Embryo: Mensch oder Etwas?
Inspiriert durch den aktuellen Thread über Abtreibung (unmoralisch oder vertretbar), habe ich mich dazu entschlossen, diesen Thread zu eröffnen, denn ich denke, die Diskussion um Pro und Contra der Abtreibung drehen sich im Kreis, bevor nicht die alles entscheidende Frage geklärt ist: Worum handelt es sich beim Embryo überhaupt?
Der wohl hitzigste Punkt in der Abtreibungsdebatte ist der, als welche Art Akt der Abort zu definieren ist. Abtreibungsgegner bezeichnen ihn als Mord, Befürworter streiten dies vehement ab.
Ist Abtreibung Mord? Mord bezeichnet im Allgemeinen die absichtliche Tötung einer unschuldigen Person, eines Nicht-Aggressors. Um eine Klärung zu schaffen, muss vor allem eines definiert werden: Das Wesen des Embryos. Denn nur die Tötung eines Menschen kann als Mord gelten. So bleibt die Frage, ob bereits der ungeborene Mensch tatsächlich auch als Mensch im Sinne des StGB zu zählen ist. Wann beginnt menschliches Leben?
Versteht man Abtreibung als Mord, bleibt außerdem die Frage nach moralischer Schuld offen. Ist der Arzt, der den Schwangerschaftsabbruch durchführt, genauso schuldig, wie jemand, der kaltblütig eine ausgewachsene Person ermordet oder gelten mildernde Umstände? Kann Abort im moralischen Sinne Mord sein, wenn das eigentliche Motiv des Arztes ist, zu helfen?
Ob der Embryo bereits als Mensch zu verstehen ist, ist nur teilweise eine Streitfrage. Selbstverständlich handelt es sich um ein menschliches Wesen im biologischen Sinn. Ein werdender Mensch, der sich unter den richtigen Voraussetzungen zu einem gesunden, geborenen Menschen entwickeln kann, befindet sich im Bauch der Schwangeren. Er besitzt alle Voraussetzungen, um sich zu einem Menschen entwickelt, gehört also eindeutig zum Kreis der potentiellen Personen. Allerdings lässt das Menschlichsein des Embryos nicht automatisch darauf schließen, dass er auch über das Lebensrecht verfügen müsse. Das Lebensrecht potentieller Personen muss eigens begründet werden.
In der professionellen evangelischen Ethik lassen sich unterschiedlichste Auffassungen finden, ob dem Embryo bereits die Menschenwürde zugesprochen werden sollte und er somit bereits als vollwertige Person zu verstehen sei. Folgt man der Bibel, so ist menschliches Leben dann Schutzwürdig, wenn es das Leben eines Menschen ist. Trifft dies bereits auf den Embryo zu?
Jetzt seid ihr dran: Der Embryo - vollwertige Person oder bloß menschenähnlich?
In meinen Augen ist ein Embryo noch kein Mensch, weswegen ich auch nicht gegen die Abtreibung bin. Ich sehe es so, dass ein man ein Embryo ruhig beseitigen kann, denn lieber ein noch nicht bestehendes Lebewesen entfernen lassen, als ein ungewolltes Kind heranzutragen - doch das ist nicht Inhalt dieser Fragestellung.
Ein Embryo trägt kaum Menschliches in sich, weshalb ich finde, solange es sich noch nicht zu einem Fötus entwickelt hat, sollte man es auch nicht so behandeln, als wäre es bereits ein Mensch. Es kommt nicht von ungefähr, dass ein Embryo auch als Keimling bezeichnet wird, denn im Endeffekt ist es ein sich gerade ausbildender Mehrzeller, der noch keine Funktion erfüllt. Er besitzt keine Persönlichkeit, kann nicht denken, nicht leben, nicht atmen und hat in meinen Augen auch noch keine Daseinsberechtigung, die es den Abtreibungsgegnern das Recht gibt, abtreibende Menschen als Mörder darzustellen.
Der Begriff Keimling sagt schon, dass es weder Person noch menschenähnlich ist. Affen sind in meinen Augen menschenähnlich, nicht aber ein Baby, dass sich in den ersten neun Wochen (!) der Entwicklung befindet. Meiner Meinung nach ist es also beides noch nicht, wird als Fötus im Mutterlauf bis zur Geburt hin menschenähnlich und ist ab der Geburt als kleiner, unvollständiger Mensch angesehen werden.
Ich finde nicht, dass die Antwort dieser Frage eindeutig ist und zur Lösung des Problems beiträgt. Befürworter der Abtreibung werden vermutlich der Auffassung sein, dass es sich noch nicht um einen Menschen handelt. Gegner der Abtreibung werden die Frage vermutlich ganz anders beantworten.
Ich finde auch nicht, dass die Frage wirklich zum Zeil führt. Sicherlich kann sie dazu beitragen, wenn man nur das Thema Abtreibung sieht. Allerdings geht es ja grundsätzlich darum, ob bei einer Schwangerschaft der Embryo als Mensch angesehen wird.
Wenn eine Frau ungewollt schwanger geworden ist und diesen Embryo nicht austragen will, dann ist es in ihren Augen kein Mensch bzw. sie versucht ihn nicht so zu sehen, damit es ihr leichter fällt, die ganze Situation zu verkraften. Wenn sie dann später einen Partner findet und sich mit ihm ein Kind wünscht, wird sie den Embryo mit ganz anderen Augen sehen. Sie wird nicht sagen, dass ist etwas menschenähnliches, was in mir heran wächst und sobald es auf der Welt ist, handelt es sich um einen Menschen. Das kann ich mir nicht vorstellen. es würde auch keine andere schwangere Frau auf die Idee kommen den Embryo in ihrem Baum auch "Etwas" zu bezeichnen. Insofern bringt die Frage bzw. die Antwort Deiner Frage die Diskussion keinen Schritt weiter, denn es kommt immer auf die Sichtweise an.
Befürworter der Abtreibung versuchen den Embryo so wenig wie möglich als Mensch zu sehen. Je emotionsloser man das betrachtet, um so leichter fällt die Entscheidung gegen den Embryo. Da spielt die Bezeichnung eine wichtige Rolle. Wenn man den Embryo als Mensch sieht, ist es schwieriger, denn dann führt man sich vor Augen, was man tut. Bezeichnet man es als Sache, Menschenähnliches ist der emotionale Abstand viel größer. Allerdings sollte man das dann auch bei einer geplanten Schwangerschaft so sehen.
Ich bin kein Befürworter der Abtreibung. Ich selbst würde dies niemals tun. Ich verurteile aber auch niemanden, der es tut, denn diese Entscheidung muss jeder selbst treffen. Ein Außenstehender kann Situationen sowieso immer besser einschätzen als die Person, die sich entscheiden muss, denn man steckt mit seinen Emotionen nicht drin. Im Grunde kann ein Außenstehender sich eh kein Urteil bilden, denn steckt man in der Situation denkt man vielleicht ganz anders. Allerdings finde ich es nicht gut, wenn man sich derart Gedanken um eine Thema macht und versucht die Diskussion zu einem Ergebnis zu bringen, wenn man nur das Thema Abtreibung betrachtet. Die Bezeichnung des Embryo und im Grund auch die Antwort deiner Frage sollte sowohl bei einer geplanten als auch bei einer ungeplanten und ungewollten Schwangerschaft zutreffen. Denn man kann es sich nicht mal so und mal so hinbasteln und hinbiegen.
Ich finde schon, dass man darüber ganz klar Für und Wider argumentieren kann. Ich habe mich mit dem Thema etwas eingehender auseinander gesetzt und mir mal angeschaut, was es in der Bioethik für Standpunkte zum Thema gibt. Es gibt nämlich auch gute Gründe, die DAFÜR sprechen, den Embryo schon als vollwertigen Menschen zu betrachten.
Der Philosoph Stephen Schwarz etwa bezeichnet den Embryo konsequent als „Kind“ – als besonders wehrloses, unschuldiges und schutzbedürftiges Kind. Das Kontinuitätsargument besagt: Menschen wachsen heran, werden älter, verändern sich. Trotzdem handelt es sich stets um ein und dieselbe Person in verschiedenen Stadien des Lebens. Das embryonale Stadium ist Schwarz zufolge lediglich ein weiterer Abschnitt im Kontinuum menschlichen Lebens. Abtreibung wird so zur absichtlichen Tötung eines weniger entwickelten, unschuldigen, menschlichen Lebens und somit zu heimtückischem Mord.
Auch der deutsche Philosoph Robert Spaemann befindet sich mit Schwarz im Konsens. Den Embryo bezeichnet er als vollwertige Person, denn allein schon die biologische Zuordnung zur menschlichen Rasse befähige ihn zum Personsein. Er verweist ebenfalls auf das Argument der Kontinuität – in jedem Abschnitt des Lebens sei das gesamte Leben gegenwärtig, so auch im embryonalen Lebensabschnitt. Wer die Behauptung aufstellt, beim menschlichen Embryo handele es sich nicht wie bei allen anderen menschlichen Wesen auch um eine Person, dem falle diesbezüglich auch die Beweislast zu. Wer den Beginn der personalen Existenz des Menschen auf einen späteren Zeitpunkt als auf den der Zeugung legt, muss diese Grenze hinreichend begründen können.
Wer den Beginn der Vollwertigkeit eines Menschen auf die Entstehung des Ich-Bewusstseins legt, gebe auch geborene Kinder zur Tötung frei – solange, bis sie sprechen und „Ich“ sagen gelernt hätten.
Eine präzisere und eher wissenschaftlich als philosophisch begründete Antwort auf die Wesensproblematik liefert der deutsche Bioethiker Hans-Martin Sass. Er schlägt vor, mit dem Lebensbeginn ebenso wie mit dem Lebensende zu verfahren – so wie in unseren Kulturkreisen der Hirntod meist den „endgültigen“ Tod markiert, sollte beim Embryo die Hirntätigkeit den Anfang des „endgültigen“ Lebens markieren.
Da der Hirntod den unwiderruflichen Funktionsausfall des Gehirns beschreibt, entfallen mit seinem Eintreten Eigenschaften wie Bewusstsein, Schmerzempfinden und die Fähigkeit zur Kommunikation. Analog ließe sich die Entstehung ersten Bewusstseins auf die Entwicklung der ersten Hirnfunktionen datieren.
Die Entstehung der Hirnrinde lässt sich ab dem 57. Tag nach Empfängnis beobachten. Zwar ist die Entstehung neuronaler Verbindungen und somit die Möglichkeit erster Hirnfunktionen erst nach dem 70. Tag erkennbar, jedoch ist die Hirnforschung im embryonalen Bereich noch nicht so ausgereift, sichere Schlüsse zulassen zu können. Als Vorsichtsmaßnahme sollte also der 57. Tag nach Empfängnis als Zeitpunkt der Personwerdung und des vollen rechtlichen Schutzes des Embryos gelten. Nach diesem gewählten Zeitpunkt sei der Schwangerschaftsabbruch als tatsächlich geplante Tötung einer Person und somit als Mord zu bezeichnen.
Ich glaube nicht, dass man die Frage so einfach beantworten kann. Theoretisch sind alle Anlagen vorhanden, damit ein Embryo mal ein Mensch werden kann. Ich würde einen Embryo dennoch nicht als Mensch bezeichnen, aber auch nicht als Etwas.
Letzten Endes muss wohl jede schwangere Frau selber entscheiden, als was sie einen Embryo ansehen will und das trägt dann auch dazu bei, wie sie sich mit einer Abtreibung fühlen wird. Es ist schon etwas anderes, wenn man es nur als Zellhaufen ansieht oder eben als kleinen Mensch. In manchen Fällen erscheint es mir für das potenzielle Kind besser, wenn man sich dagegen entscheidet. Und je früher man das tut, desto weniger Probleme wird man vermutlich haben, wenn es darum geht zu entscheiden, wann das Kind ein Kind ist.
In meinen Augen ist, je weiter die Schwangerschaft fortschreitet, natürlich auch immer mehr ein Kind und weniger nur ein Zellhaufen. Ich kann allerdings nicht klar sagen, ab welcher Woche das für mich so wäre. Die Begriffe Embryo und Fötus sind ja klar definiert, aber ab ein "Zellhaufen" dann eine Abtreibung wirklich fühlen würde, ist noch nicht eindeutig geklärt. Und ich glaube, dass wenn man in der Situation wäre, dann beantwortet man so etwas auch nochmal anders. Für manche ist es erst dann greifbar, wenn sie das Kind im Arm halten und für andere ist es ein Kind, ab dem Zeitpunkt wo sie wissen, dass sie schwanger sind. Dann ist das auch nicht einfach nur ein Embryo, dann ist es ihr Baby.
Ein Embryo ist weder eine vollständige Person, noch menschenähnlich. Es ist ein Etwas, das sich erst noch entwickeln muss zu einem menschenähnlichen Wesen. In diesem Sinne ist eine Abtreibung auch kein Mord, sondern nur die Vernichtung eines Zellhaufens. Um ein menschliches Wesen kann es sich erst handeln, wenn die Hirntätigkeit einsetzt.
Ein Embryo kann niemals eine vollwertige Person sein. Es ist sehr einfach zu sagen, wer das anders sieht, muss es beweisen. Benutzer7 bezeichnet den Embryo als Keimling. Ich finde, dass es ganz genau die richtige Bezeichnung ist, denn nichts anderes ist es und keinesfalls ein menschliches Wesen oder gar ein Kind. Aus diesem Keimling entwickelt sich erst noch das menschliche Wesen bis hin zum Kind.
Ich sehe es vergleichbar mit einem Keim, den man in die Erde steckt. Es bleibt ein Keim, bis er sich zu einer Pflanze entwickelt hat. Erst dann kann ich von einer Pflanze sprechen.
Mir ist gerade noch ein anderer Aspekt dieser Diskussion deutlich geworden. Bleibt man im säkularen, modernen Staat Deutschland bei nichtreligiösen Erkenntnissen, lässt sich feststellen, dass der Embryo natürlich alle Anlagen hat, sich zu einem vollwertigen Menschen zu entwickeln. Es kann bei erfolgreicher Entwicklung überhaupt nichts anderes aus ihm werden, als ein Mensch. Auch der Herzschlag, der bereits ab der achten Schwangerschaftswoche festzustellen ist, und nicht zuletzt die ersten Hirnaktivitäten sprechen für ein lebendiges Wesen, das dort im Bauch der Mutter existiert.
Aber die Frage ist doch: Was spielt das für eine Rolle? Der Embryo nimmt erst nach mehreren Wochen eindeutig menschliche Züge an. Zuvor ist er kaum von Embryos anderer Säugetiere zu unterscheiden. Aber was noch wichtiger ist: Während der gesamten Schwangerschaft unterschreitet das ungeborene Kind das intellektuelle Niveau unzähliger anderer Lebewesen. Es kann weder Gemälde malen, noch vernünftig kommunizieren. Es kann keine Werkzeuge bauen, es besitzt keine medizinischen Kenntnisse. Eine Vielzahl von Tieren ist in der Lage, diese Dinge zu vollbringen. Neun Monate lang schwimmt der Embryo in seinem Fruchtwasser, nährt sich, lebt und hat volles Potential zur Menschwerdung – und?
Was Anzeichen von Bewusstsein angeht, steht der Embryo sogar auf einer niedrigeren Stufe als Tiere wie ein Schwein oder ein Huhn. Dennoch werden diese Tiere täglich skrupellos zu Tausenden getötet. Abtreibungsgegner stützen sich also hauptsächlich auf speziezistische Argumente.
Wie absurd ist es, in dieser Diskussion Abtreibung (die Tötung eines Wesens, das alleine nicht lebensfähig ist und keine Fähigkeit zur Selbstreflexion besitzt) als heimtückischen, hinterhältigen Mord darzustellen und im gleichen Atemzug Seifen, Margarine, Kaffeesahne zu kaufen, die durch darin enthaltenes Palmöl zur Abholzung des Regenwaldes und somit zur Ausrottung der Orang-Utans (unsere genetisch nahen Verwandten!) beizutragen? Dies ist nur eines von vielen Beispielen. Orang-Utans sind die Denker des Dschungels. Sie bauen Werkzeuge, sie haben medizinische Kenntnisse. Nicht ohne Grund wurde vor einigen Jahren in Spanien die Diskussion laut, Menschenaffen ebenfalls die Grundrechte zuzugestehen.
Doch auch heimische Beispiele gibt es zuhauf, wie Schwein und Huhn zeigen. Warum sollte einem Embryo größerer Wert zugesprochen werden, als Lebewesen, die sich auf einer ähnlichen oder sogar einer höheren Stufe an Wahrnehmungsfähigkeit, Selbstbewusstsein, Autonomie etc. befinden? Wenn der Embryo als Person verstanden wird, müssen denn gewisse Kriterien zur Definition einer Person nicht allgemeingültig sein und würden so noch viele andere Säugetiere in ausgewachsenen und werdenden Stadien mit einschließen? Die Sonderstellung des Menschen ist längst überholt.
Ich möchte mit diesem Standpunkt niemanden angreifen, das ist nur eine Überlegung, die mir gekommen ist und ich finde sie ziemlich plausibel.
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