Wie haben Kinder von früher die Märchen überstanden?

vom 02.12.2012, 13:55 Uhr

Märchen von früher sind ja doch brutal. Da schneidet man die Ferse ab, damit man in den Schuh passt, da wird dem wolf der Bauch aufgeschnitten, der vorher die Großmutter und das Rotkäppchen gefressen hat oder die 7 Geißlein. Da gibt man dem Wolf Steine in den Bauch und näht ihn wieder zu und das Dornröschen muss 100 Jahre schlafen.

Solche Märchen haben die Kinder früher als Gute Nacht Geschichte vorgelesen bekommen und haben keinen Schaden erlitten. Wenn man das heute macht, dann ist man direkt eine Rabenmutter und bekommt von allen Seiten zu hören, dass man diese Märchen keinen Kind so erzählen kann und man sie umschreiben oder anders lesen soll. So jedenfalls erging es meiner Cousine, die ihren Kindern die Märchen vorgelesen hat. Die Kinder haben keinen Schaden genommen und sie haben auch nich schlecht geträumt.

Da man den Kindern früher ja nur solche Märchen vorgelesen hat, frage ich mich, wie die Kinder das früher überstanden haben ohne einen Schaden zu nehmen. Meine Mutter hat mir ihre Märchenbücher gegeben, die sie mir auch vorgelesen hat. Die Märchen sind wirklich brutal. Aber dennoch irgendwie schön.

Lest ihr euren Kindern solche alten Märchen noch vor? Umschreibt ihr sie, wenn ihr sie vorlest oder denkt ihr, dass es nicht so schlimm ist?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich denke mir, dadurch dass ich sie früher auch vorgelesen bekommen habe und dann, als ich alt genug war, auch sie selber gelesen habe und ich keinen Schaden davon getragen habe, genauso wie meine beiden Geschwister auch keinen Schaden davon getragen haben und wir auch nicht schlecht geträumt haben, weshalb man die alten Märchengeschichten nicht mehr vorlesen sollte.

Natürlich sind die Geschichten, meiner Meinung nach, ganz schön hart und brutal. Aber wir sind davon nicht gestorben, geschweige dass wir einen Schaden davon haben. Uns geht es doch trotzdem gut, obwohl wir solche Märchengeschichten vorgelesen bekommen haben.

Ich lese meinen Kindern oder eher gesagt meiner großen Tochter auch die alten Märchengeschichten vor. Sie hat bis jetzt auch keinen Schaden davon getragen und schlecht geträumt deshalb hat sie auch noch nicht. Mein Kleiner ist erst zwei Jahre alt und für alle Märchengeschichten noch ein bisschen zu klein. Da er noch nicht den ganzen Sinn dieser Geschichte versteht, sondern zum Beispiel nur "Bauch aufschneiden", lasse ich das erst noch. Aber so bald er alles verstehen tut oder zu mindestens den größten Teil, fange ich auch an ihm die alten Märchengeschichten vor zu lesen.

Ich umschreibe die Märchengeschichten auch nicht, ich verschönere auch nicht den Inhalt. Das sind die originalen Märchengeschichten von früher und jede andere Geschichte mit dem selben Inhalt wären billige Kopien, in meinen Augen.

» kai0409 » Beiträge: 3345 » Talkpoints: 72,64 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Also ich habe die Märchen als Kind immer so vorgelesen bekommen, wie sie im Buch stehen. Ich fand da nie etwas schlimmes dran und habe nie etwas als brutal empfunden. Heute als Erwachsene sieht das ein wenig anders aus, aber man muss dabei eben auch bedenken, dass die kindliche Fantasie ganz anders funktioniert, als das Wissen eines Erwachsenen.

Selbst wenn nun jemandem der Zeh abgeschnitten oder der Bauch aufgeschnitten wurde, habe ich mir das nie so vorgestellt, wie es im wahren Leben sein müsste, also mit viel Blut und so weiter. Der Bauch des Wolfes, der aufgeschnitten wurde, um die Geißlein herauszuholen und Steine hineinzufüllen, war in meiner Vorstellung immer völlig leer, ohne Gedärme oder Blut. Ich denke, ein Kind muss das Wissen, wie es in so einem Bauch in Wirklichkeit aussieht, auch erstmal irgendwoher haben, sonst kann es sich das ja auch nicht vorstellen.

Wenn ein Kind nun tatsächlich Alpträume bekommt, weil man ihm Märchen vorgelesen hat, dann sollte man sich vielleicht mal überlegen, was man das Kind so alles im Fernsehen anschauen lässt oder ob die großen Geschwister im irgendwas erzählt oder gezeigt haben, was nicht so altersgerecht war. Denn wie brutal ein Kind sich bestimmte Dinge vorstellt, hängt sehr davon ab, wie viel Vorwissen in dieser Hinsicht vorhanden ist.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Ich denke auch, dass man diese Geschichten als Kind einfach anders wahrnimmt. Ich habe noch keine Kinder, aber denen würde ich die Märchen auch so vorlesen, wie sie im Buch stehen. Ich habe das ja auch überstanden, ohne einen Schaden davonzutragen. Meine Eltern haben mir die Märchen aus dem Märchenbuch auch so vorgelesen, wie sie eben darin standen und als ich lesen konnte, habe ich die Geschichten eben selber gelesen.

Sicher kommen teils recht brutale Szenen in den Märchen vor, aber als Kind habe ich es mir auch nicht richtig vorgestellt, wie jemandem die Ferse abgeschnitten wird. Es war einfach eine Teil der Geschichte. Auch als dann die Stelle kommt, in der gesagt wird, dass Blut im Schuh ist, ist es nie so gewesen, dass ich mir die abgeschnittene Ferse wirklich richtig vorgestellt hätte. Ich sehe also in den alten Märchen kein Problem. Obwohl ich schon ein recht ängstliches Kind war, hatte ich keine Albträume davon.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Meinst du denn, dass die Kinder von heute Schaden nehmen, wenn sie diese Märchen vorgelesen bekommen? So verstehe ich nämlich deinen Beitrag. Wobei man da noch bedenken sollte, dass die Urfassung dieser Märchen angeblich noch brutaler gewesen seien. Man hat also jetzt nur die abgeschwächte Variante in den Märchenbüchern.

Aber wenn ich bedenke, dass meine Mutter diese Märchen schon gelesen hat, ich selbst bin auch damit groß geworden und nun lesen oder schauen auch meine Kinder diese Märchen. Und wir alle haben dabei keinen Knacks bekommen. Sicherlich sieht man es differenzierter, wenn man älter wird und dann ist es bei genauer Betrachtung schon eine Horrorgeschichte. Aber Märchen werden auch bei der nächsten Generation noch genauso beliebt sein.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Märchen sind brutal, das ist nun einmal die Tatsache. Aber warum sollte man einem Kind die Geschichten beschönigen? Generationen von Kindern kennen die Märchen und lieben sie, auch wenn der Wolf den Bauch aufgeschnitten bekommt und mit Steinen befüllt bekommt. Sollte man nun auch diese Stellen alle abschwächen, nur damit das Kind vor der großen bösen Welt mit dem großen bösen Wolf verschont wird? Das ist genauso schädlich, wie wenn man die Geschichten noch blutiger und beängstigender darstellt.

Ich selbst bin mit den Märchen großgeworden und ich habe keinen Knacks abbekommen. Den bekam ich erst später, also kann ich nur sagen, dass die Märchen ganz klar absolut unschuldig sind. Ich wusste als Kind auch noch nicht, dass ein aufgeschnittener Bauch richtig böse bluten kann oder dass man daran sogar recht schnell stirbt. Oder dass eine abgeschnittene Ferse schon ein Verblutungsgrund sein kann. Das habe ich als Kind noch nicht so wirklich realisiert, das kam erst mit dem Erwachsenwerden.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12592 » Talkpoints: 12,44 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich kann mir schon vorstellen das man als Kind den ein oder anderen Albtraum von den Märchen hatte, aber wir können uns einfach nicht mehr dran erinnern. Wenn ich meinem Kind die Märchen vorlese, denk ich mir auch manchmal das es echt brutal ist, was dort steht, gefressen werden, Wackersteine in den Bauch, in den Ofen gestoßen und so weiter, das ist alles wirklich brutal, aber irgendwie wohl doch nicht so schlimm.

Wenn ich manchmal sehe was für Sachen im Fernseher laufen, sind die Märchen aber doch fast harmlos und ich würde lieber vorlesen, anstatt Fernsehen gucken zu lassen.

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» aries24 » Beiträge: 1748 » Talkpoints: 9,84 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich glaube schlichtweg, dass die Kinder zwar auf der einen Seite eine ausgeprägte Fantasie haben, sich aber vieles in den Märchen nicht so blutig vorstellen, wie die Erwachsenen. Da wird halt mal der Bauch aufgeschnitten wie bei einem Stoffteddy und die Ferse blutet eben nicht, wenn man sie absäbelt.

Und wenn man bedenkt, dass die Märchen in der Regel immer ein gutes Ende haben, dann ist die Kinderseele dadurch alleine schon befriedigt. Das ist eigentlich das Allerwichtigste, dass egal was für skurrile Dinge sich in dem Märchen ereignen, am Ende doch alles gut wird, und ich glaube, dadurch können die Kinder solche Märchen gut verarbeiten.

Das soll nicht heißen, dass ich ein Freund von Märchen bin, ich bevorzuge eher Geschichten wie die vom Räuber Hotzenplotz oder die Olchis, ich finde, es gibt mittlerweile einfach interessantere Storys für die Kids von heute und die Märchen, in denen es oft um irgendwelche Königreiche geht, reißen zumindest die meisten Jungs nicht mehr wirklich vom Hocker.

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» netti78 » Beiträge: 3238 » Talkpoints: 18,35 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich habe Märchen vorgelesen bekommen, die Kinder lassen sich von meinen Eltern trotzdem sie selbst lesen können noch immer Märchen vorlesen. Schaden haben sie meines Erachtens nicht davon getragen. Wieso auch. Wenn Kinder Märchen lesen oder vorgelesen bekommen, dann entstehen die Bilder im Kopf durch Phantasie. Was man nicht erlebt hat, das stellt man sich oft gar nicht so dramatisch vor. Wenn man dagegen vielleicht schon eine ziemlich heftige Verfilmung gesehen hat, dann sieht das schon wieder ganz anders aus. Da meine Kinder auch heute noch nicht jeden Schrott sehen dürfen und auch gar nicht danach fragen, fehlt ihnen vielleicht schlicht und ergreifend so manches Bild im Kopf, dass ein Märchen so brutal macht. Denn dass eine Ferse abgeschnitten wird, ist ja nur dann so ein fürchterliches Bild, wenn das Blut spritzt und die so behandelte Person schreit.

Davon abgesehen leben meine Kinder verhältnismäßig nah an der Natur. Das heißt sie werden nicht verzärtelt und wissen beispielsweise auch, dass die Tiere, die irgendwann aus den Stallungen verschwunden sind, geschlachtet worden und von uns gegessen werden. Das mag auch grausam sein, aber die Kinder sind in der Regel recht wenig von anderen Dingen schockiert. Da das Leben früher noch härter war und die Kinder auch nicht verschonte, wird sicher auch dazu beigetragen haben, dass die Märchen nicht für irgendwelche psychischen Störungen geführt haben.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich fand die Märchen, wie sie mir die Oma erzählt hat, nicht schlimm, höchstens, wenn sie sie brutal aufgebauscht hat und beispielsweise große Augen gemacht hat und so getan hat, als wollte sie mich fressen, wenn sie mir das Märchen vom Rotkäppchen erzählt hat. In der Schule haben wir ebenfalls Märchen durchgenommen und sind dann zu dem Entschluss gekommen, dass es nicht schlimm ist, Märchen vorzulesen, wie sie ursprünglich geschrieben wurden, so lange sich die Kinder die Bilder so vorstellen können, wie sie möchten.

Andererseits ist es sehr viel schrecklicher, die Märchenverfilmungen anzusehen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich mit sechs Jahren die Verfilmung von "Hänsel und Gretel" gesehen habe und sehr erschrocken bin, weil die Hexe so böse war und ich hatte teilweise auch Angst vor dem Film und auch Alpträume. Genau so gut kann ich mich aber noch an eine Geschichte von Ludwig Bechstein erinnern, die "Der Wachholderbaum" geheißen hat. Ich konnte damals schon lesen, las mir die Geschichte also selber durch. An einen Satz konnte ich mich damals noch erinnern, der schockierte mich richtig: "Bratsch und der Kopf fiel ab". Man sieht also, es gibt auch durchaus Märchen, die auch in Büchern unheimlich sind, aber zum Großteil stellt sich ein Kinderhirn nur soviel vor, wie es sich in der Phantasie vorstellen kann- ist also auch von den Erfahrungen abhängig.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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