Kommt ein Arbeitsvertrag auch mündlich zustande?
A fängt am Montag in einem neuen Unternehmen an zu arbeiten. Wie er gehört hat, gibt es in diesem Unternehmen wohl keine Arbeitsverträge und die Arbeitsverträge sind dort mündlicher Art. Aber wie kann denn ein Arbeitsvertrag mündlich zustande kommen? Wie kann man im Falle eines Falles denn dann beweisen, was abgemacht wurde in diesem mündlichen Arbeitsvertrag.
A möchte nicht gleich am Anfang und in der mündlich abgesprochenen Probezeit von 3 Monaten damit anfangen, dass er einen schriftlichen Arbeitsvertrag möchte. Was kann A machen, damit er keinen Nachteil hat? Kann ein Arbeitsvertrag überhaupt mündlich zustande kommen?
Auch ein mündlich geschlossener Arbeitsvertrag ist gültig. Als Nachweis dafür muss der Arbeitgeber A aber nach einer gewissen Zeit bestimmte Eckpunkte schriftlich bestätigen, was einem Arbeitsvertrag fast gleichkommt. Ich persönlich habe nicht so gute Erfahrungen mit nur mündlichen Arbeitsverträgen gemacht und würde auf jeden Fall dazu raten, dass einem der Arbeitgeber die genauen Absprachen schriftlich bestätigt.
Natürlich können Verträge auch mündlich geschlossen werden und dann haben sie genau so Bestand wie schriftliche Verträge. Das Problem dabei ist in aller Regel immer der Nachweis. Der Arbeitnehmer (in seiner schwächeren Position!) kann im Zweifel eben nicht nachweisen, wenn Sonderleistungen vereinbart wurden. So kann zwar ein Weihnachtsgeld vereinbart worden sein. Wenn aber dann im Dezember kein Geld fließt (oder zu wenig), dann wird es für den Arbeitnehmer schwierig nachzuweisen, dass so was wie Weihnachtsgeld vereinbart wurde. Alles andere, was sich monatlich wiederholt (Gehalt), ist eher einfach nachzuweisen. So kann das Gehalt schon an der ersten Zahlung festgemacht werden. Denn ein Arbeitgeber wird nicht glaubhaft machen können, dass vereinbart wurde, dass im Laufe der Zeit das Gehalt sinkt und die vorausgegangenen Zahlungen sind schon ein Indiz für die Lohnhöhe.
Übrigens ist es seit kurzem eben aus dem Grund der Nachweisbarkeit so, dass der Arbeitgeber bei mündlichen Arbeitsverträgen verpflichtet ist, alle Vereinbarungen binnen eines Monats dem Arbeitnehmer schriftlich vorzulegen. Was natürlich im Grunde wieder einem schriftlichem Arbeitsvertrag entspricht. Daher hat man dann wieder alle Punkte auf Papier zu bringen.
Wenn du jetzt aber schon Bedenken hast, beim Arbeitgeber in Ungnade zu fallen, wenn du um einen schriftlichen Arbeitsvertrag anfragst, dann gehe ich mal davon aus, dass du auch nicht den Weg gehen wirst, ihn auf die Herausgabe der Vereinbarungen in Papierform zu verklagen. Denn dieser Schritt wäre für den Arbeitgeber wirklich eher unangenehm. Wenn du nichts machst, so meine Vermutung, bekommst du auch nichts! Daher solltest du zumindest ein Schriftstück verlangen, in dem alle Vereinbarungen aufgenommen sind. Das umfasst nicht nur Lohn und Arbeitszeit, sondern natürlich auch die Zahl der Urlaubstage und alle günstigen Sondervereinbarungen. Auch, wie anfallende Überstunden vergütet bzw. ausgeglichen werden.
Dazu kann ich auch etwas sagen. Und zwar haben wir das in der Schule so beigebracht bekommen, dass ein Arbeitsvertrag formfrei ist. Der mündliche Arbeitsvertrag ist bindend. Aber es gibt das Nachweisgesetz, d. h. spätestens vier Wochen nach Antritt des Dienstes müssen die wesentlichen Inhalte des Vertrages schriftlich festgehalten werden.
uA_Musti hat geschrieben:Aber es gibt das Nachweisgesetz, d. h. spätestens vier Wochen nach Antritt des Dienstes müssen die wesentlichen Inhalte des Vertrages schriftlich festgehalten werden.
Und jetzt muss man sich (in der Schule dem Lehrer) folgende Frage stellen: diese vier Wochen sind innerhalb der Probezeit. Wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht nicht nachkommt, und diese "wesentlichen Inhalte des (mündlichen) Vertrags" eben nicht in Schriftform ausgibt, was passiert dann? Der Arbeitgeber kann vom Arbeitnehmer - in der Probezeit - auf Herausgabe verklagt werde? Das ist sicher ein realistisches Szenario. Insbesondere in Branchen, in denen diese mündlichen Arbeitsverträge "üblich" waren/sind. Oder bin ich nur ein Pessimist, der nicht klar sagt, dass dieses Gesetz nicht lächerlich ist und wirklich den Arbeitnehmer stärkt - und ich nicht davon ausgehen muss, dass der Arbeitgeber mich entlässt, nur weil ich auf mein Recht bestanden habe und den Klageweg gegangen bin?
Wieder so ein unausgegorenes Gesetz zum "Wohle" des Arbeitnehmers, ohne wirkliche Druckmittel zu haben. Denn bei der Probezeit von drei Monaten kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer jederzeit und ohne Angabe von Gründen entlassen!
Wenn es wirklich eine Verbesserung hätte sein sollen, dann hätte der Arbeitgeber einfach festhalten können, dass bei Arbeitsverträgen OHNE einen schriftlichen Vertrag die Probezeit für den Arbeitgeber entfällt. Hat der dann doch Interesse an der Probezeit, dann wird der Arbeitgeber genau das tun: alle "wesentlichen Vertragsbestandteile" schriftlich festhalten lassen und dem Arbeitnehmer einen Vertrag vorlegen. Wäre eine einfache Lösung gewesen, die keine Alibi-Funktion erfüllt, sondern den Arbeitnehmer in der Wahrung seiner Interessen stärkt.
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