Anti-autoritäre Erziehung ohne Verbote, geht das?
Eine Bekannte ist schwanger und sie hat sich schon jetzt vorgenommen ihr Kind ohne Verbote groß zu ziehen. Sie meint, dass man mit Verboten nur das in dem Kind reizt, dass es das macht, was man ihm verbietet.
Kann man denn Kinder wirklich komplett ohne Verbote erziehen? Geht das überhaupt? Kann denn ein Kind, welches vom Elternhaus keine Verbote bekommt sich in der Welt noch zurechtfinden? Unsere Welt ist doch voller Verbote. Wie soll denn ein Kind sich dann an diese Verbote halten können, wenn es zu hause keine Verbote bekommt?
Kennt ihr Leute, die so eine anti-autoritäre Erziehung praktizieren und wie finden sich diese Kinder in der heutigen Welt zurecht?
Ich habe selten oder nie irgendwelche Verbote wie TV-Verbot oder Computerverbot bekommen und für mich gab es nur einmal Hausarrest, weil ich auch wirklich Mist gebaut habe. Meine Eltern haben mir auch nicht wirklich den Alkoholkonsum verboten, aber haben mir klar ihre Meinung dazu gesagt. Ich habe ein paar mal Alkohol in der Freizeit mit Freunden getrunken, aber ich habe selbst herausgefunden, dass es eigentlich (für mich) eine Geldverschwendung, total sinnlos ist und ich lieber klar im Kopf bleiben möchte.
Meine Eltern haben mir auch keine bestimmten Klamotten verboten, außer wenn diese sie kurz waren. Ihnen ist es egal, ob ich mit zerrissenen Strumpfhosen auf die Straße gehe oder wie ich mich schminke, ich bin eine ganz normale Person wie jede andere auch und ich weiß, dass ich mich so nicht in der Schule oder auf der Arbeit anziehen soll oder kann. Mir hat es überhaupt nichts ausgemacht beim Praktikum eine Bluse zu tragen.
Wenn man ein Kind ohne Verbote erzieht bedeutet es ja nicht, dass man das Kind ignoriert und es alles machen kann, was es möchte. Meine Eltern haben mir auch schon ins Gewissen geredet und haben mir ihre Ansichten und Meinungen erklärt, deswegen ist es völlig okay. Ich bin auch halbwegs normal geworden und kann mich an gewisse Regeln und Gesetze halten, ich war kein wirklich pöbelnder Teenager, nur etwas zickig.
Meiner Meinung nach wäre es völlig unverantwortlich ein Kind ganz ohne Verbote zu erziehen. Das ist auch unmöglich. Natürlich muss ein Mensch manche Erfahrungen selbst machen, aber zum Beispiel muss ein Kind nicht unbedingt vor ein Auto laufen oder sich am Feuer verbrennen, um zu erfahren, dass das schädlich ist.
Gerade kleine Kinder können Situationen doch gar nicht richtig einschätzen oder abwägen, um eine vernünftige Entscheidung zu treffen. Außerdem glaube ich, dass Kinder Grenzen brauchen, um diese später in der Gesellschaft akzeptieren zu können. Der Staat schreibt einem immerhin auch Gesetze und Verbote vor.
Soweit ich weiß, bedeutet eine antiautoritäre Erziehung nicht, dass ein Kind keine Verbote ausgesprochen bekommt, sondern die antiautoritäre Erziehung kennzeichnet sich dadurch, dass man nicht einfach nur „Nein“ sagt, ohne eine hinreichende Erklärung dafür abzugeben, weshalb dieses Verbot ausgesprochen wurde. Es gibt mittlerweile immer mehr Familien, in denen man beobachten kann, dass mit Kindern diskutiert wird, weshalb was nicht möglich ist und warum was jetzt eben nicht geht. Diese Diskussionen und Erklärungen sind in einer autoritären Erziehung wohl ausgeschlossen, soweit ich weiß, also ist es im Sinne einer autoritären Erziehung wohl eher Gang und Gäbe, dass man einfach etwas verbietet, ohne, dass das Kind erfahren kann, weshalb es zum Verbot gekommen ist.
Eine antiautoritäre Erziehung finde ich insofern ganz gut, als ich im Falle meiner besten Freundin erkennen konnte, dass ihre Kinder auf diese Weise gelernt haben, Menschen gut einzuschätzen und selbst auch ziemlich weit zu denken, was die Befindlichkeiten anderer Menschen anbelangt. Allein diese Fähigkeit, mitzudenken, schreibe ich der antiautoritären Erziehung zu. Natürlich gibt es in dieser Erziehungsform aber auch Verbote, denn ohne wird es wohl kaum möglich sein, ein Kind zu einem verantwortungsvollen Erwachsenen zu erziehen. Es ist eben nur entscheidend, dass ein Kind die Möglichkeit bekommt, zu begreifen, weshalb das Verbot ausgesprochen wurde, ohne, dass das gleichzeitig bedeuten soll, dass es durch eine stichhaltige Argumentation das Verbot kippen könnte, denn das ist meines Wissens nicht Teil einer antiautoritären Erziehung, sondern der Schwerpunkt liegt hierbei eben darauf, dass alles erläutert und erklärt wird, um nachvollziehbar zu werden.
Also ich kann es mir nicht vorstellen ein Kind ohne Verbote zu erziehen. Wenn ich jetzt daran denke wie sich meine Tochter dann aufführen würde, das geht gar nicht. Kinder brauchen Grenzen, allerdings solche die sie auch verstehen. Ich halte jetzt nichts von Verboten wo die Kinder nicht wissen warum, aber sie verstehen sehr schnell warum sie manche Sachen nicht dürfen. Und das gehört zum groß werden dazu.
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