrieben:Meiner Meinung liegt es wohl daran, dass Frauen bei uns wirklich die Wahl haben und Kinder, wenn man rational abwägt, wirklich nicht für jeden etwas sind.

Bei dir hört sich das geradezu positiv an, aber ist es nicht fast schon traurig, dass Frauen eben vor die Wahl gestellt werden und sich nicht wie die Väter bewusst für beides entscheiden können?

» Mia1989 » Beiträge: 165 » Talkpoints: 11,38 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Natürlich ist es traurig, aber schwanger werden können nun mal nur Frauen. Und sich das ganze Theater und die verschieden stark ausgeprägten Unannehmlichkeiten von Schwangerschaft und Geburt anzutun, um das Kind nach ein paar Wochen schon in Betreuung zu geben und sich wieder vor den beruflichen Karren zu spannen, das würde ich auch nicht wollen.

Also bliebe die Karriere wohl auf der Strecke. Bei aller Emanzipation bin ich nach wie vor der Meinung, es ist ein Unterschied, ob man ein Kind neun Monate lang ausbrütet oder dabei zusieht. Ich will nicht sagen, dass Väter keine enge Bindung zum Nachwuchs haben können (echt nicht!), aber sie müssen sich nicht in diesem ganz konkreten, physischen Sinn dafür entscheiden, wofür sie ihren Körper und ihre Energie in die Waagschale werfen.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


@Mia1989: Ich glaube da hast du etwas falsch verstanden. Im Gegensatz zu anderen Ländern kann sich hier eine Frau bewusst für ein Kind oder eben dagegen entscheiden. Und das eben auch schon bevor ein Kind entsteht. Sie kann sich auch aussuchen, ob sie Kind und Karriere parallel in Angriff nehmen will.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Freut mich zu sehen, dass hier eine echte Diskussion stattfindet! Meiner Meinung nach ist es wie @Punktedieb es gesagt hat, dass Frauen hier einfach vor die Wahl gestellt werden. Entweder man entscheidet sich für die Karriere, oder man entscheidet sich dafür Mutter zu sein. Es gibt dann natürlich auch Ausnahmen wie zum Beispiel in meiner ehemaligen Schulklasse, dass eine Kameradin drei Jahre vor dem Abitur "gewollt" Mutter wurde. Das mit der Karriere wird jetzt soweit ich sie durch ihre Aussage "Langsames Rauchen während der Schwangerschaft würde dem Kind nicht schaden" einschätzen kann.. eher nichts.

Es ist Fakt, dass immer weniger Frauen Mütter werden wollen. Das wird oft mit Schmerz und vielen negativen Dingen verbunuden. Ich kann das nicht abstreiten, da ich ein Mann bin, aber dennoch.. Gerade in vielen Osteuropäischen Ländern ist es so, dass die Geburtenraten immer noch sehr hoch sind. Aus Polen weiß ich, dass die meisten Akademiker aufgrund der wirtschaftlichen Arbeitslage an der Kasse im Supermarkt arbeiten. Viele bekommen nicht diese Chance die Karriere zu ergreifen, deshalb entscheiden sich viele fürs Mutter sein.

Das Problem in Deutschland ist nicht, dass man die Wahl hat, sondern dass man allen eintrudelt dass Karriere das wichtigste im Leben wäre. Viele Frauen sagen auch, sie wöllten gerne ein Kind, wenn sie es aber gleich nach dem Studium bekämen, könnten sie den Wiedereinstieg in den Beruf vergessen. Andersherum sagen sie dann jedoch wieder, mit 30 wäre man zu alt ein Kind zu bekommen. Deshalb ist es schwer unter dem heutigen Druck sich frei entscheiden zu wollen. Aus Angst sagen sich viele dann lieber, dass sie es bei einem Kind belassen, oder gar ganz lassen.

Was aber mit den Leuten ist, die keine große Karriere ansteuern? Das bleibt offen.

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» Zollstock » Beiträge: 338 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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