Wie geht man mit traumatisierten Kindern um?

vom 26.11.2012, 18:00 Uhr

Meine Nichte wird ab Januar in einer Einrichtung für traumatisierte Kinder tätig sein. Ihre Tätigkeit wird ein Praktikum im Rahmen ihrer Erzieherausbildung sein. Bisher weiß sie noch nicht, was die Kinder an Traumata erlebt haben. Trotzdem würde sie gerne im Vorfeld wissen, wie man am besten mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen umgeht.

Kann man die Kinder und Jugendlichen direkt ansprechen? Wie würdet ihr euch verhalten? Wie weit darf man Fragen stellen? Klar wird sie durch andere Erzieher und Angestellte unterstützt werden. Trotzdem werden ja immer wieder Situationen auftreten, in denen sie mit einem Kind alleine ist.

» Fugasi » Beiträge: 1877 » Talkpoints: 1,33 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich würde an ihrer Stelle vor Antritt des Praktikums noch mal gründlich mit den Mentoren sprechen und mir Tipps geben lassen. Schließlich sind die ja die Fachleute in diesem Gebiet. Auf den Rat dieser Leute würde ich als Neuling erst mal vertrauen, einen eigenen Stil kann man als Profi dann später immer noch entwickeln.

Ich würde im Gespräch mit den Kinder erst mal nur über Alltagsthemen reden. Wenn das Kind natürlich selbst mit der Thematik auf einen zu kommt spricht wohl nichts dagegen, mit ihm oder ihr darüber zu reden. Aber ich würde mich scheuen als Wildfremder, der neu als Praktikant ist gleich die Kinder zu bedrängen, mit einem über die wunden Punkte zu reden. Ich würde eher signalisieren, dass man für die Kinder da ist und gerne mit ihnen redet, wenn sie was auf den Herzen haben oder ein offenes Ohr brauchen.

Ansonsten würde ich versuchen, diese Kinder so normal wie möglich zu behandeln und versuchen, denen ein paar schöne Momente zu gönnen, für die die Erzieher nicht so viel Zeit im Alltag haben. Vielleicht kann man ja ein tolles Fest oder einen Ausflug unterstützend mit organisieren. Das tut traumatisierten Kinder sicher gut zu sehen, dass es Menschen gibt, die sich in guter Absicht um sie kümmern und für sie da sind.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich hatte einmal mit einem Jungen zu tun, der kurz zuvor ganz plötzlich seine Mutter verloren hatte. Das sehe ich nun auch als Trauma an. Er war mit seinem Vater im Urlaub und ich habe gelegentlich auch auf ihn aufgepasst. Der Urlaub war vorher gebucht und der Vater wollte seinem Sohn nicht auch noch den Urlaub "wegnehmen". Er war soweit ganz "normal", ein lebendiges Kind, dem man den Verlust nicht sofort anmerkte.

Dennoch hatte ich anfangs immer Angst, dass er plötzlich damit nicht klarkommt und ich dann auch nicht weiß, wie ich damit umgehen soll. Und irgendwann war ich mit ihm allein am Strand und da fragte er mich, ob ich weiß, dass seine Mama im Himmel ist. Als ich bejahte, fragte er weiter, ob sie ihn denn auch jetzt sehen kann oder ob sie aus dem Himmel nur ihr früheres Zuhause sieht. Ich hab ihm dann kindgerecht erklärt, dass man aus dem Himmel die ganze Welt sehen kann, schließlich sehen wir den Himmel ja auch von überall. Damit war er dann zufrieden und war froh darüber. Und ich auch!

Ich würde schon davon ausgehen, dass die Kinder in Einrichtungen noch Schlimmeres erlebt haben. Zugleich hatte dieser Junge damals auch ein verdammtes Glück, dass für seinen Vater sofort klar war, dass er sich weiterhin allein um den Jungen kümmern wird- und das auch sehr gut hinbekommen hat. Wäre dies nicht der Fall gewesen, wäre er vermutlich auch noch zusätzlich betreut worden bzw. in eine Einrichtung für Halbwaisen gekommen.

Ich gehe davon aus, dass einige Kinder auch Gewalt erlebt haben. In entsprechenden Einrichtungen lernen sie dann allerdings auch, dass das eine Ausnahme war und andere Menschen nett und freundlich sind. Und als Praktikantin wird deine Freundin ja hauptsächlich mit den Kindern spielen, essen, basteln, Ausflüge begleiten usw. So hatte ich zum Beispiel auch schonmal Waisenkindergruppen erlebt und Kinder aus Heimen, die mit ihren Betreuern Ausflüge machten. Dabei war mir auch immer etwas mulmig zumute, aber auch da hatte das Gefühl, dass die Kinder sehr gut unterscheiden können zu wem sie mit welchen Problemen gehen können.

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» Trisa » Beiträge: 3271 » Talkpoints: 20,99 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



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