Hartz 4 Sanktionen: Sind sie wirklich gerecht?

vom 28.11.2012, 22:42 Uhr

Gerade bei Stern TV wird darüber diskutiert, ob Hartz 4 Sanktionen wirklich gerecht sind. Da werden Leistungen gestrichen, wenn Termine nicht eingehalten werden oder wenn man eine Arbeit nicht annehmen will. Sicher muss es irgendwelche Sanktionen geben. Aber was bringen in euren Augen die Leistungsstreichungen? Gerade wenn Kinder da sind, leiden doch dann in erster Linie die Kinder, auch wenn die Leistung für die Kinder nicht gestrichen werden,

Findet ihr es gerecht, wenn denen, die sowieso schon am Existenzminimum leben auch noch Streichungen bekommen? Wann haltet ihr diese Sanktionen für gerecht?

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» Sherlock-Holmes » Beiträge: 2025 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich denke, ob so etwas gerecht ist oder nicht, kann man nur im Einzelfall sehen. Hartz4 ist eine Soziallleistung, die erst einmal jeder bekommen kann, ob er bereits 30 Jahre gearbeitet hat oder eben noch nie in seinem Leben. Die Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass man wenigstens 3 Stunden am Tag arbeitsfähig ist.

Es gibt sicherlich Ausnahmen, in denen man einen Termin nicht einhalten kann, beispielsweise, wenn man krank ist, arbeiten geht oder einen Arzttermin hat. Legt man dafür einen Nachweis , z.B. eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, bekommt man auch keine Sanktion. Hat man keinen wichtigen Grund, geht aber trotzdem nicht zum Termin, weiß man schon vorher, dass es eine Sanktion nach sich ziehen kann. Das steht nämlich auf jeder Einladung.

Ebenso kann man unter bestimmten Gründen durchaus einen Job ablehnen, dies muss man aber nachvollziehbar begründen. Hat man nur keine Lust oder ist sich zu fein, kann es ebenso eine Sanktion geben. Ich weiß selber, dass es oft Willkür in der Verteilung der Sanktionen gibt, aber oftmals sind die Sanktionen durchaus begründet. Man schließt Verträge mit dem Jobcenter ab, in denen Rechte und Pflichten geregelt sind. Ebenso wird man auf die Möglichkeit einer Sanktion hingewiesen.

Wenn man sich nicht an seine Verpflichtungen hält und dafür keine guten Gründe angeben kann, kann man -wie bei allen Verträgen- bestraft werden. In diesem Falle mit der Streichung eines gewissen Prozentsatzes an Geldleistungen. Das kann man als erwachsener Mensch verstehen und entsprechend verhindern. Wenn es dann doch so weit kommt, ist man im überwiegenden Teil der Fälle selbst schuld. Natürlich ist die Gefahr groß, dass letztendlich die Kinder leiden können. Aber verhindern kann man das sowieso nicht, denn wer die Einstellung hat, Andere unter seinen Fehlern leiden zu lassen, der wird immer eine bequeme Lösung für seine Probleme finden.

Natürlich lebt man mit vollem Hartz4 schon am Existenzminimun, aber man bekommt seinen Lebensunterhalt vom Staat finanziert, welcher damit nun einmal Regelungen vorgibt. Man bekommt das Geld quasi nicht ohne Gegenleistung, was ich durchaus gut finde. Sonst würde der Prozentsatz der Menschen, die sich darauf "ausruht" noch weiter steigen. Was uns alle letztlich noch teurer kommen würde. Unser gesamtes System beruht auf Geben und Nehmen, wer nur nehmen mag, kommt hier (in der Regel) nicht weit. Wer also für Bequemlichkeit, Faulheit oder Eitelkeit bestraft wird, hat es durchaus verdient. Menschen, die willkürlich bestraft werden, haben es nicht verdient.

» TheDutchess » Beiträge: 537 » Talkpoints: 0,67 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich habe von dem Beitrag der Sendung nur in der Vorschau etwas mitbekommen. Kenne also den Fall gar nicht. Aber allgemein würde ich sagen, dass man mit Sanktionen oftmals noch zu lasch umgeht. Diese müssten wesentlich öfter und auch wirklich konsequent angewandt werden. Denn leider kann man einen Teil der Arbeit suchenden Bevölkerung nur über das Geld erziehen.

Wenn man da konsequenter mit Geldkürzungen handeln würde, wären manche Leute schon wieder in Arbeit. Allerdings bin ich auch der Meinung, dass man mit den Geldern dann die Leute fördern sollte, welche sich wirklich ernsthaft um einen neuen Job bemühen. Sie müssten ja da nicht unbedingt Bargeld bekommen. Aber manchen Mensch wäre schon mit einem Einkaufsgutschein für ein Bewerbungsoutfit geholfen.

Als gerecht sehe ich die Sanktionen aber an. Denn wer sich nicht bemüht wieder in Arbeit zu kommen, der sollte eben auch Strafen erhalten. Wer ohne Grund einen Termin bei seinem Berater nicht wahr nimmt, muss eben auch mit den Konsequenzen leben. Immerhin haben sie ja die Zeit dazu, sich zur Arge zu begeben.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ehrlich gesagt kommt es dabei wohl sicher auf den Einzelfall an. Dennoch empfinde ich Sanktionen generell als richtig, denn wenn man sich nicht an die Regeln hält, muss es auch dafür irgendwie eine Bestrafung geben. Bei Hartz4 Empfängern ist es so, dass man sie nur bestrafen kann, wenn es ums Geld geht.

Natürlich ist es richtig, dass oft auch Kinder darunter leiden. Aber sind wir doch mal ehrlich, wenn es den Eltern wichtig wäre, wie es ihren Kindern geht, dann würden sie sich doch wohl an die Regeln halten, oder? Denn jedem dürfte mittlerweile klar sein, welche Konsequenzen das hat. Um das zu vermeiden, muss man einfach nur Termine einhalten und das eine oder andere Jobangebot annehmen und es wenigstens versuchen wieder in Arbeit zu kommen. Wo liegt da denn das Problem?

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Generell ist es richtig, dass jemand, der Geld will, auch etwas dafür tun muss. Und sei es nur, dass er regelmäßig zu den Terminen erscheint und seine Bewerbungen brav abschickt.

Aber was man ab und zu über diese Sanktionen liest, ist teilweise richtig krank und asozial. Vor circa einem Jahr gab es Presseartikel über schwangere Frauen, die sich kurz vor der Entbindung weigerten, einen für sie unzumutbaren Job anzunehmen und denen darauf der komplette Satz inclusive Krankenversicherung gestrichen wurde. Und das ist natürlich alles andere als lustig, wenn man als Schwangere keine Versicherung hat und dann schauen darf, wo man bleibt. Auch gab es Berichte von Menschen, die plötzlich schwer erkrankten und versäumt haben, irgendetwas beim Amt vorzulegen. Die Konsequenzen waren die gleichen.

Das ist einfach unmenschlich und verabscheuungswürdig. Auch dass Kinder unter der Faulheit oder Schussligkeit mancher Eltern leiden müssen, ist nicht gerechtfertigt. Schließlich können die nichts dafür und es wird letztendlich an ihrem Schultern ausgetragen. Damit zu argumentieren, dass sich solche Eltern sowieso nicht um ihre Kinder kümmern und die Kinder quasi verwahrlosen, ist auch nicht immer richtig. Denn oft sind Sanktionen in dem Größenbereich, in dem sie durchgeführt werden, mehr als übertrieben.

Menschen, die von Hartz4 leben müssen, haben es sowieso alles andere als leicht. Ich glaube keiner lebt freiwillig von so wenig Geld. Also sollte man ihnen die paar hundert im Monat gönnen. Reich werden sie sicher nicht davon.

» Märie » Beiträge: 459 » Talkpoints: 15,45 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ob Kinder direkt darunter zu leiden haben, wage ich zu bezweifeln. Denn ich habe neulich erst aus direkter Quelle erfahren, dass die Agentur für Arbeit das Jugendamt informiert, wenn Leistungen gekürzt werden. Solange dann Dinge für die Kinder benötigt werden, bekommt man dort eben Unterstützung.

Und was in der Presse veröffentlicht wird, sollte man eben auch mit Vorsicht genießen. Ich erinnere mich an einem Fall hier aus de Stadt, knapp zwei Jahre her. Dort wurde nach dem Unfalltod des Sohnes mitgeteilt, dass dem Vater nur noch sechs Monate die volle Miete bezahlt wird. Danach wäre eben finanziell die Bedarfsgemeinschaft aufgelöst. Was auch rechtens ist. Aber was dann in der Presse kam, war eine falsche Information nach der anderen, weil der Vater das alles ganz anders dargestellt hatte.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Punktedieb hat geschrieben:Ob Kinder direkt darunter zu leiden haben, wage ich zu bezweifeln. Denn ich habe neulich erst aus direkter Quelle erfahren, dass die Agentur für Arbeit das Jugendamt informiert, wenn Leistungen gekürzt werden.


Hier geht um Hartz4, was eine Leistung des Jobcenters darstellt. Da die Kommunikation zwischen diesen beiden Abteilungen nicht einmal klappt, wenn diese im selben Haus sitzen und auf dieselben Daten Zugriff haben sollten, kann ich mir fast nicht vorstellen, dass die Zusammenarbeit mit anderen Behörden besser funktioniert.

Punktedieb hat geschrieben:Aber manchen Mensch wäre schon mit einem Einkaufsgutschein für ein Bewerbungsoutfit geholfen.

So etwas gibt es meines Wissens nach bereits als Kann-Leistung (wie so viele Leistungen).

Punktedieb hat geschrieben:Denn leider kann man einen Teil der Arbeit suchenden Bevölkerung nur über das Geld erziehen.

Da frage ich mich, ob man wirklich als Institution oder gar Außenstehender andere erwachsene Menschen erziehen muss. Ich kenne selbst den Drang manchen in ihr Leben rein reden zu wollen, aber versuche ihn dann doch immer zu unterdrücken. Denn ich möchte mir nicht anmaßen über das Leben anderer zu entscheiden und zu bestimmen. Deshalb bin ich auch für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Da es dieses aber noch nicht gibt, gelten Regeln für Hartz4-Empfänger.

Märie hat geschrieben:Aber was man ab und zu über diese Sanktionen liest, ist teilweise richtig krank und asozial. Vor circa einem Jahr gab es Presseartikel über schwangere Frauen, die sich kurz vor der Entbindung weigerten, einen für sie unzumutbaren Job anzunehmen und denen darauf der komplette Satz inclusive Krankenversicherung gestrichen wurde.


Der komplette Satz wird nur bei unter 25jährigen komplett gestrichen. Und auch dann ist es möglich zusätzliche Leistungen zu beantragen. Bei über 25jährigen gibt es Staffelungen und prozentuale Kürzungen. Davon abgesehen kenne ich niemanden den man zwingen wollte einen Job anzunehmen, bei den meisten Hartz4-Empfängern halten sich sogar die Bewerbungsaufforderungen stark in Grenzen. Und zwischen einer Bewerbung und einem Job liegen oft Welten. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass so manche "vergessen" ihren Sachbearbeiter über Krankheiten, Schwangerschaft, etc. zu informieren.

Doch vor einer Sanktion steht immer erst einmal ein Versäumnis. Dann kommt die Androhung der Leistungskürzung, sofern man sein Versäumnis nicht nachweislich begründen bin. Und selbst wenn die Sanktionsmitteilung ins Haus flattert, so wird man dort direkt über sein Widerspruchsrecht informiert.

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» Trisa » Beiträge: 3297 » Talkpoints: 31,17 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich habe die Sendung auch gesehen. Zumindest einer Sache, die im Verlaufe der Diskussion angesprochen wurde, kann ich auf jeden Fall zustimmen: manchmal hat ein Sachbearbeiter einen Leistungsbezieher regelrecht auf dem Kieker und nutzt jede Gelegenheit, demjenigen eine Sanktion reinzudrücken. Insofern würde ich vielleicht sagen, es ist nicht unbedingt richtig, dass der zuständige Sachbearbeiter die Entscheidung über eine Sanktion ganz alleine treffen darf. Es wäre schon wünschenswert, dass die Entscheidung nochmal von jemand anderem, vielleicht einer dem Sachbearbeiter vorgesetzten Person, überprüft wird. Natürlich bedeutet das mehr Arbeitsaufwand, aber es geht schließlich um das Wohl von Menschen.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


@Trisa: Mir ist ein Fall bekannt, der erst vor zwei Wochen so abgelaufen ist. Die Dame meinte zu drei Terminen bei ihrem Berater nicht erscheinen zu müssen. Da wurde die Leistung gekürzt und das Jugendamt deswegen informiert, weil eben zwei minderjährige Kinder im Haushalt sind und nun weniger Geld gezahlt wird.

Und ja, ich bin der Meinung, dass man auch erwachsene Menschen erziehen muss. Sei es Raser im Straßenverkehr oder arbeitsunwillige Leute. Dass man dabei fast nur über Geld erziehen kann, ist auch nichts neues. Wenn jeder Leistungsbezieher, der arbeitsfähig ist, sich ordentlich um einen Job kümmern würde, dann hätten wir weit aus weniger Hartz-IV Empfänger in diesem Land.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Punktedieb hat geschrieben:@Trisa: Mir ist ein Fall bekannt, der erst vor zwei Wochen so abgelaufen ist. Die Dame meinte zu drei Terminen bei ihrem Berater nicht erscheinen zu müssen. Da wurde die Leistung gekürzt und das Jugendamt deswegen informiert, weil eben zwei minderjährige Kinder im Haushalt sind und nun weniger Geld gezahlt wird.


Dabei zeigt dieses Beispiel ja auch, dass es eben nicht sofort Sanktionen gibt. Nach einem Termin bekommt man die Androhung der Leistungskürzung bzw. kann noch erklären, warum man nicht da war. Idealerweise sagt man natürlich vorher ab, bzw. meldet sich kurzfristig. Dabei ist es mir auch schonmal passiert, dass ich einfach verschlafen habe. Habe meinen Sachbearbeiter angerufen und ihm auch einfach die Wahrheit gesagt. Ich war die Nacht vorher arbeiten und morgens ist es dann passiert. Dann gab es einen neuen Termin und die Sache war erledigt. Dabei war mir natürlich bewusst, dass es so im Berufsleben auch nicht geht. Ich hätte auch damit gerechnet, dass es beim folgenden Termin noch Ärger gibt, aber nichts dergleichen. Wäre ich einfach so nicht erschienen, dann muss man eben auch eine Kürzung hinnehmen.

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» Trisa » Beiträge: 3297 » Talkpoints: 31,17 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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