Warum bewirbt man sich auf Stellen, die man nicht will?
Als ich mich zuletzt auf eine Stelle beworben habe, die ich weder passend für mich fand, weil ich dem geforderten Bewerberprofil nicht wirklich entsprochen habe und die ich außerdem auch nicht machen wollte, handelte es sich tatsächlich auch um eine Empfehlung des Arbeitsamtes und ich war dazu verpflichtet, mich schriftlich zu bewerben und das auch jeweils nachzuweisen. Aus anderen Gründen bewerbe ich mich grundsätzlich nicht auf Stellenangebote, die ich als nicht passend für mich empfinde oder die mir zwar zusagen würden, bei denen ich mich aber nicht für qualifiziert genug halte.
Ich denke, dass es nicht wirklich Sinn macht, wenn man sich auf solche Stellen bewirbt, insbesondere dann nicht, wenn man bestimmte Anforderungen nicht erfüllen kann, die der potenzielle zukünftige Arbeitgeber an seine Bewerber stellt. Würde ich mich auf eine Stellenausschreibung bewerben, in der beispielsweise Chinesisch-Kenntnisse gewünscht werden, dann wäre ich sicherlich eine der ersten, deren Bewerbung aussortiert wird. Schon allein aus diesem Grund sehe ich mittlerweile von solchen Bewerbungen ab, die nicht sonderlich vielversprechend sein dürften.
Mit Prahlen hat es sicherlich nichts zu tun, wenn ein Mensch viele Bewerbungen schreibt und ich habe auch noch niemanden erlebt, der damit hätte angeben wollen. Wenn jemand von sich selbst erzählt, wie viele Bewerbungen er schon verschickt hat, dann steht das meistens in einem Zusammenhang mit seiner schwierigen beruflichen oder sogar persönlichen Situation, und die Angabe einer bestimmten Anzahl von geschriebenen Bewerbungen in einem bestimmten zeitlichen Ablauf soll dann wohl eher unterstreichen, wie schlecht es um seine berufliche Zukunft oder wenigstens seine jetzige Situation bestellt ist.
Einen anderen Grund für Bewerbungen auf freie Stellen, die man selbst gar nicht besetzen möchte, kenne ich daher auch wirklich nur vor dem Hintergrund, dass das Arbeitsamt Druck macht oder weil jemand wirklich dringend Arbeit sucht und ihm mittlerweile egal ist, wo er arbeiten wird und als was genau.
Ich habe Gott sei Dank einen festen Job, sodass ich mir darüber keine Gedanken mehr machen muss. Allerdings, als ich diesen Job noch nicht hatte und auf Arbeitsuche war, habe ich Bewerbungen fast überall hingeschrieben, auch wenn es eigentlich nicht das war, was ich machen wollte. Ich war nur einen Monat lang ohne Arbeit, direkt nach der Ausbildung. Aber damals war es mir, egal was ich mache, Hauptsache ich habe überhaupt Arbeit und bin nicht vom Amt abhängig. Ich habe die Bewerbungen aber alle gleich geschrieben. Der Arbeitgeber hat also nicht gemerkt, ob ich diesen Job unbedingt haben möchte oder aber, er nur eine Alternative für mich wäre. Aber ich denke es gibt viele Menschen, die Wollen nur ihren „Traumjob“ und sonst nichts. Wenn sie dann vom Amt abhängig sind, weil sie schon länger Arbeitsuchend sind, müssen sie Bewerbungen schreiben, um weiterhin auch Geld zu erhalten. Ich kann mir gut vorstellen, dass dann einige das nicht so ernst nehmen.
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich im Jahr 2009, als ich auch vorübergehend auf Arbeitssuche war, sehr viele Bewerbungen geschrieben habe. Erst habe ich mich nur auf Büro-Jobs in meiner Region beworben. Als dies erfolglos blieb, habe ich mit mir selber einen Kompromiss gemacht und mich auch bei Firmen, beziehungsweise auf Stellen beworben, die nicht unbedingt in Wohnortnähe waren, also auch schon mal 30 Kilometer entfernt waren.
Dann war ich irgendwann so verzweifelt, dass ich mich sogar als Verkäuferin in einem Sonderpostenmarkt beworben habe, obwohl ich eigentlich Industriekauffrau gelernt habe. Ich wollte unbedingt aus der Arbeitslosigkeit heraus, weil ich immer Angst hatte, in irgend so eine sinnbefreite Maßnahme von der Arbeitsagentur geschickt zu werden. Und wenn man nur Absagen bekommt, bewirbt man sich mitunter auch auf Stellen, die man gar nicht unbedingt haben möchte.
Ich habe das auch einmal getan, allerdings bekam ich die besagte Stelle von meiner Sachbearbeiterin der Arbeitsagentur geschickt. Ich sollte mich in der Produktion einer Firma bewerben, die aber ungefähr 45 Kilometer weit weg war. Und dann wäre das Ganze auch noch über eine Zeitarbeitsfirma abgewickelt worden, sprich, man hätte einen Hungerlohn bekommen. Also habe ich meine älteste Bewerbung genommen und gleich auch meine Gehaltsvorstellung mit rein geschrieben. Das Ergebnis war, dass sich diese Firma nie bei mir gemeldet hat!
Wieso gibt man nicht wirklich gute Bewerbungen ab, wenn man sich doch auf eigene Initiative bewirbt? Ich kann das nachvollziehen, wenn man sich auf Drängen der Arbeitsagentur bewerben muss. Selbst wenn ich nur Probeschüsse abgebe, gebe ich eine Bewerbung ab, die genauso gut ausgearbeitet ist wie wenn ich mich für den Traumjob bewerbe. Um den größtmöglichen Nutzen aus der Bewerbung zu ziehen, will ich ja auch ein Vorstellungsgespräch haben, damit der Übungseffekt groß ist. Nun ist es in unserer Region der Stellenmarkt ein Arbeitgebermarkt. Das heißt, der Arbeitgeber kann wählen. Daher muss die Bewerbung möglichst perfekt sein, um zu punkten.
Wenn der Stellenmarkt ein Bewerbermarkt ist, dann muss man sich vielleicht weniger bemühen. Da ich aber ein Perfektionist bin, würde ich auch in einem solchen Fall die bestmögliche Bewerbung abliefern. Und ich würde mich auch nur auf solche Stellen bewerben, die ich interessant finde. Wenn ich mir die Stelle ohnehin nur als Notlösung vorstellen kann, dann würde ich mich nicht bewerben. Das liegt sicher auch daran, dass ich in einer unbefristeten Anstellung bin und daher in einer sehr komfortablen Lage. Soll heißen: ich würde mich derzeit nicht nach unten orientieren.
Zum einen liegt es tatsächlich daran, dass man von Arbeitsamt eine gewisse Anzahl von Bewerbungen im Monat zu schreiben hat, zum anderen sollte man sich auf jedes ihrer Vermittlungsvorschläge bewerben oder aber eine Begründung dafür abgeben, warum man es nicht gemacht habe, sollte dies der Fall sein. Würde man also quasi "grundlos" diese Vorschläge ignorieren, und sich zum Beispiel nur auf 10 bis 20 Prozent davon bewerben, dann könnte ich mir vorstellen, dass das Amt sich schnell quer stellt und androht die Leistungen zu kürzen oder zu streichen und einem auch unterstellt, dass man sich nicht ausgiebig bemüht.
Überdies gehöre auch ich zu denjenigen, die sich auch mal auf eine Stelle bewerben, die einem nicht unbedingt zu 100 Prozent zusagt, immerhin könnte es sein, dass man ausgerechnet in dieser Position aufblüht, in ein super Team rein kommt, und nicht zuletzt eventuell sogar lukrative Aufstiegsmöglichkeiten einem nach gewisser Zeit erwarten könnten. Schließlich kann man so etwas nicht im Voraus ahnen und außerdem könnte man sich nach einem Vorstellungstermin immer noch dagegen entscheiden, nachdem man einen ersten Eindruck erhalten hat. Und wenn es eben nicht sein soll und auch der Betrieb der Meinung ist, dass man nicht auf diese Stelle passt, dann erhält man eh eine Absage.
Selbstverständlich würde ich mich nicht auf eine Stelle bewerben, die mir vollkommen widerstrebt. Wenn ich bereits von Anfang an weiß, dass ich mich in diesem Betrieb oder Beruf eher quälen würde und unglücklich sein, dann würde ich gar nicht erst Gefahr laufen wollen, dass ich mir mein Leben verbaue. Aber als sogenannte Zwischenlösung könnte ich mir vorstellen zumindest übergangsweise eine Stelle anzunehmen, die mir vielleicht nicht vollkommen zuspricht, aber eben auch nicht vollkommen runterzieht, sodass ich zunächst versorgt wäre und nebenbei mich anderweitig umschaue, um bestenfalls einen nahtlosen Übergang in einen Betrieb und für eine Stelle, die mir mehr zusagt, zu landen.
Gerade, wenn man Familie und einen Haushalt zu versorgen hat, ist es wichtig möglichst schnell wieder ein festes und regelmäßiges Einkommen zu beziehen, auch wenn man dann mit seiner Arbeitsstelle nicht zu 100 Prozent zufrieden ist, schließlich geht ein stabiles finanzielles Polster in erster Linie vor. Natürlich wäre es optimal, wenn man beides miteinander vereinen könnte.
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