Wie kann man aus Schicksalsschlägen gestärkt herausgehen?

vom 10.12.2012, 21:37 Uhr

Angeblich soll man in allen Dingen, die einem so widerfahren, auch etwas Positives mitnehmen und auch gestärkt aus einem Schicksalsschlag jedweder Art herausgehen. Allerdings frage ich mich, wie man diesen Prozess wirklich gestärkt beenden kann und was man selbst dazu beitragen kann, um einen Schicksalsschlag nicht nur als etwas negatives zu betrachten.

Wie kann man aus einer noch so schrecklichen Situation wirklich optimistisch bleiben und wirklich auch für sich selbst Stärke finden? Ist jede noch so aussichtslose Situation etwas, was man für sich selbst auch als etwas Positives betrachten könnte und wenn ja, wie schafft man es? Kann es nicht auch sein, dass man sich selbst damit etwas vormacht?

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Wenn es ein Patentrezept geben würde, um aus Schicksalschlägen als ein besserer, stärkerer und mitfühlenderer Mensch hervorzugehen, würden sich die meisten von uns mit zunehmendem Alter immer mehr zum Positiven entwickeln und spätestens als Rentner charakterliche Vollkommenheit erreichen.

Schicksalsschläge machen vor niemandem halt, aber bei weitem nicht jeder Mensch kann darin etwas Positives finden. Das halte ich auch für ganz normal: Krankheit, Unfälle und Tod, aber auch Verbrechen, Missbrauch oder finanzielle Katastrophen sind an und für sich ja nichts Positives. Man kann lediglich versuchen, an Schicksalsschlägen nicht kaputt zu gehen, sich in Alkohol und Drogen zu flüchten oder so vergrätzt oder bitter zu werden, dass man einsam dahin vegetiert. Falls das gelingt, und das ist verständlicherweise bei weitem nicht immer der Fall, weil es wirklich grauenhafte Schicksalsschläge gibt, an denen so gut wie jeder zerbricht, ist es möglich, gestärkt daraus hervor zu gehen. Aber eine Garantie gibt es natürlich nicht.

Ich finde aber auch nicht, dass es sich bei der Vorstellung, Schicksalsschläge hätten irgendwo auch etwas Positives, um eine Illusion handelt. Wer einmal "ganz unten" war und sich wieder aufgerappelt hat, kann beispielsweise mit Alltagsproblemchen viel gelassener umgehen und seinen Mitmenschen mehr Mitgefühl entgegen zu bringen. Viele Leute engagieren sich ja auch deshalb für Hilfsprojekte, weil sie selbst oder ihre Lieben ebenfalls mal in einer schlimmen Lage waren und Hilfe bekommen haben. Und diese Hilfe geben sie jetzt weiter. Das ist natürlich nicht sehr spektakulär, aber dennoch zeigt es, dass schlimme Erlebnisse nicht nur negative Konsequenzen haben müssen.

» Gerbera » Beiträge: 11322 » Talkpoints: 50,48 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ich finde, gestärkt geht man allein schon daraus hervor, wenn man erkennt, dass man es überlebt hat. Danach weiß man, dass man so viel aushalten kann. Vorher wusste man nicht, dass man solch einen Schicksalsschlag wirklich aushalten könnte. Man hört immer nur von anderen, die solche Schicksalsschläge hatten und hat sich immer gefragt, wie die das nur packen. Hat man ihn selbst überlebt, weiß man von seiner Stärke.

Aber das muss man auch erst mal erkennen. Ich denke, es hängt viel damit zusammen, wie man seine Situation bewertet, wie man in Gedanken mit ihr umgeht. Wenn man nur jammert und fragt "Warum ich?" bringt einen das nicht weiter. Aber durch die Phase muss man halt auch mal durch. Im Grunde durchlebt jeder diese vier oder fünf Phasen der Trauer. Trauer bedeutet ja nicht nur unbedingt Trauer um einen Menschen. Das Modell lässt sich erweitern.

Erst will man es nicht wahrhaben, dann ist man total traurig, dann überdenkt man die veränderte Situation, tastet sich langsam an sie an und dann lernt man, mit der neuen Situation zu leben. Manche Menschen überspringen eine Phase. Das ist nur bei den ersten beiden ratsam. Mit der Situation letztendlich klarzukommen ist absolut notwendig. Wie lange welche Phase dauert und welche man auslässt, ist denke ich vor allem charakterabhängig.

Aber das lässt sich schon auch steuern. Entweder von einem selbst oder eben durch Hilfe von anderen. Dabei geht es vor allem um die Einstellung zur Situation, aber auch generell zum Leben. Viele finden Kraft im Glauben an Gott - der wird sich schon was dabei gedacht haben -, andere verlieren ihren Glauben. Ich finde nicht, dass das etwas mit Vormachen zu tun hat. Es ist eine Einstellungssache. Aber wie man das tatsächlich schafft, ist von einem selbst abhängig. Wie Gerbera schon sagte, es gibt kein Patentrezept. Hauptsache ist, man beschäftigt sich damit und schiebt es nicht immer von sich weg. Wie gesagt, diese Phase darf einfach nicht fehlen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass man das nicht so leicht beschreiben kann. Ich bin auch nicht sicher, ob eine Anleitung nach Schema X hier überhaupt möglich, geschweige denn zielführend wäre. Ich bin beispielweise ein von Natur aus sehr sehr positiver Mensch und ziehe, fast wie von selbst, aus Verlusten, Krankheit und was sonst noch so anfällt, immer noch irgendetwas Gutes heraus. Nach der angemessenen "Schockzeit", die wohl jeder braucht, natürlich, und auch bei mir gäbe es sicher Grezen ab denen ich das nicht mehr schaffen würde oder wollte.

Nun bin ich zwar nicht gegen entsprechende Literatur und man kann auch daraus einiges lernen, ich sehe die ganze "positives Denken lernen"-Geschichte aber mehr als zwiespältig. Habe ich beispielweise eine Phase oder eine Situation in meinem Leben wo mir optimistisches Denken nicht von selbst gelingt, und versuche mich dazu zu motivieren, so klappt das meist gar nicht und schlägt im Gegeteil schnell in Unwillen um.

Sicher kann man sich selbst fragen welchen Nutzen man aus einer Sache zieht, versuchen auch die schönen Aspekte des Lebens nicht zu vergessen usw. Aber krampfhaftes "Alles ist gut, es gibt gar kein Problem!!" ist meines Erachtens nach ganz und gar nicht erstrebenswert sondern eher fast gefährlich.

» bellevine » Beiträge: 579 » Talkpoints: 5,50 » Auszeichnung für 500 Beiträge



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