Wenn die Nachbarn zu religiös sind

vom 12.11.2012, 19:14 Uhr

Meine Großcousine hat neue Nachbarn. Die Kinder sind im selben Alter, wie die Kinder meiner Großcousine und spielen auch immer nett miteinander. Die Nachbarfamilie sind streng gläubige Baptisten und die Familie meiner Großcousine hat mit Kirche gar nichts am Hut.

Die Nachbarfamilie hat meine Großcousine auch schon zu kirchlichen Aktivitäten eingeladen. Meine Großcousine hat sich mit ihrer Familie mal beteiligt, hat aber festgestellt, das ist so gar nicht ihre Welt. Deshalb geht sie an sich nicht mehr mit. Die Kinder spielen aber weiterhin miteinander, denn meine Cousine hat ja an sich kein Problem mit Menschen, die in irgendeiner Form religiös leben.

Nun kam es aber mehrfach vor, dass von den Kindern der Nachbarfamilie so Sprüche kamen wie: Eine Frau darf keine Hosen tragen, eine Frau darf nicht arbeiten, Musik darf nicht gehört werden, weil man deswegen in die Hölle kommt, Frau die Hosen tragen sind Sünderinnen.

Meine Großcousine kann mit solchen Aussagen recht wenig anfangen, da sie halt arbeiten geht, Hosen trägt und so weiter. Sie findet es an sich sehr gut, dass sich die Zeiten geändert haben, in denen Frauen nur hinter dem Herd stehen. Sie geht ihrem Beruf gerne nach. Nur so langsam nerven die Aussagen und sie möchte ihre Kinder zwar gerne weltoffen erziehen, findet das aber schwer, wenn den Kinder ständig gesagt wird, was man als Frau alles nicht darf.

Wie würdet ihr euch verhalten? Wie kann an den Kindern begreiflich machen, dass die Aussagen der Nachbarn nicht mehr wirklich dem entsprechen, was heute gelebt wird? Wie kann man mit den Nachbarn umgehen? Würdet ihr den Kontakt der Kinder untersagen?

» Fugasi » Beiträge: 1877 » Talkpoints: 1,33 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Die Kinder deiner Großcousine leben doch bei der und nicht bei den Nachbarn. Da bekommen sie doch mit, dass sich einiges in der Welt geändert hat. Außerdem, kann man (auch kleineren Kindern ) bereits gut erklären, dass es verschiedene Lebensmodelle gibt. einmal das streng Baptistische, dann noch weitere Religionen und auch das Weltoffene , dass sie auslebt. Wichtig daran ist meiner Meinung nach nur, dass deine Großcousine keine Wertung abgibt, dass das eine schlechter oder besser ist. Denn das könnte zu Intoleranz führen.

Vielleicht sollte deine Großcousine auch mal mit der Nachbarin reden, dass sie solche Aussagen vor ihren Kindern doch bitte unterlassen möge, schließlich würde sie doch auch nicht deren Lebensweise schlecht machen.

» AngelHawk » Beiträge: 437 » Talkpoints: 5,40 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Es wurde ja schon vorgeschlagen, offen mit den eigenen Kindern über verschiedene Arten zu leben zu sprechen. Ferner würde ich tatsächlich die Nachbarin mal ansprechen und bitten, mit ihren Kindern zu sprechen, dass diese solche Äußerungen und Wertungen unterlassen. Vielleicht kann die Nachbarin ebenso erklären, dass es verschiedene Lebensarten gibt.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich bin ja selber gläubig und bin auch schon Menschen begegnet, die wirklich streng religiös gelebt haben. Da hatte ich dann immer irgendwie schelmische Freude daran, deren Glaubensauslegung zu hinterfragen – nicht kritisierend, aber eben dahingehend diskutiert, ob es nicht auch andere Auslegungen gibt. Genauso könnte man ja die Nachbarin fragen, in welcher Bibelstelle nochmal genau steht, dass Frauen keine Hosen tragen sollen oder dass man als Frau nicht arbeiten darf. Da kommt sie vielleicht auch in Erklärungsnot. Ich würde ihr dann erklären, dass sie eben eine spezielle Sicht hat, die man in die Bibel hineininterpretieren kann, aber dass es andere Menschen, auch Christen, gibt, die das ganz anders deuten. Somit, würde ich betonen, ist es wichtig, sich seiner Sicht bewusst zu sein und diese nicht als allumfassende Wahrheit zu betrachten, aus der heraus man über andere urteilt.

Genauso könnte man entgegnen, dass es doch heißt, man solle seinen Nächsten lieben und über andere lästern oder diese schlecht machen würde ich nun nicht als „lieben“ bezeichnen. Oder man kann hinterfragen, warum denn Frauen keine Hosen tragen sollen und was genau daran falsch sein soll. Dann wird sie vielleicht antworten, dass eine Frau die Familie hüten soll oder ähnliches und da kann man dann auch wieder ansetzen. Eine Hose hält die Frau also davon ab, sich um ihre Kinder zu kümmern? Wie schafft denn die Hose das usw.?

Wenn sie es aber doch nicht einsehen sollte, dann wäre es vielleicht schon gut, den Kontakt der Kinder zu unterbinden. Denn ich kann mir vorstellen, dass es für Kinder eine Belastung sein kann, immer solche Kommentare zu hören und dass sie nicht so gut damit umgehen können. Die Weltsicht, dass jeder seine eigene Einstellung hat und man manchmal Kommentare auch ignorieren muss, haben Kinder vielleicht noch nicht und da sollte man sie schützen.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 12.11.2012, 21:14, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Eine Möglichkeit ist natürlich den Kontakt mit der religiösen Familie zu verbieten, ich halte das aber für keine gute Idee, weil den Kindern wahrscheinlich auch viel daran liegt mit deren Kindern zu spielen, sie wären also nur traurig, und würden den Grund nicht verstehen. Außerdem darf man in Deutschland seine Meinung immer noch frei äußern, und seine Religion leben. Ich finde es aber nicht in Ordnung das die kleinen Kinder schon so in ihrer Meinung beeinflusst werden. Man könnte aber auch mal mit den Eltern sprechen, und ihnen nett und freundlich die Situation erklären, und darauf hinweisen, dass man nicht so streng gläubig ist wie sie.

Aber vor allem kleine Kinder erzählen ja gerne viel, und plappern auch immer das nach, was ihnen Erwachsene sagen. Ich würde an der Stelle der Großcousine einfach versuchen den Kindern die Situation zu erklären, und ihnen klar zumachen, dass die Religion schon veraltet ist, und solche Sätze nicht mehr zu dem heutigen Bild der Frau passen, und sie die Sätze nicht so ernst nehmen sollen. Ich denke die Kinder werden das nachvollziehen können.

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» Finja18 » Beiträge: 1296 » Talkpoints: 61,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Wie alt sind die Kinder denn? Ab einem gewissen Alter kann man Kinder durchaus erklären, was Sache ist. In dem Fall kann man sagen, dass die Nachbarn eben an eine bestimmte Religion glauben und das da gewisse Dinge dazu gehört. Man selbst glaubt aber nicht daran. Dann würde ich erklären, warum wieso weshalb es in Ordnung ist, dass Frauen eben arbeiten gehen und auch Hosen tragen.

Wenn die Kinder sich ansonsten gut verstehen, würde ich keinen Grund sehen, ihnen das Spielen zu verbieten. Vielleicht kann man ein bisschen darauf achten, dass die Kinder desöfteren bei deiner Großcousine sind und weniger oft bei den Nachbarn. Aber Kinder in einem gewissen Alter lassen sich auch weniger beeinflussen und glauben mehr an ihre eigene Erziehung. Bei uns gab es damals auch einige wenige, die streng religiös waren und die hätten mich nie und nimmer beeinflussen können, weil ich überzeugter Atheist war und bin.

Deine Großcousine sollte das beobachten und ich finde es gut, dass ihr das aufgefallen ist und sie darüber nachdenkt. Ich denke aber nicht, dass es einen Anlass zur Sorge gibt.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Ich würde meinen Kindern nicht untersagen, mit den Kindern dieser streng religiösen Familie zu spielen und ich sehe auch keinerlei Bedrohung oder sonstiges, die von den Aussprüchen dieser Familie ausgehen könnten. Wenn die Kinder, wenn sie bei dieser Familie sind, hören, dass Frauen keine Hosen tragen dürfen und nicht arbeiten gehen sollen, sie aber bei ihrer eigenen Familie zu hause ganz andere Werte erfahren und damit konfrontiert werden, dass es eine Menge Frauen gibt, die Arbeiten, die eben Hosen tragen und so weiter und so fort, dann werden sie sich vermutlich eher an ihrer eigenen Familie orientieren anstatt an der Familie der Nachbarn.

Man kann den Kindern, natürlich ein wenig abhängig davon, wie alt sie sind und wie viel sie schon richtig verstehen können, doch ganz einfach erklären, wie man selber es sieht und dann werden sie feststellen, dass tatsächlich der überwiegende Teil der Gesellschaft eben nicht so denkt, wie diese Nachbarsfamilie. Das verstehen auch Kinder schon und ich sehe absolut keine Probleme darin, ihnen dies verständlich zu machen.

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» olisykes91 » Beiträge: 5367 » Talkpoints: 24,16 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Wenn ich Kinder hätte und diese mit anderen Kindern aus einer strenggläubigen Familie spielen würden, wäre ich vermutlich auch nicht unbedingt besonders begeistert. Dennoch würde ich den Kindern sicher nicht den Kontakt zu den anderen Kindern verbieten. Damit erreicht man im Zweifelsfall das Gegenteil und ich sehe hier auch keine große Bedrohung für die Kinder, so dass es für mich keinen Grund gibt, hier überhaupt mit Verboten zu arbeiten.

Ich denke aber auch, dass man den Kindern vermitteln sollte, dass es unterschiedliche Lebensmodelle gibt und dass Menschen zum Teil extrem unterschiedliche Meinungen vertreten. Wirklich wertungsfrei wird man das schwer vermitteln können. Versuchen sollte man es dennoch, auch wenn ich der Meinung bin, dass man seine Meinung da sicher auch vor den Kindern nicht komplett verbergen kann und auch nicht muss. Ich würde den Kindern schon vermitteln wollen, dass Freiheit erstrebenswert ist und dass selbst auferlegte Einschränkungen kein anzustrebendes Ideal sind.

Mir fällt es auch schwer, solche Aussagen ernst zu nehmen. Wenn jemand zum Beispiel sagt, dass Frauen keine Hosen tragen sollen, weil sie sonst in Sünde leben, dann sind gewisse Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit dieser Person sicher nicht unangebracht. Zumindest würde ich da eine bessere Begründung für diese Kleidervorschrift hören wollen. Man sollte das also ruhig immer wieder hinterfragen. Solche Leute haben meistens keine Antworten parat und wenn, dann nur für die ersten ein bis zwei Fragen. Falls die Nachbarn also zu sehr mit ihrer religiösen Einstellung missionieren wollen, sollte man die Aussagen zerpflücken und auch die Kinder animieren, Dinge zu hinterfragen, die ihnen komisch vorkommen. Meistens fällt diesen Leuten dann nicht mehr viel ein und im besten Fall sind sie still und behalten ihre Meinung für sich.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich würde meinen Kindern ganz einfach erklären, dass es verschiedene Glaubensrichtungen gibt und dass manche Menschen eben an andere Sachen glauben als andere. Wenn man solche Bekannte oder Nachbarn hat, kann man mit den Kindern doch auch sehr schön mal die verschiedenen Glaubensrichtungen durch gehen. Man muss es ihnen ja nicht von A-Z erklären. Aber man kann es doch schön erklären, dass Baptisten eben so denken, Muslimen so, Katholiken eine solche Glaubenseinstellung haben und dass es eben auch Menschen gibt, die eben gar nicht an all das glauben, sondern eben auch solche Dinge anzweifeln.

Dann kann man auch sehr gut erklären, dass es auch Baptisten gibt, die Hosen tragen und die arbeiten gehen und sie deswegen auch nicht in die Hölle kommen. Ich würde mit meinen Kindern da ein Gespräch führen, damit sie das Ganze auch verstehen. Denn heutzutage sind auch Baptisten nicht mehr ganz so weltfremd. Hier wohnen sehr viele Baptisten und die meisten haben hier einen Job und gehen auch mit Hosen auf die Arbeit.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Mich verwundert zunächst, dass Baptisten solche Ansichten haben sollen, denn soweit ich weiß, ist diese Religion evangelikal ausgerichtet und auch nicht weltfremd eingestellt, außerdem unterscheidet sie sich meines Wissens kaum von den christlichen Religionen, die wir hierzulande haben, zeigt sich in gewisser Hinsicht aber auf jeden Fall deutlich lockerer als die katholische Kirche, weswegen meiner Ansicht nach wirklich verwunderlich ist, dass die Kinder dieser Familie mit Ansichten konfrontiert werden wie der, dass Frauen keine Röcke tragen dürfen. Dass dies bei den Baptisten übliche Praxis sein soll, wäre mir wirklich vollkommen neu.

Darüber hinaus will ich zum Grundverständnis dieser Religion einen wichtigen Aspekt aus Wikipedia posten:

Ein wesentliches Merkmal der Baptisten ist nach wie vor, ausschließlich Gläubige zu taufen, was zur Ablehnung der Kindertaufe führt, welche nach ihrem Verständnis nicht dem biblischen Gebot entspricht. Ab einem entscheidungsfähigen Alter werden nicht nur Erwachsene, sondern auch Jugendliche getauft.


Bei den Baptisten ist es also üblich, dass jeder Angehörige dieser Religion seine Entscheidung für diesen Glauben selbst getroffen hat, und soweit ich weiß, wird diese Einstellung von den gläubigen Baptisten auch tatsächlich eben so gelebt. Ich kann mir insofern nicht vorstellen, dass die Kinder dieser Familie einerseits bereits getauft wurden und andererseits auf diese Weise beeinflusst werden, weil das wiederum gegen diesen Glauben der Baptisten sprechen würde. Aus diesem Grund würde ich vermuten, dass entweder die Kinder Deiner Schwester irgendetwas falsch verstanden oder fehlinterpretiert haben oder diese Familie, um die es hier geht, nicht der baptistischen Religion angehört.

Ich denke, ich würde also an der Stelle Deiner Schwester meinen Kindern beibringen, dass sie sich zu Aussagen dieser Art angemessen äußern. Es spricht nichts dagegen, wenn die Kinder Deiner Schwester darauf erwidern, dass sie das anders sehen, denn ich glaube kaum, dass unter Kindern eine Diskussion über die Religion entstehen wird und insofern müssen auch keine weiteren Argumente her, außer eben dem der anderen Sichtweise, die aber nicht näher begründet werden muss – ganz generell nicht, wie ich übrigens finde. Die Baptisten kenne ich tatsächlich als sehr tolerant und überhaupt nicht aufdringlich. Sollte die Familie also wirklich baptistisch sein, so wird es sicherlich keine intoleranten Aktionen oder ähnliches geben. Wenn es allerdings doch zu Problemen kommen sollte und den Kindern Deiner Schwester das Verhalten der Kinder dieser Familie zu aufdringlich erscheinen, was das Missionieren angeht, so könnte Deine Schwester gegebenenfalls mit den Eltern dieser Kinder mal in Ruhe reden oder schlimmstenfalls den Kontakt unterbinden, aber ich gehe davon aus, dass es soweit nun wirklich nicht kommen muss.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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