Denkt ihr in der Sprache, die ihr neu gelernt habt?
Ich lebe jetzt schon seit einem Jahr in der Türkei und habe davor fünf Jahre in der Schweiz gelebt. Davor war ich einem Jahr in Ägypten und davor habe ich neun Jahre in Deutschland gelebt. Ich habe also als erstes Deutsch gelernt und dann in der Schule Englisch und auch Französisch. Türkisch konnte ich leider nie lernen, weil mein Vater wenig Zeit für mich hatte und meine Mutter kann kein Türkisch.
Jetzt lebe ich schon seit einem Jahr hier und ich bekomme sehr oft gesagt, dass ich Türkisch sehr schnell und gut gelernt habe. Ich habe natürlich versucht, davor etwas zu lernen, allerdings ist es so, das es nichts gebracht hat. Und ich habe gemerkt, dass man in einem Land einfach am Besten die Sprache lernen kann. Ich habe jeden Tag mit Türken zu tun und deswegen muss ich einfach türkisch sprechen und mittlerweile mache ich es auch sehr gerne!
Am Anfang war es noch so, dass ich als erstes in Deutsch gedacht habe und dann auf Türkisch übersetzt habe. Also wenn ich mit jemanden geredet habe, habe ich nur auf Deutsch gedacht und versucht alles zu übersetzen. Mittlerweile ist es aber so, dass ich nur noch auf Türkisch denke, wenn ich mit Türken rede. Also ich brauche eigentlich nichts mehr zu übersetzen und kann mir die Sätze auch schon direkt auf Türkisch vorbereiten. Früher habe ich immer als erstes Deutsch mir vorbereitet und danach auf Türkisch übersetzt.
Wie ist oder war es bei euch? Hattet ihr genau die gleiche Technik wie ich oder habt ihr es ganz anders gemacht?
Wenn das Gehirn eine neue Sprache, dann verknüpft es ja zuerst alle türkischen Wörter mit den zugehörigen deutschen Wörtern. Von daher ist es nicht abwegig, dass man am Anfang noch in seiner Muttersprache denkt, übersetzt und dann antwortet. Doch, wenn die andere Sprache immer besser wird und man durch die türkische Sprache neue türkische Wörter lernt, wird es immer mehr unabhängig.
Es entstehen immer neue Verbindungen und irgendwann ist es möglich, türkisch zu verstehen und auch zu reden, ohne die Muttersprache dafür zu Hilfe zu nehmen. So würde ich es jedenfalls ganz allgemein erst einmal behaupten. Ich in kein Neurologe. Bei mir ist es auch so, dass ich in der Schulzeit englische Texte im Kopf anfangs immer übersetzt habe, um sie zu verstehen. Irgendwann kaufte ich mir allerdings ein Oxford-Lexikon, in dem die Wörter nicht übersetzt werden, sondern nur umschrieben. So lernt man wesentlich effektiver, weil man die Muttersprache nicht mehr benutzt und Wörter lernt, indem man sie mit anderen Wörtern der Fremdsprache umschreibt. Dadurch wird man unabhängiger und benötigt die Muttersprache nicht mehr als "Dolmetscher".
Die Frage passt mir perfekt, denn ich befinde mich gerade in Frankreich und kann das daher sehr gut nachvollziehen.
Dazu muss man sagen, dass ich normalerweise viel mit der englischen Sprache zutun habe, das heißt, abgesehen von den englischen Songtexten schaue ich auch vorwiegend Filme und Serien auf Englisch (manche allerdings nur mit Untertiteln, manche Dialekte sind mir einfach zu krass). Ich habe auch einige Freunde in Großbritannien, mit denen ich regelmäßig schreibe oder per Skype telefoniere. Es ist für mich daher irgendwann etwas ganz Normales geworden, auf Englisch zu denken - auch, wenn mein Alltag dann doch eher "deutsch" ist. Diese Entwicklung, erst übersetzen zu müssen und später nicht mehr, ist eine Sache der Gewöhnung und tritt früher oder später zwangsläufig auf. Es ist ja auch logisch: Je öfter man bestimmte Dinge tut, desto leichter fallen sie einem. Das ist bei den Sprachen nicht anders.
Wenn es ums Französische geht, habe ich schon in den letzten Tagen eine Art "Radikalkur" genossen. Ich war bereits vor zwei Jahren schon einmal hier und habe festgestellt, dass das Französisch, das man in der Schule hatte, hier absolut keine große Hilfe ist. So, wie wir Deutschen untereinander meistens schnell und mit ortsabhängigem Dialekt sprechen, machen es natürlich auch die Franzosen - ich brauchte also erst einmal ein paar Tage, bis ich meine Gastfamilie überhaupt verstanden habe (und das, obwohl sie sich bemüht haben, langsam zu sprechen und ich in der Schule eigentlich ziemlich gut im Französischunterricht war).
Dieses Mal war ich also schon etwas vorbereitet, aber trotzdem war es sehr anstrengend, sich wieder dort hineinzufinden. Es ist auch sehr ermüdend, schließlich muss man sich irgendwie verständigen, sei das nun auf Französisch, mit Hand und Fuß oder ab und zu einem englischen Wort - man bewegt sich schlicht und einfach auf neuem Terrain. Das macht für mich allerdings auch den Reiz aus, weshalb es langsam aber sicher auch richtig Spaß macht, abends die französischen Nachrichten zu sehen und sich über unsere deutsche Kanzlerin und ihr französisches Pendant auszutauschen.
Mittlerweile, nach knapp einer Woche, denke ich bereits vorwiegend auf Französisch. Sei es nun, wenn ich mir vorher überlege, wie ich erfragen kann, welches Bahnticket ich nehmen muss oder im Kopf Situationen im Restaurant oder ähnlichen Orten durchspiele. Leider beißt sich das Französisch etwas mit dem Englisch (und auch Deutsch), sodass es nun immer wieder vorkommt, dass ich die Sprachen vermische. So wollte ich zum Beispiel einer englischen Freundin erklären, was ich überhaupt hier mache: "I'm here parce que..."
Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie sich das noch entwickelt.
So ähnlich ist es mir gegangen, als ich in einem Sprachurlaub war, um die englische Sprache besser zu lernen und zu verfestigen. Dabei habe ich richtig gemerkt, dass ich am Anfang immer zuerst alle Gedanken auf deutsch gedacht habe, dann habe ich sie ins Englische übersetzt und ausgesprochen. Das war natürlich unheimlich schwerfällig und hat sehr lange gedauert. Am Ende der zwei Wochen, in denen ich gezwungen war, mit der englischen Sprache zu kommunizieren, merkte ich richtig, dass ich schon auf englisch denken und sofort reden konnte, ohne vorher etwas übersetzen zu müssen.
Das war schon ein komisches Gefühl, aber es hat mich der Sprache auch ein Stück weit näher gebracht. Mittlerweile merke ich es noch bei jedem englischen Buch, das ich lese. Anfangs ist es immer schwer und ich muss noch viel übersetzen, aber je länger ich lese, umso schneller geht es und umso leichter fällt es mir. Ich merke dann, dass ich auf englisch denke und so auch Zusammenhänge viel besser begreife. Darum muss ich auch nicht mehr jedes Wort übersetzen, das ich nicht verstehe.
Ich kenne das auch von einem Urlaub. Dort wollte ich mich in Englisch verständigen, was dort ja gesprochen wurde. Nach einer Woche hatte ich dann erste Kontakte und habe mich daher intensiver in der Sprache unterhalten. Als ich dann wieder zu Hause war, träumte ich immer in Englisch, was noch eine ganze Weile anhielt.
Ich denke man träumt dann in einer anderen Sprache, wenn sich das Gehirn damit noch beschäftigt und man noch an dem Thema hängt. Gedacht habe ich auch noch eine ganze Weile in Englisch. Irgendwie hat mir der Urlaub sehr weitergeholfen, was die Sprache angeht. Ich denke jedoch relativ schnell in einer anderen Sprache, wenn ich dieser auch ausgesetzt bin. In der Schule passiert das nicht, wohl aber in anderen Ländern.
So eindeutig kann ich das gar nicht sagen. Für mich ist Französisch eine Sprache, die ich erst in der Schule gelernt habe und dann durch meinen jetzigen Wohnort an der französischen Grenze und diverse persönliche Kontakte vertieft habe. Wenn ich Französisch spreche denke ich auch in französischen Sätzen und muss dann nichts groß übersetzen, es sei denn mir fällt mal ein bestimmtes Wort nicht ein.
Aber man denkt ja nun auch, wenn man nicht den Plan hat etwas zu sagen, also wenn man alleine ist und sich zum Beispiel überlegt, was man am Wochenende machen könnte. Das ist bei mir dann eine Deutsch-Englische Mischung und ich würde in so einer Situation nie auf Französisch denken. Vielleicht würde sich das ändern, wenn ich jetzt dauerhaft in Frankreich leben würde und nicht mehr so viel Kontakt mit Deutsch und Englisch sprechenden Freunden und Familienangehörigen hätte, aber auch dann würde Französisch für mich immer eine Sprache bleiben, die ich erst später gelernt habe und die deshalb nicht den gleichen Stellenwert hat wie die Sprachen, mit denen ich groß geworden bin.
Ich denke, dass das eine Frage dessen ist wie fortgeschritten man in der Fremdsprache ist. Anfangs ist ein Denken in der Fremdsprache ja noch überhaupt nicht möglich, da einem Vokabular und Grammatik noch fehlen und man sich nicht adäquat ausdrücken kann. So bleibt einem nichts anderes, als das man seine Gedanken zunächst in der Muttersprache formuliert. Mit fortschreitendem Kenntnisstand ist das dann eben nicht mehr notwendig.
Ein anderer wichtiger Faktor ist aber meiner Meinung nach auch der Kontext, in dem man die Fremdsprache vorwiegend verwendet. Dies kann ja eine sehr natürliche, alltägliche Umgebung sein, aber auch eine sehr spezifische (wie zum Beispiel am Arbeitsplatz). Dies kann dann dazu führen, dass man nur in bestimmten Bereichen in der Fremdsprache denkt, oder aber auch in diesen bei der Muttersprache bleibt.
Ich habe beruflich beispielsweise sehr viel mit dem Englischen zu tun und gebrauche es auch jeden Tag. Ich würde, bedingt durch diesen ständigen Gebrauch, von mir behaupten, dass ich relativ sicher und fortgeschritten in dieser Sprache bin. Bei der Arbeit formuliere ich viele Dinge auch schon automatisch auf Englisch. Im Alltag hingegen ist das Englische für mich sehr unnatürlich und da denke ich dann, sogar wenn ich gerade in der Fremdsprache spreche, auf Deutsch.
Das Französische hingegen habe ich in einem viel natürlicheren Kontext erworben (den Schulunterricht mal ausgenommen) und ich lese auch viele Bücher auf Französisch, schaue mir französische Filme an etc. Wenn ich dann mal anfange Französisch mit jemandem zu sprechen, dann denke ich auch in der Sprache, und das obwohl ich nicht behaupten kann, dass ich es besser als das Englische beherrsche.
Ich kenne das auch sehr gut. Als ich damals in der Schule Englisch gelernt habe, ging es mir natürlich auch erst so, dass ich mir die Sätze in Deutsch zurecht gelegt habe und diese dann auf Englisch übersetzt habe. Nach ca. einem Jahr bekamen wir einige Austauschschüler aus Amerika und Kanada und wir wurden dann auch Paten. Ich war dann immer mit einem Mädchen in meinem Alter unterwegs und habe ihr geholfen. So kam es auch, dass mein Englisch immer besser wurde. Irgendwann wurde es dann auch einfach zur Normalität, auf Englisch zu sprechen und ich musste auch gar nicht mehr lange nachdenken. Es kommt eben auch immer auf die Praxis an.
Irgendwann hatte ich dann sogar Träume, in denen ausschließlich Englisch gesprochen wurde. Lustigerweise fand ich das aber gar nicht mehr ungewöhnlich, sondern ganz normal. Wenn ich Filme und Nachrichten in englischer Sprache höre, dann verstehe ich sie auf Anhieb und muss nicht mehr überlegen, was die verschiedenen Wörter nun auf Deutsch bedeuten. Es wird mit der Zeit einfach selbstverständlich, in der neuen Sprache auch zu denken, je intensiver man damit in Kontakt kommt. Mir hat das damals echt sehr viel gebracht. Bei anderen Sprachen, die ich lediglich in der Schule gelernt habe, war das aber nicht so. Beim Englischen hatte ich eben den intensiven Kontakt mit einer Muttersprachlerin. Das ist dann wieder etwas ganz anderes.
Ich habe das schon gehabt, dass ich im Ausland war und mich dort mit englisch durchschlagen musste, da schleicht sich die Sprache halt ins Gehirn. Habe dann auch schon zu Hause im erstbesten Laden auf englisch losgelegt, bis ich feststellte, dass man das in Deutschland auch wieder einfach haben kann. Außerdem kann das schon mal passieren, dass ich englisch denke, wenn ich gerade viel in englisch lese.
Ich habe jetzt noch nicht in einem anderen Land für längere Zeit gelebt, aber bei mir ist es so, dass ich auch häufig Englisch spreche und dann fange ich nach längeren Perioden auch an komplett in Englisch zu denken und ich denke dann nur noch an deutsche Wörter, wenn mir die Vokabeln im englischen fehlen. Es ist manchmal auch so, dass ich auf Englisch träume, aber das passiert eben nur, wenn ich viel Englisch geredet habe in kurzer Zeit.
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