Einteilung in Ost und West- macht ihr es noch immer?
Ich komme ursprünglich aus Thüringen und bin vor ein paar Jahren nach Bayern gezogen. Nun heißt es immer wieder bei Freunden und Bekannten, dass ich ja jetzt ein Wessi bin. Ich finde das absolut komisch und auch unangebracht so zu denken. Ich teile Deutschland in Gedanken nicht wieder in Ost und West ein. Zumal ich auch im November 1989 geboren wurde und daher von dieser Teilung nichts mehr mitbekommen habe.
Wie sieht es bei euch aus? Teilt ihr Deutschland immer noch in Gedanken in 2 Lager? Denkt ihr es gibt noch typische Ossis und typische Wessis? Sollte man eurer Meinung nach 23 Jahren nicht offen für ein gemeinsames Deutschland sein?
Ich würde sagen diese Frage ist nicht ganz leicht zu beantworten. Auf der einen Seite sind wir seit über 20 Jahren vereinigt. Ich selbst habe davon auch nichts mehr mitbekommen, weil ich erst danach geboren wurde.
Aber durch die Medien und Politik wird diese "Grenze" immer wieder neu "aufgerollt". So gibt es in fast jeder Statistik die Gegenüberstellen beispielsweise "Verdienst Ost" und "Verdienst West". Ich finde nach 20 Jahren Vereinigung sollte sich alles soweit entwickelt haben, dass es da keine Unterschiede mehr geben sollte.
Ich will hier keine Riesendiskussion lostreten, aber meiner Meinung nach könnte nach 20 Jahren der Solidaritätszuschlag auch abgeschafft werden. Schließlich sind wir ein Land, mit einer Wirtschaft und gleichen Leuten. Und da sollte meiner Meinung nach, der Solidaritätszuschlag auch langsam wegfallen. Nicht, weil ich in Bayern lebe und diesen zahlen muss, aber allein aus dem Grund, dass wir einfach eine Einheit sind.
Auch denke ich, dass die Unterscheidung zwischen Ossi und Wessi nicht so einfach wegfallen wird. Es gibt einfach typische Ossi-Sachen, wie es auch typische Wessi-Sachen gibt. Ich vergleiche dies auch mit den sonstigen Vorurteilen. So laufen die Bayern den ganzen Tag in Lederhosen rum und ernähren sich nur von Weißwürsten und jodeln.
Zu eng sollte man dieses Thema nicht sehen. Man sollte hierbei unterscheiden, ob es wirklich tot ernst gemeint ist und die Person darauf ansprechen, warum sie diese Position vertritt, oder es sich doch nur um einen Scherz handelt. Wobei es sich meist - zumindest in meinem Bekanntenkreis - um Scherze handelt.
Für mich persönlich hat das auch nie eine Rolle gespielt. Ich war beim Mauerfall 3 und bei der Wiedervereinigung 4 Jahre alt. Mitbekommen habe ich von all dem also herzlich wenig. Soweit ich mich zurückerinnern kann, gab es nur ein Deutschland.
Dass das ganze für Menschen, die ein wenig älter sind, noch eine Rolle spielt und das für diejenigen wahrscheinlich auch immer so sein wird, kann ich aber schon nachvollziehen. Die Ostdeutschen sind nun mal in einem anderen Land aufgewachsen, das es plötzlich nicht mehr gab, aber deshalb werden sie ihre Kindheit und Jugend in der DDR nicht einfach vergessen.
Die Unterscheidung in "typisch Ossi" und "typisch Wessi" finde ich viel zu oberflächlich, wenn es darum geht, die Eigenschaften der Menschen aus einer bestimmten Region zu charakterisieren. Ein Bayer ist ein Wessi und ein Hamburger ist auch ein Wessi, zwischen den beiden gibt es aber sehr viele Unterschiede. Und so denke ich, dass es den typischen Ossi eben auch nicht unbedingt gibt. Immerhin besteht die ehemalige DDR aus 5 Bundesländern und man wird sicher auch Unterschiede zwischen einem Sachsen und einem Mecklenburger finden. Deutschland ist groß und es gibt hier viele verschiedenen Menschenschläge, die man nicht nur in Ossi und Wessi einteilen kann.
Ich komme aus den neuen Bundesländern - oder eben aus dem Osten - und ich finde es schon irgendwie komisch, wenn Leute aus anderen Bundesländern in den tiefsten Osten kommen, um hier zu studieren. Denn auch meinem Bekanntenkreis kenne ich es eher andersherum, nämlich dass andere in die alten Bundesländer zum studieren und arbeiten fahren. Denn zumindest in meiner Region sieht es wirtschaftlich schon etwas schlechter aus als typischerweise in den alten Bundesländern. Zudem bin ich vor der Wende geboren und habe zumindest meine Kindergartenzeit noch in der DDR erlebt. Ich habe mitbekommen, wie wie uns dann als Kinder gewundert haben, wenn jemand ein „Westauto“ und keine Trabi fuhr und auch wie dann später plötzlich ganz viele neue Produkte in den Läden waren, wie viele Firmen in unserer Nähe nach der Wende pleite gingen und viele deswegen arbeitslos wurden und teils nach „drüben“ ausgewandert sind.
Die Charaktere der typischen Ossis und Wessis haben sich meiner Meinung nach weitgehend angeglichen, da gibt es kaum noch Unterschiede. Allerdings gibt es Vorurteile, auf beiden Seiten und manchmal sieht man auch durchaus Unterschiede. Vor einiger Zeit musste ich mal eine Reise nach Aachen machen und fuhr mit dem Zug quer durchs Land, über Köln, Frankfurt und bis nach Aachen. Mir ist schon aufgefallen, dass die Leute irgendwie anders gekleidet waren: „schicker“. Und in Frankfurt liefen so ziemlich alle, die mir begegnet sind, ganz schön aufgedonnert herum, ich kam mir da in Jeans und T-Shirt richtig schmuddelig vor. Da wo ich wohne, donnert sich eigentlich niemand auf, nur weil er raus geht. Da ist es üblich, auch einfach mal in der Jogginghose herumzulaufen oder mit nicht mehr unbedingt den saubersten Klamotten. Und weil ich so sozialisiert bin, mag ich das auch.
Mir erzählen auch oft meine schon etwas älteren Arbeitskollegen, dass es früher ein anderes Miteinander gewesen sei und kollegialer auf der Arbeit zuging. Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen, aber ich habe schon manchmal den Eindruck, dass „Westler“ individualisierter sind. Es gibt ja da auch durchaus Forschungsergebnisse dazu, nämlich zum Unterschied zwischen kollektivistischer und individualistischer Prägung. Die DDR war als Teil des Ostblocks eher kollektivistisch und das hat die Menschen geprägt, da waren Gruppenzusammenhänge wichtiger als individuelle Wünsche. Dies hat alles seine Vor- und Nachteile, aber es überträgt sich durch die Eltern auch ein Stück weit auf die Kinder.
Als ich geboren worden bin, war Deutschland schon eine ganze Weile lang wiedervereint und dennoch trenne ich Deutschland noch in Osten und Wesen, auch wenn ich ja von diesem getrennten Land selber überhaupt rein gar nichts mitbekommen habe. Das macht mir aber nichts, denn zum einen ist diese Einteilung in Westen und Osten hier noch sehr geläufig und zum anderen ist es ja im Grunde auch geographisch legitim, das Land in seinen Himmelsrichtungen einzuteilen. Man sagt ja auch, dass jemand aus dem Norden kommt oder aus dem Süden, also warum sollte man es nicht auch in Osten und Westen einteilen? Auch, wenn man mit dieser Einteilung eben die alten und die neuen Bundesländer bezeichnet, finde ich das nicht schlimm
Ich finde das eigentlich auch relativ normal, dass man noch diese Formulierungen benutzt. Schließlich ist Deutschland ja eine ganze Weile lang getrennt gewesen, es konnten sich eine Menge Vorurteile aufbauen und diese sind auch noch heute in den Köpfen der Menschen verankert. Das wird dann wieder von Generation zu Generation weitergegeben und vermutlich werden noch meine Kindeskinder Deutschland und dessen Bewohner in zwei Lager einteilen. So lange man nicht mit unbegründeten Vorurteilen um sich herum wirft ist das ja auch an sich in Ordnung, denke ich. Die neuen Bundesländer haben auch irgendwie nach all den Jahren noch nicht ganz den Anschluss gefunden und hinken den alten Bundesländern in vielen Bereichen noch immer hinterher. Das tut natürlich noch sein eigenes zur Sache, wenn es um die Verwendung der Wörter Osten und Westen geht.
Ich möchte dazu mal meinen Senf hier los werden und sagen dass es diese Auffassung immer noch gibt, weil ehemalige Menschen aus dem Osten hier her gekommen sind und nicht das vorgefunden haben was sie sich erhofft haben. Denn sie haben das Problem das sie nie richtig in Deutschland integriert wurden, auch wenn es die Vereinigung gab.
Wir Westdeutschen hatten nie die Zeit uns diesem Thema richtig anzunehmen und so ist es nun passiert das wir natürlich auch Menschen aus den neuen Bundesländern hier haben, welche ganz anders aufgewachsen sind als wir und lieber unter sich bleiben. Im Prinzip ist dass das selbe Problem wie mit den Ausländern, die nie wirklich integriert wurden, sondern einfach nur irgendwie mitgenommen wurden.
Wie würdet ihr euch denn in einem Land fühlen in welchem ihr zwar lebt aber euch irgendwie fremd fühlt, weil euch ein Teil der Geschichte fehlt. Selber habe ich Menschen aus den neuen Bundesländern kennengelernt, welche leider den Ostdeutschen keinen guten Ruf bescheren, da sie einfach keinen richtigen Kontakt zum Westen wollen und meinen hier ihre Spielchen abziehen zu müssen.
Das wir heute dieses zweiseitige Denken in der Gesellschaft haben liegt daran, dass der Osten nie wirklich in den Westen integriert wurde und wir somit in Wirklichkeit nie eine Einheit hatten, sondern nur den Osten und den Westen, so wie es damals auch schon war. Dazu kommt das wir in den 90ern anfingen die EU aufzubauen.
Somit wurde der Osten im Prinzip komplett vergessen und wichtige Entscheidungen einfach nicht gefällt, so das es sehr lange gedauert hat bis sich auch der Osten richtig erholt hat, was die Wirtschaft betrifft. Jeder weiß doch dass der Westen wirtschaftlich wesentlich besser da steht. Somit ist vermutlich auch Neid zwischen Ost und West aufgekommen, daher auch dieses Denken!.
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